den bebuschten Wiesen weg und sind nur in den engen Gebirgsthälern und auf Abhängen der Hügel, welche auf der Mittagsseite liegen, oder an bebuschten Flußufern aufzufinden." Das späte Erscheinen in den Niederungen hängt, laut Lindermayer, ganz von den Witterungsverhältnissen ab. Bei herrschendem Südwestwinde ist weder in der Ebene noch in den Vorbergen eine Schnepfe zu finden: "aber kaum stürzt sich der Nordwind über die albanesischen Gebirge herab über unsere sonnige Ebenen, so bringt er auch eine fabelhafte Menge von Schnepfen mit. An solchen Tagen werden selbst in der Provinz Attika, deren Bodenbeschaffenheit doch höchst ungeeignet erscheint, Hunderte dieser schön- äugigen Vögel erlegt." Drei Engländer, welche zwischen Patras und Pyrgos im Peloponnes jagten, erlegten innerhalb drei Tagen tausend Schnepfen. Jn den eigentlichen Wintermonaten sieht man sie in geringerer Zahl in Griechenland, und vom Februar an beginnen sie bereits ihren Rückzug. Un- gefähr Dasselbe gilt für andere südeuropäische und nordwestasiatische Länder, also für Bulgarien, die Moldau und Walachei, Kleinasien, Südgriechenland und Spanien, wahrscheinlich auch für Marokko oder die Atlasländer überhaupt.
Je nach der im Norden stattfindenden Witterung trifft die Schnepfe früher oder später im Jahre ein. Ein alter bekannter Jägerspruch trifft so ziemlich das Rechte:
Reminiscere -- nach Schnepfen suchen geh', Okuli -- da kommen sie, Lätare -- das ist das Wahre, Judica -- sind sie auch noch da, Palmarum -- trallarum, Quasimodogeniti -- halt, Jäger halt, jetzt brüten sie.
Ein Jahr in das andere gerechnet, darf man annehmen, daß man von Mitte März an auf durchziehende Schnepfen rechnen kann. Aber, wie gesagt, etwas Bestimmtes kann nicht gegeben werden, weil gerade dieser Vogel dem Jäger, welcher ihn auf das genaueste beobachtet, in jedem Jahre neue Räthsel aufgibt. "Jch habe den Schnepfenstrich", sagt Schauer, "siebzehn Jahre lang in Polen und Galizien fast täglich besucht, in den fünf Jahren jeden Tag ohne Ausnahme vom ersten bis zum letzten April, habe genau Register geführt, und Tag und Stunde, Wärme- und Luftmesser, Anfang und Ende des Strichs, die Anzahl der Schnepfen, welche geschossen, gesehen, gehört wurden, die Witterung des Tages während des Strichs, Wind, Wolkenzug u. s. w., Alles genau beobachtet, und wenn man mir jetzt sagt: Sie gehen bei diesem Wetter auf den Schnepfenstrich, es werden keine ziehen, so antworte ich: Davon will ich mich überzeugen. Die alten Jäger sind der Meinung, daß der Schnepfenstrich von der augenblicklichen Witterung abhinge, Dem aber ist nicht so ... Meine genauen und ununterbrochenen Beobachtungen haben mir das Gegentheil gelehrt, aber auch zu der Ueber- zeugung geführt, daß die Waldschnepfe durch ein Vorgefühl für die bevorstehende Witterung geleitet wird. Jhr Zug selbst ist höchst verschieden. Vorgestern zogen alle sehr niedrig und langsam, gestern niedrig und rasch, heute sehr hoch und ohne zu balzen, morgen kommen sie so spät, daß man kaum schießen kann und übermorgen sind sie gleich nach Sonnenuntergang da." Dem kann man noch hinzufügen, daß auch die Straße, welche die Wandernden benutzen, eine vielfach verschiedene ist; denn während man in einem Jahre an einer Oertlichkeit, welche allen Anforderungen des Vogels zu entsprechen scheint, sehr viele Waldschnepfen antrifft, sieht man in anderen Jahren hier kaum eine, obgleich die Umstände das Gegentheil erwarten lassen. Wenn nach einem strengen Winter rechtzeitig Thauwetter eintritt, und die Luft fortan gelinde bleibt, geht der Frühlingszug am regelmäßigsten von statten. Ebenso hat man festzuhalten, daß die Schnepfen, wie andere Vögel auch, ungern mit dem Winde ziehen, am liebsten also bei mäßigem Gegenwinde reisen. Sehr dunkele oder stürmische Nächte hindern die Wanderung, und ebenso fesselt sie Voraussicht von schlechtem Wetter, beispielsweise von einem späten Schneefall an einem und demselben Orte. Jn größeren, zusammenhängenden Waldungen findet man sie eher als in kleinen Gehölzen, höchst wahrscheinlich deshalb, weil ihnen die großen Wälder mehr Schutz geben als die kleineren, welche sie später gern besuchen. Jn waldarmen Gegenden fallen sie nicht selten selbst in buschreichen Gärten oder auch einzelnen Hecken ein.
Die Läufer. Stelzvögel. Schnepfen.
den bebuſchten Wieſen weg und ſind nur in den engen Gebirgsthälern und auf Abhängen der Hügel, welche auf der Mittagsſeite liegen, oder an bebuſchten Flußufern aufzufinden.“ Das ſpäte Erſcheinen in den Niederungen hängt, laut Lindermayer, ganz von den Witterungsverhältniſſen ab. Bei herrſchendem Südweſtwinde iſt weder in der Ebene noch in den Vorbergen eine Schnepfe zu finden: „aber kaum ſtürzt ſich der Nordwind über die albaneſiſchen Gebirge herab über unſere ſonnige Ebenen, ſo bringt er auch eine fabelhafte Menge von Schnepfen mit. An ſolchen Tagen werden ſelbſt in der Provinz Attika, deren Bodenbeſchaffenheit doch höchſt ungeeignet erſcheint, Hunderte dieſer ſchön- äugigen Vögel erlegt.“ Drei Engländer, welche zwiſchen Patras und Pyrgos im Peloponnes jagten, erlegten innerhalb drei Tagen tauſend Schnepfen. Jn den eigentlichen Wintermonaten ſieht man ſie in geringerer Zahl in Griechenland, und vom Februar an beginnen ſie bereits ihren Rückzug. Un- gefähr Daſſelbe gilt für andere ſüdeuropäiſche und nordweſtaſiatiſche Länder, alſo für Bulgarien, die Moldau und Walachei, Kleinaſien, Südgriechenland und Spanien, wahrſcheinlich auch für Marokko oder die Atlasländer überhaupt.
Je nach der im Norden ſtattfindenden Witterung trifft die Schnepfe früher oder ſpäter im Jahre ein. Ein alter bekannter Jägerſpruch trifft ſo ziemlich das Rechte:
Reminiscere — nach Schnepfen ſuchen geh’, Okuli — da kommen ſie, Lätare — das iſt das Wahre, Judica — ſind ſie auch noch da, Palmarum — trallarum, Quaſimodogeniti — halt, Jäger halt, jetzt brüten ſie.
Ein Jahr in das andere gerechnet, darf man annehmen, daß man von Mitte März an auf durchziehende Schnepfen rechnen kann. Aber, wie geſagt, etwas Beſtimmtes kann nicht gegeben werden, weil gerade dieſer Vogel dem Jäger, welcher ihn auf das genaueſte beobachtet, in jedem Jahre neue Räthſel aufgibt. „Jch habe den Schnepfenſtrich“, ſagt Schauer, „ſiebzehn Jahre lang in Polen und Galizien faſt täglich beſucht, in den fünf Jahren jeden Tag ohne Ausnahme vom erſten bis zum letzten April, habe genau Regiſter geführt, und Tag und Stunde, Wärme- und Luftmeſſer, Anfang und Ende des Strichs, die Anzahl der Schnepfen, welche geſchoſſen, geſehen, gehört wurden, die Witterung des Tages während des Strichs, Wind, Wolkenzug u. ſ. w., Alles genau beobachtet, und wenn man mir jetzt ſagt: Sie gehen bei dieſem Wetter auf den Schnepfenſtrich, es werden keine ziehen, ſo antworte ich: Davon will ich mich überzeugen. Die alten Jäger ſind der Meinung, daß der Schnepfenſtrich von der augenblicklichen Witterung abhinge, Dem aber iſt nicht ſo ... Meine genauen und ununterbrochenen Beobachtungen haben mir das Gegentheil gelehrt, aber auch zu der Ueber- zeugung geführt, daß die Waldſchnepfe durch ein Vorgefühl für die bevorſtehende Witterung geleitet wird. Jhr Zug ſelbſt iſt höchſt verſchieden. Vorgeſtern zogen alle ſehr niedrig und langſam, geſtern niedrig und raſch, heute ſehr hoch und ohne zu balzen, morgen kommen ſie ſo ſpät, daß man kaum ſchießen kann und übermorgen ſind ſie gleich nach Sonnenuntergang da.“ Dem kann man noch hinzufügen, daß auch die Straße, welche die Wandernden benutzen, eine vielfach verſchiedene iſt; denn während man in einem Jahre an einer Oertlichkeit, welche allen Anforderungen des Vogels zu entſprechen ſcheint, ſehr viele Waldſchnepfen antrifft, ſieht man in anderen Jahren hier kaum eine, obgleich die Umſtände das Gegentheil erwarten laſſen. Wenn nach einem ſtrengen Winter rechtzeitig Thauwetter eintritt, und die Luft fortan gelinde bleibt, geht der Frühlingszug am regelmäßigſten von ſtatten. Ebenſo hat man feſtzuhalten, daß die Schnepfen, wie andere Vögel auch, ungern mit dem Winde ziehen, am liebſten alſo bei mäßigem Gegenwinde reiſen. Sehr dunkele oder ſtürmiſche Nächte hindern die Wanderung, und ebenſo feſſelt ſie Vorausſicht von ſchlechtem Wetter, beiſpielsweiſe von einem ſpäten Schneefall an einem und demſelben Orte. Jn größeren, zuſammenhängenden Waldungen findet man ſie eher als in kleinen Gehölzen, höchſt wahrſcheinlich deshalb, weil ihnen die großen Wälder mehr Schutz geben als die kleineren, welche ſie ſpäter gern beſuchen. Jn waldarmen Gegenden fallen ſie nicht ſelten ſelbſt in buſchreichen Gärten oder auch einzelnen Hecken ein.
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Die Läufer. Stelzvögel. Schnepfen.
den bebuſchten Wieſen weg und ſind nur in den engen Gebirgsthälern und auf Abhängen der Hügel,
welche auf der Mittagsſeite liegen, oder an bebuſchten Flußufern aufzufinden.“ Das ſpäte Erſcheinen
in den Niederungen hängt, laut Lindermayer, ganz von den Witterungsverhältniſſen ab. Bei
herrſchendem Südweſtwinde iſt weder in der Ebene noch in den Vorbergen eine Schnepfe zu finden:
„aber kaum ſtürzt ſich der Nordwind über die albaneſiſchen Gebirge herab über unſere ſonnige Ebenen,
ſo bringt er auch eine fabelhafte Menge von Schnepfen mit. An ſolchen Tagen werden ſelbſt in der
Provinz Attika, deren Bodenbeſchaffenheit doch höchſt ungeeignet erſcheint, Hunderte dieſer ſchön-
äugigen Vögel erlegt.“ Drei Engländer, welche zwiſchen Patras und Pyrgos im Peloponnes jagten,
erlegten innerhalb drei Tagen tauſend Schnepfen. Jn den eigentlichen Wintermonaten ſieht man ſie
in geringerer Zahl in Griechenland, und vom Februar an beginnen ſie bereits ihren Rückzug. Un-
gefähr Daſſelbe gilt für andere ſüdeuropäiſche und nordweſtaſiatiſche Länder, alſo für Bulgarien, die
Moldau und Walachei, Kleinaſien, Südgriechenland und Spanien, wahrſcheinlich auch für Marokko
oder die Atlasländer überhaupt.
Je nach der im Norden ſtattfindenden Witterung trifft die Schnepfe früher oder ſpäter im Jahre
ein. Ein alter bekannter Jägerſpruch trifft ſo ziemlich das Rechte:
Reminiscere — nach Schnepfen ſuchen geh’,
Okuli — da kommen ſie,
Lätare — das iſt das Wahre,
Judica — ſind ſie auch noch da,
Palmarum — trallarum,
Quaſimodogeniti — halt, Jäger halt, jetzt brüten ſie.
Ein Jahr in das andere gerechnet, darf man annehmen, daß man von Mitte März an auf
durchziehende Schnepfen rechnen kann. Aber, wie geſagt, etwas Beſtimmtes kann nicht gegeben
werden, weil gerade dieſer Vogel dem Jäger, welcher ihn auf das genaueſte beobachtet, in jedem
Jahre neue Räthſel aufgibt. „Jch habe den Schnepfenſtrich“, ſagt Schauer, „ſiebzehn Jahre lang
in Polen und Galizien faſt täglich beſucht, in den fünf Jahren jeden Tag ohne Ausnahme vom erſten
bis zum letzten April, habe genau Regiſter geführt, und Tag und Stunde, Wärme- und Luftmeſſer,
Anfang und Ende des Strichs, die Anzahl der Schnepfen, welche geſchoſſen, geſehen, gehört wurden,
die Witterung des Tages während des Strichs, Wind, Wolkenzug u. ſ. w., Alles genau beobachtet,
und wenn man mir jetzt ſagt: Sie gehen bei dieſem Wetter auf den Schnepfenſtrich, es werden keine
ziehen, ſo antworte ich: Davon will ich mich überzeugen. Die alten Jäger ſind der Meinung, daß
der Schnepfenſtrich von der augenblicklichen Witterung abhinge, Dem aber iſt nicht ſo ... Meine
genauen und ununterbrochenen Beobachtungen haben mir das Gegentheil gelehrt, aber auch zu der Ueber-
zeugung geführt, daß die Waldſchnepfe durch ein Vorgefühl für die bevorſtehende Witterung geleitet wird.
Jhr Zug ſelbſt iſt höchſt verſchieden. Vorgeſtern zogen alle ſehr niedrig und langſam, geſtern niedrig und
raſch, heute ſehr hoch und ohne zu balzen, morgen kommen ſie ſo ſpät, daß man kaum ſchießen kann und
übermorgen ſind ſie gleich nach Sonnenuntergang da.“ Dem kann man noch hinzufügen, daß auch die
Straße, welche die Wandernden benutzen, eine vielfach verſchiedene iſt; denn während man in einem
Jahre an einer Oertlichkeit, welche allen Anforderungen des Vogels zu entſprechen ſcheint, ſehr viele
Waldſchnepfen antrifft, ſieht man in anderen Jahren hier kaum eine, obgleich die Umſtände das
Gegentheil erwarten laſſen. Wenn nach einem ſtrengen Winter rechtzeitig Thauwetter eintritt, und
die Luft fortan gelinde bleibt, geht der Frühlingszug am regelmäßigſten von ſtatten. Ebenſo hat
man feſtzuhalten, daß die Schnepfen, wie andere Vögel auch, ungern mit dem Winde ziehen, am
liebſten alſo bei mäßigem Gegenwinde reiſen. Sehr dunkele oder ſtürmiſche Nächte hindern die
Wanderung, und ebenſo feſſelt ſie Vorausſicht von ſchlechtem Wetter, beiſpielsweiſe von einem
ſpäten Schneefall an einem und demſelben Orte. Jn größeren, zuſammenhängenden Waldungen findet
man ſie eher als in kleinen Gehölzen, höchſt wahrſcheinlich deshalb, weil ihnen die großen Wälder
mehr Schutz geben als die kleineren, welche ſie ſpäter gern beſuchen. Jn waldarmen Gegenden fallen
ſie nicht ſelten ſelbſt in buſchreichen Gärten oder auch einzelnen Hecken ein.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/650>, abgerufen am 22.11.2024.
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