der Höhe aus umher zu spähen. Erscheint ihm Etwas bedenklich, so erhebt er sich hoch auf den Füßen und schaut mit geöffnetem Schnabel ängstlich den Ankommenden entgegen. Der erste Laut, welcher von einem ausgestoßen wird, gibt dann das Zeichen zur Flucht für die ganze Gesell- schaft. Scheu und vorsichtig ist er unter allen Umständen, und deshalb hält es stets schwer, sich ihm zu nahen. Selbst beim Futtersuchen wählt er sich am liebsten solche Stellen, welche nach allen Seiten hin freie Umschau gestatten.
Jn dem Magen eines männlichen Hornraben, welchen ich zerlegte, fand ich unter Dung- käfern und Heuschrecken einige Würmer und ein ziemlich großes Chamäleon. Gourney gibt Schnecken, Eidechsen, Frösche, Ratten, Mäuse, verschiedene Heuschrecken, Käfer und andere Kerb- thiere, Monteiro Lurche, Vögel, Eier, Käfer, Mandiokawurzeln und Grundnüsse als seine Nahrung an. "Er jagt", sagt Gourney, "am liebsten da, wo das Gras weggebrannt wurde, hackt mit seinem kräftigen Schnabel in den harten Boden, dreht hastig Erdklumpen um, sodaß der Staub davonfliegt, nimmt die gefangenen Kerbthiere, wirft sie in die Luft, fängt sie wieder auf und läßt sie in den Schlund hinabrollen. Größere Schlangen tödtet er auf folgende Art. Wenn einer der Vögel einen derartigen Lurch entdeckt hat, kommt er mit drei oder vier andern herbei, nähert sich von der Seite mit ausgebreiteten Schwingen und reizt mit diesen die Schlange, dreht sich aber im rechten Augenblick plötzlich um, versetzt ihr einen gewaltigen Hieb mit dem Schnabel und hält geschwind wieder sein schützendes Flügelschild vor. Diese Angriffe werden wiederholt, bis die Schlange todt ist. Geht diese zum Angriff über, so breitet der Hornrabe beide Flügel vor sich hin und schützt damit den Kopf und die verwundbarsten Theile."
Die Stimme ist ein dumpfer Laut, welcher wie "bu" oder "ku" klingt. "Locken sich Männchen und Weibchen", sagt Heuglin, "so stößt der eine, wahrscheinlich das Männchen, diesen dumpfen, weit hörbaren Laut aus, und auf ihn antwortet der andere ebenso, aber um eine Oktave höher. Diese Unterhaltung der Gatten, welche fast unzertrennlich sind, dauert oft wohl eine Viertelstunde lang ununterbrochen fort, bis irgend eine äußere Störung sie beendet." Gourney berichtet genau Dasselbe, bemerkt aber noch, daß das Männchen unabänderlich zuerst zu schreien beginnt, und ver- sichert, daß man den Ruf fast zwei englische Meilen weit vernehmen kann.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, daß der Hornrabe in hohlen Bäumen brütet, und durch Heuglin, daß er kleine, runde, rauhschalige, weiße Eier legt. Ob das Gelege aus mehr als einem einzigen Ei besteht, und ob das Weibchen eingemauert wird, ist, so viel ich weiß, zur Zeit noch nicht entschieden. Die Baumhöhlung, welche ich auffand, zeigte keine Spur von einer der- artigen Arbeit und enthielt nur ein einziges Junge. Dasselbe war ziemlich flügge und bis auf den Mitteltheil der Schwungfedern rein schwarz. Von einem Horn auf der Schnabelwurzel war noch keine Spur zu sehen. Wir versuchten, die Alten beim Neste zu schießen und brachten das schon ausgehobene Junge deshalb wieder in die Nisthöhle zurück; keines der scheuen Eltern aber ließ sich erblicken. Das Junge wurde mit rohem Fleische ernährt und zeigte sich bald sehr zutraulich. Es war auf unserer Barke nicht gefesselt, sondern konnte sich nach Belieben bewegen, hatte sich aber bald einen bestimmten Platz ausgewählt und kehrte zu diesem unter allen Umständen zurück. Des sonder- baren Freundschaftsverhältnisses, welches es mit einer Meerkatze schloß, habe ich schon im ersten Band dieses Werkes (S. 58) Erwähnung gethan, und ich will hier nur noch hinzufügen, daß es der Nashornvogel war, welcher später den Freundschaftsbund aufrecht erhielt. Jn Charthum durfte der Hornrabe im Hofe umherspazieren und treiben, was er wollte; er machte auch von der ihm geschenkten Freiheit umfassenden Gebrauch, unterließ aber nie, von Zeit zu Zeit zu seinem Freunde zurückzukehren. An manchen Tagen verbrachte er Stunden in dessen Gesellschaft, obgleich er voll- ständig gemißhandelt wurde. Es waren mehrere Affen im Hofe angebunden, der Hornrabe kannte aber seinen Freund sehr wohl und ging immer zu diesem, nie zu einem andern hin. Uebrigens wußte er sich auch sonst zu unterhalten. Er verfolgte unsere zahmen Jbisse, jagte nach Sperlingen oder trabte in lächerlicher Weise, scheinbar nutzlos, im Hofe auf und nieder, sprang zuweilen vom
Die Späher. Leichtſchnäbler. Hornvögel.
der Höhe aus umher zu ſpähen. Erſcheint ihm Etwas bedenklich, ſo erhebt er ſich hoch auf den Füßen und ſchaut mit geöffnetem Schnabel ängſtlich den Ankommenden entgegen. Der erſte Laut, welcher von einem ausgeſtoßen wird, gibt dann das Zeichen zur Flucht für die ganze Geſell- ſchaft. Scheu und vorſichtig iſt er unter allen Umſtänden, und deshalb hält es ſtets ſchwer, ſich ihm zu nahen. Selbſt beim Futterſuchen wählt er ſich am liebſten ſolche Stellen, welche nach allen Seiten hin freie Umſchau geſtatten.
Jn dem Magen eines männlichen Hornraben, welchen ich zerlegte, fand ich unter Dung- käfern und Heuſchrecken einige Würmer und ein ziemlich großes Chamäleon. Gourney gibt Schnecken, Eidechſen, Fröſche, Ratten, Mäuſe, verſchiedene Heuſchrecken, Käfer und andere Kerb- thiere, Monteiro Lurche, Vögel, Eier, Käfer, Mandiokawurzeln und Grundnüſſe als ſeine Nahrung an. „Er jagt“, ſagt Gourney, „am liebſten da, wo das Gras weggebrannt wurde, hackt mit ſeinem kräftigen Schnabel in den harten Boden, dreht haſtig Erdklumpen um, ſodaß der Staub davonfliegt, nimmt die gefangenen Kerbthiere, wirft ſie in die Luft, fängt ſie wieder auf und läßt ſie in den Schlund hinabrollen. Größere Schlangen tödtet er auf folgende Art. Wenn einer der Vögel einen derartigen Lurch entdeckt hat, kommt er mit drei oder vier andern herbei, nähert ſich von der Seite mit ausgebreiteten Schwingen und reizt mit dieſen die Schlange, dreht ſich aber im rechten Augenblick plötzlich um, verſetzt ihr einen gewaltigen Hieb mit dem Schnabel und hält geſchwind wieder ſein ſchützendes Flügelſchild vor. Dieſe Angriffe werden wiederholt, bis die Schlange todt iſt. Geht dieſe zum Angriff über, ſo breitet der Hornrabe beide Flügel vor ſich hin und ſchützt damit den Kopf und die verwundbarſten Theile.“
Die Stimme iſt ein dumpfer Laut, welcher wie „bu“ oder „ku“ klingt. „Locken ſich Männchen und Weibchen“, ſagt Heuglin, „ſo ſtößt der eine, wahrſcheinlich das Männchen, dieſen dumpfen, weit hörbaren Laut aus, und auf ihn antwortet der andere ebenſo, aber um eine Oktave höher. Dieſe Unterhaltung der Gatten, welche faſt unzertrennlich ſind, dauert oft wohl eine Viertelſtunde lang ununterbrochen fort, bis irgend eine äußere Störung ſie beendet.“ Gourney berichtet genau Daſſelbe, bemerkt aber noch, daß das Männchen unabänderlich zuerſt zu ſchreien beginnt, und ver- ſichert, daß man den Ruf faſt zwei engliſche Meilen weit vernehmen kann.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, daß der Hornrabe in hohlen Bäumen brütet, und durch Heuglin, daß er kleine, runde, rauhſchalige, weiße Eier legt. Ob das Gelege aus mehr als einem einzigen Ei beſteht, und ob das Weibchen eingemauert wird, iſt, ſo viel ich weiß, zur Zeit noch nicht entſchieden. Die Baumhöhlung, welche ich auffand, zeigte keine Spur von einer der- artigen Arbeit und enthielt nur ein einziges Junge. Daſſelbe war ziemlich flügge und bis auf den Mitteltheil der Schwungfedern rein ſchwarz. Von einem Horn auf der Schnabelwurzel war noch keine Spur zu ſehen. Wir verſuchten, die Alten beim Neſte zu ſchießen und brachten das ſchon ausgehobene Junge deshalb wieder in die Niſthöhle zurück; keines der ſcheuen Eltern aber ließ ſich erblicken. Das Junge wurde mit rohem Fleiſche ernährt und zeigte ſich bald ſehr zutraulich. Es war auf unſerer Barke nicht gefeſſelt, ſondern konnte ſich nach Belieben bewegen, hatte ſich aber bald einen beſtimmten Platz ausgewählt und kehrte zu dieſem unter allen Umſtänden zurück. Des ſonder- baren Freundſchaftsverhältniſſes, welches es mit einer Meerkatze ſchloß, habe ich ſchon im erſten Band dieſes Werkes (S. 58) Erwähnung gethan, und ich will hier nur noch hinzufügen, daß es der Nashornvogel war, welcher ſpäter den Freundſchaftsbund aufrecht erhielt. Jn Charthum durfte der Hornrabe im Hofe umherſpazieren und treiben, was er wollte; er machte auch von der ihm geſchenkten Freiheit umfaſſenden Gebrauch, unterließ aber nie, von Zeit zu Zeit zu ſeinem Freunde zurückzukehren. An manchen Tagen verbrachte er Stunden in deſſen Geſellſchaft, obgleich er voll- ſtändig gemißhandelt wurde. Es waren mehrere Affen im Hofe angebunden, der Hornrabe kannte aber ſeinen Freund ſehr wohl und ging immer zu dieſem, nie zu einem andern hin. Uebrigens wußte er ſich auch ſonſt zu unterhalten. Er verfolgte unſere zahmen Jbiſſe, jagte nach Sperlingen oder trabte in lächerlicher Weiſe, ſcheinbar nutzlos, im Hofe auf und nieder, ſprang zuweilen vom
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0272"n="250"/><fwplace="top"type="header">Die Späher. Leichtſchnäbler. Hornvögel.</fw><lb/>
der Höhe aus umher zu ſpähen. Erſcheint ihm Etwas bedenklich, ſo erhebt er ſich hoch auf den<lb/>
Füßen und ſchaut mit geöffnetem Schnabel ängſtlich den Ankommenden entgegen. Der erſte<lb/>
Laut, welcher von einem ausgeſtoßen wird, gibt dann das Zeichen zur Flucht für die ganze Geſell-<lb/>ſchaft. Scheu und vorſichtig iſt er unter allen Umſtänden, und deshalb hält es ſtets ſchwer, ſich ihm zu<lb/>
nahen. Selbſt beim Futterſuchen wählt er ſich am liebſten ſolche Stellen, welche nach allen Seiten<lb/>
hin freie Umſchau geſtatten.</p><lb/><p>Jn dem Magen eines männlichen Hornraben, welchen ich zerlegte, fand ich unter Dung-<lb/>
käfern und Heuſchrecken einige Würmer und ein ziemlich großes Chamäleon. <hirendition="#g">Gourney</hi> gibt<lb/>
Schnecken, Eidechſen, Fröſche, Ratten, Mäuſe, verſchiedene Heuſchrecken, Käfer und andere Kerb-<lb/>
thiere, <hirendition="#g">Monteiro</hi> Lurche, Vögel, Eier, Käfer, Mandiokawurzeln und Grundnüſſe als ſeine Nahrung<lb/>
an. „Er jagt“, ſagt <hirendition="#g">Gourney</hi>, „am liebſten da, wo das Gras weggebrannt wurde, hackt mit ſeinem<lb/>
kräftigen Schnabel in den harten Boden, dreht haſtig Erdklumpen um, ſodaß der Staub davonfliegt,<lb/>
nimmt die gefangenen Kerbthiere, wirft ſie in die Luft, fängt ſie wieder auf und läßt ſie in den<lb/>
Schlund hinabrollen. Größere Schlangen tödtet er auf folgende Art. Wenn einer der Vögel<lb/>
einen derartigen Lurch entdeckt hat, kommt er mit drei oder vier andern herbei, nähert ſich von der<lb/>
Seite mit ausgebreiteten Schwingen und reizt mit dieſen die Schlange, dreht ſich aber im rechten<lb/>
Augenblick plötzlich um, verſetzt ihr einen gewaltigen Hieb mit dem Schnabel und hält geſchwind<lb/>
wieder ſein ſchützendes Flügelſchild vor. Dieſe Angriffe werden wiederholt, bis die Schlange todt<lb/>
iſt. Geht dieſe zum Angriff über, ſo breitet der Hornrabe beide Flügel vor ſich hin und ſchützt<lb/>
damit den Kopf und die verwundbarſten Theile.“</p><lb/><p>Die Stimme iſt ein dumpfer Laut, welcher wie „bu“ oder „ku“ klingt. „Locken ſich Männchen<lb/>
und Weibchen“, ſagt <hirendition="#g">Heuglin</hi>, „ſo ſtößt der eine, wahrſcheinlich das Männchen, dieſen dumpfen,<lb/>
weit hörbaren Laut aus, und auf ihn antwortet der andere ebenſo, aber um eine Oktave höher.<lb/>
Dieſe Unterhaltung der Gatten, welche faſt unzertrennlich ſind, dauert oft wohl eine Viertelſtunde<lb/>
lang ununterbrochen fort, bis irgend eine äußere Störung ſie beendet.“<hirendition="#g">Gourney</hi> berichtet genau<lb/>
Daſſelbe, bemerkt aber noch, daß das Männchen unabänderlich zuerſt zu ſchreien beginnt, und ver-<lb/>ſichert, daß man den Ruf faſt zwei engliſche Meilen weit vernehmen kann.</p><lb/><p>Aus eigener Erfahrung weiß ich, daß der Hornrabe in hohlen Bäumen brütet, und durch<lb/><hirendition="#g">Heuglin</hi>, daß er kleine, runde, rauhſchalige, weiße Eier legt. Ob das Gelege aus mehr als<lb/>
einem einzigen Ei beſteht, und ob das Weibchen eingemauert wird, iſt, ſo viel ich weiß, zur Zeit<lb/>
noch nicht entſchieden. Die Baumhöhlung, welche ich auffand, zeigte keine Spur von einer der-<lb/>
artigen Arbeit und enthielt nur ein einziges Junge. Daſſelbe war ziemlich flügge und bis auf<lb/>
den Mitteltheil der Schwungfedern rein ſchwarz. Von einem Horn auf der Schnabelwurzel war<lb/>
noch keine Spur zu ſehen. Wir verſuchten, die Alten beim Neſte zu ſchießen und brachten das ſchon<lb/>
ausgehobene Junge deshalb wieder in die Niſthöhle zurück; keines der ſcheuen Eltern aber ließ ſich<lb/>
erblicken. Das Junge wurde mit rohem Fleiſche ernährt und zeigte ſich bald ſehr zutraulich. Es war<lb/>
auf unſerer Barke nicht gefeſſelt, ſondern konnte ſich nach Belieben bewegen, hatte ſich aber bald einen<lb/>
beſtimmten Platz ausgewählt und kehrte zu dieſem unter allen Umſtänden zurück. Des ſonder-<lb/>
baren Freundſchaftsverhältniſſes, welches es mit einer Meerkatze ſchloß, habe ich ſchon im erſten<lb/>
Band dieſes Werkes (S. 58) Erwähnung gethan, und ich will hier nur noch hinzufügen, daß es der<lb/>
Nashornvogel war, welcher ſpäter den Freundſchaftsbund aufrecht erhielt. Jn Charthum durfte<lb/>
der Hornrabe im Hofe umherſpazieren und treiben, was er wollte; er machte auch von der ihm<lb/>
geſchenkten Freiheit umfaſſenden Gebrauch, unterließ aber nie, von Zeit zu Zeit zu ſeinem Freunde<lb/>
zurückzukehren. An manchen Tagen verbrachte er Stunden in deſſen Geſellſchaft, obgleich er voll-<lb/>ſtändig gemißhandelt wurde. Es waren mehrere Affen im Hofe angebunden, der Hornrabe kannte<lb/>
aber ſeinen Freund ſehr wohl und ging immer zu dieſem, nie zu einem andern hin. Uebrigens<lb/>
wußte er ſich auch ſonſt zu unterhalten. Er verfolgte unſere zahmen Jbiſſe, jagte nach Sperlingen<lb/>
oder trabte in lächerlicher Weiſe, ſcheinbar nutzlos, im Hofe auf und nieder, ſprang zuweilen vom<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[250/0272]
Die Späher. Leichtſchnäbler. Hornvögel.
der Höhe aus umher zu ſpähen. Erſcheint ihm Etwas bedenklich, ſo erhebt er ſich hoch auf den
Füßen und ſchaut mit geöffnetem Schnabel ängſtlich den Ankommenden entgegen. Der erſte
Laut, welcher von einem ausgeſtoßen wird, gibt dann das Zeichen zur Flucht für die ganze Geſell-
ſchaft. Scheu und vorſichtig iſt er unter allen Umſtänden, und deshalb hält es ſtets ſchwer, ſich ihm zu
nahen. Selbſt beim Futterſuchen wählt er ſich am liebſten ſolche Stellen, welche nach allen Seiten
hin freie Umſchau geſtatten.
Jn dem Magen eines männlichen Hornraben, welchen ich zerlegte, fand ich unter Dung-
käfern und Heuſchrecken einige Würmer und ein ziemlich großes Chamäleon. Gourney gibt
Schnecken, Eidechſen, Fröſche, Ratten, Mäuſe, verſchiedene Heuſchrecken, Käfer und andere Kerb-
thiere, Monteiro Lurche, Vögel, Eier, Käfer, Mandiokawurzeln und Grundnüſſe als ſeine Nahrung
an. „Er jagt“, ſagt Gourney, „am liebſten da, wo das Gras weggebrannt wurde, hackt mit ſeinem
kräftigen Schnabel in den harten Boden, dreht haſtig Erdklumpen um, ſodaß der Staub davonfliegt,
nimmt die gefangenen Kerbthiere, wirft ſie in die Luft, fängt ſie wieder auf und läßt ſie in den
Schlund hinabrollen. Größere Schlangen tödtet er auf folgende Art. Wenn einer der Vögel
einen derartigen Lurch entdeckt hat, kommt er mit drei oder vier andern herbei, nähert ſich von der
Seite mit ausgebreiteten Schwingen und reizt mit dieſen die Schlange, dreht ſich aber im rechten
Augenblick plötzlich um, verſetzt ihr einen gewaltigen Hieb mit dem Schnabel und hält geſchwind
wieder ſein ſchützendes Flügelſchild vor. Dieſe Angriffe werden wiederholt, bis die Schlange todt
iſt. Geht dieſe zum Angriff über, ſo breitet der Hornrabe beide Flügel vor ſich hin und ſchützt
damit den Kopf und die verwundbarſten Theile.“
Die Stimme iſt ein dumpfer Laut, welcher wie „bu“ oder „ku“ klingt. „Locken ſich Männchen
und Weibchen“, ſagt Heuglin, „ſo ſtößt der eine, wahrſcheinlich das Männchen, dieſen dumpfen,
weit hörbaren Laut aus, und auf ihn antwortet der andere ebenſo, aber um eine Oktave höher.
Dieſe Unterhaltung der Gatten, welche faſt unzertrennlich ſind, dauert oft wohl eine Viertelſtunde
lang ununterbrochen fort, bis irgend eine äußere Störung ſie beendet.“ Gourney berichtet genau
Daſſelbe, bemerkt aber noch, daß das Männchen unabänderlich zuerſt zu ſchreien beginnt, und ver-
ſichert, daß man den Ruf faſt zwei engliſche Meilen weit vernehmen kann.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, daß der Hornrabe in hohlen Bäumen brütet, und durch
Heuglin, daß er kleine, runde, rauhſchalige, weiße Eier legt. Ob das Gelege aus mehr als
einem einzigen Ei beſteht, und ob das Weibchen eingemauert wird, iſt, ſo viel ich weiß, zur Zeit
noch nicht entſchieden. Die Baumhöhlung, welche ich auffand, zeigte keine Spur von einer der-
artigen Arbeit und enthielt nur ein einziges Junge. Daſſelbe war ziemlich flügge und bis auf
den Mitteltheil der Schwungfedern rein ſchwarz. Von einem Horn auf der Schnabelwurzel war
noch keine Spur zu ſehen. Wir verſuchten, die Alten beim Neſte zu ſchießen und brachten das ſchon
ausgehobene Junge deshalb wieder in die Niſthöhle zurück; keines der ſcheuen Eltern aber ließ ſich
erblicken. Das Junge wurde mit rohem Fleiſche ernährt und zeigte ſich bald ſehr zutraulich. Es war
auf unſerer Barke nicht gefeſſelt, ſondern konnte ſich nach Belieben bewegen, hatte ſich aber bald einen
beſtimmten Platz ausgewählt und kehrte zu dieſem unter allen Umſtänden zurück. Des ſonder-
baren Freundſchaftsverhältniſſes, welches es mit einer Meerkatze ſchloß, habe ich ſchon im erſten
Band dieſes Werkes (S. 58) Erwähnung gethan, und ich will hier nur noch hinzufügen, daß es der
Nashornvogel war, welcher ſpäter den Freundſchaftsbund aufrecht erhielt. Jn Charthum durfte
der Hornrabe im Hofe umherſpazieren und treiben, was er wollte; er machte auch von der ihm
geſchenkten Freiheit umfaſſenden Gebrauch, unterließ aber nie, von Zeit zu Zeit zu ſeinem Freunde
zurückzukehren. An manchen Tagen verbrachte er Stunden in deſſen Geſellſchaft, obgleich er voll-
ſtändig gemißhandelt wurde. Es waren mehrere Affen im Hofe angebunden, der Hornrabe kannte
aber ſeinen Freund ſehr wohl und ging immer zu dieſem, nie zu einem andern hin. Uebrigens
wußte er ſich auch ſonſt zu unterhalten. Er verfolgte unſere zahmen Jbiſſe, jagte nach Sperlingen
oder trabte in lächerlicher Weiſe, ſcheinbar nutzlos, im Hofe auf und nieder, ſprang zuweilen vom
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/272>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.