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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Schottisches Schneehuhn.
indeß kommt es doch selbst in diesen beiden Stücken wieder mit dem letzteren in dessen erstem Feder-
kleide überein."

"Diese Aehnlichkeit einerseits ist ebenso auffallend, wie andererseits die ganz außerordentlich
enge Verbreitung des Vogels, und die nach geographischer Länge und Breite fast genau gleiche
Erstreckung seines Vaterlandes. Beide würden für eine wirkliche Art, wo nicht überhaupt, doch
mindestens unter der geographischen Lage unseres Welttheiles, im Vergleiche zu dem Vaterlande
sämmtlicher warm- und kaltblütiger Wirbelthiere, geradezu beispiellos sein. Sie dürfen also wohl
zu der Begründung der Ansicht dienen: daß jenes schottische Schneehuhn nichts Anderes sei, als eine
südliche klimatische Abänderung unseres Moorschneehuhnes, welches, nachdem sich mit der steigenden
Verminderung der Wälder und der zunehmenden Milderung der Klimate alle jetzt als nordisch
bekannte Thierarten höher nach dem Pole hinauf zurückzogen, als ein zu schlechter Flieger außer
Stande war, von Britannien aus über den breiten Meeresarm hinweg nach einem höher nordwärts
gelegenen Lande überzusetzen."

Wenn ich jemals versucht sein könnte, die Glogerschen Ansichten hinsichtlich der klimatischen
Spielarten der Thiere zu theilen, so wäre es in diesem Falle; denn das schottische Moorschneehuhn ist in
der That geeignet, derartige Ansichten hervorzurufen. Es ähnelt in seiner Größe und in seinem Wesen
dem Moorschneehuhne derart, daß es kaum zu verschiedenen Meinungen Anlaß geben könnte, wäre
man über die Wirkung des Klimas wirklich schon im Reinen, wie Gloger annimmt. Auffallender
Weise nämlich scheint noch keiner der reichen englischen Gutsbesitzer daran gedacht zu haben, eine Streit-
frage der Vogelkundigen auf die einfachste Weise dadurch zu lösen, daß er einige Hundert Morasthühner
von Norwegen kommen läßt, sie aussetzt und dann abwartet, ob die Nachkommen der Eingeführten
durch das milde Klima Schottlands umgewandelt werden oder nicht. Nur auf diese Weise läßt sich
Gewißheit erzielen; denn solange wir die Einwirkung des Klimas nicht beweisen können, ist
alles Reden für oder gegen die Arteinheit des schottischen und festländischen Moorschneehuhnes
bedeutungslos. Jch bin weit entfernt, die Arteinheit der beiden Hühner für unmöglich zu halten;
aber ich verlange, bevor ich sie anerkenne, Beweise für sie, und solche sind bisher noch nicht
beigebracht worden.

Das schottische Schneehuhn ähnelt, wie bemerkt, dem Moorschneehuhne in seinem Sommer-
kleide. Die Federn des Kopfes und Nackens sind auf lichtbraunrothem Grunde mehrfach schwarz
in die Quere gestreift, die des Rückens und der Flügeldeckfedern in der Mitte schwarz gefleckt,
die der Gurgel roth, die der Brust und des Bauches dunkelpurpurbraun, durch zahlreiche schmale
Bänder gestreift, die Schwungfedern düsterbraun, die Schwanzfedern, mit Ausnahme der vier
mittelsten, schwarz, diese schwarz und roth gebändert; das Schenkelgefieder ist blaßroth, dunkler quer
gestreift; die Fußwurzeln und Zehen bekleiden weißliche Federn. Das Auge ist nußbraun, der
Schnabel schwarz; die starken Nägel sind weißlich. Das Gefieder des Weibchens soll dunkler sein
als das des Männchens; auf Brust und Bauch zeigen sich einzelne weiße Flecken und an den Enden
einiger Flügeldeckfedern weiße Spitzen. Die Länge beträgt 15, die Breite 26 Zoll; das Weibchen
ist kleiner.

Die südlichsten Grafschaften Großbritanniens, in welchen das schottische Schneehuhn ständig
lebt, sind Derbyshire, Lancashire und Yorkshire; von hier an findet es sich überall bis zu den
äußersten Hebriden und Orkneyinseln, fehlt jedoch auf den Shetlandsinseln und in Jrland.

Jn seiner Lebensweise unterscheidet es sich kaum von dem Moorschneehuhne. Jm Frühjahr
trifft man es paarweise, später, wenn die sechs bis zehn Jungen schon einigermaßen erwachsen sind,
in Gesellschaften; im Winter hingegen schlägt es sich zu Ketten von vierzig bis funfzig Stück
zusammen und wird dann auffallend schen und vorsichtig. Gebirgsbeeren aller Art, die Spitzen des
Haidekrautes und die Knospen verschiedener Pflanzen bilden seine Nahrung. Eine ausführliche
Beschreibung dürfte nach dem Vorhergegangenen unnöthig sein.

Schottiſches Schneehuhn.
indeß kommt es doch ſelbſt in dieſen beiden Stücken wieder mit dem letzteren in deſſen erſtem Feder-
kleide überein.“

„Dieſe Aehnlichkeit einerſeits iſt ebenſo auffallend, wie andererſeits die ganz außerordentlich
enge Verbreitung des Vogels, und die nach geographiſcher Länge und Breite faſt genau gleiche
Erſtreckung ſeines Vaterlandes. Beide würden für eine wirkliche Art, wo nicht überhaupt, doch
mindeſtens unter der geographiſchen Lage unſeres Welttheiles, im Vergleiche zu dem Vaterlande
ſämmtlicher warm- und kaltblütiger Wirbelthiere, geradezu beiſpiellos ſein. Sie dürfen alſo wohl
zu der Begründung der Anſicht dienen: daß jenes ſchottiſche Schneehuhn nichts Anderes ſei, als eine
ſüdliche klimatiſche Abänderung unſeres Moorſchneehuhnes, welches, nachdem ſich mit der ſteigenden
Verminderung der Wälder und der zunehmenden Milderung der Klimate alle jetzt als nordiſch
bekannte Thierarten höher nach dem Pole hinauf zurückzogen, als ein zu ſchlechter Flieger außer
Stande war, von Britannien aus über den breiten Meeresarm hinweg nach einem höher nordwärts
gelegenen Lande überzuſetzen.“

Wenn ich jemals verſucht ſein könnte, die Glogerſchen Anſichten hinſichtlich der klimatiſchen
Spielarten der Thiere zu theilen, ſo wäre es in dieſem Falle; denn das ſchottiſche Moorſchneehuhn iſt in
der That geeignet, derartige Anſichten hervorzurufen. Es ähnelt in ſeiner Größe und in ſeinem Weſen
dem Moorſchneehuhne derart, daß es kaum zu verſchiedenen Meinungen Anlaß geben könnte, wäre
man über die Wirkung des Klimas wirklich ſchon im Reinen, wie Gloger annimmt. Auffallender
Weiſe nämlich ſcheint noch keiner der reichen engliſchen Gutsbeſitzer daran gedacht zu haben, eine Streit-
frage der Vogelkundigen auf die einfachſte Weiſe dadurch zu löſen, daß er einige Hundert Moraſthühner
von Norwegen kommen läßt, ſie ausſetzt und dann abwartet, ob die Nachkommen der Eingeführten
durch das milde Klima Schottlands umgewandelt werden oder nicht. Nur auf dieſe Weiſe läßt ſich
Gewißheit erzielen; denn ſolange wir die Einwirkung des Klimas nicht beweiſen können, iſt
alles Reden für oder gegen die Arteinheit des ſchottiſchen und feſtländiſchen Moorſchneehuhnes
bedeutungslos. Jch bin weit entfernt, die Arteinheit der beiden Hühner für unmöglich zu halten;
aber ich verlange, bevor ich ſie anerkenne, Beweiſe für ſie, und ſolche ſind bisher noch nicht
beigebracht worden.

Das ſchottiſche Schneehuhn ähnelt, wie bemerkt, dem Moorſchneehuhne in ſeinem Sommer-
kleide. Die Federn des Kopfes und Nackens ſind auf lichtbraunrothem Grunde mehrfach ſchwarz
in die Quere geſtreift, die des Rückens und der Flügeldeckfedern in der Mitte ſchwarz gefleckt,
die der Gurgel roth, die der Bruſt und des Bauches dunkelpurpurbraun, durch zahlreiche ſchmale
Bänder geſtreift, die Schwungfedern düſterbraun, die Schwanzfedern, mit Ausnahme der vier
mittelſten, ſchwarz, dieſe ſchwarz und roth gebändert; das Schenkelgefieder iſt blaßroth, dunkler quer
geſtreift; die Fußwurzeln und Zehen bekleiden weißliche Federn. Das Auge iſt nußbraun, der
Schnabel ſchwarz; die ſtarken Nägel ſind weißlich. Das Gefieder des Weibchens ſoll dunkler ſein
als das des Männchens; auf Bruſt und Bauch zeigen ſich einzelne weiße Flecken und an den Enden
einiger Flügeldeckfedern weiße Spitzen. Die Länge beträgt 15, die Breite 26 Zoll; das Weibchen
iſt kleiner.

Die ſüdlichſten Grafſchaften Großbritanniens, in welchen das ſchottiſche Schneehuhn ſtändig
lebt, ſind Derbyſhire, Lancaſhire und Yorkſhire; von hier an findet es ſich überall bis zu den
äußerſten Hebriden und Orkneyinſeln, fehlt jedoch auf den Shetlandsinſeln und in Jrland.

Jn ſeiner Lebensweiſe unterſcheidet es ſich kaum von dem Moorſchneehuhne. Jm Frühjahr
trifft man es paarweiſe, ſpäter, wenn die ſechs bis zehn Jungen ſchon einigermaßen erwachſen ſind,
in Geſellſchaften; im Winter hingegen ſchlägt es ſich zu Ketten von vierzig bis funfzig Stück
zuſammen und wird dann auffallend ſchen und vorſichtig. Gebirgsbeeren aller Art, die Spitzen des
Haidekrautes und die Knospen verſchiedener Pflanzen bilden ſeine Nahrung. Eine ausführliche
Beſchreibung dürfte nach dem Vorhergegangenen unnöthig ſein.

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[375/0403] Schottiſches Schneehuhn. indeß kommt es doch ſelbſt in dieſen beiden Stücken wieder mit dem letzteren in deſſen erſtem Feder- kleide überein.“ „Dieſe Aehnlichkeit einerſeits iſt ebenſo auffallend, wie andererſeits die ganz außerordentlich enge Verbreitung des Vogels, und die nach geographiſcher Länge und Breite faſt genau gleiche Erſtreckung ſeines Vaterlandes. Beide würden für eine wirkliche Art, wo nicht überhaupt, doch mindeſtens unter der geographiſchen Lage unſeres Welttheiles, im Vergleiche zu dem Vaterlande ſämmtlicher warm- und kaltblütiger Wirbelthiere, geradezu beiſpiellos ſein. Sie dürfen alſo wohl zu der Begründung der Anſicht dienen: daß jenes ſchottiſche Schneehuhn nichts Anderes ſei, als eine ſüdliche klimatiſche Abänderung unſeres Moorſchneehuhnes, welches, nachdem ſich mit der ſteigenden Verminderung der Wälder und der zunehmenden Milderung der Klimate alle jetzt als nordiſch bekannte Thierarten höher nach dem Pole hinauf zurückzogen, als ein zu ſchlechter Flieger außer Stande war, von Britannien aus über den breiten Meeresarm hinweg nach einem höher nordwärts gelegenen Lande überzuſetzen.“ Wenn ich jemals verſucht ſein könnte, die Glogerſchen Anſichten hinſichtlich der klimatiſchen Spielarten der Thiere zu theilen, ſo wäre es in dieſem Falle; denn das ſchottiſche Moorſchneehuhn iſt in der That geeignet, derartige Anſichten hervorzurufen. Es ähnelt in ſeiner Größe und in ſeinem Weſen dem Moorſchneehuhne derart, daß es kaum zu verſchiedenen Meinungen Anlaß geben könnte, wäre man über die Wirkung des Klimas wirklich ſchon im Reinen, wie Gloger annimmt. Auffallender Weiſe nämlich ſcheint noch keiner der reichen engliſchen Gutsbeſitzer daran gedacht zu haben, eine Streit- frage der Vogelkundigen auf die einfachſte Weiſe dadurch zu löſen, daß er einige Hundert Moraſthühner von Norwegen kommen läßt, ſie ausſetzt und dann abwartet, ob die Nachkommen der Eingeführten durch das milde Klima Schottlands umgewandelt werden oder nicht. Nur auf dieſe Weiſe läßt ſich Gewißheit erzielen; denn ſolange wir die Einwirkung des Klimas nicht beweiſen können, iſt alles Reden für oder gegen die Arteinheit des ſchottiſchen und feſtländiſchen Moorſchneehuhnes bedeutungslos. Jch bin weit entfernt, die Arteinheit der beiden Hühner für unmöglich zu halten; aber ich verlange, bevor ich ſie anerkenne, Beweiſe für ſie, und ſolche ſind bisher noch nicht beigebracht worden. Das ſchottiſche Schneehuhn ähnelt, wie bemerkt, dem Moorſchneehuhne in ſeinem Sommer- kleide. Die Federn des Kopfes und Nackens ſind auf lichtbraunrothem Grunde mehrfach ſchwarz in die Quere geſtreift, die des Rückens und der Flügeldeckfedern in der Mitte ſchwarz gefleckt, die der Gurgel roth, die der Bruſt und des Bauches dunkelpurpurbraun, durch zahlreiche ſchmale Bänder geſtreift, die Schwungfedern düſterbraun, die Schwanzfedern, mit Ausnahme der vier mittelſten, ſchwarz, dieſe ſchwarz und roth gebändert; das Schenkelgefieder iſt blaßroth, dunkler quer geſtreift; die Fußwurzeln und Zehen bekleiden weißliche Federn. Das Auge iſt nußbraun, der Schnabel ſchwarz; die ſtarken Nägel ſind weißlich. Das Gefieder des Weibchens ſoll dunkler ſein als das des Männchens; auf Bruſt und Bauch zeigen ſich einzelne weiße Flecken und an den Enden einiger Flügeldeckfedern weiße Spitzen. Die Länge beträgt 15, die Breite 26 Zoll; das Weibchen iſt kleiner. Die ſüdlichſten Grafſchaften Großbritanniens, in welchen das ſchottiſche Schneehuhn ſtändig lebt, ſind Derbyſhire, Lancaſhire und Yorkſhire; von hier an findet es ſich überall bis zu den äußerſten Hebriden und Orkneyinſeln, fehlt jedoch auf den Shetlandsinſeln und in Jrland. Jn ſeiner Lebensweiſe unterſcheidet es ſich kaum von dem Moorſchneehuhne. Jm Frühjahr trifft man es paarweiſe, ſpäter, wenn die ſechs bis zehn Jungen ſchon einigermaßen erwachſen ſind, in Geſellſchaften; im Winter hingegen ſchlägt es ſich zu Ketten von vierzig bis funfzig Stück zuſammen und wird dann auffallend ſchen und vorſichtig. Gebirgsbeeren aller Art, die Spitzen des Haidekrautes und die Knospen verſchiedener Pflanzen bilden ſeine Nahrung. Eine ausführliche Beſchreibung dürfte nach dem Vorhergegangenen unnöthig ſein.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/403>, abgerufen am 22.11.2024.