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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Strauß.
erkauft und in einer Anwandlung von kindischer Ruhmsucht schließlich todtgeschossen und abgebalgt
wurden. Jn Chartum schauten über die Mauern der größeren Höfe sehr regelmäßig ein Paar
Straußenköpfe weg; in anderen Ortschaften fanden wir dieselbe Liebhaberei bethätigt. Es bedurfte
eines einzigen Wortes, d. h. nur des Rühmens der Vögel, um glücklicher Besitzer von Straußen zu
werden. Nirgends aber habe ich vernommen, daß solche sich fortgepflanzt hätten, und es nahm und
nimmt mich Dies auch nicht Wunder; denn die betreffenden Besitzer geben sich eben nicht die geringste
Mühe, ein solches Ergebniß zu erzielen. Die ersten Strauße wurden in Algier gezüchtet. Jn Ham,
so ungefähr erzählt Hardy, wurden seit zehn Jahren in einem ziemlich engen Raume der dortigen
Baumschule zahme Strauße gehalten. Es waren zufällig viel mehr Männchen als Weibchen vor-
handen. Die Männchen bekämpften sich beständig, und die Weibchen legten nicht, sei es nun, daß sie
zu jung waren, oder daß die Oertlichkeit Nichts taugte. Nachdem viele weggeschenkt worden, blieben
zwei Männchen und zwei Weibchen übrig. Diese sperrte man nun im Jahre 1852 in einem kreis-
förmigen Gehege von funfzig Fuß Durchmesser ein. Die Paare schienen sich bald gewählt zu haben;
aber die beiden Männchen bekämpften sich fortwährend, bis endlich eines sich zum Alleinherrscher auf-
warf. Es war um die Brunstzeit, welche sich auch äußerlich bei dem Männchen durch verschiedene
Zeichen kundgibt: die nackte Haut der Schenkel färbt sich lebhaft roth; das Gefieder prangt in seiner
schönsten Schwärze. Der Hahn sucht seine Liebe durch eigenthümliche Geberden und Tänze auszu-
drücken und läßt fremdartige, heisere, tiefe Laute ertönen. Er hockt sich vor dem Weibchen auf die
Fußwurzel nieder, bewegt Hals und Kopf in regelmäßiger Weise, zittert am ganzen Körper und
schlägt mit den Flügeln. Beim Schreien wirft er den Hals zurück, schließt den Schnabel und stößt
nun durch krampfhafte, aber willkürliche Bewegungen des ganzen Körpers die in der Lunge enthaltene
Lust hervor, wobei er seine Kehle außerordentlich aufbläht. Die drei Mal drei Töne, welche er oft
wiederholt, erinnern an das Brüllen des Löwen, aber auch an ein dumpfes Trommeln. Der zweite
ist um einige Töne höher als der erste, der dritte viel tiefer und gedehnt, gegen das Ende hin
allmählich verschwächt.

Es wurde ein Nest gegraben und unmittelbar darauf begann das Weibchen zu legen. Männchen
und Weibchen arbeiteten am Neste, faßten die Erde mit dem Schnabel und warfen sie so aus dem
Kreise heraus, welchen sie graben wollten. Während dieser Arbeit wurden die Flügel niedergebeugt
und zitternd bewegt. Der Boden war voll Schuttsteine und Kiessand, welche zusammen eine feste
Masse bildeten; dennoch wurde die über drei Fuß im Durchmesser haltende Grube nur mit dem
Schnabel ausgetieft, auch ein größerer Stein mit ihm herausgefördert. Trotz dieser Vorkehrungen
legten die Hennen ihre Eier nicht in die gegrabenen Nester, vielmehr bald dahin, bald dorthin, inner-
halb ihres Parkes. Die Lage des Nestes war offenbar noch nicht geschickt zur Fortpflanzung.

Jm Monat Dezember 1856 brachte Hardy das Paar in einen geräumigeren und ruhigeren
Park, welcher zur einen Hälfte mit Bäumen und Gebüschen bedeckt, zur andern durch ein hohes
Gebäude geschützt war. Jm Januar gruben die Strauße ihr Nest in die Mitte des Gehölzes, gerade
am dichtest belaubten Orte. Gegen den funfzehnten begann das Weibchen zu legen. Zwei Eier
wurden zerstreut im Park umher gelegt, die übrigen zwölf zusammen nach einander in das gegrabene
Nest. Jn den ersten Tagen des März fingen sie an zu brüten. Eine Woche nachher kam starker
und dauernder Regen, das Wasser drang ins Nest ein, die Eier lagen bald in eine Art von Mörtel
eingebettet, und die armen Thiere verließen ihre Brut. Hardy traf Vorkehrungen, ließ an der
betreffenden Stelle ein Sandhügelchen aufführen und bedeckte die Stelle außerdem noch durch Stroh-
matten. Zu seiner großen Genugthuung sah er gegen Mitte Mai's die Straußen ein neues Nest
graben und zwar auf der Spitze des künstlichen Hügels. Bald darauf begann das Legen wieder.
Jn den letzten Tagen des Juni beschäftigten sich die Vögel viel um das Nest; vom zweiten Juli an
brüteten sie regelmäßig. Am zweiten September sah man ein Junges neben dem Neste umherlaufen;
vier Tage später gaben die Alten das Brüten auf und beschäftigten sich nur noch mit ihrem Sprößlinge.

Brehm, Thierleben. IV. 34

Strauß.
erkauft und in einer Anwandlung von kindiſcher Ruhmſucht ſchließlich todtgeſchoſſen und abgebalgt
wurden. Jn Chartum ſchauten über die Mauern der größeren Höfe ſehr regelmäßig ein Paar
Straußenköpfe weg; in anderen Ortſchaften fanden wir dieſelbe Liebhaberei bethätigt. Es bedurfte
eines einzigen Wortes, d. h. nur des Rühmens der Vögel, um glücklicher Beſitzer von Straußen zu
werden. Nirgends aber habe ich vernommen, daß ſolche ſich fortgepflanzt hätten, und es nahm und
nimmt mich Dies auch nicht Wunder; denn die betreffenden Beſitzer geben ſich eben nicht die geringſte
Mühe, ein ſolches Ergebniß zu erzielen. Die erſten Strauße wurden in Algier gezüchtet. Jn Ham,
ſo ungefähr erzählt Hardy, wurden ſeit zehn Jahren in einem ziemlich engen Raume der dortigen
Baumſchule zahme Strauße gehalten. Es waren zufällig viel mehr Männchen als Weibchen vor-
handen. Die Männchen bekämpften ſich beſtändig, und die Weibchen legten nicht, ſei es nun, daß ſie
zu jung waren, oder daß die Oertlichkeit Nichts taugte. Nachdem viele weggeſchenkt worden, blieben
zwei Männchen und zwei Weibchen übrig. Dieſe ſperrte man nun im Jahre 1852 in einem kreis-
förmigen Gehege von funfzig Fuß Durchmeſſer ein. Die Paare ſchienen ſich bald gewählt zu haben;
aber die beiden Männchen bekämpften ſich fortwährend, bis endlich eines ſich zum Alleinherrſcher auf-
warf. Es war um die Brunſtzeit, welche ſich auch äußerlich bei dem Männchen durch verſchiedene
Zeichen kundgibt: die nackte Haut der Schenkel färbt ſich lebhaft roth; das Gefieder prangt in ſeiner
ſchönſten Schwärze. Der Hahn ſucht ſeine Liebe durch eigenthümliche Geberden und Tänze auszu-
drücken und läßt fremdartige, heiſere, tiefe Laute ertönen. Er hockt ſich vor dem Weibchen auf die
Fußwurzel nieder, bewegt Hals und Kopf in regelmäßiger Weiſe, zittert am ganzen Körper und
ſchlägt mit den Flügeln. Beim Schreien wirft er den Hals zurück, ſchließt den Schnabel und ſtößt
nun durch krampfhafte, aber willkürliche Bewegungen des ganzen Körpers die in der Lunge enthaltene
Luſt hervor, wobei er ſeine Kehle außerordentlich aufbläht. Die drei Mal drei Töne, welche er oft
wiederholt, erinnern an das Brüllen des Löwen, aber auch an ein dumpfes Trommeln. Der zweite
iſt um einige Töne höher als der erſte, der dritte viel tiefer und gedehnt, gegen das Ende hin
allmählich verſchwächt.

Es wurde ein Neſt gegraben und unmittelbar darauf begann das Weibchen zu legen. Männchen
und Weibchen arbeiteten am Neſte, faßten die Erde mit dem Schnabel und warfen ſie ſo aus dem
Kreiſe heraus, welchen ſie graben wollten. Während dieſer Arbeit wurden die Flügel niedergebeugt
und zitternd bewegt. Der Boden war voll Schuttſteine und Kiesſand, welche zuſammen eine feſte
Maſſe bildeten; dennoch wurde die über drei Fuß im Durchmeſſer haltende Grube nur mit dem
Schnabel ausgetieft, auch ein größerer Stein mit ihm herausgefördert. Trotz dieſer Vorkehrungen
legten die Hennen ihre Eier nicht in die gegrabenen Neſter, vielmehr bald dahin, bald dorthin, inner-
halb ihres Parkes. Die Lage des Neſtes war offenbar noch nicht geſchickt zur Fortpflanzung.

Jm Monat Dezember 1856 brachte Hardy das Paar in einen geräumigeren und ruhigeren
Park, welcher zur einen Hälfte mit Bäumen und Gebüſchen bedeckt, zur andern durch ein hohes
Gebäude geſchützt war. Jm Januar gruben die Strauße ihr Neſt in die Mitte des Gehölzes, gerade
am dichteſt belaubten Orte. Gegen den funfzehnten begann das Weibchen zu legen. Zwei Eier
wurden zerſtreut im Park umher gelegt, die übrigen zwölf zuſammen nach einander in das gegrabene
Neſt. Jn den erſten Tagen des März fingen ſie an zu brüten. Eine Woche nachher kam ſtarker
und dauernder Regen, das Waſſer drang ins Neſt ein, die Eier lagen bald in eine Art von Mörtel
eingebettet, und die armen Thiere verließen ihre Brut. Hardy traf Vorkehrungen, ließ an der
betreffenden Stelle ein Sandhügelchen aufführen und bedeckte die Stelle außerdem noch durch Stroh-
matten. Zu ſeiner großen Genugthuung ſah er gegen Mitte Mai’s die Straußen ein neues Neſt
graben und zwar auf der Spitze des künſtlichen Hügels. Bald darauf begann das Legen wieder.
Jn den letzten Tagen des Juni beſchäftigten ſich die Vögel viel um das Neſt; vom zweiten Juli an
brüteten ſie regelmäßig. Am zweiten September ſah man ein Junges neben dem Neſte umherlaufen;
vier Tage ſpäter gaben die Alten das Brüten auf und beſchäftigten ſich nur noch mit ihrem Sprößlinge.

Brehm, Thierleben. IV. 34
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[529/0559] Strauß. erkauft und in einer Anwandlung von kindiſcher Ruhmſucht ſchließlich todtgeſchoſſen und abgebalgt wurden. Jn Chartum ſchauten über die Mauern der größeren Höfe ſehr regelmäßig ein Paar Straußenköpfe weg; in anderen Ortſchaften fanden wir dieſelbe Liebhaberei bethätigt. Es bedurfte eines einzigen Wortes, d. h. nur des Rühmens der Vögel, um glücklicher Beſitzer von Straußen zu werden. Nirgends aber habe ich vernommen, daß ſolche ſich fortgepflanzt hätten, und es nahm und nimmt mich Dies auch nicht Wunder; denn die betreffenden Beſitzer geben ſich eben nicht die geringſte Mühe, ein ſolches Ergebniß zu erzielen. Die erſten Strauße wurden in Algier gezüchtet. Jn Ham, ſo ungefähr erzählt Hardy, wurden ſeit zehn Jahren in einem ziemlich engen Raume der dortigen Baumſchule zahme Strauße gehalten. Es waren zufällig viel mehr Männchen als Weibchen vor- handen. Die Männchen bekämpften ſich beſtändig, und die Weibchen legten nicht, ſei es nun, daß ſie zu jung waren, oder daß die Oertlichkeit Nichts taugte. Nachdem viele weggeſchenkt worden, blieben zwei Männchen und zwei Weibchen übrig. Dieſe ſperrte man nun im Jahre 1852 in einem kreis- förmigen Gehege von funfzig Fuß Durchmeſſer ein. Die Paare ſchienen ſich bald gewählt zu haben; aber die beiden Männchen bekämpften ſich fortwährend, bis endlich eines ſich zum Alleinherrſcher auf- warf. Es war um die Brunſtzeit, welche ſich auch äußerlich bei dem Männchen durch verſchiedene Zeichen kundgibt: die nackte Haut der Schenkel färbt ſich lebhaft roth; das Gefieder prangt in ſeiner ſchönſten Schwärze. Der Hahn ſucht ſeine Liebe durch eigenthümliche Geberden und Tänze auszu- drücken und läßt fremdartige, heiſere, tiefe Laute ertönen. Er hockt ſich vor dem Weibchen auf die Fußwurzel nieder, bewegt Hals und Kopf in regelmäßiger Weiſe, zittert am ganzen Körper und ſchlägt mit den Flügeln. Beim Schreien wirft er den Hals zurück, ſchließt den Schnabel und ſtößt nun durch krampfhafte, aber willkürliche Bewegungen des ganzen Körpers die in der Lunge enthaltene Luſt hervor, wobei er ſeine Kehle außerordentlich aufbläht. Die drei Mal drei Töne, welche er oft wiederholt, erinnern an das Brüllen des Löwen, aber auch an ein dumpfes Trommeln. Der zweite iſt um einige Töne höher als der erſte, der dritte viel tiefer und gedehnt, gegen das Ende hin allmählich verſchwächt. Es wurde ein Neſt gegraben und unmittelbar darauf begann das Weibchen zu legen. Männchen und Weibchen arbeiteten am Neſte, faßten die Erde mit dem Schnabel und warfen ſie ſo aus dem Kreiſe heraus, welchen ſie graben wollten. Während dieſer Arbeit wurden die Flügel niedergebeugt und zitternd bewegt. Der Boden war voll Schuttſteine und Kiesſand, welche zuſammen eine feſte Maſſe bildeten; dennoch wurde die über drei Fuß im Durchmeſſer haltende Grube nur mit dem Schnabel ausgetieft, auch ein größerer Stein mit ihm herausgefördert. Trotz dieſer Vorkehrungen legten die Hennen ihre Eier nicht in die gegrabenen Neſter, vielmehr bald dahin, bald dorthin, inner- halb ihres Parkes. Die Lage des Neſtes war offenbar noch nicht geſchickt zur Fortpflanzung. Jm Monat Dezember 1856 brachte Hardy das Paar in einen geräumigeren und ruhigeren Park, welcher zur einen Hälfte mit Bäumen und Gebüſchen bedeckt, zur andern durch ein hohes Gebäude geſchützt war. Jm Januar gruben die Strauße ihr Neſt in die Mitte des Gehölzes, gerade am dichteſt belaubten Orte. Gegen den funfzehnten begann das Weibchen zu legen. Zwei Eier wurden zerſtreut im Park umher gelegt, die übrigen zwölf zuſammen nach einander in das gegrabene Neſt. Jn den erſten Tagen des März fingen ſie an zu brüten. Eine Woche nachher kam ſtarker und dauernder Regen, das Waſſer drang ins Neſt ein, die Eier lagen bald in eine Art von Mörtel eingebettet, und die armen Thiere verließen ihre Brut. Hardy traf Vorkehrungen, ließ an der betreffenden Stelle ein Sandhügelchen aufführen und bedeckte die Stelle außerdem noch durch Stroh- matten. Zu ſeiner großen Genugthuung ſah er gegen Mitte Mai’s die Straußen ein neues Neſt graben und zwar auf der Spitze des künſtlichen Hügels. Bald darauf begann das Legen wieder. Jn den letzten Tagen des Juni beſchäftigten ſich die Vögel viel um das Neſt; vom zweiten Juli an brüteten ſie regelmäßig. Am zweiten September ſah man ein Junges neben dem Neſte umherlaufen; vier Tage ſpäter gaben die Alten das Brüten auf und beſchäftigten ſich nur noch mit ihrem Sprößlinge. Brehm, Thierleben. IV. 34

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 529. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/559>, abgerufen am 22.11.2024.