breitungskreises der längst bekannten Art sind genau festgestellt worden, und schon hat der blutdürstige Mensch den anziehenden Vogel aus vielen Gegenden, in denen er früher häufig war, gänzlich ver- drängt. Aus den Berichten früherer Reisender geht hervor, daß man den Emu in Botany Bay und Port Jackson und ebenso auf der Südküste in Menge antraf, daß er auch umliegende Jnseln häufig bewohnte, überhaupt jedem Reisenden, welcher Neuholland berührte, auffallen mußte, weil er sich Jedem zeigte. Gegenwärtig ist er auf Vandiemensland so selten geworden, daß Derjenige, welcher ihn sehen will, Monate lang suchen und sich den entlegensten Theilen der Jnsel zuwenden muß, wenn er einen einzigen bemerken will. Und ebenso hat man ihn von der ganzen Küste weiter und weiter nach dem Jnnern zurückgedrängt, sodaß er jetzt nur noch auf den großen Ebenen im Süden Neuhollands häufig gefunden wird. Noch bringt uns freilich jedes Jahr eine Menge lebender Emus auf unsere Thiermärkte, und man verlangt einen kaum nennenswerthen Preis für das Stück; aber die Zeit, in welcher dieser Strauß ebenso selten sein wird, wie gegenwärtig bereits die großen Kängurus es sind, scheint nicht fern zu liegen. Mit Necht erhebt Gould schon jetzt seine Stimme, um den allseitig verfolgten Charaktervogel jenes Erdtheils abseiten der Behörden Schutz zu erwirken. Jn einzelnen Theilen des glücklichen Australiens soll er, nach Versicherung des schon mehrfach erwähnten "alten Buschmanns" noch zahlreich vorkommen; aber diese Gegenden liegen weit entfernt von dem Getriebe des weißen Mannes, auf den sogenannten wilden Ebenen, welche nur zuweilen von einem einsamen Schäfer besucht werden.
Hier, wo er mit seinem fürchterlichsten Feinde, dem Weißen, noch selten zusammen getroffen ist, zeigt sich der Emu wenig scheu, und gar nicht selten kommt er dicht heran zu den Zelten jener Vorläufer der Einwanderer. Man sagt, daß er sich in Trupps zu drei bis fünf Stück zusammen- halte, nicht aber große Herden bilde, und in seinem Betragen dem Straußen ähnle; ich glaube jedoch bemerken zu müssen, daß diejenigen, von denen diese Angabe herrührt, schwerlich beide Vögel mit einander verglichen haben werden. Denn Strauß und Emu unterscheiden sich, wie man an Gefangenen wahrnehmen kann, in Haltung und Bewegung so wesentlich, daß ihr Gebahren während ihres Frei- lebens ganz bestimmt von einander abweichen wird. Capitain Currie bemerkt, daß der Emu ein ausgezeichneter Wettrenner ist und deshalb zu einer Jagd Veranlassung gibt, welche der Hasenhetze in England mindestens gleichkommt, falls sie dieselbe nicht noch übertrifft. Cunningham ergänzt diese Mittheilung, indem er die Jagd beschreibt und uns mittheilt, daß zu ihr die Känguruhunde gebraucht werden, daß aber nicht alle die Hetze aufnehmen, weil sie sich vor den gefährlichen Fußtritten des Vogels fürchten. Die Ansiedler behaupten, daß der Emu im Stande sei, durch einen einzigen Schlag seines kräftigen Fußes den Unterschenkel eines Mannes zu zerbrechen oder ein Naubthier zu tödten. Gut abgerichtete Hunde sollen ihn deshalb stets von vorn anspringen, ihn am Halse packen und so niedermachen. Das Wildpret wird mit zähem Rindfleische verglichen und als ein gutes Essen gerühmt, obgleich es etwas süßlich schmecken soll, das der Jungen scheint, den übereinstimmenden Berichten zu Folge, äußerst schmackhaft zu sein. Für Leichhardt und seine Gefährten bildete der Emu oft einen Gegenstand der eifrigsten Jagd. Die muthigen Reisenden fanden ihn zwischen der Höhe des Golfs von Carpentaria und Port Essington so häufig, daß man auf dem kleinen Raume von acht Meilen Durchmesser Hunderte, zu drei, fünf und zehn Stücken vereinigt, bemerken konnte. Die Erbeutung eines von ihnen war aber in der armen Wüste jedesmal ein freudiges Ereigniß. Leichhardt bemerkt, daß die Eingebornen dem Emu, um ihn zu tödten, die Flügel brechen, weil sie glauben, daß diese ihm zum Entkommen dienen. Von dem erlegten Vogel wird übrigens nur wenig für die Küche benutzt, vorzugsweise die Schlägel, welche freilich so groß sind, daß Cunningham versichert, es sei das beschwerlichste Geschäft gewesen, welches er je ausgeführt, zwei solcher Keulen eine Meile heimwärts zu tragen. Nach Angabe des "alten Buschmanns" wird der Emu zuweilen sehr fett, und dann kocht man das Fleisch hauptsächlich, um das Oel zu gewinnen, welches in den Augen des Jägers als ein unübertreffliches Mittel für alle möglichen Krankheiten, namentlich aber gichtische Anfälle gilt. Bei den Eingebornen beobachtete Leichhardt sonderbare Gebräuche bezüglich
Die Läufer. Kurzflügler. Strauße.
breitungskreiſes der längſt bekannten Art ſind genau feſtgeſtellt worden, und ſchon hat der blutdürſtige Menſch den anziehenden Vogel aus vielen Gegenden, in denen er früher häufig war, gänzlich ver- drängt. Aus den Berichten früherer Reiſender geht hervor, daß man den Emu in Botany Bay und Port Jackſon und ebenſo auf der Südküſte in Menge antraf, daß er auch umliegende Jnſeln häufig bewohnte, überhaupt jedem Reiſenden, welcher Neuholland berührte, auffallen mußte, weil er ſich Jedem zeigte. Gegenwärtig iſt er auf Vandiemensland ſo ſelten geworden, daß Derjenige, welcher ihn ſehen will, Monate lang ſuchen und ſich den entlegenſten Theilen der Jnſel zuwenden muß, wenn er einen einzigen bemerken will. Und ebenſo hat man ihn von der ganzen Küſte weiter und weiter nach dem Jnnern zurückgedrängt, ſodaß er jetzt nur noch auf den großen Ebenen im Süden Neuhollands häufig gefunden wird. Noch bringt uns freilich jedes Jahr eine Menge lebender Emus auf unſere Thiermärkte, und man verlangt einen kaum nennenswerthen Preis für das Stück; aber die Zeit, in welcher dieſer Strauß ebenſo ſelten ſein wird, wie gegenwärtig bereits die großen Kängurus es ſind, ſcheint nicht fern zu liegen. Mit Necht erhebt Gould ſchon jetzt ſeine Stimme, um den allſeitig verfolgten Charaktervogel jenes Erdtheils abſeiten der Behörden Schutz zu erwirken. Jn einzelnen Theilen des glücklichen Auſtraliens ſoll er, nach Verſicherung des ſchon mehrfach erwähnten „alten Buſchmanns“ noch zahlreich vorkommen; aber dieſe Gegenden liegen weit entfernt von dem Getriebe des weißen Mannes, auf den ſogenannten wilden Ebenen, welche nur zuweilen von einem einſamen Schäfer beſucht werden.
Hier, wo er mit ſeinem fürchterlichſten Feinde, dem Weißen, noch ſelten zuſammen getroffen iſt, zeigt ſich der Emu wenig ſcheu, und gar nicht ſelten kommt er dicht heran zu den Zelten jener Vorläufer der Einwanderer. Man ſagt, daß er ſich in Trupps zu drei bis fünf Stück zuſammen- halte, nicht aber große Herden bilde, und in ſeinem Betragen dem Straußen ähnle; ich glaube jedoch bemerken zu müſſen, daß diejenigen, von denen dieſe Angabe herrührt, ſchwerlich beide Vögel mit einander verglichen haben werden. Denn Strauß und Emu unterſcheiden ſich, wie man an Gefangenen wahrnehmen kann, in Haltung und Bewegung ſo weſentlich, daß ihr Gebahren während ihres Frei- lebens ganz beſtimmt von einander abweichen wird. Capitain Currie bemerkt, daß der Emu ein ausgezeichneter Wettrenner iſt und deshalb zu einer Jagd Veranlaſſung gibt, welche der Haſenhetze in England mindeſtens gleichkommt, falls ſie dieſelbe nicht noch übertrifft. Cunningham ergänzt dieſe Mittheilung, indem er die Jagd beſchreibt und uns mittheilt, daß zu ihr die Känguruhunde gebraucht werden, daß aber nicht alle die Hetze aufnehmen, weil ſie ſich vor den gefährlichen Fußtritten des Vogels fürchten. Die Anſiedler behaupten, daß der Emu im Stande ſei, durch einen einzigen Schlag ſeines kräftigen Fußes den Unterſchenkel eines Mannes zu zerbrechen oder ein Naubthier zu tödten. Gut abgerichtete Hunde ſollen ihn deshalb ſtets von vorn anſpringen, ihn am Halſe packen und ſo niedermachen. Das Wildpret wird mit zähem Rindfleiſche verglichen und als ein gutes Eſſen gerühmt, obgleich es etwas ſüßlich ſchmecken ſoll, das der Jungen ſcheint, den übereinſtimmenden Berichten zu Folge, äußerſt ſchmackhaft zu ſein. Für Leichhardt und ſeine Gefährten bildete der Emu oft einen Gegenſtand der eifrigſten Jagd. Die muthigen Reiſenden fanden ihn zwiſchen der Höhe des Golfs von Carpentaria und Port Eſſington ſo häufig, daß man auf dem kleinen Raume von acht Meilen Durchmeſſer Hunderte, zu drei, fünf und zehn Stücken vereinigt, bemerken konnte. Die Erbeutung eines von ihnen war aber in der armen Wüſte jedesmal ein freudiges Ereigniß. Leichhardt bemerkt, daß die Eingebornen dem Emu, um ihn zu tödten, die Flügel brechen, weil ſie glauben, daß dieſe ihm zum Entkommen dienen. Von dem erlegten Vogel wird übrigens nur wenig für die Küche benutzt, vorzugsweiſe die Schlägel, welche freilich ſo groß ſind, daß Cunningham verſichert, es ſei das beſchwerlichſte Geſchäft geweſen, welches er je ausgeführt, zwei ſolcher Keulen eine Meile heimwärts zu tragen. Nach Angabe des „alten Buſchmanns“ wird der Emu zuweilen ſehr fett, und dann kocht man das Fleiſch hauptſächlich, um das Oel zu gewinnen, welches in den Augen des Jägers als ein unübertreffliches Mittel für alle möglichen Krankheiten, namentlich aber gichtiſche Anfälle gilt. Bei den Eingebornen beobachtete Leichhardt ſonderbare Gebräuche bezüglich
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[544/0576]
Die Läufer. Kurzflügler. Strauße.
breitungskreiſes der längſt bekannten Art ſind genau feſtgeſtellt worden, und ſchon hat der blutdürſtige
Menſch den anziehenden Vogel aus vielen Gegenden, in denen er früher häufig war, gänzlich ver-
drängt. Aus den Berichten früherer Reiſender geht hervor, daß man den Emu in Botany Bay und
Port Jackſon und ebenſo auf der Südküſte in Menge antraf, daß er auch umliegende Jnſeln häufig
bewohnte, überhaupt jedem Reiſenden, welcher Neuholland berührte, auffallen mußte, weil er ſich
Jedem zeigte. Gegenwärtig iſt er auf Vandiemensland ſo ſelten geworden, daß Derjenige, welcher
ihn ſehen will, Monate lang ſuchen und ſich den entlegenſten Theilen der Jnſel zuwenden muß,
wenn er einen einzigen bemerken will. Und ebenſo hat man ihn von der ganzen Küſte weiter und
weiter nach dem Jnnern zurückgedrängt, ſodaß er jetzt nur noch auf den großen Ebenen im Süden
Neuhollands häufig gefunden wird. Noch bringt uns freilich jedes Jahr eine Menge lebender Emus
auf unſere Thiermärkte, und man verlangt einen kaum nennenswerthen Preis für das Stück; aber
die Zeit, in welcher dieſer Strauß ebenſo ſelten ſein wird, wie gegenwärtig bereits die großen Kängurus
es ſind, ſcheint nicht fern zu liegen. Mit Necht erhebt Gould ſchon jetzt ſeine Stimme, um den
allſeitig verfolgten Charaktervogel jenes Erdtheils abſeiten der Behörden Schutz zu erwirken. Jn
einzelnen Theilen des glücklichen Auſtraliens ſoll er, nach Verſicherung des ſchon mehrfach erwähnten
„alten Buſchmanns“ noch zahlreich vorkommen; aber dieſe Gegenden liegen weit entfernt von dem
Getriebe des weißen Mannes, auf den ſogenannten wilden Ebenen, welche nur zuweilen von einem
einſamen Schäfer beſucht werden.
Hier, wo er mit ſeinem fürchterlichſten Feinde, dem Weißen, noch ſelten zuſammen getroffen
iſt, zeigt ſich der Emu wenig ſcheu, und gar nicht ſelten kommt er dicht heran zu den Zelten jener
Vorläufer der Einwanderer. Man ſagt, daß er ſich in Trupps zu drei bis fünf Stück zuſammen-
halte, nicht aber große Herden bilde, und in ſeinem Betragen dem Straußen ähnle; ich glaube jedoch
bemerken zu müſſen, daß diejenigen, von denen dieſe Angabe herrührt, ſchwerlich beide Vögel mit
einander verglichen haben werden. Denn Strauß und Emu unterſcheiden ſich, wie man an Gefangenen
wahrnehmen kann, in Haltung und Bewegung ſo weſentlich, daß ihr Gebahren während ihres Frei-
lebens ganz beſtimmt von einander abweichen wird. Capitain Currie bemerkt, daß der Emu ein
ausgezeichneter Wettrenner iſt und deshalb zu einer Jagd Veranlaſſung gibt, welche der Haſenhetze
in England mindeſtens gleichkommt, falls ſie dieſelbe nicht noch übertrifft. Cunningham ergänzt
dieſe Mittheilung, indem er die Jagd beſchreibt und uns mittheilt, daß zu ihr die Känguruhunde
gebraucht werden, daß aber nicht alle die Hetze aufnehmen, weil ſie ſich vor den gefährlichen Fußtritten
des Vogels fürchten. Die Anſiedler behaupten, daß der Emu im Stande ſei, durch einen einzigen
Schlag ſeines kräftigen Fußes den Unterſchenkel eines Mannes zu zerbrechen oder ein Naubthier zu
tödten. Gut abgerichtete Hunde ſollen ihn deshalb ſtets von vorn anſpringen, ihn am Halſe packen
und ſo niedermachen. Das Wildpret wird mit zähem Rindfleiſche verglichen und als ein gutes Eſſen
gerühmt, obgleich es etwas ſüßlich ſchmecken ſoll, das der Jungen ſcheint, den übereinſtimmenden
Berichten zu Folge, äußerſt ſchmackhaft zu ſein. Für Leichhardt und ſeine Gefährten bildete der
Emu oft einen Gegenſtand der eifrigſten Jagd. Die muthigen Reiſenden fanden ihn zwiſchen der
Höhe des Golfs von Carpentaria und Port Eſſington ſo häufig, daß man auf dem kleinen Raume
von acht Meilen Durchmeſſer Hunderte, zu drei, fünf und zehn Stücken vereinigt, bemerken konnte.
Die Erbeutung eines von ihnen war aber in der armen Wüſte jedesmal ein freudiges Ereigniß.
Leichhardt bemerkt, daß die Eingebornen dem Emu, um ihn zu tödten, die Flügel brechen, weil
ſie glauben, daß dieſe ihm zum Entkommen dienen. Von dem erlegten Vogel wird übrigens nur
wenig für die Küche benutzt, vorzugsweiſe die Schlägel, welche freilich ſo groß ſind, daß Cunningham
verſichert, es ſei das beſchwerlichſte Geſchäft geweſen, welches er je ausgeführt, zwei ſolcher Keulen
eine Meile heimwärts zu tragen. Nach Angabe des „alten Buſchmanns“ wird der Emu zuweilen
ſehr fett, und dann kocht man das Fleiſch hauptſächlich, um das Oel zu gewinnen, welches in den
Augen des Jägers als ein unübertreffliches Mittel für alle möglichen Krankheiten, namentlich aber
gichtiſche Anfälle gilt. Bei den Eingebornen beobachtete Leichhardt ſonderbare Gebräuche bezüglich
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/576>, abgerufen am 22.11.2024.
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