Art des gehetzten Huhnes, oder springen zwei- oder dreimal hoch in die Luft und setzen hierauf ihren Weg auf dem Boden fort. Beim Futtersuchen tragen sie den Kopf hoch, als ob sie beständig Umschau halten müßten, währenddem kratzen sie mit den Füßen, halten plötzlich ein und nehmen mit dem Schnabel Etwas vom Boden auf, gleichsam als ob sie Das mit den Zehen gefühlt hätten. Während des Sommers begeben sie sich auf die Waldpfade oder Wege, auch wohl auf frischgepflügte Felder, um hier sich zu paddeln. Jm Winter nach längerem Schneefall und namentlich, wenn der Frost eine harte Kruste auf die Schneedecke gelegt hat, verweilen sie manchmal drei oder vier Tage nach einander auf ihren Schlafplätzen und fasten; sind aber Ansiedlungen in der Nähe, so kommen sie nahrung- suchend zu den Ställen oder zu den Kornfeimen. Bei Schneewetter durchlaufen sie, aufgescheucht, sehr große Strecken und zwar, so ungeschickt Dies aussieht, mit solcher Schnelligkeit, daß ihnen kein Pferd nachkommen kann; dagegen geschieht es im Frühjahre, wenn sie sich durch ihre Liebestollheit abgemattet haben, auch wiederum, daß ein guter Hund sie im Laufen fängt.
Unter den zahllosen Feinden, welche dem Truthuhne nachstellen, sind nächst dem Menschen die gefährlichsten der Luchs, die Schneeeule und der Uhu. Der Luchs verfolgt Alt und Jung, säuft auch die Eier aus, thut diesem Wilde überhaupt großen Schaden; die Eulen nehmen namentlich nachts viele von den Bäumen weg; gegen sie aber vertheidigen sich die Truthühner oft mit Erfolg. Wird eine lautlos sich nahende Eule entdeckt, so mahnt ein warnendes "Gluck" die ganze Gesellschaft, auf ihrer Hut zu sein. Sofort erheben sich alle Schläfer und achten auf jede Bewegung der Eule, welche schließlich, nachdem sie sich ein Opfer ausersehen, wie ein Pfeil gestrichen kommt, auch den Truthahn unabänderlich ergreifen würde, wüßte dieser nicht auszuweichen. Sowie die Eule heran- schießt, beugt er seinen Kopf tief herab und breitet gleichzeitig seinen Schwanz über den Rücken, verwirrt dadurch den Angreifer, welcher günstigen Falls ein Paar Federn erwischt, fällt zu Boden herab und rennt dem ersten, besten Busche zu, um hier sich zu verbergen.
Jagd und Fang des Truthuhnes werden überall in Amerika mit Leidenschaft, nicht immer aber auch mit Schonung betrieben. Man erlegt den Hahn besonders gern während der Balze, welche er zuweilen auf den Bäumen abhält, und beschleicht ihn dann ganz in derselben Weise, wie unseren Auerhahn; man gebraucht Hunde zum Aufstöbern, stellt sich auf den erkundeten Schlafplätzen oder in der Nähe nahrungversprechender Plätze ein u. s. w. Die Jagd erfordert übrigens unter allen Umständen einen ausgelernten Jäger, weil die große Scheu dieses Wildes Sonntagsschützen das Hand- werk von vornherein verleidet. Viel leichter ist der Fang, eine Art desselben auch sehr bezeichnend für die Dummheit der Vögel. Jn den Waldungen schichtet man Stämme von sechs bis zehn Fuß Länge wie die Balken eines Blockhauses auf, bedeckt das Gebäude oben mit Reisig und bringt unten eine Thür an, groß genug, einen starken Hahn durchzulassen. Das Jnnere der Falle wird reichlich mit Mais geködert und von der Thür aus dieses beliebte Lockfutter auf eine Strecke hin ebenfalls ver- streut. Vorübergehende Truthühner finden die erwünschte Speise, folgen ihr bis zur Thüre, sehen im Jnnern der Falle reichliche Nahrung und kriechen hinein; einer folgt dem andern, und so vereinigt sich zuweilen das ganze Volk in dem geräumigen Jnnern und frißt die hier verstreuten Körner auf. Anstatt nun aber wieder zur Thür hinauszukriechen, bleiben die albernen Vögel in der Falle, stecken überall zwischen den Balken die Köpfe durch und mühen sich vergeblich ab, hier sich durchzuzwängen. Keiner von ihnen findet den Ausweg, und der Fänger holt sich am nächsten Morgen die ganze Gesell- schaft heraus. Audubon versichert, daß man hier sehr oft alle Gefangenen verhungert findet, weil der Fänger, übersättigt von Truthahnwildpret, es nicht mehr der Mühe werth hielt, die Falle zu besichtigen. Noch im Jahre 1834 war der Fang so ergiebig, daß einzelne Jäger das große Dorf New-Harmonie mit diesem Wildpret versehen konnten. Sie ritten, wie der Prinz von Wied erzählt, die Straßen entlang, hatten bis zwanzig Stück an ihren Pferden aufgehängt und verlangten auch nicht über einen Dollar für das Stück. Noch früher waren Truthühner in denselben Gegenden so häufig, daß es zwei guten Schützen nicht besondere Mühe kostete, bis hundert Stück auf einem Jagdzuge zu erlegen.
Die Läufer. Scharrvögel. Truthühner.
Art des gehetzten Huhnes, oder ſpringen zwei- oder dreimal hoch in die Luft und ſetzen hierauf ihren Weg auf dem Boden fort. Beim Futterſuchen tragen ſie den Kopf hoch, als ob ſie beſtändig Umſchau halten müßten, währenddem kratzen ſie mit den Füßen, halten plötzlich ein und nehmen mit dem Schnabel Etwas vom Boden auf, gleichſam als ob ſie Das mit den Zehen gefühlt hätten. Während des Sommers begeben ſie ſich auf die Waldpfade oder Wege, auch wohl auf friſchgepflügte Felder, um hier ſich zu paddeln. Jm Winter nach längerem Schneefall und namentlich, wenn der Froſt eine harte Kruſte auf die Schneedecke gelegt hat, verweilen ſie manchmal drei oder vier Tage nach einander auf ihren Schlafplätzen und faſten; ſind aber Anſiedlungen in der Nähe, ſo kommen ſie nahrung- ſuchend zu den Ställen oder zu den Kornfeimen. Bei Schneewetter durchlaufen ſie, aufgeſcheucht, ſehr große Strecken und zwar, ſo ungeſchickt Dies ausſieht, mit ſolcher Schnelligkeit, daß ihnen kein Pferd nachkommen kann; dagegen geſchieht es im Frühjahre, wenn ſie ſich durch ihre Liebestollheit abgemattet haben, auch wiederum, daß ein guter Hund ſie im Laufen fängt.
Unter den zahlloſen Feinden, welche dem Truthuhne nachſtellen, ſind nächſt dem Menſchen die gefährlichſten der Luchs, die Schneeeule und der Uhu. Der Luchs verfolgt Alt und Jung, ſäuft auch die Eier aus, thut dieſem Wilde überhaupt großen Schaden; die Eulen nehmen namentlich nachts viele von den Bäumen weg; gegen ſie aber vertheidigen ſich die Truthühner oft mit Erfolg. Wird eine lautlos ſich nahende Eule entdeckt, ſo mahnt ein warnendes „Gluck“ die ganze Geſellſchaft, auf ihrer Hut zu ſein. Sofort erheben ſich alle Schläfer und achten auf jede Bewegung der Eule, welche ſchließlich, nachdem ſie ſich ein Opfer auserſehen, wie ein Pfeil geſtrichen kommt, auch den Truthahn unabänderlich ergreifen würde, wüßte dieſer nicht auszuweichen. Sowie die Eule heran- ſchießt, beugt er ſeinen Kopf tief herab und breitet gleichzeitig ſeinen Schwanz über den Rücken, verwirrt dadurch den Angreifer, welcher günſtigen Falls ein Paar Federn erwiſcht, fällt zu Boden herab und rennt dem erſten, beſten Buſche zu, um hier ſich zu verbergen.
Jagd und Fang des Truthuhnes werden überall in Amerika mit Leidenſchaft, nicht immer aber auch mit Schonung betrieben. Man erlegt den Hahn beſonders gern während der Balze, welche er zuweilen auf den Bäumen abhält, und beſchleicht ihn dann ganz in derſelben Weiſe, wie unſeren Auerhahn; man gebraucht Hunde zum Aufſtöbern, ſtellt ſich auf den erkundeten Schlafplätzen oder in der Nähe nahrungverſprechender Plätze ein u. ſ. w. Die Jagd erfordert übrigens unter allen Umſtänden einen ausgelernten Jäger, weil die große Scheu dieſes Wildes Sonntagsſchützen das Hand- werk von vornherein verleidet. Viel leichter iſt der Fang, eine Art deſſelben auch ſehr bezeichnend für die Dummheit der Vögel. Jn den Waldungen ſchichtet man Stämme von ſechs bis zehn Fuß Länge wie die Balken eines Blockhauſes auf, bedeckt das Gebäude oben mit Reiſig und bringt unten eine Thür an, groß genug, einen ſtarken Hahn durchzulaſſen. Das Jnnere der Falle wird reichlich mit Mais geködert und von der Thür aus dieſes beliebte Lockfutter auf eine Strecke hin ebenfalls ver- ſtreut. Vorübergehende Truthühner finden die erwünſchte Speiſe, folgen ihr bis zur Thüre, ſehen im Jnnern der Falle reichliche Nahrung und kriechen hinein; einer folgt dem andern, und ſo vereinigt ſich zuweilen das ganze Volk in dem geräumigen Jnnern und frißt die hier verſtreuten Körner auf. Anſtatt nun aber wieder zur Thür hinauszukriechen, bleiben die albernen Vögel in der Falle, ſtecken überall zwiſchen den Balken die Köpfe durch und mühen ſich vergeblich ab, hier ſich durchzuzwängen. Keiner von ihnen findet den Ausweg, und der Fänger holt ſich am nächſten Morgen die ganze Geſell- ſchaft heraus. Audubon verſichert, daß man hier ſehr oft alle Gefangenen verhungert findet, weil der Fänger, überſättigt von Truthahnwildpret, es nicht mehr der Mühe werth hielt, die Falle zu beſichtigen. Noch im Jahre 1834 war der Fang ſo ergiebig, daß einzelne Jäger das große Dorf New-Harmonie mit dieſem Wildpret verſehen konnten. Sie ritten, wie der Prinz von Wied erzählt, die Straßen entlang, hatten bis zwanzig Stück an ihren Pferden aufgehängt und verlangten auch nicht über einen Dollar für das Stück. Noch früher waren Truthühner in denſelben Gegenden ſo häufig, daß es zwei guten Schützen nicht beſondere Mühe koſtete, bis hundert Stück auf einem Jagdzuge zu erlegen.
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Die Läufer. Scharrvögel. Truthühner.
Art des gehetzten Huhnes, oder ſpringen zwei- oder dreimal hoch in die Luft und ſetzen hierauf ihren
Weg auf dem Boden fort. Beim Futterſuchen tragen ſie den Kopf hoch, als ob ſie beſtändig Umſchau
halten müßten, währenddem kratzen ſie mit den Füßen, halten plötzlich ein und nehmen mit dem
Schnabel Etwas vom Boden auf, gleichſam als ob ſie Das mit den Zehen gefühlt hätten. Während
des Sommers begeben ſie ſich auf die Waldpfade oder Wege, auch wohl auf friſchgepflügte Felder,
um hier ſich zu paddeln. Jm Winter nach längerem Schneefall und namentlich, wenn der Froſt eine
harte Kruſte auf die Schneedecke gelegt hat, verweilen ſie manchmal drei oder vier Tage nach einander
auf ihren Schlafplätzen und faſten; ſind aber Anſiedlungen in der Nähe, ſo kommen ſie nahrung-
ſuchend zu den Ställen oder zu den Kornfeimen. Bei Schneewetter durchlaufen ſie, aufgeſcheucht,
ſehr große Strecken und zwar, ſo ungeſchickt Dies ausſieht, mit ſolcher Schnelligkeit, daß ihnen kein
Pferd nachkommen kann; dagegen geſchieht es im Frühjahre, wenn ſie ſich durch ihre Liebestollheit
abgemattet haben, auch wiederum, daß ein guter Hund ſie im Laufen fängt.
Unter den zahlloſen Feinden, welche dem Truthuhne nachſtellen, ſind nächſt dem Menſchen die
gefährlichſten der Luchs, die Schneeeule und der Uhu. Der Luchs verfolgt Alt und Jung, ſäuft
auch die Eier aus, thut dieſem Wilde überhaupt großen Schaden; die Eulen nehmen namentlich
nachts viele von den Bäumen weg; gegen ſie aber vertheidigen ſich die Truthühner oft mit Erfolg.
Wird eine lautlos ſich nahende Eule entdeckt, ſo mahnt ein warnendes „Gluck“ die ganze Geſellſchaft,
auf ihrer Hut zu ſein. Sofort erheben ſich alle Schläfer und achten auf jede Bewegung der Eule,
welche ſchließlich, nachdem ſie ſich ein Opfer auserſehen, wie ein Pfeil geſtrichen kommt, auch den
Truthahn unabänderlich ergreifen würde, wüßte dieſer nicht auszuweichen. Sowie die Eule heran-
ſchießt, beugt er ſeinen Kopf tief herab und breitet gleichzeitig ſeinen Schwanz über den Rücken,
verwirrt dadurch den Angreifer, welcher günſtigen Falls ein Paar Federn erwiſcht, fällt zu Boden
herab und rennt dem erſten, beſten Buſche zu, um hier ſich zu verbergen.
Jagd und Fang des Truthuhnes werden überall in Amerika mit Leidenſchaft, nicht immer aber
auch mit Schonung betrieben. Man erlegt den Hahn beſonders gern während der Balze, welche
er zuweilen auf den Bäumen abhält, und beſchleicht ihn dann ganz in derſelben Weiſe, wie unſeren
Auerhahn; man gebraucht Hunde zum Aufſtöbern, ſtellt ſich auf den erkundeten Schlafplätzen oder in
der Nähe nahrungverſprechender Plätze ein u. ſ. w. Die Jagd erfordert übrigens unter allen
Umſtänden einen ausgelernten Jäger, weil die große Scheu dieſes Wildes Sonntagsſchützen das Hand-
werk von vornherein verleidet. Viel leichter iſt der Fang, eine Art deſſelben auch ſehr bezeichnend für
die Dummheit der Vögel. Jn den Waldungen ſchichtet man Stämme von ſechs bis zehn Fuß Länge
wie die Balken eines Blockhauſes auf, bedeckt das Gebäude oben mit Reiſig und bringt unten eine
Thür an, groß genug, einen ſtarken Hahn durchzulaſſen. Das Jnnere der Falle wird reichlich mit
Mais geködert und von der Thür aus dieſes beliebte Lockfutter auf eine Strecke hin ebenfalls ver-
ſtreut. Vorübergehende Truthühner finden die erwünſchte Speiſe, folgen ihr bis zur Thüre, ſehen im
Jnnern der Falle reichliche Nahrung und kriechen hinein; einer folgt dem andern, und ſo vereinigt ſich
zuweilen das ganze Volk in dem geräumigen Jnnern und frißt die hier verſtreuten Körner auf.
Anſtatt nun aber wieder zur Thür hinauszukriechen, bleiben die albernen Vögel in der Falle, ſtecken
überall zwiſchen den Balken die Köpfe durch und mühen ſich vergeblich ab, hier ſich durchzuzwängen.
Keiner von ihnen findet den Ausweg, und der Fänger holt ſich am nächſten Morgen die ganze Geſell-
ſchaft heraus. Audubon verſichert, daß man hier ſehr oft alle Gefangenen verhungert findet,
weil der Fänger, überſättigt von Truthahnwildpret, es nicht mehr der Mühe werth hielt, die Falle
zu beſichtigen. Noch im Jahre 1834 war der Fang ſo ergiebig, daß einzelne Jäger das große Dorf
New-Harmonie mit dieſem Wildpret verſehen konnten. Sie ritten, wie der Prinz von Wied
erzählt, die Straßen entlang, hatten bis zwanzig Stück an ihren Pferden aufgehängt und verlangten
auch nicht über einen Dollar für das Stück. Noch früher waren Truthühner in denſelben Gegenden
ſo häufig, daß es zwei guten Schützen nicht beſondere Mühe koſtete, bis hundert Stück auf einem
Jagdzuge zu erlegen.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/518>, abgerufen am 22.11.2024.
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