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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Ganga. Khata. Sand- und Streifenflughuhn.
"Gluck" oder "Puck" etwa wiedergeben kann, und welcher ungefähr die Bedeutung eines Unter-
haltungsgeschwätzes hat. So sehr sich die Stimmlaute der verschiedenen Arten ähneln, so stellen sich
doch bei scharfer Beobachtung gewisse Unterschiede heraus, welche freilich mit Worten nicht immer aus-
gedrückt werden können. Doch gilt Das nicht für alle Arten. So vernimmt man von dem Streifen-
flughuhn anstatt des "Khadda khadda" sehr vollklingende Laute, welche ich durch die Silben "Külü klü
klü ör" wiedergegeben habe und zwar, indem ich das unmittelbar vorher Gehörte aufzuzeichnen ver-
suchte. Ob die Männchen besondere, von denen der Weibchen verschiedene Laute ausstoßen, habe ich
bis jetzt noch nicht ermitteln können, obwohl ich zu der Annahme berechtigt zu sein glaube, daß es so
sein wird. Ueber die Sinne und anderweitigen Fähigkeiten des Gehirns läßt sich schwer ein Urtheil
fällen. Daß das Gesicht der Flughühner sehr scharf sein muß, erfährt jeder Jäger bald genug; daß ihr
Gehör wohl entwickelt ist, erkennt man an der Aufmerksamkeit, welche sie dem leisesten Geräusch und
namentlich den von fern her tönenden Lockrufen ihrer Artgenossen widmen: wie es aber mit den
übrigen Sinnen stehen mag, wage ich nicht zu sagen. Von der Bildsamkeit ihres Geistes geben die
Vögel manchfache Beweise. Sie erkennen und würdigen die Gleichfarbigkeit ihres Gefieders mit der
Bodenfläche, auf welcher sie leben: denn sie wissen aus ihr bestens Vortheil zu ziehen; sie bekunden
eine gewisse List und lassen erkennen, daß Erfahrung sie sehr bald witzigt: denn sie, welche eigentlich
vertrauensselige Geschöpfe genannt werden müssen, werden, wenn sie Verfolgungen erfuhren, bald
ungemein scheu und vorsichtig, zeigen sich auch stets scheuer, wenn sie sich in größeren Gesellschaften
zusammenhalten, als wenn sie einzeln oder in kleinen Trupps vereinigt sind, beweisen also, daß die
Klügeren ihrer Art Erfahrungen gesammelt haben, und daß diese von der Gesammtheit beherzigt
werden. Jhr Wesen erscheint uns als ein Gemisch von sich widersprechenden Eigenschaften. Sie
sind überaus gesellig, bekümmern sich, streng genommen, aber nur um Jhresgleichen; sie leben mit
den verschiedensten Vögeln im tiefsten Frieden, zeigen sich zuweilen aber doch hämisch und neidisch,
wie die Tauben, ohne daß man die Ursache zu erkennen vermöchte; sie halten einträchtlich bei
einander, beginnen aber gelegentlich unter einander einen Zweikampf und fechten diesen wacker durch,
obgleich von dem sprichwörtlich gewordenen Kampfesmuth der Hähne bei ihnen nicht zu reden ist, und
es unter ihnen zu einem Streite auf Leben und Tod wohl niemals kommt.

Das tägliche Leben der Flughühner nimmt einen sehr regelmäßigen Verlauf. Mit Ausnahme
der Mittags- und vielleicht der Mitternachtsstunden sind sie beständig in Thätigkeit, mindestens wach.
Das Streifenflughuhn habe ich während des ganzen Tages in Bewegung gesehen und zu jeder
Stunde der Nacht gehört: ich wurde nicht wenig überrascht, als ich seine höchst wohllautende Stimme
noch in den späten Nachtstunden vernahm, als ich beim bleichen Schimmer des Mondes Trupps von
ihm zu einer schwachen Mineralquelle fliegen sah, um dort sich zu tränken. Ob auch die übrigen
Arten der Sippe so rege sind oder ob nur der Mondschein das Streifenflughuhn so rege machte, muß
ich dahin gestellt sein lassen; ich habe hierauf bezügliche Beobachtungen nicht gesammelt. -- Gemein-
sam ist allen von mir beobachteten Arten Folgendes:

Noch ehe der Tag eigentlich angebrochen, d. h. noch ehe die in den niederen Breiten nur minuten-
lange Dämmerung begonnen, vernimmt man bereits die Unterhaltungslaute der Flughühner, und
sobald man Gegenstände unterscheiden kann, sieht man sie emsig zwischen den niederen Stoppeln oder
Grasbüschen umherlaufen und Nahrung aufnehmen. Werden sie nicht gestört, so treiben sie dieses
Geschäft ununterbrochen bis gegen neun Uhr vormittags; dann fliegen sie, der Jahreszeit ent-
sprechend, etwas früher oder später, zur Tränke. Hier kommen im Verlaufe einer Stunde Taufende
an, wenn die Gegend wasserarm ist, diese Tausende an einer kleinen Pfütze, wenn das Land von
Flüssen durchschnitten wird, die einzelnen Trupps an allen passenden Stellen des Flußufers. Sie
stürzen sich aus hoher Luft in schiefer Richtung in die Nähe der Tränke herab, laufen rasch auf
dem Boden weg, bis ans Wasser hinab, trinken in drei bis vier hastigen Zügen und erheben sich, ent-
weder unmittelbar vom Wasser aus oder nachdem sie zur Einfallstelle zurückgelaufen sind, unterwegs
einige Quarzkörner aufgenommen, sich auch wohl noch ein wenig ausgeruht haben. Jeder Flug wendet

Ganga. Khata. Sand- und Streifenflughuhn.
„Gluck“ oder „Puck“ etwa wiedergeben kann, und welcher ungefähr die Bedeutung eines Unter-
haltungsgeſchwätzes hat. So ſehr ſich die Stimmlaute der verſchiedenen Arten ähneln, ſo ſtellen ſich
doch bei ſcharfer Beobachtung gewiſſe Unterſchiede heraus, welche freilich mit Worten nicht immer aus-
gedrückt werden können. Doch gilt Das nicht für alle Arten. So vernimmt man von dem Streifen-
flughuhn anſtatt des „Khadda khadda“ ſehr vollklingende Laute, welche ich durch die Silben „Külü klü
klü ör“ wiedergegeben habe und zwar, indem ich das unmittelbar vorher Gehörte aufzuzeichnen ver-
ſuchte. Ob die Männchen beſondere, von denen der Weibchen verſchiedene Laute ausſtoßen, habe ich
bis jetzt noch nicht ermitteln können, obwohl ich zu der Annahme berechtigt zu ſein glaube, daß es ſo
ſein wird. Ueber die Sinne und anderweitigen Fähigkeiten des Gehirns läßt ſich ſchwer ein Urtheil
fällen. Daß das Geſicht der Flughühner ſehr ſcharf ſein muß, erfährt jeder Jäger bald genug; daß ihr
Gehör wohl entwickelt iſt, erkennt man an der Aufmerkſamkeit, welche ſie dem leiſeſten Geräuſch und
namentlich den von fern her tönenden Lockrufen ihrer Artgenoſſen widmen: wie es aber mit den
übrigen Sinnen ſtehen mag, wage ich nicht zu ſagen. Von der Bildſamkeit ihres Geiſtes geben die
Vögel manchfache Beweiſe. Sie erkennen und würdigen die Gleichfarbigkeit ihres Gefieders mit der
Bodenfläche, auf welcher ſie leben: denn ſie wiſſen aus ihr beſtens Vortheil zu ziehen; ſie bekunden
eine gewiſſe Liſt und laſſen erkennen, daß Erfahrung ſie ſehr bald witzigt: denn ſie, welche eigentlich
vertrauensſelige Geſchöpfe genannt werden müſſen, werden, wenn ſie Verfolgungen erfuhren, bald
ungemein ſcheu und vorſichtig, zeigen ſich auch ſtets ſcheuer, wenn ſie ſich in größeren Geſellſchaften
zuſammenhalten, als wenn ſie einzeln oder in kleinen Trupps vereinigt ſind, beweiſen alſo, daß die
Klügeren ihrer Art Erfahrungen geſammelt haben, und daß dieſe von der Geſammtheit beherzigt
werden. Jhr Weſen erſcheint uns als ein Gemiſch von ſich widerſprechenden Eigenſchaften. Sie
ſind überaus geſellig, bekümmern ſich, ſtreng genommen, aber nur um Jhresgleichen; ſie leben mit
den verſchiedenſten Vögeln im tiefſten Frieden, zeigen ſich zuweilen aber doch hämiſch und neidiſch,
wie die Tauben, ohne daß man die Urſache zu erkennen vermöchte; ſie halten einträchtlich bei
einander, beginnen aber gelegentlich unter einander einen Zweikampf und fechten dieſen wacker durch,
obgleich von dem ſprichwörtlich gewordenen Kampfesmuth der Hähne bei ihnen nicht zu reden iſt, und
es unter ihnen zu einem Streite auf Leben und Tod wohl niemals kommt.

Das tägliche Leben der Flughühner nimmt einen ſehr regelmäßigen Verlauf. Mit Ausnahme
der Mittags- und vielleicht der Mitternachtsſtunden ſind ſie beſtändig in Thätigkeit, mindeſtens wach.
Das Streifenflughuhn habe ich während des ganzen Tages in Bewegung geſehen und zu jeder
Stunde der Nacht gehört: ich wurde nicht wenig überraſcht, als ich ſeine höchſt wohllautende Stimme
noch in den ſpäten Nachtſtunden vernahm, als ich beim bleichen Schimmer des Mondes Trupps von
ihm zu einer ſchwachen Mineralquelle fliegen ſah, um dort ſich zu tränken. Ob auch die übrigen
Arten der Sippe ſo rege ſind oder ob nur der Mondſchein das Streifenflughuhn ſo rege machte, muß
ich dahin geſtellt ſein laſſen; ich habe hierauf bezügliche Beobachtungen nicht geſammelt. — Gemein-
ſam iſt allen von mir beobachteten Arten Folgendes:

Noch ehe der Tag eigentlich angebrochen, d. h. noch ehe die in den niederen Breiten nur minuten-
lange Dämmerung begonnen, vernimmt man bereits die Unterhaltungslaute der Flughühner, und
ſobald man Gegenſtände unterſcheiden kann, ſieht man ſie emſig zwiſchen den niederen Stoppeln oder
Grasbüſchen umherlaufen und Nahrung aufnehmen. Werden ſie nicht geſtört, ſo treiben ſie dieſes
Geſchäft ununterbrochen bis gegen neun Uhr vormittags; dann fliegen ſie, der Jahreszeit ent-
ſprechend, etwas früher oder ſpäter, zur Tränke. Hier kommen im Verlaufe einer Stunde Taufende
an, wenn die Gegend waſſerarm iſt, dieſe Tauſende an einer kleinen Pfütze, wenn das Land von
Flüſſen durchſchnitten wird, die einzelnen Trupps an allen paſſenden Stellen des Flußufers. Sie
ſtürzen ſich aus hoher Luft in ſchiefer Richtung in die Nähe der Tränke herab, laufen raſch auf
dem Boden weg, bis ans Waſſer hinab, trinken in drei bis vier haſtigen Zügen und erheben ſich, ent-
weder unmittelbar vom Waſſer aus oder nachdem ſie zur Einfallſtelle zurückgelaufen ſind, unterwegs
einige Quarzkörner aufgenommen, ſich auch wohl noch ein wenig ausgeruht haben. Jeder Flug wendet

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[317/0341] Ganga. Khata. Sand- und Streifenflughuhn. „Gluck“ oder „Puck“ etwa wiedergeben kann, und welcher ungefähr die Bedeutung eines Unter- haltungsgeſchwätzes hat. So ſehr ſich die Stimmlaute der verſchiedenen Arten ähneln, ſo ſtellen ſich doch bei ſcharfer Beobachtung gewiſſe Unterſchiede heraus, welche freilich mit Worten nicht immer aus- gedrückt werden können. Doch gilt Das nicht für alle Arten. So vernimmt man von dem Streifen- flughuhn anſtatt des „Khadda khadda“ ſehr vollklingende Laute, welche ich durch die Silben „Külü klü klü ör“ wiedergegeben habe und zwar, indem ich das unmittelbar vorher Gehörte aufzuzeichnen ver- ſuchte. Ob die Männchen beſondere, von denen der Weibchen verſchiedene Laute ausſtoßen, habe ich bis jetzt noch nicht ermitteln können, obwohl ich zu der Annahme berechtigt zu ſein glaube, daß es ſo ſein wird. Ueber die Sinne und anderweitigen Fähigkeiten des Gehirns läßt ſich ſchwer ein Urtheil fällen. Daß das Geſicht der Flughühner ſehr ſcharf ſein muß, erfährt jeder Jäger bald genug; daß ihr Gehör wohl entwickelt iſt, erkennt man an der Aufmerkſamkeit, welche ſie dem leiſeſten Geräuſch und namentlich den von fern her tönenden Lockrufen ihrer Artgenoſſen widmen: wie es aber mit den übrigen Sinnen ſtehen mag, wage ich nicht zu ſagen. Von der Bildſamkeit ihres Geiſtes geben die Vögel manchfache Beweiſe. Sie erkennen und würdigen die Gleichfarbigkeit ihres Gefieders mit der Bodenfläche, auf welcher ſie leben: denn ſie wiſſen aus ihr beſtens Vortheil zu ziehen; ſie bekunden eine gewiſſe Liſt und laſſen erkennen, daß Erfahrung ſie ſehr bald witzigt: denn ſie, welche eigentlich vertrauensſelige Geſchöpfe genannt werden müſſen, werden, wenn ſie Verfolgungen erfuhren, bald ungemein ſcheu und vorſichtig, zeigen ſich auch ſtets ſcheuer, wenn ſie ſich in größeren Geſellſchaften zuſammenhalten, als wenn ſie einzeln oder in kleinen Trupps vereinigt ſind, beweiſen alſo, daß die Klügeren ihrer Art Erfahrungen geſammelt haben, und daß dieſe von der Geſammtheit beherzigt werden. Jhr Weſen erſcheint uns als ein Gemiſch von ſich widerſprechenden Eigenſchaften. Sie ſind überaus geſellig, bekümmern ſich, ſtreng genommen, aber nur um Jhresgleichen; ſie leben mit den verſchiedenſten Vögeln im tiefſten Frieden, zeigen ſich zuweilen aber doch hämiſch und neidiſch, wie die Tauben, ohne daß man die Urſache zu erkennen vermöchte; ſie halten einträchtlich bei einander, beginnen aber gelegentlich unter einander einen Zweikampf und fechten dieſen wacker durch, obgleich von dem ſprichwörtlich gewordenen Kampfesmuth der Hähne bei ihnen nicht zu reden iſt, und es unter ihnen zu einem Streite auf Leben und Tod wohl niemals kommt. Das tägliche Leben der Flughühner nimmt einen ſehr regelmäßigen Verlauf. Mit Ausnahme der Mittags- und vielleicht der Mitternachtsſtunden ſind ſie beſtändig in Thätigkeit, mindeſtens wach. Das Streifenflughuhn habe ich während des ganzen Tages in Bewegung geſehen und zu jeder Stunde der Nacht gehört: ich wurde nicht wenig überraſcht, als ich ſeine höchſt wohllautende Stimme noch in den ſpäten Nachtſtunden vernahm, als ich beim bleichen Schimmer des Mondes Trupps von ihm zu einer ſchwachen Mineralquelle fliegen ſah, um dort ſich zu tränken. Ob auch die übrigen Arten der Sippe ſo rege ſind oder ob nur der Mondſchein das Streifenflughuhn ſo rege machte, muß ich dahin geſtellt ſein laſſen; ich habe hierauf bezügliche Beobachtungen nicht geſammelt. — Gemein- ſam iſt allen von mir beobachteten Arten Folgendes: Noch ehe der Tag eigentlich angebrochen, d. h. noch ehe die in den niederen Breiten nur minuten- lange Dämmerung begonnen, vernimmt man bereits die Unterhaltungslaute der Flughühner, und ſobald man Gegenſtände unterſcheiden kann, ſieht man ſie emſig zwiſchen den niederen Stoppeln oder Grasbüſchen umherlaufen und Nahrung aufnehmen. Werden ſie nicht geſtört, ſo treiben ſie dieſes Geſchäft ununterbrochen bis gegen neun Uhr vormittags; dann fliegen ſie, der Jahreszeit ent- ſprechend, etwas früher oder ſpäter, zur Tränke. Hier kommen im Verlaufe einer Stunde Taufende an, wenn die Gegend waſſerarm iſt, dieſe Tauſende an einer kleinen Pfütze, wenn das Land von Flüſſen durchſchnitten wird, die einzelnen Trupps an allen paſſenden Stellen des Flußufers. Sie ſtürzen ſich aus hoher Luft in ſchiefer Richtung in die Nähe der Tränke herab, laufen raſch auf dem Boden weg, bis ans Waſſer hinab, trinken in drei bis vier haſtigen Zügen und erheben ſich, ent- weder unmittelbar vom Waſſer aus oder nachdem ſie zur Einfallſtelle zurückgelaufen ſind, unterwegs einige Quarzkörner aufgenommen, ſich auch wohl noch ein wenig ausgeruht haben. Jeder Flug wendet

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/341>, abgerufen am 27.11.2024.