geborne mir bemerkte, daß wir in der Nähe der Bruthügel angelangt seien. Eine halbe Stunde später fanden wir einen solchen Hügel zwischen so dichtem Gestrüpp, daß wir es überschreiten mußten. Jch war höchst begierig, die Schätze dieses Hügels zu heben, schob den schwarzen Burschen bei Seite und begann sofort selbst zu graben. Dies aber mißfiel jenem, und er gab mir zu verstehen, daß ich, da ich nie einen solchen Hügel gesehen hatte, durch meine Hast die Eier zerbrechen, also besser thun würde, ihm das Oeffnen zu überlassen. Jch ließ ihn gewähren, und er begann zunächst damit, daß er die Erde sorgfältig aus dem Mittelpunkte wegschaffte und die einem weiten Becken ähnliche Mündung freilegte. Als er zwei Fuß tief gegraben hatte, sah ich mit fast ängstlicher Freude die dicken Enden von zwei Eiern, welche auf die Spitze gestellt waren. Nunmehr wurde die sie umgebende Erde mit größter Vorsicht weggenommen (weil die Schale, wenn sie zuerst mit der Luft in Berührung kommt, außerordentlich zerbrechlich sein soll) und der Eierschatz gehoben. Ungefähr hundert Ellen von diesem ersten Hügel kamen wir zu einem zweiten, größeren und fanden hier drei Eier. Jm Verlaufe unserer Untersuchung entdeckten wir noch acht Hügel mehr, aber keine Eier weiter."
"Um Jhnen eine Vorstellung von der Oertlichkeit zu geben, welche der Vogel für sein Brut- geschäft auswählt, will ich versuchen, die Wonganhügel zu beschreiben. Sie liegen etwa 1300 Fuß über dem Seespiegel in nordnordöstlicher Richtung von Drummond's Hause in der Tootbay, werden von einem Gummiwalde eingeschlossen und sind bedeckt mit einem dichten Bestande, welcher mehrere Meilen weit reicht und aus wirren, dickbuschigen, übermannshohen Pflanzen, zumeist aus einem sonderbaren Zwerggummibaume besteht, welcher von den Eingebornen Sperholz genannt wird. Der Boden besteht aus röthlichem Eisensande; aus ihm wird der Wall gebildet. Das Jnnere desselben enthält feineren Sand mit Pflanzenstoffen gemischt. Drummond, welcher in England Jahre lang Mist- beete unterhalten hatte, meinte, daß die durch Zersetzung entstehende Hitze um die Eier herum 89° Fah- renheit betragen müsse. Jn beiden Nestern gab es viele weiße Ameisen, welche ihre kleinen bedeckten Erdröhren auch an die Schale der Eier geklebt hatten. Der größte Wall, welchen ich sah, maß fünf- undvierzig Fuß im Umfange, bei etwa fünf Fuß Höhe. Jch bemerkte in allen noch nicht zur Auf- nahme der Eier fertigen Nestern, daß das Pflanzenlager feucht und kalt war, glaube deshalb auch, daß der Vogel dasselbe jedesmal, bevor er wieder Eier legt, umwendet und mit Erde bedeckt. Alle Wälle, in denen ich Eier fand, waren oben vollkommen glatt, gerundet, sodaß jeder Vorübergehende, welcher die Sitte des Vogels nicht kennt, sie für Ameisenhügel nehmen mußte, während diejenigen, welche keine Eier enthielten, oben nicht rund, sondern in der Mitte so ausgescharrt waren, daß hier eine Höhle gebildet wurde. Die Eier werden bestimmt in die Mitte, alle in gleicher Höhe, etwa drei Zoll weit von einander und so gelegt, daß sie einen Kreis bilden; ihre Größe ist ungeheuer: sie messen 33/4 Zoll in der Länge, 21/2 in der Breite und wiegen 8 Unzen; ihre Färbung ändert von Lichtbraun bis zu Helllachsroth."
"Den ganzen Tag über bekamen wir keinen Vogel zu sehen, obgleich wir zahlreiche Spuren und Plätze, welche sie aufgescharrt hatten, bemerkten. Fährten sahen wir auch in ausgetrockneten Sümpfen, zwei Meilen vom Brutplatze, woraus hervorgeht, daß sich der Tauben-Wallnister nicht auf das Dickicht, in welchem er brütet, beschränkt. Die Eingebornen versichern, daß man ihn nur dann erlegen könne, wenn man sich angesichts der Hügel in kleinen Entfernungen anstelle und hier warte, bis er gegen Sonnenuntergang erschiene. Dies versuchte ich, verbrachte halb sitzend, halb hockend, erwartungsvoll mehrere Stunden; aber der Vogel erschien nicht, und der Eingeborne wurde zuletzt so ungeduldig, daß ich aufbrechen mußte. Als wir am Hügel vorüber gingen, erblickten wir den Tauben-Wallnister jetzt wirklich; ich war aber wegen der Dunkelheit nicht mehr im Stande, auf ihn zu schießen."
Grey vervollständigt in einem Briefe vom 12. Dezember desselben Jahres Gilbert's Angaben. "Die Wälle, welche der Vogel aufwirft", sagt er, "halten im Grunde zwölf bis dreizehn Fuß im Umfange und sind zwei bis drei Fuß hoch; Sand und Gras ist oft in einer Entfernung von funfzehn bis sechszehn Fuß vom äußersten Rande zusammengescharrt. Der Bau geht folgendermaßen vor sich: Es wird zunächst eine fast kreisrunde Höhlung von ungefähr achtzehn Zoll Durchmesser und sieben bis
Die Läufer. Scharrvögel. Hühner-Wallniſter.
geborne mir bemerkte, daß wir in der Nähe der Bruthügel angelangt ſeien. Eine halbe Stunde ſpäter fanden wir einen ſolchen Hügel zwiſchen ſo dichtem Geſtrüpp, daß wir es überſchreiten mußten. Jch war höchſt begierig, die Schätze dieſes Hügels zu heben, ſchob den ſchwarzen Burſchen bei Seite und begann ſofort ſelbſt zu graben. Dies aber mißfiel jenem, und er gab mir zu verſtehen, daß ich, da ich nie einen ſolchen Hügel geſehen hatte, durch meine Haſt die Eier zerbrechen, alſo beſſer thun würde, ihm das Oeffnen zu überlaſſen. Jch ließ ihn gewähren, und er begann zunächſt damit, daß er die Erde ſorgfältig aus dem Mittelpunkte wegſchaffte und die einem weiten Becken ähnliche Mündung freilegte. Als er zwei Fuß tief gegraben hatte, ſah ich mit faſt ängſtlicher Freude die dicken Enden von zwei Eiern, welche auf die Spitze geſtellt waren. Nunmehr wurde die ſie umgebende Erde mit größter Vorſicht weggenommen (weil die Schale, wenn ſie zuerſt mit der Luft in Berührung kommt, außerordentlich zerbrechlich ſein ſoll) und der Eierſchatz gehoben. Ungefähr hundert Ellen von dieſem erſten Hügel kamen wir zu einem zweiten, größeren und fanden hier drei Eier. Jm Verlaufe unſerer Unterſuchung entdeckten wir noch acht Hügel mehr, aber keine Eier weiter.“
„Um Jhnen eine Vorſtellung von der Oertlichkeit zu geben, welche der Vogel für ſein Brut- geſchäft auswählt, will ich verſuchen, die Wonganhügel zu beſchreiben. Sie liegen etwa 1300 Fuß über dem Seeſpiegel in nordnordöſtlicher Richtung von Drummond’s Hauſe in der Tootbay, werden von einem Gummiwalde eingeſchloſſen und ſind bedeckt mit einem dichten Beſtande, welcher mehrere Meilen weit reicht und aus wirren, dickbuſchigen, übermannshohen Pflanzen, zumeiſt aus einem ſonderbaren Zwerggummibaume beſteht, welcher von den Eingebornen Sperholz genannt wird. Der Boden beſteht aus röthlichem Eiſenſande; aus ihm wird der Wall gebildet. Das Jnnere deſſelben enthält feineren Sand mit Pflanzenſtoffen gemiſcht. Drummond, welcher in England Jahre lang Miſt- beete unterhalten hatte, meinte, daß die durch Zerſetzung entſtehende Hitze um die Eier herum 89° Fah- renheit betragen müſſe. Jn beiden Neſtern gab es viele weiße Ameiſen, welche ihre kleinen bedeckten Erdröhren auch an die Schale der Eier geklebt hatten. Der größte Wall, welchen ich ſah, maß fünf- undvierzig Fuß im Umfange, bei etwa fünf Fuß Höhe. Jch bemerkte in allen noch nicht zur Auf- nahme der Eier fertigen Neſtern, daß das Pflanzenlager feucht und kalt war, glaube deshalb auch, daß der Vogel daſſelbe jedesmal, bevor er wieder Eier legt, umwendet und mit Erde bedeckt. Alle Wälle, in denen ich Eier fand, waren oben vollkommen glatt, gerundet, ſodaß jeder Vorübergehende, welcher die Sitte des Vogels nicht kennt, ſie für Ameiſenhügel nehmen mußte, während diejenigen, welche keine Eier enthielten, oben nicht rund, ſondern in der Mitte ſo ausgeſcharrt waren, daß hier eine Höhle gebildet wurde. Die Eier werden beſtimmt in die Mitte, alle in gleicher Höhe, etwa drei Zoll weit von einander und ſo gelegt, daß ſie einen Kreis bilden; ihre Größe iſt ungeheuer: ſie meſſen 3¾ Zoll in der Länge, 2½ in der Breite und wiegen 8 Unzen; ihre Färbung ändert von Lichtbraun bis zu Helllachsroth.“
„Den ganzen Tag über bekamen wir keinen Vogel zu ſehen, obgleich wir zahlreiche Spuren und Plätze, welche ſie aufgeſcharrt hatten, bemerkten. Fährten ſahen wir auch in ausgetrockneten Sümpfen, zwei Meilen vom Brutplatze, woraus hervorgeht, daß ſich der Tauben-Wallniſter nicht auf das Dickicht, in welchem er brütet, beſchränkt. Die Eingebornen verſichern, daß man ihn nur dann erlegen könne, wenn man ſich angeſichts der Hügel in kleinen Entfernungen anſtelle und hier warte, bis er gegen Sonnenuntergang erſchiene. Dies verſuchte ich, verbrachte halb ſitzend, halb hockend, erwartungsvoll mehrere Stunden; aber der Vogel erſchien nicht, und der Eingeborne wurde zuletzt ſo ungeduldig, daß ich aufbrechen mußte. Als wir am Hügel vorüber gingen, erblickten wir den Tauben-Wallniſter jetzt wirklich; ich war aber wegen der Dunkelheit nicht mehr im Stande, auf ihn zu ſchießen.“
Grey vervollſtändigt in einem Briefe vom 12. Dezember deſſelben Jahres Gilbert’s Angaben. „Die Wälle, welche der Vogel aufwirft“, ſagt er, „halten im Grunde zwölf bis dreizehn Fuß im Umfange und ſind zwei bis drei Fuß hoch; Sand und Gras iſt oft in einer Entfernung von funfzehn bis ſechszehn Fuß vom äußerſten Rande zuſammengeſcharrt. Der Bau geht folgendermaßen vor ſich: Es wird zunächſt eine faſt kreisrunde Höhlung von ungefähr achtzehn Zoll Durchmeſſer und ſieben bis
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Die Läufer. Scharrvögel. Hühner-Wallniſter.
geborne mir bemerkte, daß wir in der Nähe der Bruthügel angelangt ſeien. Eine halbe Stunde
ſpäter fanden wir einen ſolchen Hügel zwiſchen ſo dichtem Geſtrüpp, daß wir es überſchreiten mußten.
Jch war höchſt begierig, die Schätze dieſes Hügels zu heben, ſchob den ſchwarzen Burſchen bei Seite
und begann ſofort ſelbſt zu graben. Dies aber mißfiel jenem, und er gab mir zu verſtehen, daß ich,
da ich nie einen ſolchen Hügel geſehen hatte, durch meine Haſt die Eier zerbrechen, alſo beſſer
thun würde, ihm das Oeffnen zu überlaſſen. Jch ließ ihn gewähren, und er begann zunächſt
damit, daß er die Erde ſorgfältig aus dem Mittelpunkte wegſchaffte und die einem weiten Becken
ähnliche Mündung freilegte. Als er zwei Fuß tief gegraben hatte, ſah ich mit faſt ängſtlicher Freude
die dicken Enden von zwei Eiern, welche auf die Spitze geſtellt waren. Nunmehr wurde die ſie
umgebende Erde mit größter Vorſicht weggenommen (weil die Schale, wenn ſie zuerſt mit der Luft in
Berührung kommt, außerordentlich zerbrechlich ſein ſoll) und der Eierſchatz gehoben. Ungefähr hundert
Ellen von dieſem erſten Hügel kamen wir zu einem zweiten, größeren und fanden hier drei Eier.
Jm Verlaufe unſerer Unterſuchung entdeckten wir noch acht Hügel mehr, aber keine Eier weiter.“
„Um Jhnen eine Vorſtellung von der Oertlichkeit zu geben, welche der Vogel für ſein Brut-
geſchäft auswählt, will ich verſuchen, die Wonganhügel zu beſchreiben. Sie liegen etwa 1300 Fuß über
dem Seeſpiegel in nordnordöſtlicher Richtung von Drummond’s Hauſe in der Tootbay, werden von
einem Gummiwalde eingeſchloſſen und ſind bedeckt mit einem dichten Beſtande, welcher mehrere Meilen
weit reicht und aus wirren, dickbuſchigen, übermannshohen Pflanzen, zumeiſt aus einem ſonderbaren
Zwerggummibaume beſteht, welcher von den Eingebornen Sperholz genannt wird. Der Boden
beſteht aus röthlichem Eiſenſande; aus ihm wird der Wall gebildet. Das Jnnere deſſelben enthält
feineren Sand mit Pflanzenſtoffen gemiſcht. Drummond, welcher in England Jahre lang Miſt-
beete unterhalten hatte, meinte, daß die durch Zerſetzung entſtehende Hitze um die Eier herum 89° Fah-
renheit betragen müſſe. Jn beiden Neſtern gab es viele weiße Ameiſen, welche ihre kleinen bedeckten
Erdröhren auch an die Schale der Eier geklebt hatten. Der größte Wall, welchen ich ſah, maß fünf-
undvierzig Fuß im Umfange, bei etwa fünf Fuß Höhe. Jch bemerkte in allen noch nicht zur Auf-
nahme der Eier fertigen Neſtern, daß das Pflanzenlager feucht und kalt war, glaube deshalb auch, daß
der Vogel daſſelbe jedesmal, bevor er wieder Eier legt, umwendet und mit Erde bedeckt. Alle Wälle,
in denen ich Eier fand, waren oben vollkommen glatt, gerundet, ſodaß jeder Vorübergehende, welcher
die Sitte des Vogels nicht kennt, ſie für Ameiſenhügel nehmen mußte, während diejenigen, welche
keine Eier enthielten, oben nicht rund, ſondern in der Mitte ſo ausgeſcharrt waren, daß hier eine
Höhle gebildet wurde. Die Eier werden beſtimmt in die Mitte, alle in gleicher Höhe, etwa drei
Zoll weit von einander und ſo gelegt, daß ſie einen Kreis bilden; ihre Größe iſt ungeheuer: ſie meſſen
3¾ Zoll in der Länge, 2½ in der Breite und wiegen 8 Unzen; ihre Färbung ändert von Lichtbraun
bis zu Helllachsroth.“
„Den ganzen Tag über bekamen wir keinen Vogel zu ſehen, obgleich wir zahlreiche Spuren und
Plätze, welche ſie aufgeſcharrt hatten, bemerkten. Fährten ſahen wir auch in ausgetrockneten Sümpfen,
zwei Meilen vom Brutplatze, woraus hervorgeht, daß ſich der Tauben-Wallniſter nicht auf das Dickicht,
in welchem er brütet, beſchränkt. Die Eingebornen verſichern, daß man ihn nur dann erlegen könne,
wenn man ſich angeſichts der Hügel in kleinen Entfernungen anſtelle und hier warte, bis er gegen
Sonnenuntergang erſchiene. Dies verſuchte ich, verbrachte halb ſitzend, halb hockend, erwartungsvoll
mehrere Stunden; aber der Vogel erſchien nicht, und der Eingeborne wurde zuletzt ſo ungeduldig, daß
ich aufbrechen mußte. Als wir am Hügel vorüber gingen, erblickten wir den Tauben-Wallniſter jetzt
wirklich; ich war aber wegen der Dunkelheit nicht mehr im Stande, auf ihn zu ſchießen.“
Grey vervollſtändigt in einem Briefe vom 12. Dezember deſſelben Jahres Gilbert’s Angaben.
„Die Wälle, welche der Vogel aufwirft“, ſagt er, „halten im Grunde zwölf bis dreizehn Fuß im
Umfange und ſind zwei bis drei Fuß hoch; Sand und Gras iſt oft in einer Entfernung von funfzehn
bis ſechszehn Fuß vom äußerſten Rande zuſammengeſcharrt. Der Bau geht folgendermaßen vor ſich:
Es wird zunächſt eine faſt kreisrunde Höhlung von ungefähr achtzehn Zoll Durchmeſſer und ſieben bis
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/526>, abgerufen am 22.11.2024.
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