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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Papageitanbe.
der Wendekreisländer zur Geltung gekommen ist. Heuglin fand sie auch im südlichen Sennar, am
weißen Flusse und in Kordofahn auf. Hochbewipfelte Mimosen, welche der Christusdorn schützend
umsteht und der Cissus mit seinen vierseitigen Ranken durchflicht, bilden in der Samchara den
bevorzugten Aufenthalt dieser Tauben, während in den Gebirgsthälern die prachtvollen Tamarinden,
Kigelien, mit ihrem dichten Gelaube, und endlich die schattigen Wipfel der gewaltigen Sikomoren zu
noch geeigneteren Wohnsitzen werden. Da, wo drei oder vier dieser Bäume zusammenstehen, wird
man die Papageitaube schwerlich vermissen, ja einzelne Sikomoren werden zum Versammlungsorte
am Morgen und Abend und zum schattigen Ruheplatze in der Hitze des Mittags. Hier und da
trifft man auch unsere Vögel paarweise, gewöhnlich aber schlagen sie sich zu Familien oder kleinen
[Abbildung] Die Papageitaube (Phalacroteron abyssinica). 1/2 der nat. Größe.
Flügen von acht bis zwanzig Stücken zusammen; zahlreichere habe ich nicht gesehen. Jm Fluge
selbst halten sich die einzelnen Paare in trauter Gesellschaft. Dicht an einander geschmiegt, sitzen
die zärtlichen Gatten, und Derjenige, welcher ruhig beobachtet, kann gar nicht in Zweifel bleiben,
welche Zwei im Fluge es sind, die mit einander sich vereinigt haben. Die Papageitaube scheint in ihrer
Zärtlichkeit die übrigen Verwandten noch zu überbieten, scheint besondere Zeichen ihrer Gattenliebe
an den Tag zu legen, Zeichen, welche ich wenigstens bei andern noch nicht beobachtet habe. Das
Aneinanderschmiegen, das Schnäbeln, das freudige, ich möchte sagen, aufjauchzende Emporsteigen
des Männchens, das Klatschen mit den Flügeln und das darauf folgende sanfte Hinabschweben zur

Papageitanbe.
der Wendekreisländer zur Geltung gekommen iſt. Heuglin fand ſie auch im ſüdlichen Sennar, am
weißen Fluſſe und in Kordofahn auf. Hochbewipfelte Mimoſen, welche der Chriſtusdorn ſchützend
umſteht und der Ciſſus mit ſeinen vierſeitigen Ranken durchflicht, bilden in der Samchara den
bevorzugten Aufenthalt dieſer Tauben, während in den Gebirgsthälern die prachtvollen Tamarinden,
Kigelien, mit ihrem dichten Gelaube, und endlich die ſchattigen Wipfel der gewaltigen Sikomoren zu
noch geeigneteren Wohnſitzen werden. Da, wo drei oder vier dieſer Bäume zuſammenſtehen, wird
man die Papageitaube ſchwerlich vermiſſen, ja einzelne Sikomoren werden zum Verſammlungsorte
am Morgen und Abend und zum ſchattigen Ruheplatze in der Hitze des Mittags. Hier und da
trifft man auch unſere Vögel paarweiſe, gewöhnlich aber ſchlagen ſie ſich zu Familien oder kleinen
[Abbildung] Die Papageitaube (Phalacroteron abyssinica). ½ der nat. Größe.
Flügen von acht bis zwanzig Stücken zuſammen; zahlreichere habe ich nicht geſehen. Jm Fluge
ſelbſt halten ſich die einzelnen Paare in trauter Geſellſchaft. Dicht an einander geſchmiegt, ſitzen
die zärtlichen Gatten, und Derjenige, welcher ruhig beobachtet, kann gar nicht in Zweifel bleiben,
welche Zwei im Fluge es ſind, die mit einander ſich vereinigt haben. Die Papageitaube ſcheint in ihrer
Zärtlichkeit die übrigen Verwandten noch zu überbieten, ſcheint beſondere Zeichen ihrer Gattenliebe
an den Tag zu legen, Zeichen, welche ich wenigſtens bei andern noch nicht beobachtet habe. Das
Aneinanderſchmiegen, das Schnäbeln, das freudige, ich möchte ſagen, aufjauchzende Emporſteigen
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[261/0283] Papageitanbe. der Wendekreisländer zur Geltung gekommen iſt. Heuglin fand ſie auch im ſüdlichen Sennar, am weißen Fluſſe und in Kordofahn auf. Hochbewipfelte Mimoſen, welche der Chriſtusdorn ſchützend umſteht und der Ciſſus mit ſeinen vierſeitigen Ranken durchflicht, bilden in der Samchara den bevorzugten Aufenthalt dieſer Tauben, während in den Gebirgsthälern die prachtvollen Tamarinden, Kigelien, mit ihrem dichten Gelaube, und endlich die ſchattigen Wipfel der gewaltigen Sikomoren zu noch geeigneteren Wohnſitzen werden. Da, wo drei oder vier dieſer Bäume zuſammenſtehen, wird man die Papageitaube ſchwerlich vermiſſen, ja einzelne Sikomoren werden zum Verſammlungsorte am Morgen und Abend und zum ſchattigen Ruheplatze in der Hitze des Mittags. Hier und da trifft man auch unſere Vögel paarweiſe, gewöhnlich aber ſchlagen ſie ſich zu Familien oder kleinen [Abbildung Die Papageitaube (Phalacroteron abyssinica). ½ der nat. Größe.] Flügen von acht bis zwanzig Stücken zuſammen; zahlreichere habe ich nicht geſehen. Jm Fluge ſelbſt halten ſich die einzelnen Paare in trauter Geſellſchaft. Dicht an einander geſchmiegt, ſitzen die zärtlichen Gatten, und Derjenige, welcher ruhig beobachtet, kann gar nicht in Zweifel bleiben, welche Zwei im Fluge es ſind, die mit einander ſich vereinigt haben. Die Papageitaube ſcheint in ihrer Zärtlichkeit die übrigen Verwandten noch zu überbieten, ſcheint beſondere Zeichen ihrer Gattenliebe an den Tag zu legen, Zeichen, welche ich wenigſtens bei andern noch nicht beobachtet habe. Das Aneinanderſchmiegen, das Schnäbeln, das freudige, ich möchte ſagen, aufjauchzende Emporſteigen des Männchens, das Klatſchen mit den Flügeln und das darauf folgende ſanfte Hinabſchweben zur

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/283>, abgerufen am 27.11.2024.