Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Jewar.
bis er sich in dem Gezweige verborgen hat. Sind mehrere bei einander, so beginnen sie alle zu
gleicher Zeit zu schreien und eilen in verschiedenen Richtungen dahin, einige auf dem Grunde fort-
laufend, andere zu den Bäumen sich erhebend. Nach dem ersten Aufscheuchen fliegen sie nur bis
zum nächsten Baume; werden sie jedoch öfter aufgetrieben, so streichen sie gewöhnlich eine ziemliche
Strecke weit weg und dann am liebsten bergab. Jhr Flug zeichnet sich durch Schnelligkeit und durch
ein eigenthümliches Schwirren aus, sodaß man den Jewar, auch wenn man ihn nicht sieht, leicht
erkennen und von den andern Wildhühnern unterscheiden kann. Da, wo seine Aufenthaltsorte oft
von Jägern und den Eingebornen besucht werden, ist er vorsichtiger, und wenn solche Besuche regel-
mäßig stattfinden, wird er zuletzt so scheu und listig, daß er jeden andern Vogel übertrifft. Er
pflegt unter solchen Umständen, sobald er die Anwesenheit eines Menschen merkt, nach ein- oder
zweimaligem Lockrufe, auch wohl ohne solchen, aufzubäumen, und weiß sich so geschickt in die dichtesten
Laubwerke der Kronen zu verbergen, daß man ihn nicht oder wenigstens nur dann findet, wenn man
sich den Zweig, zu welchem er sich erhob, genau merken konnte. -- Seine Nachtruhe hält er nur
auf Bäumen."

"Mit Frühlingsanfang, sobald der Schnee in den höheren Gebirgen zu schmelzen beginnt,
verlassen die Hornfasanen ihre Winterherberge, vereinzeln sich nach und nach und vertheilen sich in
den stilleren und zurückliegenden Wäldern des Gürtels der Birke und weißen Alpenrose, wo sie
gewöhnlich die äußerste Grenze des Waldes beziehen. Schon im April paaren sie sich, und jetzt
trifft man öfter als je mit den Männchen zusammen. Viele von diesen scheinen auf der Wander-
schaft zu sein, wahrscheinlich, um sich eine Gefährtin zu suchen. Sie schreien viel und während des
ganzen Tages, setzen sich dabei in die dichten Zweige der Bäume oder auf einen zu Boden gefallenen
Baumstamm und scheinen nicht so ängstlich bedacht, sich zu verstecken. Der Paarungsruf ähnelt dem
Laute, welchen man vernimmt, wenn man ein Volk aufscheucht, ist aber viel lauter und besteht nur
aus einer einzigen Silbe, einem kräftigen "Wä", welches dem Blöken einer verirrten Ziege sehr
ähnlich klingt und mehr als eine Meile weit vernommen werden kann."

Ueber das Brutgeschäft berichtet Mountaineer nicht; er sagt blos, daß nach der Brutzeit jede
Familie sich auf einem bestimmten Platze aufhält und allgemach der Winterherberge zuwandert, in
dieser aber, da, wo die oberen Waldungen dickbuschig und hochgrasig sind, selten vor dem November
erscheint.

"Die hauptsächlichste Nahrung des Jewar besteht in Baumblättern und Knospen, namentlich
solchen der verschiedenen Eichen und Buchsbaumarten; nebenbei werden aber auch Wurzeln, Blumen,
Beeren, Sämereien und Körner und ebenso Käfer und andere Kerbthiere mit aufgenommen, immer
aber verhältnißmäßig wenige im Vergleich zu den Blättern."

So zurückgezogen die Hornfasanen leben und so scheu und vorsichtig sie sich in der Freiheit
zeigen, so rasch gewöhnen sie sich an den Käfig. Die alt Eingefangenen verlieren bald alle Furcht,
nehmen ohne Umstände das verschiedenste Futter an und werden, wenn sich der Pfleger mit ihnen
beschäftigt, schließlich so zahm, daß sie aus der Hand fressen. Jn geeigneten Räumlichkeiten schreiten
sie zur Fortpflanzung, wie die Gefangenen des londoner Gartens zur Freude aller Thierkundigen
bewiesen haben; die Aufzucht der Jungen verursacht auch kaum größere Mühe als die unserer gewöhn-
lichen Fasanenarten. Wir dürfen also hoffen, auch mit diesen prachtvollen Hühnern bald bekannter zu
werden, als wir gegenwärtig es sind.



Unter den verschiedenen Gruppen, in welche die uns beschäftigende Zunft zerfällt, geht uns keine
näher an, als die, welche uns das Huhn gegeben hat. Hinsichtlich des Ursprungs dieses nützlichsten
aller Hausvögel sind wir übrigens noch nicht im Klaren: wir wissen nicht, welcher von den bekannten

Jewar.
bis er ſich in dem Gezweige verborgen hat. Sind mehrere bei einander, ſo beginnen ſie alle zu
gleicher Zeit zu ſchreien und eilen in verſchiedenen Richtungen dahin, einige auf dem Grunde fort-
laufend, andere zu den Bäumen ſich erhebend. Nach dem erſten Aufſcheuchen fliegen ſie nur bis
zum nächſten Baume; werden ſie jedoch öfter aufgetrieben, ſo ſtreichen ſie gewöhnlich eine ziemliche
Strecke weit weg und dann am liebſten bergab. Jhr Flug zeichnet ſich durch Schnelligkeit und durch
ein eigenthümliches Schwirren aus, ſodaß man den Jewar, auch wenn man ihn nicht ſieht, leicht
erkennen und von den andern Wildhühnern unterſcheiden kann. Da, wo ſeine Aufenthaltsorte oft
von Jägern und den Eingebornen beſucht werden, iſt er vorſichtiger, und wenn ſolche Beſuche regel-
mäßig ſtattfinden, wird er zuletzt ſo ſcheu und liſtig, daß er jeden andern Vogel übertrifft. Er
pflegt unter ſolchen Umſtänden, ſobald er die Anweſenheit eines Menſchen merkt, nach ein- oder
zweimaligem Lockrufe, auch wohl ohne ſolchen, aufzubäumen, und weiß ſich ſo geſchickt in die dichteſten
Laubwerke der Kronen zu verbergen, daß man ihn nicht oder wenigſtens nur dann findet, wenn man
ſich den Zweig, zu welchem er ſich erhob, genau merken konnte. — Seine Nachtruhe hält er nur
auf Bäumen.“

„Mit Frühlingsanfang, ſobald der Schnee in den höheren Gebirgen zu ſchmelzen beginnt,
verlaſſen die Hornfaſanen ihre Winterherberge, vereinzeln ſich nach und nach und vertheilen ſich in
den ſtilleren und zurückliegenden Wäldern des Gürtels der Birke und weißen Alpenroſe, wo ſie
gewöhnlich die äußerſte Grenze des Waldes beziehen. Schon im April paaren ſie ſich, und jetzt
trifft man öfter als je mit den Männchen zuſammen. Viele von dieſen ſcheinen auf der Wander-
ſchaft zu ſein, wahrſcheinlich, um ſich eine Gefährtin zu ſuchen. Sie ſchreien viel und während des
ganzen Tages, ſetzen ſich dabei in die dichten Zweige der Bäume oder auf einen zu Boden gefallenen
Baumſtamm und ſcheinen nicht ſo ängſtlich bedacht, ſich zu verſtecken. Der Paarungsruf ähnelt dem
Laute, welchen man vernimmt, wenn man ein Volk aufſcheucht, iſt aber viel lauter und beſteht nur
aus einer einzigen Silbe, einem kräftigen „Wä“, welches dem Blöken einer verirrten Ziege ſehr
ähnlich klingt und mehr als eine Meile weit vernommen werden kann.“

Ueber das Brutgeſchäft berichtet Mountaineer nicht; er ſagt blos, daß nach der Brutzeit jede
Familie ſich auf einem beſtimmten Platze aufhält und allgemach der Winterherberge zuwandert, in
dieſer aber, da, wo die oberen Waldungen dickbuſchig und hochgraſig ſind, ſelten vor dem November
erſcheint.

„Die hauptſächlichſte Nahrung des Jewar beſteht in Baumblättern und Knospen, namentlich
ſolchen der verſchiedenen Eichen und Buchsbaumarten; nebenbei werden aber auch Wurzeln, Blumen,
Beeren, Sämereien und Körner und ebenſo Käfer und andere Kerbthiere mit aufgenommen, immer
aber verhältnißmäßig wenige im Vergleich zu den Blättern.“

So zurückgezogen die Hornfaſanen leben und ſo ſcheu und vorſichtig ſie ſich in der Freiheit
zeigen, ſo raſch gewöhnen ſie ſich an den Käfig. Die alt Eingefangenen verlieren bald alle Furcht,
nehmen ohne Umſtände das verſchiedenſte Futter an und werden, wenn ſich der Pfleger mit ihnen
beſchäftigt, ſchließlich ſo zahm, daß ſie aus der Hand freſſen. Jn geeigneten Räumlichkeiten ſchreiten
ſie zur Fortpflanzung, wie die Gefangenen des londoner Gartens zur Freude aller Thierkundigen
bewieſen haben; die Aufzucht der Jungen verurſacht auch kaum größere Mühe als die unſerer gewöhn-
lichen Faſanenarten. Wir dürfen alſo hoffen, auch mit dieſen prachtvollen Hühnern bald bekannter zu
werden, als wir gegenwärtig es ſind.



Unter den verſchiedenen Gruppen, in welche die uns beſchäftigende Zunft zerfällt, geht uns keine
näher an, als die, welche uns das Huhn gegeben hat. Hinſichtlich des Urſprungs dieſes nützlichſten
aller Hausvögel ſind wir übrigens noch nicht im Klaren: wir wiſſen nicht, welcher von den bekannten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0469" n="441"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Jewar.</hi></fw><lb/>
bis er &#x017F;ich in dem Gezweige verborgen hat. Sind mehrere bei einander, &#x017F;o beginnen &#x017F;ie alle zu<lb/>
gleicher Zeit zu &#x017F;chreien und eilen in ver&#x017F;chiedenen Richtungen dahin, einige auf dem Grunde fort-<lb/>
laufend, andere zu den Bäumen &#x017F;ich erhebend. Nach dem er&#x017F;ten Auf&#x017F;cheuchen fliegen &#x017F;ie nur bis<lb/>
zum näch&#x017F;ten Baume; werden &#x017F;ie jedoch öfter aufgetrieben, &#x017F;o &#x017F;treichen &#x017F;ie gewöhnlich eine ziemliche<lb/>
Strecke weit weg und dann am lieb&#x017F;ten bergab. Jhr Flug zeichnet &#x017F;ich durch Schnelligkeit und durch<lb/>
ein eigenthümliches Schwirren aus, &#x017F;odaß man den Jewar, auch wenn man ihn nicht &#x017F;ieht, leicht<lb/>
erkennen und von den andern Wildhühnern unter&#x017F;cheiden kann. Da, wo &#x017F;eine Aufenthaltsorte oft<lb/>
von Jägern und den Eingebornen be&#x017F;ucht werden, i&#x017F;t er vor&#x017F;ichtiger, und wenn &#x017F;olche Be&#x017F;uche regel-<lb/>
mäßig &#x017F;tattfinden, wird er zuletzt &#x017F;o &#x017F;cheu und li&#x017F;tig, daß er jeden andern Vogel übertrifft. Er<lb/>
pflegt unter &#x017F;olchen Um&#x017F;tänden, &#x017F;obald er die Anwe&#x017F;enheit eines Men&#x017F;chen merkt, nach ein- oder<lb/>
zweimaligem Lockrufe, auch wohl ohne &#x017F;olchen, aufzubäumen, und weiß &#x017F;ich &#x017F;o ge&#x017F;chickt in die dichte&#x017F;ten<lb/>
Laubwerke der Kronen zu verbergen, daß man ihn nicht oder wenig&#x017F;tens nur dann findet, wenn man<lb/>
&#x017F;ich den Zweig, zu welchem er &#x017F;ich erhob, genau merken konnte. &#x2014; Seine Nachtruhe hält er nur<lb/>
auf Bäumen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Mit Frühlingsanfang, &#x017F;obald der Schnee in den höheren Gebirgen zu &#x017F;chmelzen beginnt,<lb/>
verla&#x017F;&#x017F;en die Hornfa&#x017F;anen ihre Winterherberge, vereinzeln &#x017F;ich nach und nach und vertheilen &#x017F;ich in<lb/>
den &#x017F;tilleren und zurückliegenden Wäldern des Gürtels der Birke und weißen Alpenro&#x017F;e, wo &#x017F;ie<lb/>
gewöhnlich die äußer&#x017F;te Grenze des Waldes beziehen. Schon im April paaren &#x017F;ie &#x017F;ich, und jetzt<lb/>
trifft man öfter als je mit den Männchen zu&#x017F;ammen. Viele von die&#x017F;en &#x017F;cheinen auf der Wander-<lb/>
&#x017F;chaft zu &#x017F;ein, wahr&#x017F;cheinlich, um &#x017F;ich eine Gefährtin zu &#x017F;uchen. Sie &#x017F;chreien viel und während des<lb/>
ganzen Tages, &#x017F;etzen &#x017F;ich dabei in die dichten Zweige der Bäume oder auf einen zu Boden gefallenen<lb/>
Baum&#x017F;tamm und &#x017F;cheinen nicht &#x017F;o äng&#x017F;tlich bedacht, &#x017F;ich zu ver&#x017F;tecken. Der Paarungsruf ähnelt dem<lb/>
Laute, welchen man vernimmt, wenn man ein Volk auf&#x017F;cheucht, i&#x017F;t aber viel lauter und be&#x017F;teht nur<lb/>
aus einer einzigen Silbe, einem kräftigen &#x201E;&#x201C;, welches dem Blöken einer verirrten Ziege &#x017F;ehr<lb/>
ähnlich klingt und mehr als eine Meile weit vernommen werden kann.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Ueber das Brutge&#x017F;chäft berichtet <hi rendition="#g">Mountaineer</hi> nicht; er &#x017F;agt blos, daß nach der Brutzeit jede<lb/>
Familie &#x017F;ich auf einem be&#x017F;timmten Platze aufhält und allgemach der Winterherberge zuwandert, in<lb/>
die&#x017F;er aber, da, wo die oberen Waldungen dickbu&#x017F;chig und hochgra&#x017F;ig &#x017F;ind, &#x017F;elten vor dem November<lb/>
er&#x017F;cheint.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Die haupt&#x017F;ächlich&#x017F;te Nahrung des Jewar be&#x017F;teht in Baumblättern und Knospen, namentlich<lb/>
&#x017F;olchen der ver&#x017F;chiedenen Eichen und Buchsbaumarten; nebenbei werden aber auch Wurzeln, Blumen,<lb/>
Beeren, Sämereien und Körner und eben&#x017F;o Käfer und andere Kerbthiere mit aufgenommen, immer<lb/>
aber verhältnißmäßig wenige im Vergleich zu den Blättern.&#x201C;</p><lb/>
          <p>So zurückgezogen die Hornfa&#x017F;anen leben und &#x017F;o &#x017F;cheu und vor&#x017F;ichtig &#x017F;ie &#x017F;ich in der Freiheit<lb/>
zeigen, &#x017F;o ra&#x017F;ch gewöhnen &#x017F;ie &#x017F;ich an den Käfig. Die alt Eingefangenen verlieren bald alle Furcht,<lb/>
nehmen ohne Um&#x017F;tände das ver&#x017F;chieden&#x017F;te Futter an und werden, wenn &#x017F;ich der Pfleger mit ihnen<lb/>
be&#x017F;chäftigt, &#x017F;chließlich &#x017F;o zahm, daß &#x017F;ie aus der Hand fre&#x017F;&#x017F;en. Jn geeigneten Räumlichkeiten &#x017F;chreiten<lb/>
&#x017F;ie zur Fortpflanzung, wie die Gefangenen des londoner Gartens zur Freude aller Thierkundigen<lb/>
bewie&#x017F;en haben; die Aufzucht der Jungen verur&#x017F;acht auch kaum größere Mühe als die un&#x017F;erer gewöhn-<lb/>
lichen Fa&#x017F;anenarten. Wir dürfen al&#x017F;o hoffen, auch mit die&#x017F;en prachtvollen Hühnern bald bekannter zu<lb/>
werden, als wir gegenwärtig es &#x017F;ind.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Unter den ver&#x017F;chiedenen Gruppen, in welche die uns be&#x017F;chäftigende Zunft zerfällt, geht uns keine<lb/>
näher an, als die, welche uns das Huhn gegeben hat. Hin&#x017F;ichtlich des Ur&#x017F;prungs die&#x017F;es nützlich&#x017F;ten<lb/>
aller Hausvögel &#x017F;ind wir übrigens noch nicht im Klaren: wir wi&#x017F;&#x017F;en nicht, welcher von den bekannten<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[441/0469] Jewar. bis er ſich in dem Gezweige verborgen hat. Sind mehrere bei einander, ſo beginnen ſie alle zu gleicher Zeit zu ſchreien und eilen in verſchiedenen Richtungen dahin, einige auf dem Grunde fort- laufend, andere zu den Bäumen ſich erhebend. Nach dem erſten Aufſcheuchen fliegen ſie nur bis zum nächſten Baume; werden ſie jedoch öfter aufgetrieben, ſo ſtreichen ſie gewöhnlich eine ziemliche Strecke weit weg und dann am liebſten bergab. Jhr Flug zeichnet ſich durch Schnelligkeit und durch ein eigenthümliches Schwirren aus, ſodaß man den Jewar, auch wenn man ihn nicht ſieht, leicht erkennen und von den andern Wildhühnern unterſcheiden kann. Da, wo ſeine Aufenthaltsorte oft von Jägern und den Eingebornen beſucht werden, iſt er vorſichtiger, und wenn ſolche Beſuche regel- mäßig ſtattfinden, wird er zuletzt ſo ſcheu und liſtig, daß er jeden andern Vogel übertrifft. Er pflegt unter ſolchen Umſtänden, ſobald er die Anweſenheit eines Menſchen merkt, nach ein- oder zweimaligem Lockrufe, auch wohl ohne ſolchen, aufzubäumen, und weiß ſich ſo geſchickt in die dichteſten Laubwerke der Kronen zu verbergen, daß man ihn nicht oder wenigſtens nur dann findet, wenn man ſich den Zweig, zu welchem er ſich erhob, genau merken konnte. — Seine Nachtruhe hält er nur auf Bäumen.“ „Mit Frühlingsanfang, ſobald der Schnee in den höheren Gebirgen zu ſchmelzen beginnt, verlaſſen die Hornfaſanen ihre Winterherberge, vereinzeln ſich nach und nach und vertheilen ſich in den ſtilleren und zurückliegenden Wäldern des Gürtels der Birke und weißen Alpenroſe, wo ſie gewöhnlich die äußerſte Grenze des Waldes beziehen. Schon im April paaren ſie ſich, und jetzt trifft man öfter als je mit den Männchen zuſammen. Viele von dieſen ſcheinen auf der Wander- ſchaft zu ſein, wahrſcheinlich, um ſich eine Gefährtin zu ſuchen. Sie ſchreien viel und während des ganzen Tages, ſetzen ſich dabei in die dichten Zweige der Bäume oder auf einen zu Boden gefallenen Baumſtamm und ſcheinen nicht ſo ängſtlich bedacht, ſich zu verſtecken. Der Paarungsruf ähnelt dem Laute, welchen man vernimmt, wenn man ein Volk aufſcheucht, iſt aber viel lauter und beſteht nur aus einer einzigen Silbe, einem kräftigen „Wä“, welches dem Blöken einer verirrten Ziege ſehr ähnlich klingt und mehr als eine Meile weit vernommen werden kann.“ Ueber das Brutgeſchäft berichtet Mountaineer nicht; er ſagt blos, daß nach der Brutzeit jede Familie ſich auf einem beſtimmten Platze aufhält und allgemach der Winterherberge zuwandert, in dieſer aber, da, wo die oberen Waldungen dickbuſchig und hochgraſig ſind, ſelten vor dem November erſcheint. „Die hauptſächlichſte Nahrung des Jewar beſteht in Baumblättern und Knospen, namentlich ſolchen der verſchiedenen Eichen und Buchsbaumarten; nebenbei werden aber auch Wurzeln, Blumen, Beeren, Sämereien und Körner und ebenſo Käfer und andere Kerbthiere mit aufgenommen, immer aber verhältnißmäßig wenige im Vergleich zu den Blättern.“ So zurückgezogen die Hornfaſanen leben und ſo ſcheu und vorſichtig ſie ſich in der Freiheit zeigen, ſo raſch gewöhnen ſie ſich an den Käfig. Die alt Eingefangenen verlieren bald alle Furcht, nehmen ohne Umſtände das verſchiedenſte Futter an und werden, wenn ſich der Pfleger mit ihnen beſchäftigt, ſchließlich ſo zahm, daß ſie aus der Hand freſſen. Jn geeigneten Räumlichkeiten ſchreiten ſie zur Fortpflanzung, wie die Gefangenen des londoner Gartens zur Freude aller Thierkundigen bewieſen haben; die Aufzucht der Jungen verurſacht auch kaum größere Mühe als die unſerer gewöhn- lichen Faſanenarten. Wir dürfen alſo hoffen, auch mit dieſen prachtvollen Hühnern bald bekannter zu werden, als wir gegenwärtig es ſind. Unter den verſchiedenen Gruppen, in welche die uns beſchäftigende Zunft zerfällt, geht uns keine näher an, als die, welche uns das Huhn gegeben hat. Hinſichtlich des Urſprungs dieſes nützlichſten aller Hausvögel ſind wir übrigens noch nicht im Klaren: wir wiſſen nicht, welcher von den bekannten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/469
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/469>, abgerufen am 26.06.2024.