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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Waldschnepfe.
man an, daß ihre eigentliche Heimat, d. h. also ihr Brutgürtel, zwischen dem fünfundvierzigsten und
siebenundsechszigsten Grade nördlicher Breite gelegen sei; wir wissen aber jetzt bereits durch von der
Mühle,
daß einzelne Waldschnepfen in den griechischen Gebirgen und durch Mountaineer,
daß nicht wenige im Himalaya, hier freilich dicht unter der Schneegrenze, nisten. Jn Deutsch-
land brüten verhältnißmäßig wenige Schnepfen, die meisten noch in den Mittelgebirgen oder im
Norden unseres Vaterlandes; im Norden trifft man sie während des Sommers in allen größeren
Waldungen an. Milde Winter veranlassen sie zuweilen, den Brutplatz jahraus, jahrein zu behaup-
ten: namentlich in England, jedoch auch in Schweden ist solches Verweilen beobachtet worden; die
[Abbildung] Die Waldschnepfe (Scolopax rusticola). 1/2 der nat. Größe.
Mehrzahl aber tritt in jedem Herbste eine Winterreise an und nimmt erst in den südeuropäischen
Gebirgen Herberge. Jn Griechenland treffen, nach von der Mühle's Beobachtungen, einzelne
bereits um die Mitte Septembers ein, beziehen zunächst die Hochgebirge, werden aber später durch die
sich hier fühlbar machende Kälte in die Ebene herabgedrückt. "Sobald der größere Theil der Wach-
teln seine gefährliche Reise über das Meer angetreten hat", sagt gedachter Forscher, "erscheinen in der
Morea die Waldschnepfen und zwar anfangs auf denselben Plätzen, auf welchen der Jäger kurz zuvor
noch ergiebige Wachteljagd trieb, nämlich in den Hecken und Gebüschen längs den Dämmen der
Abzugskanäle oder auf den felsigen Hügeln, wo sie sich hinter Salbei und Myrthengesträuch ver-
stecken. Jhre Anzahl ist eine ungewöhnlich große. Tritt kalte Witterung ein, so ziehen sie sich von

Brehm, Thierleben. IV. 39

Waldſchnepfe.
man an, daß ihre eigentliche Heimat, d. h. alſo ihr Brutgürtel, zwiſchen dem fünfundvierzigſten und
ſiebenundſechszigſten Grade nördlicher Breite gelegen ſei; wir wiſſen aber jetzt bereits durch von der
Mühle,
daß einzelne Waldſchnepfen in den griechiſchen Gebirgen und durch Mountaineer,
daß nicht wenige im Himalaya, hier freilich dicht unter der Schneegrenze, niſten. Jn Deutſch-
land brüten verhältnißmäßig wenige Schnepfen, die meiſten noch in den Mittelgebirgen oder im
Norden unſeres Vaterlandes; im Norden trifft man ſie während des Sommers in allen größeren
Waldungen an. Milde Winter veranlaſſen ſie zuweilen, den Brutplatz jahraus, jahrein zu behaup-
ten: namentlich in England, jedoch auch in Schweden iſt ſolches Verweilen beobachtet worden; die
[Abbildung] Die Waldſchnepfe (Scolopax rusticola). ½ der nat. Größe.
Mehrzahl aber tritt in jedem Herbſte eine Winterreiſe an und nimmt erſt in den ſüdeuropäiſchen
Gebirgen Herberge. Jn Griechenland treffen, nach von der Mühle’s Beobachtungen, einzelne
bereits um die Mitte Septembers ein, beziehen zunächſt die Hochgebirge, werden aber ſpäter durch die
ſich hier fühlbar machende Kälte in die Ebene herabgedrückt. „Sobald der größere Theil der Wach-
teln ſeine gefährliche Reiſe über das Meer angetreten hat“, ſagt gedachter Forſcher, „erſcheinen in der
Morea die Waldſchnepfen und zwar anfangs auf denſelben Plätzen, auf welchen der Jäger kurz zuvor
noch ergiebige Wachteljagd trieb, nämlich in den Hecken und Gebüſchen längs den Dämmen der
Abzugskanäle oder auf den felſigen Hügeln, wo ſie ſich hinter Salbei und Myrthengeſträuch ver-
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Brehm, Thierleben. IV. 39
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[609/0649] Waldſchnepfe. man an, daß ihre eigentliche Heimat, d. h. alſo ihr Brutgürtel, zwiſchen dem fünfundvierzigſten und ſiebenundſechszigſten Grade nördlicher Breite gelegen ſei; wir wiſſen aber jetzt bereits durch von der Mühle, daß einzelne Waldſchnepfen in den griechiſchen Gebirgen und durch Mountaineer, daß nicht wenige im Himalaya, hier freilich dicht unter der Schneegrenze, niſten. Jn Deutſch- land brüten verhältnißmäßig wenige Schnepfen, die meiſten noch in den Mittelgebirgen oder im Norden unſeres Vaterlandes; im Norden trifft man ſie während des Sommers in allen größeren Waldungen an. Milde Winter veranlaſſen ſie zuweilen, den Brutplatz jahraus, jahrein zu behaup- ten: namentlich in England, jedoch auch in Schweden iſt ſolches Verweilen beobachtet worden; die [Abbildung Die Waldſchnepfe (Scolopax rusticola). ½ der nat. Größe.] Mehrzahl aber tritt in jedem Herbſte eine Winterreiſe an und nimmt erſt in den ſüdeuropäiſchen Gebirgen Herberge. Jn Griechenland treffen, nach von der Mühle’s Beobachtungen, einzelne bereits um die Mitte Septembers ein, beziehen zunächſt die Hochgebirge, werden aber ſpäter durch die ſich hier fühlbar machende Kälte in die Ebene herabgedrückt. „Sobald der größere Theil der Wach- teln ſeine gefährliche Reiſe über das Meer angetreten hat“, ſagt gedachter Forſcher, „erſcheinen in der Morea die Waldſchnepfen und zwar anfangs auf denſelben Plätzen, auf welchen der Jäger kurz zuvor noch ergiebige Wachteljagd trieb, nämlich in den Hecken und Gebüſchen längs den Dämmen der Abzugskanäle oder auf den felſigen Hügeln, wo ſie ſich hinter Salbei und Myrthengeſträuch ver- ſtecken. Jhre Anzahl iſt eine ungewöhnlich große. Tritt kalte Witterung ein, ſo ziehen ſie ſich von Brehm, Thierleben. IV. 39

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 609. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/649>, abgerufen am 22.11.2024.