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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.
Rücken-, Bürzel- und die mittleren Schwanzfedern schwarz, zur Hälfte rostbraun oder dunkelrostgelb
in die Quere gebändert und alle Federn weiß gesäumt, die Schwanzfedern verblichen und ihre End-
kanten abgeschliffen, die Handschwingen weiß, wie im Winter, die Armschwingen braun, wie der Rücken,
Gesicht, Kehle und Gurgel rostroth, gewöhnlich ungefleckt, Kopf, Oberbrust und Weichen rostfarben
oder rostbraun, fein schwarz gespritzt und gewellt, die Federn der Mittelbrust schwarz, rostfarbig und
weiß gefleckt, die des Bauches und der Beine weiß, die Unterschwanzdeckfedern schwarz mit rostgelben
und braunen Vändern und Zickzacklinien gezeichnet; unter dem Auge und an dem Mundwinkel stehen
weiße Flecke. Die Grundfärbung kann lichter oder heller sein; es kann vorkommen, daß die
Federn auf lichtbraunem Grunde schwarz gezeichnet sind u. s. w. Jm Laufe des Sommers bleichen
die Federn aus. Das Weibchen ist stets lichter, erhält auch sein Sommerkleid immer früher als
das Männchen. Gleichzeitig mit der Anlegung der dunklen Befiederung hebt und röthet sich der
Brauenkamm, und während der Paarungszeit trägt er zum Schmucke des Vogels nicht unwesentlich
mit bei.

Viele Forscher nehmen an, daß eine zweimalige Mauser stattfindet: eine im Herbst, welche sich
über das ganze Gefieder erstreckt, und eine zweite im Frühjahre, durch welche das kleine Gefieder
gewechselt wird. Nun aber geht das Winterkleid keineswegs unmittelbar in das Sommerkleid über
und dieses ebensowenig in das Winterkleid. Deshalb hat man zu der Annahme gelangen
können, daß das Moorschneehuhn viermal im Jahre mausere. Dagegen glauben amerikanische
Forscher beobachtet zu haben, daß das Kleingefieder im Herbste wenigstens nicht neu ersetzt, sondern
einfach verfärbt werde, und zwar soll diese Verfärbung, laut Richardson, an der Spitze der
Federn beginnen und so rasch überhand nehmen, daß in acht bis zehn Tagen der Wechsel vollendet
ist. Mein norwegischer Jäger versicherte mich nun aber wieder, daß das Moorschneehuhn im
Herbste, wenn plötzlich starker Schneefall eintrete, die noch braunen Federn ausrupfe, daß eins dabei
dem andern helfe, und daß man dann die dunklen verrätherischen Federn des Sommers oft massen-
weise finde.

Leider habe ich noch keine Gelegenheit gefunden, über den Federwechsel eigene Beobachtungen
zu sammeln. Ein Moorschneehahn, welchen der hamburger Garten lebend besaß, wurde im Herbste,
gerade vor der Mauser, von einem Raubthiere getödtet; einen Ersatz dafür haben wir noch nicht
erlangen können, so sehr ich auch danach strebe. Denn nur Gefangene, welche im Freien
gehalten und allem Einflusse des Wetters preis gegeben werden, können uns aufklären über den
Wechsel der Kleider. Einstweilen erscheint es mir noch sehr fraglich, welche von den vorhin beregten
Annahmen der Forscher die größte Wahrscheinlichkeit für sich hat: ich habe gerade neuerdings
über die Verfärbung Wahrnehmungen gemacht, welche ich früher für gänzlich unmöglich hielt.
Dürfte man es wagen, von diesen Beobachtungen aus auf den Federwechsel des Moorschneehuhn-
kleides zu schließen, so würde man annehmen müssen, daß nur eine einzige Mauser im Jahre
stattfindet, alle übrigen Veränderungen des Federkleides aber einfach durch Verfärbung bewirkt
werden.

Das Moorschneehuhn verbreitet sich über den Norden der alten und neuen Welt, kommt jedoch
nicht überall in gleicher Menge vor. Sehr häufig ist es in Skandinavien, vom Wermeland an bis
zum Nordkap hinauf, gemein auch in Finnland und Rußland, häufig noch in den russischen Ostsee-
provinzen, namentlich in Liv-, Esth- und Kurland bis Lithauen herab, zahlreich ebenso in vielen
Gegenden Sibiriens. Radde sagt, daß er während seiner Rundreise um den Baikalsee nie-
mals und ebensowenig am mittleren Amur Moorschneehühner antraf und deshalb voraussetzen
muß, daß sie im Sommer nicht hier leben; wohl aber begegnete er ihnen im östlichen Sajan, und
zwar in der Höhe von 5 bis 6000 Fuß über dem Meeresspiegel, namentlich in den weiteren
Thälern, welche mit Birkengesträuch bestanden sind. Jm Norden Amerikas bewohnt das Huhn,
laut Richardson, alle "Pelzgegenden" zwischen dem 50. und 70. Grade der Breite, ist aber inner-
halb dieser Grenze theilweise Wandervogel, welcher sich mit Annäherung des Winters in zahlreiche

Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner.
Rücken-, Bürzel- und die mittleren Schwanzfedern ſchwarz, zur Hälfte roſtbraun oder dunkelroſtgelb
in die Quere gebändert und alle Federn weiß geſäumt, die Schwanzfedern verblichen und ihre End-
kanten abgeſchliffen, die Handſchwingen weiß, wie im Winter, die Armſchwingen braun, wie der Rücken,
Geſicht, Kehle und Gurgel roſtroth, gewöhnlich ungefleckt, Kopf, Oberbruſt und Weichen roſtfarben
oder roſtbraun, fein ſchwarz geſpritzt und gewellt, die Federn der Mittelbruſt ſchwarz, roſtfarbig und
weiß gefleckt, die des Bauches und der Beine weiß, die Unterſchwanzdeckfedern ſchwarz mit roſtgelben
und braunen Vändern und Zickzacklinien gezeichnet; unter dem Auge und an dem Mundwinkel ſtehen
weiße Flecke. Die Grundfärbung kann lichter oder heller ſein; es kann vorkommen, daß die
Federn auf lichtbraunem Grunde ſchwarz gezeichnet ſind u. ſ. w. Jm Laufe des Sommers bleichen
die Federn aus. Das Weibchen iſt ſtets lichter, erhält auch ſein Sommerkleid immer früher als
das Männchen. Gleichzeitig mit der Anlegung der dunklen Befiederung hebt und röthet ſich der
Brauenkamm, und während der Paarungszeit trägt er zum Schmucke des Vogels nicht unweſentlich
mit bei.

Viele Forſcher nehmen an, daß eine zweimalige Mauſer ſtattfindet: eine im Herbſt, welche ſich
über das ganze Gefieder erſtreckt, und eine zweite im Frühjahre, durch welche das kleine Gefieder
gewechſelt wird. Nun aber geht das Winterkleid keineswegs unmittelbar in das Sommerkleid über
und dieſes ebenſowenig in das Winterkleid. Deshalb hat man zu der Annahme gelangen
können, daß das Moorſchneehuhn viermal im Jahre mauſere. Dagegen glauben amerikaniſche
Forſcher beobachtet zu haben, daß das Kleingefieder im Herbſte wenigſtens nicht neu erſetzt, ſondern
einfach verfärbt werde, und zwar ſoll dieſe Verfärbung, laut Richardſon, an der Spitze der
Federn beginnen und ſo raſch überhand nehmen, daß in acht bis zehn Tagen der Wechſel vollendet
iſt. Mein norwegiſcher Jäger verſicherte mich nun aber wieder, daß das Moorſchneehuhn im
Herbſte, wenn plötzlich ſtarker Schneefall eintrete, die noch braunen Federn ausrupfe, daß eins dabei
dem andern helfe, und daß man dann die dunklen verrätheriſchen Federn des Sommers oft maſſen-
weiſe finde.

Leider habe ich noch keine Gelegenheit gefunden, über den Federwechſel eigene Beobachtungen
zu ſammeln. Ein Moorſchneehahn, welchen der hamburger Garten lebend beſaß, wurde im Herbſte,
gerade vor der Mauſer, von einem Raubthiere getödtet; einen Erſatz dafür haben wir noch nicht
erlangen können, ſo ſehr ich auch danach ſtrebe. Denn nur Gefangene, welche im Freien
gehalten und allem Einfluſſe des Wetters preis gegeben werden, können uns aufklären über den
Wechſel der Kleider. Einſtweilen erſcheint es mir noch ſehr fraglich, welche von den vorhin beregten
Annahmen der Forſcher die größte Wahrſcheinlichkeit für ſich hat: ich habe gerade neuerdings
über die Verfärbung Wahrnehmungen gemacht, welche ich früher für gänzlich unmöglich hielt.
Dürfte man es wagen, von dieſen Beobachtungen aus auf den Federwechſel des Moorſchneehuhn-
kleides zu ſchließen, ſo würde man annehmen müſſen, daß nur eine einzige Mauſer im Jahre
ſtattfindet, alle übrigen Veränderungen des Federkleides aber einfach durch Verfärbung bewirkt
werden.

Das Moorſchneehuhn verbreitet ſich über den Norden der alten und neuen Welt, kommt jedoch
nicht überall in gleicher Menge vor. Sehr häufig iſt es in Skandinavien, vom Wermeland an bis
zum Nordkap hinauf, gemein auch in Finnland und Rußland, häufig noch in den ruſſiſchen Oſtſee-
provinzen, namentlich in Liv-, Eſth- und Kurland bis Lithauen herab, zahlreich ebenſo in vielen
Gegenden Sibiriens. Radde ſagt, daß er während ſeiner Rundreiſe um den Baikalſee nie-
mals und ebenſowenig am mittleren Amur Moorſchneehühner antraf und deshalb vorausſetzen
muß, daß ſie im Sommer nicht hier leben; wohl aber begegnete er ihnen im öſtlichen Sajan, und
zwar in der Höhe von 5 bis 6000 Fuß über dem Meeresſpiegel, namentlich in den weiteren
Thälern, welche mit Birkengeſträuch beſtanden ſind. Jm Norden Amerikas bewohnt das Huhn,
laut Richardſon, alle „Pelzgegenden“ zwiſchen dem 50. und 70. Grade der Breite, iſt aber inner-
halb dieſer Grenze theilweiſe Wandervogel, welcher ſich mit Annäherung des Winters in zahlreiche

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[370/0398] Die Läufer. Scharrvögel. Rauchfußhühner. Rücken-, Bürzel- und die mittleren Schwanzfedern ſchwarz, zur Hälfte roſtbraun oder dunkelroſtgelb in die Quere gebändert und alle Federn weiß geſäumt, die Schwanzfedern verblichen und ihre End- kanten abgeſchliffen, die Handſchwingen weiß, wie im Winter, die Armſchwingen braun, wie der Rücken, Geſicht, Kehle und Gurgel roſtroth, gewöhnlich ungefleckt, Kopf, Oberbruſt und Weichen roſtfarben oder roſtbraun, fein ſchwarz geſpritzt und gewellt, die Federn der Mittelbruſt ſchwarz, roſtfarbig und weiß gefleckt, die des Bauches und der Beine weiß, die Unterſchwanzdeckfedern ſchwarz mit roſtgelben und braunen Vändern und Zickzacklinien gezeichnet; unter dem Auge und an dem Mundwinkel ſtehen weiße Flecke. Die Grundfärbung kann lichter oder heller ſein; es kann vorkommen, daß die Federn auf lichtbraunem Grunde ſchwarz gezeichnet ſind u. ſ. w. Jm Laufe des Sommers bleichen die Federn aus. Das Weibchen iſt ſtets lichter, erhält auch ſein Sommerkleid immer früher als das Männchen. Gleichzeitig mit der Anlegung der dunklen Befiederung hebt und röthet ſich der Brauenkamm, und während der Paarungszeit trägt er zum Schmucke des Vogels nicht unweſentlich mit bei. Viele Forſcher nehmen an, daß eine zweimalige Mauſer ſtattfindet: eine im Herbſt, welche ſich über das ganze Gefieder erſtreckt, und eine zweite im Frühjahre, durch welche das kleine Gefieder gewechſelt wird. Nun aber geht das Winterkleid keineswegs unmittelbar in das Sommerkleid über und dieſes ebenſowenig in das Winterkleid. Deshalb hat man zu der Annahme gelangen können, daß das Moorſchneehuhn viermal im Jahre mauſere. Dagegen glauben amerikaniſche Forſcher beobachtet zu haben, daß das Kleingefieder im Herbſte wenigſtens nicht neu erſetzt, ſondern einfach verfärbt werde, und zwar ſoll dieſe Verfärbung, laut Richardſon, an der Spitze der Federn beginnen und ſo raſch überhand nehmen, daß in acht bis zehn Tagen der Wechſel vollendet iſt. Mein norwegiſcher Jäger verſicherte mich nun aber wieder, daß das Moorſchneehuhn im Herbſte, wenn plötzlich ſtarker Schneefall eintrete, die noch braunen Federn ausrupfe, daß eins dabei dem andern helfe, und daß man dann die dunklen verrätheriſchen Federn des Sommers oft maſſen- weiſe finde. Leider habe ich noch keine Gelegenheit gefunden, über den Federwechſel eigene Beobachtungen zu ſammeln. Ein Moorſchneehahn, welchen der hamburger Garten lebend beſaß, wurde im Herbſte, gerade vor der Mauſer, von einem Raubthiere getödtet; einen Erſatz dafür haben wir noch nicht erlangen können, ſo ſehr ich auch danach ſtrebe. Denn nur Gefangene, welche im Freien gehalten und allem Einfluſſe des Wetters preis gegeben werden, können uns aufklären über den Wechſel der Kleider. Einſtweilen erſcheint es mir noch ſehr fraglich, welche von den vorhin beregten Annahmen der Forſcher die größte Wahrſcheinlichkeit für ſich hat: ich habe gerade neuerdings über die Verfärbung Wahrnehmungen gemacht, welche ich früher für gänzlich unmöglich hielt. Dürfte man es wagen, von dieſen Beobachtungen aus auf den Federwechſel des Moorſchneehuhn- kleides zu ſchließen, ſo würde man annehmen müſſen, daß nur eine einzige Mauſer im Jahre ſtattfindet, alle übrigen Veränderungen des Federkleides aber einfach durch Verfärbung bewirkt werden. Das Moorſchneehuhn verbreitet ſich über den Norden der alten und neuen Welt, kommt jedoch nicht überall in gleicher Menge vor. Sehr häufig iſt es in Skandinavien, vom Wermeland an bis zum Nordkap hinauf, gemein auch in Finnland und Rußland, häufig noch in den ruſſiſchen Oſtſee- provinzen, namentlich in Liv-, Eſth- und Kurland bis Lithauen herab, zahlreich ebenſo in vielen Gegenden Sibiriens. Radde ſagt, daß er während ſeiner Rundreiſe um den Baikalſee nie- mals und ebenſowenig am mittleren Amur Moorſchneehühner antraf und deshalb vorausſetzen muß, daß ſie im Sommer nicht hier leben; wohl aber begegnete er ihnen im öſtlichen Sajan, und zwar in der Höhe von 5 bis 6000 Fuß über dem Meeresſpiegel, namentlich in den weiteren Thälern, welche mit Birkengeſträuch beſtanden ſind. Jm Norden Amerikas bewohnt das Huhn, laut Richardſon, alle „Pelzgegenden“ zwiſchen dem 50. und 70. Grade der Breite, iſt aber inner- halb dieſer Grenze theilweiſe Wandervogel, welcher ſich mit Annäherung des Winters in zahlreiche

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/398>, abgerufen am 25.11.2024.