Das Flaumkleid der Küchlein ist zwar sehr bunt, aber doch in demselben Grade, wie das anderer jungen Hühner mit dem Boden gleichfarbig. Ueber den bräunlichen Rücken verlaufen unregelmäßig schwarze Streifen und ein hellbräunlicher Fleck auf dem Hinterkopfe wird von einem solchen eingeschlossen. Stirn, Kehle, Hals und Bauch sind weißlich, die Brust und die Seiten röthlich überflogen, die Läufe mit graulichen Dunen bekleidet.
Auf Jsland und Grönland, woselbst die Alpenschneehühner sehr oft in den Thälern brüten, sieht man, laut Faber und Holboell, die Familien Ende Augusts noch in der Tiefe; Anfang Oktobers aber geht die Alte mit ihren nunmehr vollständig ausgewachsenen Jungen auf die hohen Berge, und fortan vereinigen sich die einzelnen Völker, oft zu sehr großen Scharen. Diese verweilen hier gewöhnlich während des ganzen Winters und führen ein ziemlich regelmäßiges Leben. Man sieht sie bereits bei Tagesanbruch mit Futtersuchen beschäftigt, aber bis nach Mittag selten fliegen. Dann erheben sie sich, streichen, zu kleinen Scharen vereinigt, zu Thal, an die Seeküste u. s. w. und kehren wieder zu den Bergen zurück. Sind jedoch die Thäler schneefrei, so verweilen sie hier längere Zeit, und ebenso flüchten sie sich zur Tiefe herab, wenn oben in der Höhe sogenannter Eis- schlag fällt und sie im Aufsuchen ihrer Nahrung gehindert werden. Unter solchen Umständen müssen sie oft weit umherstreifen und sich recht kümmerlich ihr Leben fristen. Faber versichert, daß sie, ausgehungert, sogar in die Wohnungen der Menschen kommen oder über meilenbreite Meeresarme hinweg nach kleinen schneearmen Jnseln fliegen, welche ihnen ein ergiebiges Weidefeld versprechen. Jn der Schweiz findet etwas Aehnliches statt. "Wenn der Spätherbst", sagt Tschudi, "die Kuppen der Berge mit Schnee bedeckt, ziehen sie sich gegen die milderen Flühen und Weiden, ja mit Vorliebe auch bis zu den Paßstraßen herab und überwintern da bis in den Frühling hinein." Doch muß es schon hart kommen, wenn sie sich zu derartigen Streifereien entschließen; denn bei regelmäßigem Verlauf der Dinge wissen sie sich auf ihren Höhen vortrefflich zu bergen. Die dicke Schneedecke, welche ihnen ihre Aeßung überschüttet, sicht sie wenig an; sie graben sich mit Leichtigkeit tiefe Gänge im Schnee, bis sie zum Gesuchten gelangen, kümmern sich überhaupt gar wenig um die Unbill des Wetters; denn dieselbe Schneedecke dient ihnen auch als Schutz gegen rauhe Winde und dergleichen: sie lassen sich, wenn es arg stürmt und weht, mit Behagen einschneien, sodaß blos die Köpfe hervorschauen, und der geübte Jäger ihr Vorhandensein dann nur an den schwarzen Zügel- streifen bemerken kann. Sehr wahrscheinlich ist, daß sie sich förmlich Winterwohnungen errichten, tiefe Löcher im Schnee nämlich, welche über oder neben ihren Vorrathshaufen angelegt werden. Ein solches Loch fand Krüper auf einem großen Schneefelde Jslands; es war ganz mit Blättern eines dort wachsenden Grases förmlich ausgelegt.
Abgesehen von jenen unregelmäßigen Streifzügen treten die Alpenschneehühner im Winter, namentlich im Norden Amerikas, auch größere Wanderungen an. Obgleich viele der grönländischen Schneehühner auch dann noch auf ihren Standorten verweilen, wenn die lange Winternacht dort ein- getreten ist, treffen doch in jedem Spätherbste, und zwar gegen anderer Vögel Art, nicht bei reiseförderndem Gegen-, sondern bei Nordwind, große Massen im Süden der Halbinsel ein und siedeln sich hier auf den Bergen an. Dasselbe findet, laut Audubon, auf Labrador statt: hier kommen, wie unserem Forscher erzählt wurde, allwinterlich Tausende von Alpenschneehühnern an und bedecken alle Berge und Gehänge. Aber auch in Skandinavien hat man ähnliche Fälle beobachtet: auf den Lofodden erzählte man Boje, in Tromsö Liljenborg, daß einmal bei starkem Ostwinde viele unserer Hühner erschienen wären.
Ueber den Federwechsel der Alpenschneehühner ist man ebenfalls noch nicht im Klaren. Während die schweizer Forscher der Meinung sind, daß dieser Wechsel zweimal im Jahre vor sich geht, im Herbste auf alle, im Frühjahre nur auf kleinere Federn sich erstreckend, glaubt Holboell, daß wenigstens eine dreimalige und Macgillivray, daß sogar eine viermalige Mauserung des Gefieders stattfindet. Faber dagegen meint beobachtet zu haben, daß "die weißen Federn des Winters keine Folge einer neuen Mauser im Späthjahre, sondern des Ablassens der Sommerfedern sind", da er in der Blut-
Alpenſchneehuhn.
Das Flaumkleid der Küchlein iſt zwar ſehr bunt, aber doch in demſelben Grade, wie das anderer jungen Hühner mit dem Boden gleichfarbig. Ueber den bräunlichen Rücken verlaufen unregelmäßig ſchwarze Streifen und ein hellbräunlicher Fleck auf dem Hinterkopfe wird von einem ſolchen eingeſchloſſen. Stirn, Kehle, Hals und Bauch ſind weißlich, die Bruſt und die Seiten röthlich überflogen, die Läufe mit graulichen Dunen bekleidet.
Auf Jsland und Grönland, woſelbſt die Alpenſchneehühner ſehr oft in den Thälern brüten, ſieht man, laut Faber und Holboell, die Familien Ende Auguſts noch in der Tiefe; Anfang Oktobers aber geht die Alte mit ihren nunmehr vollſtändig ausgewachſenen Jungen auf die hohen Berge, und fortan vereinigen ſich die einzelnen Völker, oft zu ſehr großen Scharen. Dieſe verweilen hier gewöhnlich während des ganzen Winters und führen ein ziemlich regelmäßiges Leben. Man ſieht ſie bereits bei Tagesanbruch mit Futterſuchen beſchäftigt, aber bis nach Mittag ſelten fliegen. Dann erheben ſie ſich, ſtreichen, zu kleinen Scharen vereinigt, zu Thal, an die Seeküſte u. ſ. w. und kehren wieder zu den Bergen zurück. Sind jedoch die Thäler ſchneefrei, ſo verweilen ſie hier längere Zeit, und ebenſo flüchten ſie ſich zur Tiefe herab, wenn oben in der Höhe ſogenannter Eis- ſchlag fällt und ſie im Aufſuchen ihrer Nahrung gehindert werden. Unter ſolchen Umſtänden müſſen ſie oft weit umherſtreifen und ſich recht kümmerlich ihr Leben friſten. Faber verſichert, daß ſie, ausgehungert, ſogar in die Wohnungen der Menſchen kommen oder über meilenbreite Meeresarme hinweg nach kleinen ſchneearmen Jnſeln fliegen, welche ihnen ein ergiebiges Weidefeld verſprechen. Jn der Schweiz findet etwas Aehnliches ſtatt. „Wenn der Spätherbſt“, ſagt Tſchudi, „die Kuppen der Berge mit Schnee bedeckt, ziehen ſie ſich gegen die milderen Flühen und Weiden, ja mit Vorliebe auch bis zu den Paßſtraßen herab und überwintern da bis in den Frühling hinein.“ Doch muß es ſchon hart kommen, wenn ſie ſich zu derartigen Streifereien entſchließen; denn bei regelmäßigem Verlauf der Dinge wiſſen ſie ſich auf ihren Höhen vortrefflich zu bergen. Die dicke Schneedecke, welche ihnen ihre Aeßung überſchüttet, ſicht ſie wenig an; ſie graben ſich mit Leichtigkeit tiefe Gänge im Schnee, bis ſie zum Geſuchten gelangen, kümmern ſich überhaupt gar wenig um die Unbill des Wetters; denn dieſelbe Schneedecke dient ihnen auch als Schutz gegen rauhe Winde und dergleichen: ſie laſſen ſich, wenn es arg ſtürmt und weht, mit Behagen einſchneien, ſodaß blos die Köpfe hervorſchauen, und der geübte Jäger ihr Vorhandenſein dann nur an den ſchwarzen Zügel- ſtreifen bemerken kann. Sehr wahrſcheinlich iſt, daß ſie ſich förmlich Winterwohnungen errichten, tiefe Löcher im Schnee nämlich, welche über oder neben ihren Vorrathshaufen angelegt werden. Ein ſolches Loch fand Krüper auf einem großen Schneefelde Jslands; es war ganz mit Blättern eines dort wachſenden Graſes förmlich ausgelegt.
Abgeſehen von jenen unregelmäßigen Streifzügen treten die Alpenſchneehühner im Winter, namentlich im Norden Amerikas, auch größere Wanderungen an. Obgleich viele der grönländiſchen Schneehühner auch dann noch auf ihren Standorten verweilen, wenn die lange Winternacht dort ein- getreten iſt, treffen doch in jedem Spätherbſte, und zwar gegen anderer Vögel Art, nicht bei reiſeförderndem Gegen-, ſondern bei Nordwind, große Maſſen im Süden der Halbinſel ein und ſiedeln ſich hier auf den Bergen an. Daſſelbe findet, laut Audubon, auf Labrador ſtatt: hier kommen, wie unſerem Forſcher erzählt wurde, allwinterlich Tauſende von Alpenſchneehühnern an und bedecken alle Berge und Gehänge. Aber auch in Skandinavien hat man ähnliche Fälle beobachtet: auf den Lofodden erzählte man Boje, in Tromsö Liljenborg, daß einmal bei ſtarkem Oſtwinde viele unſerer Hühner erſchienen wären.
Ueber den Federwechſel der Alpenſchneehühner iſt man ebenfalls noch nicht im Klaren. Während die ſchweizer Forſcher der Meinung ſind, daß dieſer Wechſel zweimal im Jahre vor ſich geht, im Herbſte auf alle, im Frühjahre nur auf kleinere Federn ſich erſtreckend, glaubt Holboell, daß wenigſtens eine dreimalige und Macgillivray, daß ſogar eine viermalige Mauſerung des Gefieders ſtattfindet. Faber dagegen meint beobachtet zu haben, daß „die weißen Federn des Winters keine Folge einer neuen Mauſer im Späthjahre, ſondern des Ablaſſens der Sommerfedern ſind“, da er in der Blut-
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Alpenſchneehuhn.
Das Flaumkleid der Küchlein iſt zwar ſehr bunt, aber doch in demſelben Grade, wie das
anderer jungen Hühner mit dem Boden gleichfarbig. Ueber den bräunlichen Rücken verlaufen
unregelmäßig ſchwarze Streifen und ein hellbräunlicher Fleck auf dem Hinterkopfe wird von einem
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überflogen, die Läufe mit graulichen Dunen bekleidet.
Auf Jsland und Grönland, woſelbſt die Alpenſchneehühner ſehr oft in den Thälern brüten,
ſieht man, laut Faber und Holboell, die Familien Ende Auguſts noch in der Tiefe; Anfang
Oktobers aber geht die Alte mit ihren nunmehr vollſtändig ausgewachſenen Jungen auf die hohen
Berge, und fortan vereinigen ſich die einzelnen Völker, oft zu ſehr großen Scharen. Dieſe
verweilen hier gewöhnlich während des ganzen Winters und führen ein ziemlich regelmäßiges Leben.
Man ſieht ſie bereits bei Tagesanbruch mit Futterſuchen beſchäftigt, aber bis nach Mittag ſelten
fliegen. Dann erheben ſie ſich, ſtreichen, zu kleinen Scharen vereinigt, zu Thal, an die Seeküſte u. ſ. w.
und kehren wieder zu den Bergen zurück. Sind jedoch die Thäler ſchneefrei, ſo verweilen ſie hier
längere Zeit, und ebenſo flüchten ſie ſich zur Tiefe herab, wenn oben in der Höhe ſogenannter Eis-
ſchlag fällt und ſie im Aufſuchen ihrer Nahrung gehindert werden. Unter ſolchen Umſtänden
müſſen ſie oft weit umherſtreifen und ſich recht kümmerlich ihr Leben friſten. Faber verſichert, daß
ſie, ausgehungert, ſogar in die Wohnungen der Menſchen kommen oder über meilenbreite Meeresarme
hinweg nach kleinen ſchneearmen Jnſeln fliegen, welche ihnen ein ergiebiges Weidefeld verſprechen.
Jn der Schweiz findet etwas Aehnliches ſtatt. „Wenn der Spätherbſt“, ſagt Tſchudi, „die Kuppen
der Berge mit Schnee bedeckt, ziehen ſie ſich gegen die milderen Flühen und Weiden, ja mit Vorliebe
auch bis zu den Paßſtraßen herab und überwintern da bis in den Frühling hinein.“ Doch muß es
ſchon hart kommen, wenn ſie ſich zu derartigen Streifereien entſchließen; denn bei regelmäßigem
Verlauf der Dinge wiſſen ſie ſich auf ihren Höhen vortrefflich zu bergen. Die dicke Schneedecke,
welche ihnen ihre Aeßung überſchüttet, ſicht ſie wenig an; ſie graben ſich mit Leichtigkeit tiefe
Gänge im Schnee, bis ſie zum Geſuchten gelangen, kümmern ſich überhaupt gar wenig um die
Unbill des Wetters; denn dieſelbe Schneedecke dient ihnen auch als Schutz gegen rauhe Winde und
dergleichen: ſie laſſen ſich, wenn es arg ſtürmt und weht, mit Behagen einſchneien, ſodaß blos die
Köpfe hervorſchauen, und der geübte Jäger ihr Vorhandenſein dann nur an den ſchwarzen Zügel-
ſtreifen bemerken kann. Sehr wahrſcheinlich iſt, daß ſie ſich förmlich Winterwohnungen errichten,
tiefe Löcher im Schnee nämlich, welche über oder neben ihren Vorrathshaufen angelegt werden. Ein
ſolches Loch fand Krüper auf einem großen Schneefelde Jslands; es war ganz mit Blättern eines
dort wachſenden Graſes förmlich ausgelegt.
Abgeſehen von jenen unregelmäßigen Streifzügen treten die Alpenſchneehühner im Winter,
namentlich im Norden Amerikas, auch größere Wanderungen an. Obgleich viele der grönländiſchen
Schneehühner auch dann noch auf ihren Standorten verweilen, wenn die lange Winternacht dort ein-
getreten iſt, treffen doch in jedem Spätherbſte, und zwar gegen anderer Vögel Art, nicht bei
reiſeförderndem Gegen-, ſondern bei Nordwind, große Maſſen im Süden der Halbinſel ein und ſiedeln
ſich hier auf den Bergen an. Daſſelbe findet, laut Audubon, auf Labrador ſtatt: hier kommen,
wie unſerem Forſcher erzählt wurde, allwinterlich Tauſende von Alpenſchneehühnern an und bedecken
alle Berge und Gehänge. Aber auch in Skandinavien hat man ähnliche Fälle beobachtet: auf den
Lofodden erzählte man Boje, in Tromsö Liljenborg, daß einmal bei ſtarkem Oſtwinde viele
unſerer Hühner erſchienen wären.
Ueber den Federwechſel der Alpenſchneehühner iſt man ebenfalls noch nicht im Klaren. Während
die ſchweizer Forſcher der Meinung ſind, daß dieſer Wechſel zweimal im Jahre vor ſich geht, im Herbſte
auf alle, im Frühjahre nur auf kleinere Federn ſich erſtreckend, glaubt Holboell, daß wenigſtens eine
dreimalige und Macgillivray, daß ſogar eine viermalige Mauſerung des Gefieders ſtattfindet.
Faber dagegen meint beobachtet zu haben, daß „die weißen Federn des Winters keine Folge einer
neuen Mauſer im Späthjahre, ſondern des Ablaſſens der Sommerfedern ſind“, da er in der Blut-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/409>, abgerufen am 22.11.2024.
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