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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Schwimmer. Zahnschnäbler. Stelzschwäne. Schwäne.
nicht auf dem Hügel, sondern ganz daneben, mit den Füßen auf dem Grunde und im Wasser, indem sie
sich an ihren Kegel anlehnen und ihr Nest mit ihrem Schwanze bedecken." Auch Pallas drückt sich
dahin aus, daß sie an den Hügel herantreten und so die Eier bedecken, sagt aber nicht, ob er aus eigener
Anschauung spricht oder Vorstehendes einfach wiederholt. Naumann bezweifelte diese Angaben auf
das Entschiedenste, und ich bin durch meine Beobachtungen an lebenden Vögeln zu demselben Ergebniß
gekommen, obgleich ich nicht so glücklich war, jemals einen Flaming beim Brüten zu sehen, und
eben nur behaupten kann, daß der Vogel am Mensalesee in Egypten brütet, weil ich, und zwar im
Mai, in dem Legschlauche eines getödteten Weibchens ein vollkommen reifes Ei gefunden habe.
Gegen die kegelförmige Gestalt der im Wasser stehenden Nester lassen sich, den übereinstimmenden
Angaben früherer und späterer Reisenden -- beispielsweise noch Orbigny's -- gegenüber, kaum
Zweifel erheben, wohl aber gegen die beschriebene Art der Bebrütung. Das Thatsächliche rücksichtlich
des Brutgeschäfts scheint Folgendes zu sein. Der Flaming legt sich sein Nest inmitten des Wassers
selbst auf seichten Stellen, nach Versicherung der Araber hingegen auf flachen, mit sehr niederem
Gestrüpp bewachsenen Jnseln an. Jm ersteren Falle ist das Nest ein kegeliger Haufen von
Schlamm, welcher mit den Füßen zusammengescharrt, wahrscheinlich durch Wasserpflanzen und der-
gleichen gedichtet und so hoch aufgerichtet wird, daß die Mulde einen bis anderthalb Fuß über dem
Wasserspiegel liegt, im letzteren nur eine seichte, im Boden selbst ausgescharrte Mulde, in welcher
man, wie mir die Araber erzählten, eine dürftige Lage aus Schilf und Rohrblättern findet. Die
Anzahl der Eier beträgt gewöhnlich zwei; es mag jedoch vorkommen, daß auch einmal ihrer drei
in einem Neste liegen. Sie sind sehr gestreckt, meist ungleichhälfig, haben eine weiche, kreidige
und ebene Schale und sehen kalkweiß aus. Der Vogel brütet unzweifelhaft, indem er sich mit
zusammengeknickten Beinen auf das Nest setzt; es kann jedoch geschehen, daß er zuweilen eines
seiner Beine nach hinten ausstreckt und über den Rand des Nestes hinabhängen läßt. Die Zeit der
Bebrütung soll dreißig bis zweiunddreißig Tage währen, und das Weibchen sein Männchen durch
lautes Schreien zum Wechseln einladen.

J. v. Müller behauptet, gehört zu haben, daß der Flaming in der Camargue vor einigen
Jahren häufig gebrütet habe und ein Franzose manchmal größere Karren voll Eier wegfahren
konnte, fügt dieser offenbaren Unwahrheit auch hinzu, daß er Dies sehr wohl glaube, da die Flamings
stets gesellschaftlich in langen Reihen auf der Erde nisten sollen, und man also die Eier leicht ein-
sammeln könne. Andere Forscher sind minder glücklich gewesen mit Dem, was sie erfahren konnten;
jedenfalls steht soviel fest, daß es zu den großen Ausnahmen gehört, wenn Flamings wirklich
in Europa brüten. Salvadori hat sich vergeblich bemüht, etwas über das Brutgeschäft des von
ihm oft beobachteten Vogels erfahren zu können; er hat zwar wiederholt mausernde Junge in den Hän-
den gehabt, aber niemals ein Nest oder Eier finden können, obwohl den Fischern die Sache vielfach
empfohlen worden war. "Die Nachforschungen der letzteren", sagt er, "hätten leicht gemacht werden
müssen durch die seltsame Form des Nestes, welches in einem nicht sehr großen See, wie der von
Skaffa, schwer unbemerkt hätte bleiben können, zumal einer so großen Anzahl Fischern so viele
Jahre hindurch."

Die Jungen sollen bald nach dem Ausschlüpfen ins Wasser geführt werden, hier vom ersten
Tage ihres Lebens an umherschwimmen und bald auch sehr fertig laufen können, aber erst nach
mehreren Monaten flugfähig sein.

Die Jagd des Flaming erfordert große Vorsicht. Bei Tage läßt ein Heer der ängstlichen
Geschöpfe den Jäger nicht einmal auf Büchsenschußweite an sich herankommen; beim Nahrung-
suchen halten stets mehrere der älteren Wache und warnen die Gesammtheit beim Herannahen einer
Gefahr. Nachts hingegen lassen sie sich leichter berücken. Salvadori versichert, daß es dann nicht
schwer sei, sie mit Schroten zu schießen, und die Araber erzählten mir, daß man sie noch einfacher
erbeuten könne. Man spannt nachts zwischen zwei Barken gewöhnlich Fischnetze aus und segelt mit
ihnen unter eine Flamingherde; die erschreckten Thiere fliegen auf, verwickeln sich in den Netzen und

Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Stelzſchwäne. Schwäne.
nicht auf dem Hügel, ſondern ganz daneben, mit den Füßen auf dem Grunde und im Waſſer, indem ſie
ſich an ihren Kegel anlehnen und ihr Neſt mit ihrem Schwanze bedecken.“ Auch Pallas drückt ſich
dahin aus, daß ſie an den Hügel herantreten und ſo die Eier bedecken, ſagt aber nicht, ob er aus eigener
Anſchauung ſpricht oder Vorſtehendes einfach wiederholt. Naumann bezweifelte dieſe Angaben auf
das Entſchiedenſte, und ich bin durch meine Beobachtungen an lebenden Vögeln zu demſelben Ergebniß
gekommen, obgleich ich nicht ſo glücklich war, jemals einen Flaming beim Brüten zu ſehen, und
eben nur behaupten kann, daß der Vogel am Menſaleſee in Egypten brütet, weil ich, und zwar im
Mai, in dem Legſchlauche eines getödteten Weibchens ein vollkommen reifes Ei gefunden habe.
Gegen die kegelförmige Geſtalt der im Waſſer ſtehenden Neſter laſſen ſich, den übereinſtimmenden
Angaben früherer und ſpäterer Reiſenden — beiſpielsweiſe noch Orbigny’s — gegenüber, kaum
Zweifel erheben, wohl aber gegen die beſchriebene Art der Bebrütung. Das Thatſächliche rückſichtlich
des Brutgeſchäfts ſcheint Folgendes zu ſein. Der Flaming legt ſich ſein Neſt inmitten des Waſſers
ſelbſt auf ſeichten Stellen, nach Verſicherung der Araber hingegen auf flachen, mit ſehr niederem
Geſtrüpp bewachſenen Jnſeln an. Jm erſteren Falle iſt das Neſt ein kegeliger Haufen von
Schlamm, welcher mit den Füßen zuſammengeſcharrt, wahrſcheinlich durch Waſſerpflanzen und der-
gleichen gedichtet und ſo hoch aufgerichtet wird, daß die Mulde einen bis anderthalb Fuß über dem
Waſſerſpiegel liegt, im letzteren nur eine ſeichte, im Boden ſelbſt ausgeſcharrte Mulde, in welcher
man, wie mir die Araber erzählten, eine dürftige Lage aus Schilf und Rohrblättern findet. Die
Anzahl der Eier beträgt gewöhnlich zwei; es mag jedoch vorkommen, daß auch einmal ihrer drei
in einem Neſte liegen. Sie ſind ſehr geſtreckt, meiſt ungleichhälfig, haben eine weiche, kreidige
und ebene Schale und ſehen kalkweiß aus. Der Vogel brütet unzweifelhaft, indem er ſich mit
zuſammengeknickten Beinen auf das Neſt ſetzt; es kann jedoch geſchehen, daß er zuweilen eines
ſeiner Beine nach hinten ausſtreckt und über den Rand des Neſtes hinabhängen läßt. Die Zeit der
Bebrütung ſoll dreißig bis zweiunddreißig Tage währen, und das Weibchen ſein Männchen durch
lautes Schreien zum Wechſeln einladen.

J. v. Müller behauptet, gehört zu haben, daß der Flaming in der Camargue vor einigen
Jahren häufig gebrütet habe und ein Franzoſe manchmal größere Karren voll Eier wegfahren
konnte, fügt dieſer offenbaren Unwahrheit auch hinzu, daß er Dies ſehr wohl glaube, da die Flamings
ſtets geſellſchaftlich in langen Reihen auf der Erde niſten ſollen, und man alſo die Eier leicht ein-
ſammeln könne. Andere Forſcher ſind minder glücklich geweſen mit Dem, was ſie erfahren konnten;
jedenfalls ſteht ſoviel feſt, daß es zu den großen Ausnahmen gehört, wenn Flamings wirklich
in Europa brüten. Salvadori hat ſich vergeblich bemüht, etwas über das Brutgeſchäft des von
ihm oft beobachteten Vogels erfahren zu können; er hat zwar wiederholt mauſernde Junge in den Hän-
den gehabt, aber niemals ein Neſt oder Eier finden können, obwohl den Fiſchern die Sache vielfach
empfohlen worden war. „Die Nachforſchungen der letzteren“, ſagt er, „hätten leicht gemacht werden
müſſen durch die ſeltſame Form des Neſtes, welches in einem nicht ſehr großen See, wie der von
Skaffa, ſchwer unbemerkt hätte bleiben können, zumal einer ſo großen Anzahl Fiſchern ſo viele
Jahre hindurch.“

Die Jungen ſollen bald nach dem Ausſchlüpfen ins Waſſer geführt werden, hier vom erſten
Tage ihres Lebens an umherſchwimmen und bald auch ſehr fertig laufen können, aber erſt nach
mehreren Monaten flugfähig ſein.

Die Jagd des Flaming erfordert große Vorſicht. Bei Tage läßt ein Heer der ängſtlichen
Geſchöpfe den Jäger nicht einmal auf Büchſenſchußweite an ſich herankommen; beim Nahrung-
ſuchen halten ſtets mehrere der älteren Wache und warnen die Geſammtheit beim Herannahen einer
Gefahr. Nachts hingegen laſſen ſie ſich leichter berücken. Salvadori verſichert, daß es dann nicht
ſchwer ſei, ſie mit Schroten zu ſchießen, und die Araber erzählten mir, daß man ſie noch einfacher
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[776/0822] Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Stelzſchwäne. Schwäne. nicht auf dem Hügel, ſondern ganz daneben, mit den Füßen auf dem Grunde und im Waſſer, indem ſie ſich an ihren Kegel anlehnen und ihr Neſt mit ihrem Schwanze bedecken.“ Auch Pallas drückt ſich dahin aus, daß ſie an den Hügel herantreten und ſo die Eier bedecken, ſagt aber nicht, ob er aus eigener Anſchauung ſpricht oder Vorſtehendes einfach wiederholt. Naumann bezweifelte dieſe Angaben auf das Entſchiedenſte, und ich bin durch meine Beobachtungen an lebenden Vögeln zu demſelben Ergebniß gekommen, obgleich ich nicht ſo glücklich war, jemals einen Flaming beim Brüten zu ſehen, und eben nur behaupten kann, daß der Vogel am Menſaleſee in Egypten brütet, weil ich, und zwar im Mai, in dem Legſchlauche eines getödteten Weibchens ein vollkommen reifes Ei gefunden habe. Gegen die kegelförmige Geſtalt der im Waſſer ſtehenden Neſter laſſen ſich, den übereinſtimmenden Angaben früherer und ſpäterer Reiſenden — beiſpielsweiſe noch Orbigny’s — gegenüber, kaum Zweifel erheben, wohl aber gegen die beſchriebene Art der Bebrütung. Das Thatſächliche rückſichtlich des Brutgeſchäfts ſcheint Folgendes zu ſein. Der Flaming legt ſich ſein Neſt inmitten des Waſſers ſelbſt auf ſeichten Stellen, nach Verſicherung der Araber hingegen auf flachen, mit ſehr niederem Geſtrüpp bewachſenen Jnſeln an. Jm erſteren Falle iſt das Neſt ein kegeliger Haufen von Schlamm, welcher mit den Füßen zuſammengeſcharrt, wahrſcheinlich durch Waſſerpflanzen und der- gleichen gedichtet und ſo hoch aufgerichtet wird, daß die Mulde einen bis anderthalb Fuß über dem Waſſerſpiegel liegt, im letzteren nur eine ſeichte, im Boden ſelbſt ausgeſcharrte Mulde, in welcher man, wie mir die Araber erzählten, eine dürftige Lage aus Schilf und Rohrblättern findet. Die Anzahl der Eier beträgt gewöhnlich zwei; es mag jedoch vorkommen, daß auch einmal ihrer drei in einem Neſte liegen. Sie ſind ſehr geſtreckt, meiſt ungleichhälfig, haben eine weiche, kreidige und ebene Schale und ſehen kalkweiß aus. Der Vogel brütet unzweifelhaft, indem er ſich mit zuſammengeknickten Beinen auf das Neſt ſetzt; es kann jedoch geſchehen, daß er zuweilen eines ſeiner Beine nach hinten ausſtreckt und über den Rand des Neſtes hinabhängen läßt. Die Zeit der Bebrütung ſoll dreißig bis zweiunddreißig Tage währen, und das Weibchen ſein Männchen durch lautes Schreien zum Wechſeln einladen. J. v. Müller behauptet, gehört zu haben, daß der Flaming in der Camargue vor einigen Jahren häufig gebrütet habe und ein Franzoſe manchmal größere Karren voll Eier wegfahren konnte, fügt dieſer offenbaren Unwahrheit auch hinzu, daß er Dies ſehr wohl glaube, da die Flamings ſtets geſellſchaftlich in langen Reihen auf der Erde niſten ſollen, und man alſo die Eier leicht ein- ſammeln könne. Andere Forſcher ſind minder glücklich geweſen mit Dem, was ſie erfahren konnten; jedenfalls ſteht ſoviel feſt, daß es zu den großen Ausnahmen gehört, wenn Flamings wirklich in Europa brüten. Salvadori hat ſich vergeblich bemüht, etwas über das Brutgeſchäft des von ihm oft beobachteten Vogels erfahren zu können; er hat zwar wiederholt mauſernde Junge in den Hän- den gehabt, aber niemals ein Neſt oder Eier finden können, obwohl den Fiſchern die Sache vielfach empfohlen worden war. „Die Nachforſchungen der letzteren“, ſagt er, „hätten leicht gemacht werden müſſen durch die ſeltſame Form des Neſtes, welches in einem nicht ſehr großen See, wie der von Skaffa, ſchwer unbemerkt hätte bleiben können, zumal einer ſo großen Anzahl Fiſchern ſo viele Jahre hindurch.“ Die Jungen ſollen bald nach dem Ausſchlüpfen ins Waſſer geführt werden, hier vom erſten Tage ihres Lebens an umherſchwimmen und bald auch ſehr fertig laufen können, aber erſt nach mehreren Monaten flugfähig ſein. Die Jagd des Flaming erfordert große Vorſicht. Bei Tage läßt ein Heer der ängſtlichen Geſchöpfe den Jäger nicht einmal auf Büchſenſchußweite an ſich herankommen; beim Nahrung- ſuchen halten ſtets mehrere der älteren Wache und warnen die Geſammtheit beim Herannahen einer Gefahr. Nachts hingegen laſſen ſie ſich leichter berücken. Salvadori verſichert, daß es dann nicht ſchwer ſei, ſie mit Schroten zu ſchießen, und die Araber erzählten mir, daß man ſie noch einfacher erbeuten könne. Man ſpannt nachts zwiſchen zwei Barken gewöhnlich Fiſchnetze aus und ſegelt mit ihnen unter eine Flamingherde; die erſchreckten Thiere fliegen auf, verwickeln ſich in den Netzen und

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 776. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/822>, abgerufen am 22.11.2024.