Lebensweise aller dieser Fasanen unterscheiden sich, soviel bis jetzt erforscht, kaum wesentlich, sodaß es in jeder Hinsicht zulässig erscheint, das von dem gemeinen Fasan Bekannte auch auf die übrigen Arten zu beziehen. Hierzu sind wir außerdem genöthigt, da uns erst die neueste Zeit mit den fremd- ländischen Fasanen bekannt gemacht hat und wir sie auch nur in der Gefangenschaft beobachten konnten, über ihr Freileben aber nicht das Geringste wissen.
Die Fasanen meiden geschlossenen Hochwald und bevorzugen dagegen kleine Haine oder Gebüsche, welche von fruchtbaren Feldern und Wiesen umgeben werden und nicht arm an Wasser sind. Je dichter Gebüsch und Gestrüpp den Boden bedeckt, um so angenehmer wird der Wald für unsere Vögel, welche noch ängstlicher als andere Hühner bedacht zu sein scheinen, sich beständig zu verstecken. Jn Livadien und Rumelien überwuchert, wie von der Mühle berichtet, große Strecken des besten, jetzt aber versumpften Bodens üppiges Gesträuch, namentlich Farrenkraut, zwischen dem sich Brom- beeren und andere Schlingpflanzen eingefunden und das Ganze so durchwebt und überrankt haben, daß ein Hund fast gar nicht, ein Mensch nur dann durchkommen kann, wenn er über das Gestrüpp hinwegschreitet. Solche Gegenden sind ein Lieblingsaufenthalt der Fasanen: hier können sie, so recht nach Herzenslust verborgen, sich umhertreiben. Fruchttragende Getreidefelder scheinen zu ihrem Bestehen zwar nicht unumgänglich nothwendig, ihnen aber doch sehr erwünscht zu sein. Dürre Felder oder den Nadelwald meiden sie stets.
Während des ganzen Tages treiben sie sich auf dem Boden umher, schleichen von einem Busche zum andern, durchkriechen nahrungversprechende Dornenhecken, begeben sich auch wohl an die Ränder der Wälder und von diesen aus auf die Felder, um hier, je nach der Jahreszeit, frische Saat oder gereifte Frucht zu äßen, und suchen sich erst mit Einbruch des Abends einen geeigneten Baum zum Schlafen auf. Jn Strauchwildnissen, wie die beschriebenen Griechenlands, bäumen sie abends nicht einmal, sondern übernachten einfach auf einem niedergetretenen Binsenstrauche oder einem Dornen- busche, weil sie sich hier vollständig sicher fühlen. Unter allen Umständen verbergen sie sich soviel als möglich vor jedem andern Geschöpfe, welches ihnen gefährlich dünkt.
Jn früheren Zeiten glaubte man einen, den Neigungen des Fasans im ganzen entsprechenden Wald ihm dadurch besonders angenehm machen zu können, daß man von Zeit zu Zeit hier räucherte. "Denn diß ist ein Haupt-Fundament bei der Fasanerey", sagt der alte Döbel, "indem man mit dem Rauche die Fasanen zusammenziehen, auch die verflogenen wieder herbeybringen kann. Es nimmt der Fasan den Rauch so gerne an, als ein Fuchs die Witterung, woraus zu schlüssen, daß er einen trefflich starcken Geruch haben muß. -- Dieweil es aber gleichwol ein rechtes Geheimniß und etwas kostbares, auch was sehr sonderbares ist, die Fasanen mit solchem Rauche zu ergötzen, und damit herbeyzubringen; so will ich hierbey noch mehrere Räuche anführen." Sodann werden nun ver- schiedene "Räuche" beschrieben, und wir ersehen zu unserer Verwunderung, daß die Zusammensetzung der Stoffe, welche angezündet wurden, eine sehr verschiedenartige war; denn während bei der einen Gersten- und Haferstroh, Hanfspreu, Kampher, Anis, Wiederthon, Weidenholz, gedörrtes Malz und Roßkugeln genügend erschienen, mußten bei einem andern Weihrauch, Fenchel, Schwarzkümmel, Ameisenhaufen, Fichtenharz, Stroh von Feldkümmel und Haferstroh, bei einem dritten aber Weih- rauch, Myrrhen, wilder Roßmarin, Jungferwachs, weiße Tollita und Haufspreu angewendet werden. Diese Räucherungen sind erst in der neuesten Zeit abgekommen: Dietrich aus dem Winkell z. B. hält es in der zweiten Ausgabe seines Handbuches für Jäger, welches 1820 erschien, noch für nöthig, ihrer zu gedenken, obgleich er bekennen muß, daß er nie Gelegenheit hatte, hierüber Erfahrungen zu machen und nur anführen kann, daß alte tüchtige Fasanenwärter, welche er hierüber befragte, einmüthig für die Nützlichkeit und Nöthigkeit des Rauches stimmten. Jenen vortrefflichen Fasanenzüchtern genügten übrigens derartige Räucherungen noch gar nicht: sie quälten schon die jungen, erst drei Tage alten Fasanen mit dem ihnen unzweifelhaft höchst lästigen Rauche, indem sie die Küchlein in ein Haarsieb sperrten und dieses solange über einen jener Räuche hielten, bis die Fasanen ihrer Meinung nach genug hatten. Wieviel von den jungen Fasanen in Folge einer so
Lebensweiſe der Edelfaſanen.
Lebensweiſe aller dieſer Faſanen unterſcheiden ſich, ſoviel bis jetzt erforſcht, kaum weſentlich, ſodaß es in jeder Hinſicht zuläſſig erſcheint, das von dem gemeinen Faſan Bekannte auch auf die übrigen Arten zu beziehen. Hierzu ſind wir außerdem genöthigt, da uns erſt die neueſte Zeit mit den fremd- ländiſchen Faſanen bekannt gemacht hat und wir ſie auch nur in der Gefangenſchaft beobachten konnten, über ihr Freileben aber nicht das Geringſte wiſſen.
Die Faſanen meiden geſchloſſenen Hochwald und bevorzugen dagegen kleine Haine oder Gebüſche, welche von fruchtbaren Feldern und Wieſen umgeben werden und nicht arm an Waſſer ſind. Je dichter Gebüſch und Geſtrüpp den Boden bedeckt, um ſo angenehmer wird der Wald für unſere Vögel, welche noch ängſtlicher als andere Hühner bedacht zu ſein ſcheinen, ſich beſtändig zu verſtecken. Jn Livadien und Rumelien überwuchert, wie von der Mühle berichtet, große Strecken des beſten, jetzt aber verſumpften Bodens üppiges Geſträuch, namentlich Farrenkraut, zwiſchen dem ſich Brom- beeren und andere Schlingpflanzen eingefunden und das Ganze ſo durchwebt und überrankt haben, daß ein Hund faſt gar nicht, ein Menſch nur dann durchkommen kann, wenn er über das Geſtrüpp hinwegſchreitet. Solche Gegenden ſind ein Lieblingsaufenthalt der Faſanen: hier können ſie, ſo recht nach Herzensluſt verborgen, ſich umhertreiben. Fruchttragende Getreidefelder ſcheinen zu ihrem Beſtehen zwar nicht unumgänglich nothwendig, ihnen aber doch ſehr erwünſcht zu ſein. Dürre Felder oder den Nadelwald meiden ſie ſtets.
Während des ganzen Tages treiben ſie ſich auf dem Boden umher, ſchleichen von einem Buſche zum andern, durchkriechen nahrungverſprechende Dornenhecken, begeben ſich auch wohl an die Ränder der Wälder und von dieſen aus auf die Felder, um hier, je nach der Jahreszeit, friſche Saat oder gereifte Frucht zu äßen, und ſuchen ſich erſt mit Einbruch des Abends einen geeigneten Baum zum Schlafen auf. Jn Strauchwildniſſen, wie die beſchriebenen Griechenlands, bäumen ſie abends nicht einmal, ſondern übernachten einfach auf einem niedergetretenen Binſenſtrauche oder einem Dornen- buſche, weil ſie ſich hier vollſtändig ſicher fühlen. Unter allen Umſtänden verbergen ſie ſich ſoviel als möglich vor jedem andern Geſchöpfe, welches ihnen gefährlich dünkt.
Jn früheren Zeiten glaubte man einen, den Neigungen des Faſans im ganzen entſprechenden Wald ihm dadurch beſonders angenehm machen zu können, daß man von Zeit zu Zeit hier räucherte. „Denn diß iſt ein Haupt-Fundament bei der Faſanerey“, ſagt der alte Döbel, „indem man mit dem Rauche die Faſanen zuſammenziehen, auch die verflogenen wieder herbeybringen kann. Es nimmt der Faſan den Rauch ſo gerne an, als ein Fuchs die Witterung, woraus zu ſchlüſſen, daß er einen trefflich ſtarcken Geruch haben muß. — Dieweil es aber gleichwol ein rechtes Geheimniß und etwas koſtbares, auch was ſehr ſonderbares iſt, die Faſanen mit ſolchem Rauche zu ergötzen, und damit herbeyzubringen; ſo will ich hierbey noch mehrere Räuche anführen.“ Sodann werden nun ver- ſchiedene „Räuche“ beſchrieben, und wir erſehen zu unſerer Verwunderung, daß die Zuſammenſetzung der Stoffe, welche angezündet wurden, eine ſehr verſchiedenartige war; denn während bei der einen Gerſten- und Haferſtroh, Hanfſpreu, Kampher, Anis, Wiederthon, Weidenholz, gedörrtes Malz und Roßkugeln genügend erſchienen, mußten bei einem andern Weihrauch, Fenchel, Schwarzkümmel, Ameiſenhaufen, Fichtenharz, Stroh von Feldkümmel und Haferſtroh, bei einem dritten aber Weih- rauch, Myrrhen, wilder Roßmarin, Jungferwachs, weiße Tollita und Haufſpreu angewendet werden. Dieſe Räucherungen ſind erſt in der neueſten Zeit abgekommen: Dietrich aus dem Winkell z. B. hält es in der zweiten Ausgabe ſeines Handbuches für Jäger, welches 1820 erſchien, noch für nöthig, ihrer zu gedenken, obgleich er bekennen muß, daß er nie Gelegenheit hatte, hierüber Erfahrungen zu machen und nur anführen kann, daß alte tüchtige Faſanenwärter, welche er hierüber befragte, einmüthig für die Nützlichkeit und Nöthigkeit des Rauches ſtimmten. Jenen vortrefflichen Faſanenzüchtern genügten übrigens derartige Räucherungen noch gar nicht: ſie quälten ſchon die jungen, erſt drei Tage alten Faſanen mit dem ihnen unzweifelhaft höchſt läſtigen Rauche, indem ſie die Küchlein in ein Haarſieb ſperrten und dieſes ſolange über einen jener Räuche hielten, bis die Faſanen ihrer Meinung nach genug hatten. Wieviel von den jungen Faſanen in Folge einer ſo
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0487"n="459"/><fwplace="top"type="header">Lebensweiſe der Edelfaſanen.</fw><lb/>
Lebensweiſe aller dieſer Faſanen unterſcheiden ſich, ſoviel bis jetzt erforſcht, kaum weſentlich, ſodaß es<lb/>
in jeder Hinſicht zuläſſig erſcheint, das von dem gemeinen Faſan Bekannte auch auf die übrigen Arten<lb/>
zu beziehen. Hierzu ſind wir außerdem genöthigt, da uns erſt die neueſte Zeit mit den fremd-<lb/>
ländiſchen Faſanen bekannt gemacht hat und wir ſie auch nur in der Gefangenſchaft beobachten<lb/>
konnten, über ihr Freileben aber nicht das Geringſte wiſſen.</p><lb/><p>Die Faſanen meiden geſchloſſenen Hochwald und bevorzugen dagegen kleine Haine oder<lb/>
Gebüſche, welche von fruchtbaren Feldern und Wieſen umgeben werden und nicht arm an Waſſer ſind.<lb/>
Je dichter Gebüſch und Geſtrüpp den Boden bedeckt, um ſo angenehmer wird der Wald für unſere<lb/>
Vögel, welche noch ängſtlicher als andere Hühner bedacht zu ſein ſcheinen, ſich beſtändig zu verſtecken.<lb/>
Jn Livadien und Rumelien überwuchert, wie <hirendition="#g">von der Mühle</hi> berichtet, große Strecken des beſten,<lb/>
jetzt aber verſumpften Bodens üppiges Geſträuch, namentlich Farrenkraut, zwiſchen dem ſich Brom-<lb/>
beeren und andere Schlingpflanzen eingefunden und das Ganze ſo durchwebt und überrankt haben,<lb/>
daß ein Hund faſt gar nicht, ein Menſch nur dann durchkommen kann, wenn er über das Geſtrüpp<lb/>
hinwegſchreitet. Solche Gegenden ſind ein Lieblingsaufenthalt der Faſanen: hier können ſie, ſo recht<lb/>
nach Herzensluſt verborgen, ſich umhertreiben. Fruchttragende Getreidefelder ſcheinen zu ihrem<lb/>
Beſtehen zwar nicht unumgänglich nothwendig, ihnen aber doch ſehr erwünſcht zu ſein. Dürre Felder<lb/>
oder den Nadelwald meiden ſie ſtets.</p><lb/><p>Während des ganzen Tages treiben ſie ſich auf dem Boden umher, ſchleichen von einem Buſche<lb/>
zum andern, durchkriechen nahrungverſprechende Dornenhecken, begeben ſich auch wohl an die Ränder<lb/>
der Wälder und von dieſen aus auf die Felder, um hier, je nach der Jahreszeit, friſche Saat oder<lb/>
gereifte Frucht zu äßen, und ſuchen ſich erſt mit Einbruch des Abends einen geeigneten Baum zum<lb/>
Schlafen auf. Jn Strauchwildniſſen, wie die beſchriebenen Griechenlands, bäumen ſie abends nicht<lb/>
einmal, ſondern übernachten einfach auf einem niedergetretenen Binſenſtrauche oder einem Dornen-<lb/>
buſche, weil ſie ſich hier vollſtändig ſicher fühlen. Unter allen Umſtänden verbergen ſie ſich ſoviel als<lb/>
möglich vor jedem andern Geſchöpfe, welches ihnen gefährlich dünkt.</p><lb/><p>Jn früheren Zeiten glaubte man einen, den Neigungen des Faſans im ganzen entſprechenden<lb/>
Wald ihm dadurch beſonders angenehm machen zu können, daß man von Zeit zu Zeit hier räucherte.<lb/>„Denn diß iſt ein Haupt-Fundament bei der Faſanerey“, ſagt der alte <hirendition="#g">Döbel,</hi>„indem man mit<lb/>
dem Rauche die Faſanen zuſammenziehen, auch die verflogenen wieder herbeybringen kann. Es nimmt<lb/>
der Faſan den Rauch ſo gerne an, als ein Fuchs die Witterung, woraus zu ſchlüſſen, daß er einen<lb/>
trefflich ſtarcken Geruch haben muß. — Dieweil es aber gleichwol ein rechtes Geheimniß und etwas<lb/>
koſtbares, auch was ſehr ſonderbares iſt, die Faſanen mit ſolchem Rauche zu ergötzen, und damit<lb/>
herbeyzubringen; ſo will ich hierbey noch mehrere Räuche anführen.“ Sodann werden nun ver-<lb/>ſchiedene „Räuche“ beſchrieben, und wir erſehen zu unſerer Verwunderung, daß die Zuſammenſetzung<lb/>
der Stoffe, welche angezündet wurden, eine ſehr verſchiedenartige war; denn während bei der einen<lb/>
Gerſten- und Haferſtroh, Hanfſpreu, Kampher, Anis, Wiederthon, Weidenholz, gedörrtes Malz und<lb/>
Roßkugeln genügend erſchienen, mußten bei einem andern Weihrauch, Fenchel, Schwarzkümmel,<lb/>
Ameiſenhaufen, Fichtenharz, Stroh von Feldkümmel und Haferſtroh, bei einem dritten aber Weih-<lb/>
rauch, Myrrhen, wilder Roßmarin, Jungferwachs, weiße Tollita und Haufſpreu angewendet werden.<lb/>
Dieſe Räucherungen ſind erſt in der neueſten Zeit abgekommen: <hirendition="#g">Dietrich aus dem Winkell</hi><lb/>
z. B. hält es in der zweiten Ausgabe ſeines Handbuches für Jäger, welches 1820 erſchien, noch für<lb/>
nöthig, ihrer zu gedenken, obgleich er bekennen muß, daß er nie Gelegenheit hatte, hierüber<lb/>
Erfahrungen zu machen und nur anführen kann, daß alte tüchtige Faſanenwärter, welche er hierüber<lb/>
befragte, einmüthig für die Nützlichkeit und Nöthigkeit des Rauches ſtimmten. Jenen vortrefflichen<lb/>
Faſanenzüchtern genügten übrigens derartige Räucherungen noch gar nicht: ſie quälten ſchon die<lb/>
jungen, erſt drei Tage alten Faſanen mit dem ihnen unzweifelhaft höchſt läſtigen Rauche, indem ſie<lb/>
die Küchlein in ein Haarſieb ſperrten und dieſes ſolange über einen jener Räuche hielten, bis die<lb/>
Faſanen ihrer Meinung nach genug hatten. Wieviel von den jungen Faſanen in Folge einer ſo<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[459/0487]
Lebensweiſe der Edelfaſanen.
Lebensweiſe aller dieſer Faſanen unterſcheiden ſich, ſoviel bis jetzt erforſcht, kaum weſentlich, ſodaß es
in jeder Hinſicht zuläſſig erſcheint, das von dem gemeinen Faſan Bekannte auch auf die übrigen Arten
zu beziehen. Hierzu ſind wir außerdem genöthigt, da uns erſt die neueſte Zeit mit den fremd-
ländiſchen Faſanen bekannt gemacht hat und wir ſie auch nur in der Gefangenſchaft beobachten
konnten, über ihr Freileben aber nicht das Geringſte wiſſen.
Die Faſanen meiden geſchloſſenen Hochwald und bevorzugen dagegen kleine Haine oder
Gebüſche, welche von fruchtbaren Feldern und Wieſen umgeben werden und nicht arm an Waſſer ſind.
Je dichter Gebüſch und Geſtrüpp den Boden bedeckt, um ſo angenehmer wird der Wald für unſere
Vögel, welche noch ängſtlicher als andere Hühner bedacht zu ſein ſcheinen, ſich beſtändig zu verſtecken.
Jn Livadien und Rumelien überwuchert, wie von der Mühle berichtet, große Strecken des beſten,
jetzt aber verſumpften Bodens üppiges Geſträuch, namentlich Farrenkraut, zwiſchen dem ſich Brom-
beeren und andere Schlingpflanzen eingefunden und das Ganze ſo durchwebt und überrankt haben,
daß ein Hund faſt gar nicht, ein Menſch nur dann durchkommen kann, wenn er über das Geſtrüpp
hinwegſchreitet. Solche Gegenden ſind ein Lieblingsaufenthalt der Faſanen: hier können ſie, ſo recht
nach Herzensluſt verborgen, ſich umhertreiben. Fruchttragende Getreidefelder ſcheinen zu ihrem
Beſtehen zwar nicht unumgänglich nothwendig, ihnen aber doch ſehr erwünſcht zu ſein. Dürre Felder
oder den Nadelwald meiden ſie ſtets.
Während des ganzen Tages treiben ſie ſich auf dem Boden umher, ſchleichen von einem Buſche
zum andern, durchkriechen nahrungverſprechende Dornenhecken, begeben ſich auch wohl an die Ränder
der Wälder und von dieſen aus auf die Felder, um hier, je nach der Jahreszeit, friſche Saat oder
gereifte Frucht zu äßen, und ſuchen ſich erſt mit Einbruch des Abends einen geeigneten Baum zum
Schlafen auf. Jn Strauchwildniſſen, wie die beſchriebenen Griechenlands, bäumen ſie abends nicht
einmal, ſondern übernachten einfach auf einem niedergetretenen Binſenſtrauche oder einem Dornen-
buſche, weil ſie ſich hier vollſtändig ſicher fühlen. Unter allen Umſtänden verbergen ſie ſich ſoviel als
möglich vor jedem andern Geſchöpfe, welches ihnen gefährlich dünkt.
Jn früheren Zeiten glaubte man einen, den Neigungen des Faſans im ganzen entſprechenden
Wald ihm dadurch beſonders angenehm machen zu können, daß man von Zeit zu Zeit hier räucherte.
„Denn diß iſt ein Haupt-Fundament bei der Faſanerey“, ſagt der alte Döbel, „indem man mit
dem Rauche die Faſanen zuſammenziehen, auch die verflogenen wieder herbeybringen kann. Es nimmt
der Faſan den Rauch ſo gerne an, als ein Fuchs die Witterung, woraus zu ſchlüſſen, daß er einen
trefflich ſtarcken Geruch haben muß. — Dieweil es aber gleichwol ein rechtes Geheimniß und etwas
koſtbares, auch was ſehr ſonderbares iſt, die Faſanen mit ſolchem Rauche zu ergötzen, und damit
herbeyzubringen; ſo will ich hierbey noch mehrere Räuche anführen.“ Sodann werden nun ver-
ſchiedene „Räuche“ beſchrieben, und wir erſehen zu unſerer Verwunderung, daß die Zuſammenſetzung
der Stoffe, welche angezündet wurden, eine ſehr verſchiedenartige war; denn während bei der einen
Gerſten- und Haferſtroh, Hanfſpreu, Kampher, Anis, Wiederthon, Weidenholz, gedörrtes Malz und
Roßkugeln genügend erſchienen, mußten bei einem andern Weihrauch, Fenchel, Schwarzkümmel,
Ameiſenhaufen, Fichtenharz, Stroh von Feldkümmel und Haferſtroh, bei einem dritten aber Weih-
rauch, Myrrhen, wilder Roßmarin, Jungferwachs, weiße Tollita und Haufſpreu angewendet werden.
Dieſe Räucherungen ſind erſt in der neueſten Zeit abgekommen: Dietrich aus dem Winkell
z. B. hält es in der zweiten Ausgabe ſeines Handbuches für Jäger, welches 1820 erſchien, noch für
nöthig, ihrer zu gedenken, obgleich er bekennen muß, daß er nie Gelegenheit hatte, hierüber
Erfahrungen zu machen und nur anführen kann, daß alte tüchtige Faſanenwärter, welche er hierüber
befragte, einmüthig für die Nützlichkeit und Nöthigkeit des Rauches ſtimmten. Jenen vortrefflichen
Faſanenzüchtern genügten übrigens derartige Räucherungen noch gar nicht: ſie quälten ſchon die
jungen, erſt drei Tage alten Faſanen mit dem ihnen unzweifelhaft höchſt läſtigen Rauche, indem ſie
die Küchlein in ein Haarſieb ſperrten und dieſes ſolange über einen jener Räuche hielten, bis die
Faſanen ihrer Meinung nach genug hatten. Wieviel von den jungen Faſanen in Folge einer ſo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/487>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.