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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Späher. Klettervögel. Spechte.

Die großen Roßameisen und ihre Puppen, sowie alle Arten von Holzwürmern, welche sich in
Nadelbäumen aufhalten, bilden seine Nahrung. "Jch habe", sagt mein Vater, "mehrere geöffnet,
deren Magen mit Roßameisen angefüllt waren. Vorzüglich aber liebt er die Larven der großen Holz-
wespe. Jch habe einige untersucht, welche Nichts als diese Larven und ihre noch unverdauten harten
Köpfe im Magen hatten. Auch habe ich Mehlwürmer, desgleichen den schädlichen Borken- und Fichten-
käfer, die rothe Ameise nebst ihren Puppen in unglaublicher Menge in ihrem Magen gefunden."
Den Baschkiren soll der Schwarzspecht unangenehm werden, weil er gleich ihnen den wilden Bienen
nachstrebt und die Höhlung, welche diese bevölkern, durch seine Arbeiten unbrauchbar macht. Bech-
stein
behauptet, daß er auch Nadelholzsamen, Nüsse und Beeren fresse; die späteren Beobachter haben
diese Angabe jedoch nicht bestätigt. Um zu den Larven oder Holzwespen und zu den Holzkäfern zu
gelangen, meiselt er große Stücke aus den Bäumen und Stöcken heraus, während er sich der Ameisen
ganz nach Art der Ameisenfresser bemächtigt, indem er sie an seine klebrige Zunge anleimt.

Die Paarungszeit fällt, jenachdem die Witterung günstig oder ungünstig ist, in die erste oder zweite
Hälfte des März. "Das Männchen fliegt dann dem Weibchen mit großem Geschrei Viertelstunden weit
nach, und wenn es dasselbe betreten hat oder des Nachfliegens müde ist, setzt es sich an einen oben dürren
Baum und fängt an zu schnurren. Es wählt an einem solchen Baume diejenige Stelle, an welchem
das Pochen recht schallt, setzt sich daran, stemmt den Schwanz auf und klopft so schnell mit dem
Schnabel an den Baum, daß es in Einem fort wie "Errrrrr" klingt und die schnelle Bewegung seines
rothen Kopfes fast aussieht, als wenn man mit einem Span, an welchem vorn eine glühende Kohle
ist, schnell hin- und herfährt. Bei diesem Schnurren ist der Schwarzspecht weit weniger scheu, als
außerdem, und ich habe mich mehrmals unter den Baum geschlichen, auf welchem er dieses Geräusch
hervorbrachte, um ihn ganz genau zu beobachten. Das Weibchen kommt auf das Schnurren, welches
ich selbst eine Viertelstunde weit gehört habe, herbei, antwortet auch zuweilen durch "klük klük klük".
Das Männchen schnurrt noch, wenn das Weibchen schon brütet."

Anfangs April machen die Schwarzspechte Anstalten zu ihrem Neste. "Sie legen es in einem
kernfaulen Baume an, da, wo sich ein Astloch oder abgebrochener, inwendig morscher Ast befindet.
Hier fängt das Weibchen seine Arbeit an. Es öffnet oder erweitert zuerst den Eingang von außen,
bis dieser zum Ein- und Auskriechen geräumig genug ist. Alsdann wird das Aushöhlen des innern
Baumes begonnen und zwar mit besonderer Geschicklichkeit und Emsigkeit. Dieses Aushöhlen hält
um deswillen sehr schwer, weil der Schwarzspecht bei seinen Schlägen nicht gehörigen Raum hat.
Jch habe ihn hierbei sehr oft beobachtet. Er hat manchmal so wenig Platz, daß er nur einen
Zoll weit ausholen kann. Dann klingen die Schläge dumpf, und die Späne, welche er heraus-
wirft, sind sehr klein. Hat er aber inwendig erst etwas Raum gewonnen, dann arbeitet er viel
größere Späne ab. Bei einer wenig morschen Kiefer, in welcher ein Schwarzspecht sein Nest
anlegte, waren die größten Späne, welche er herausarbeitete, 6 Zoll lang und 11/4 Zoll breit,
nicht aber 1 Fuß lang und 1 Zoll breit, wie Bechstein sagt. Es gehört schon eine ungeheure
Kraft dazu, um jene Späne abzuspalten; wie groß und stark müßte der Schwarzspecht sein, wenn
er 1 Fuß lange und 1 Zoll dicke Späne herausarbeiten wollte!"

"Das Weibchen arbeitet nur in den Vormittagsstunden an dem Neste; Nachmittags geht es
seiner Nahrung nach. Jst endlich nach vieler Mühe und zehn- bis vierzehntägiger Arbeit die Höh-
lung inwendig fertig, so hat sie von der Unterseite des Eingangs gemessen gegen 15 Zoll in die Tiefe
und 8 Zoll im Durchmesser, bisweilen einen Zoll mehr, bisweilen weniger. Jnwendig ist sie so glatt
gearbeitet, daß nirgends ein Span vorsteht. Der Boden bildet einen Abschnitt von einer Kugel,
keine Halbkugel, und ist mit feinen Holzspänen bedeckt. Auf diesem liegen dann drei bis vier,
seltener fünf und noch seltener sechs verhältnißmäßig kleine Eier. Sie sind 1 Zoll 5 bis 6 Linien
lang und 1 Zoll 1 bis 2 Linien breit, sehr länglich, oben stark zugerundet, in der Mitte bauchig, unten
stumpfspitzig, sehr glattschalig, inwendig reinweiß und auswendig schön glänzendweiß, wie Emaille."

Die Späher. Klettervögel. Spechte.

Die großen Roßameiſen und ihre Puppen, ſowie alle Arten von Holzwürmern, welche ſich in
Nadelbäumen aufhalten, bilden ſeine Nahrung. „Jch habe“, ſagt mein Vater, „mehrere geöffnet,
deren Magen mit Roßameiſen angefüllt waren. Vorzüglich aber liebt er die Larven der großen Holz-
weſpe. Jch habe einige unterſucht, welche Nichts als dieſe Larven und ihre noch unverdauten harten
Köpfe im Magen hatten. Auch habe ich Mehlwürmer, desgleichen den ſchädlichen Borken- und Fichten-
käfer, die rothe Ameiſe nebſt ihren Puppen in unglaublicher Menge in ihrem Magen gefunden.“
Den Baſchkiren ſoll der Schwarzſpecht unangenehm werden, weil er gleich ihnen den wilden Bienen
nachſtrebt und die Höhlung, welche dieſe bevölkern, durch ſeine Arbeiten unbrauchbar macht. Bech-
ſtein
behauptet, daß er auch Nadelholzſamen, Nüſſe und Beeren freſſe; die ſpäteren Beobachter haben
dieſe Angabe jedoch nicht beſtätigt. Um zu den Larven oder Holzweſpen und zu den Holzkäfern zu
gelangen, meiſelt er große Stücke aus den Bäumen und Stöcken heraus, während er ſich der Ameiſen
ganz nach Art der Ameiſenfreſſer bemächtigt, indem er ſie an ſeine klebrige Zunge anleimt.

Die Paarungszeit fällt, jenachdem die Witterung günſtig oder ungünſtig iſt, in die erſte oder zweite
Hälfte des März. „Das Männchen fliegt dann dem Weibchen mit großem Geſchrei Viertelſtunden weit
nach, und wenn es daſſelbe betreten hat oder des Nachfliegens müde iſt, ſetzt es ſich an einen oben dürren
Baum und fängt an zu ſchnurren. Es wählt an einem ſolchen Baume diejenige Stelle, an welchem
das Pochen recht ſchallt, ſetzt ſich daran, ſtemmt den Schwanz auf und klopft ſo ſchnell mit dem
Schnabel an den Baum, daß es in Einem fort wie „Errrrrr“ klingt und die ſchnelle Bewegung ſeines
rothen Kopfes faſt ausſieht, als wenn man mit einem Span, an welchem vorn eine glühende Kohle
iſt, ſchnell hin- und herfährt. Bei dieſem Schnurren iſt der Schwarzſpecht weit weniger ſcheu, als
außerdem, und ich habe mich mehrmals unter den Baum geſchlichen, auf welchem er dieſes Geräuſch
hervorbrachte, um ihn ganz genau zu beobachten. Das Weibchen kommt auf das Schnurren, welches
ich ſelbſt eine Viertelſtunde weit gehört habe, herbei, antwortet auch zuweilen durch „klük klük klük“.
Das Männchen ſchnurrt noch, wenn das Weibchen ſchon brütet.“

Anfangs April machen die Schwarzſpechte Anſtalten zu ihrem Neſte. „Sie legen es in einem
kernfaulen Baume an, da, wo ſich ein Aſtloch oder abgebrochener, inwendig morſcher Aſt befindet.
Hier fängt das Weibchen ſeine Arbeit an. Es öffnet oder erweitert zuerſt den Eingang von außen,
bis dieſer zum Ein- und Auskriechen geräumig genug iſt. Alsdann wird das Aushöhlen des innern
Baumes begonnen und zwar mit beſonderer Geſchicklichkeit und Emſigkeit. Dieſes Aushöhlen hält
um deswillen ſehr ſchwer, weil der Schwarzſpecht bei ſeinen Schlägen nicht gehörigen Raum hat.
Jch habe ihn hierbei ſehr oft beobachtet. Er hat manchmal ſo wenig Platz, daß er nur einen
Zoll weit ausholen kann. Dann klingen die Schläge dumpf, und die Späne, welche er heraus-
wirft, ſind ſehr klein. Hat er aber inwendig erſt etwas Raum gewonnen, dann arbeitet er viel
größere Späne ab. Bei einer wenig morſchen Kiefer, in welcher ein Schwarzſpecht ſein Neſt
anlegte, waren die größten Späne, welche er herausarbeitete, 6 Zoll lang und 1¼ Zoll breit,
nicht aber 1 Fuß lang und 1 Zoll breit, wie Bechſtein ſagt. Es gehört ſchon eine ungeheure
Kraft dazu, um jene Späne abzuſpalten; wie groß und ſtark müßte der Schwarzſpecht ſein, wenn
er 1 Fuß lange und 1 Zoll dicke Späne herausarbeiten wollte!“

„Das Weibchen arbeitet nur in den Vormittagsſtunden an dem Neſte; Nachmittags geht es
ſeiner Nahrung nach. Jſt endlich nach vieler Mühe und zehn- bis vierzehntägiger Arbeit die Höh-
lung inwendig fertig, ſo hat ſie von der Unterſeite des Eingangs gemeſſen gegen 15 Zoll in die Tiefe
und 8 Zoll im Durchmeſſer, bisweilen einen Zoll mehr, bisweilen weniger. Jnwendig iſt ſie ſo glatt
gearbeitet, daß nirgends ein Span vorſteht. Der Boden bildet einen Abſchnitt von einer Kugel,
keine Halbkugel, und iſt mit feinen Holzſpänen bedeckt. Auf dieſem liegen dann drei bis vier,
ſeltener fünf und noch ſeltener ſechs verhältnißmäßig kleine Eier. Sie ſind 1 Zoll 5 bis 6 Linien
lang und 1 Zoll 1 bis 2 Linien breit, ſehr länglich, oben ſtark zugerundet, in der Mitte bauchig, unten
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[62/0076] Die Späher. Klettervögel. Spechte. Die großen Roßameiſen und ihre Puppen, ſowie alle Arten von Holzwürmern, welche ſich in Nadelbäumen aufhalten, bilden ſeine Nahrung. „Jch habe“, ſagt mein Vater, „mehrere geöffnet, deren Magen mit Roßameiſen angefüllt waren. Vorzüglich aber liebt er die Larven der großen Holz- weſpe. Jch habe einige unterſucht, welche Nichts als dieſe Larven und ihre noch unverdauten harten Köpfe im Magen hatten. Auch habe ich Mehlwürmer, desgleichen den ſchädlichen Borken- und Fichten- käfer, die rothe Ameiſe nebſt ihren Puppen in unglaublicher Menge in ihrem Magen gefunden.“ Den Baſchkiren ſoll der Schwarzſpecht unangenehm werden, weil er gleich ihnen den wilden Bienen nachſtrebt und die Höhlung, welche dieſe bevölkern, durch ſeine Arbeiten unbrauchbar macht. Bech- ſtein behauptet, daß er auch Nadelholzſamen, Nüſſe und Beeren freſſe; die ſpäteren Beobachter haben dieſe Angabe jedoch nicht beſtätigt. Um zu den Larven oder Holzweſpen und zu den Holzkäfern zu gelangen, meiſelt er große Stücke aus den Bäumen und Stöcken heraus, während er ſich der Ameiſen ganz nach Art der Ameiſenfreſſer bemächtigt, indem er ſie an ſeine klebrige Zunge anleimt. Die Paarungszeit fällt, jenachdem die Witterung günſtig oder ungünſtig iſt, in die erſte oder zweite Hälfte des März. „Das Männchen fliegt dann dem Weibchen mit großem Geſchrei Viertelſtunden weit nach, und wenn es daſſelbe betreten hat oder des Nachfliegens müde iſt, ſetzt es ſich an einen oben dürren Baum und fängt an zu ſchnurren. Es wählt an einem ſolchen Baume diejenige Stelle, an welchem das Pochen recht ſchallt, ſetzt ſich daran, ſtemmt den Schwanz auf und klopft ſo ſchnell mit dem Schnabel an den Baum, daß es in Einem fort wie „Errrrrr“ klingt und die ſchnelle Bewegung ſeines rothen Kopfes faſt ausſieht, als wenn man mit einem Span, an welchem vorn eine glühende Kohle iſt, ſchnell hin- und herfährt. Bei dieſem Schnurren iſt der Schwarzſpecht weit weniger ſcheu, als außerdem, und ich habe mich mehrmals unter den Baum geſchlichen, auf welchem er dieſes Geräuſch hervorbrachte, um ihn ganz genau zu beobachten. Das Weibchen kommt auf das Schnurren, welches ich ſelbſt eine Viertelſtunde weit gehört habe, herbei, antwortet auch zuweilen durch „klük klük klük“. Das Männchen ſchnurrt noch, wenn das Weibchen ſchon brütet.“ Anfangs April machen die Schwarzſpechte Anſtalten zu ihrem Neſte. „Sie legen es in einem kernfaulen Baume an, da, wo ſich ein Aſtloch oder abgebrochener, inwendig morſcher Aſt befindet. Hier fängt das Weibchen ſeine Arbeit an. Es öffnet oder erweitert zuerſt den Eingang von außen, bis dieſer zum Ein- und Auskriechen geräumig genug iſt. Alsdann wird das Aushöhlen des innern Baumes begonnen und zwar mit beſonderer Geſchicklichkeit und Emſigkeit. Dieſes Aushöhlen hält um deswillen ſehr ſchwer, weil der Schwarzſpecht bei ſeinen Schlägen nicht gehörigen Raum hat. Jch habe ihn hierbei ſehr oft beobachtet. Er hat manchmal ſo wenig Platz, daß er nur einen Zoll weit ausholen kann. Dann klingen die Schläge dumpf, und die Späne, welche er heraus- wirft, ſind ſehr klein. Hat er aber inwendig erſt etwas Raum gewonnen, dann arbeitet er viel größere Späne ab. Bei einer wenig morſchen Kiefer, in welcher ein Schwarzſpecht ſein Neſt anlegte, waren die größten Späne, welche er herausarbeitete, 6 Zoll lang und 1¼ Zoll breit, nicht aber 1 Fuß lang und 1 Zoll breit, wie Bechſtein ſagt. Es gehört ſchon eine ungeheure Kraft dazu, um jene Späne abzuſpalten; wie groß und ſtark müßte der Schwarzſpecht ſein, wenn er 1 Fuß lange und 1 Zoll dicke Späne herausarbeiten wollte!“ „Das Weibchen arbeitet nur in den Vormittagsſtunden an dem Neſte; Nachmittags geht es ſeiner Nahrung nach. Jſt endlich nach vieler Mühe und zehn- bis vierzehntägiger Arbeit die Höh- lung inwendig fertig, ſo hat ſie von der Unterſeite des Eingangs gemeſſen gegen 15 Zoll in die Tiefe und 8 Zoll im Durchmeſſer, bisweilen einen Zoll mehr, bisweilen weniger. Jnwendig iſt ſie ſo glatt gearbeitet, daß nirgends ein Span vorſteht. Der Boden bildet einen Abſchnitt von einer Kugel, keine Halbkugel, und iſt mit feinen Holzſpänen bedeckt. Auf dieſem liegen dann drei bis vier, ſeltener fünf und noch ſeltener ſechs verhältnißmäßig kleine Eier. Sie ſind 1 Zoll 5 bis 6 Linien lang und 1 Zoll 1 bis 2 Linien breit, ſehr länglich, oben ſtark zugerundet, in der Mitte bauchig, unten ſtumpfſpitzig, ſehr glattſchalig, inwendig reinweiß und auswendig ſchön glänzendweiß, wie Emaille.“

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/76>, abgerufen am 02.05.2024.