Geripp ist die Ausdehnung der luftführenden Knochen besonders hervorzuheben. Sie beschränkt sich auf Schädel, Hals, Rumpf, Becken und Oberarm. Der Oberschenkel und alle abwärts gelegenen Knochen, nebst denen am Arm unter dem Ellenbogen, führen Mark. Der Hals besteht aus zwölf, der Rücken aus sieben bis acht, der Schwanz aus acht Wirbeln. Das Brustbein ist nicht groß, nach hinten erweitert und an jeder Seite mit zwei ungleichen Busen versehen. Der Kamm ragt wenig vor, ist nach vorn nicht verlängert und auf eigenthümliche Weise mit den beiden getrennten Schenkeln des Gabelbeins verbunden."
Die Lebensweise der Tukans ist, nach Burmeister's Versicherung, am besten von dem Prinzen von Wied geschildert worden, und deshalb ist es billig, die Worte dieses ausgezeichneten Forschers hier folgen zu lassen. "Sonnini und Azara haben uns getreue Schilderungen von den sonder- baren Vögeln gegeben, welche in den südamerikanischen Urwäldern unter der Benennung Tukana bekannt sind. Jm allgemeinen stimmen die Nachrichten der beiden genannten Schriftsteller über die Lebensart dieser merkwürdigen Geschöpfe überein. Ein jeder von ihnen hat indessen einige kleine Abweichungen, die sich aber, wie mir scheint, ziemlich leicht ausgleichen lassen, ohne dem Werthe der einen oder der andern Beobachtung zu nahe zu treten."
"Jn den brasilianischen Urwäldern sind Tukane nächst den Papageien die gemeinsten Vögel. Ueberall erlegt man ihrer in der kalten Jahreszeit eine Menge, um sie zu essen. Für den fremden Reisenden haben sie indessen noch mehr Jnteresse als für den Jnländer, der sowohl an die höchst sonderbare Gestalt, als an die glänzenden Farben dieser Vögel gewöhnt ist; denn die Tukane zeigen auf einem meist kohlschwarzen Grunde des Gefieders mancherlei sehr lebhafte, blendende Farben. Selbst die Jris des Auges, die Beine und der riesige Schnabel sind von dieser lebhaften Färbung nicht ausgenommen."
"Daß diese schönen Vögel in den brasilianischen Wäldern sehr zahlreich sind, ist gewiß; ebenso sicher ist es aber, wie auch Sonnini richtig bemerkt, daß es schwer hält, über ihre Lebensart und Sitten, besonders über ihre Fortpflanzung genaue Nachrichten zu sammeln. Nie habe ich das Nest eines Tukans gefunden. Die Brasilianer haben mir indessen versichert, sie legten zwei Eier in hohle Bäume oder Baumäste, und Dies ist mir auch wahrscheinlich, da die meisten dortigen Vögel nur zwei Eier legen."
"Die Nahrung der Tukane war ebenfalls lange ein unentschiedener Punkt in ihrer Natur- geschichte. Azara will sie die Nester der Vögel plündern lassen, wogegen ich zwar Nichts ein- wenden kann, jedoch bemerken muß, daß ich in dem Magen nur Früchte, Fruchtkerne und ähnliche weiche Massen gefunden habe. Waterton bestätigt das Gesagte ebenfalls und daß die Tukane nicht fleischfressend seien. Sie sind den Pflanzungen von Bananen und Guavabäumen sehr gefährlich, da sie den Früchten derselben nachstellen. Jm gezähmten Zustande sind sie immer Allesfresser, wie ich mich davon selbst zu überzeugen Gelegenheit gehabt habe; denn ich sah einen solchen Vogel Fleisch, Piron (einen Brei von Mandiocamehl und Fleischbrühe) und Früchte verschiedener Art gierig verschlingen. Hierhin ist auch unbezweifelt die Bemerkung von Humboldt zu zählen, daß der Tukan Fische fresse, wodurch dieser Vogel in gezähmtem Zustande den Krähen sehr ähnlich, nur noch weit heiß- hungriger erscheint. Daß er sein Futter beim Fressen in die Höhe werfe, habe ich nicht beobachtet. Nach der Versicherung der Wilden leben die Tukane in der Freiheit blos von Früchten. Sie scheinen. im allgemeinen viel Aehnlichkeit mit den Krähen zu haben, vielleicht sind sie aber in der Freiheit Allesfresser, mindestens für das, was weich genug ist, um von ihrem schwachen Schnabel ganz ver- schlungen zu werden. Sie sind neugierig wie die Krähen, verfolgen die Raubvögel gemeinschaftlich und versammeln sich zahlreich, um den Feind zu necken. Jhren Flug möchte ich nicht schwer nennen; doch geht Sonnini's Aussage vielleicht auf den großschnäbligsten aller Tukane, den Toko, welchen ich nie fliegen sah. Die Tukana (Ramphastus Temminckii) fliegt hoch, weit und in sanften Bogen sich fortschwingend. Dabei bemerkt man keine besondere Anstrengung, noch eine Stellung, die von der anderer Vögel abwiche. Sie tragen Hals und Schnabel wagrecht aufgestreckt und fliegen nicht, wie
Die Späher. Leichtſchnäbler. Pfefferfreſſer.
Geripp iſt die Ausdehnung der luftführenden Knochen beſonders hervorzuheben. Sie beſchränkt ſich auf Schädel, Hals, Rumpf, Becken und Oberarm. Der Oberſchenkel und alle abwärts gelegenen Knochen, nebſt denen am Arm unter dem Ellenbogen, führen Mark. Der Hals beſteht aus zwölf, der Rücken aus ſieben bis acht, der Schwanz aus acht Wirbeln. Das Bruſtbein iſt nicht groß, nach hinten erweitert und an jeder Seite mit zwei ungleichen Buſen verſehen. Der Kamm ragt wenig vor, iſt nach vorn nicht verlängert und auf eigenthümliche Weiſe mit den beiden getrennten Schenkeln des Gabelbeins verbunden.“
Die Lebensweiſe der Tukans iſt, nach Burmeiſter’s Verſicherung, am beſten von dem Prinzen von Wied geſchildert worden, und deshalb iſt es billig, die Worte dieſes ausgezeichneten Forſchers hier folgen zu laſſen. „Sonnini und Azara haben uns getreue Schilderungen von den ſonder- baren Vögeln gegeben, welche in den ſüdamerikaniſchen Urwäldern unter der Benennung Tukana bekannt ſind. Jm allgemeinen ſtimmen die Nachrichten der beiden genannten Schriftſteller über die Lebensart dieſer merkwürdigen Geſchöpfe überein. Ein jeder von ihnen hat indeſſen einige kleine Abweichungen, die ſich aber, wie mir ſcheint, ziemlich leicht ausgleichen laſſen, ohne dem Werthe der einen oder der andern Beobachtung zu nahe zu treten.“
„Jn den braſilianiſchen Urwäldern ſind Tukane nächſt den Papageien die gemeinſten Vögel. Ueberall erlegt man ihrer in der kalten Jahreszeit eine Menge, um ſie zu eſſen. Für den fremden Reiſenden haben ſie indeſſen noch mehr Jntereſſe als für den Jnländer, der ſowohl an die höchſt ſonderbare Geſtalt, als an die glänzenden Farben dieſer Vögel gewöhnt iſt; denn die Tukane zeigen auf einem meiſt kohlſchwarzen Grunde des Gefieders mancherlei ſehr lebhafte, blendende Farben. Selbſt die Jris des Auges, die Beine und der rieſige Schnabel ſind von dieſer lebhaften Färbung nicht ausgenommen.“
„Daß dieſe ſchönen Vögel in den braſilianiſchen Wäldern ſehr zahlreich ſind, iſt gewiß; ebenſo ſicher iſt es aber, wie auch Sonnini richtig bemerkt, daß es ſchwer hält, über ihre Lebensart und Sitten, beſonders über ihre Fortpflanzung genaue Nachrichten zu ſammeln. Nie habe ich das Neſt eines Tukans gefunden. Die Braſilianer haben mir indeſſen verſichert, ſie legten zwei Eier in hohle Bäume oder Baumäſte, und Dies iſt mir auch wahrſcheinlich, da die meiſten dortigen Vögel nur zwei Eier legen.“
„Die Nahrung der Tukane war ebenfalls lange ein unentſchiedener Punkt in ihrer Natur- geſchichte. Azara will ſie die Neſter der Vögel plündern laſſen, wogegen ich zwar Nichts ein- wenden kann, jedoch bemerken muß, daß ich in dem Magen nur Früchte, Fruchtkerne und ähnliche weiche Maſſen gefunden habe. Waterton beſtätigt das Geſagte ebenfalls und daß die Tukane nicht fleiſchfreſſend ſeien. Sie ſind den Pflanzungen von Bananen und Guavabäumen ſehr gefährlich, da ſie den Früchten derſelben nachſtellen. Jm gezähmten Zuſtande ſind ſie immer Allesfreſſer, wie ich mich davon ſelbſt zu überzeugen Gelegenheit gehabt habe; denn ich ſah einen ſolchen Vogel Fleiſch, Piron (einen Brei von Mandiocamehl und Fleiſchbrühe) und Früchte verſchiedener Art gierig verſchlingen. Hierhin iſt auch unbezweifelt die Bemerkung von Humboldt zu zählen, daß der Tukan Fiſche freſſe, wodurch dieſer Vogel in gezähmtem Zuſtande den Krähen ſehr ähnlich, nur noch weit heiß- hungriger erſcheint. Daß er ſein Futter beim Freſſen in die Höhe werfe, habe ich nicht beobachtet. Nach der Verſicherung der Wilden leben die Tukane in der Freiheit blos von Früchten. Sie ſcheinen. im allgemeinen viel Aehnlichkeit mit den Krähen zu haben, vielleicht ſind ſie aber in der Freiheit Allesfreſſer, mindeſtens für das, was weich genug iſt, um von ihrem ſchwachen Schnabel ganz ver- ſchlungen zu werden. Sie ſind neugierig wie die Krähen, verfolgen die Raubvögel gemeinſchaftlich und verſammeln ſich zahlreich, um den Feind zu necken. Jhren Flug möchte ich nicht ſchwer nennen; doch geht Sonnini’s Ausſage vielleicht auf den großſchnäbligſten aller Tukane, den Toko, welchen ich nie fliegen ſah. Die Tukana (Ramphastus Temminckii) fliegt hoch, weit und in ſanften Bogen ſich fortſchwingend. Dabei bemerkt man keine beſondere Anſtrengung, noch eine Stellung, die von der anderer Vögel abwiche. Sie tragen Hals und Schnabel wagrecht aufgeſtreckt und fliegen nicht, wie
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ſich auf Schädel, Hals, Rumpf, Becken und Oberarm. Der Oberſchenkel und alle abwärts
gelegenen Knochen, nebſt denen am Arm unter dem Ellenbogen, führen Mark. Der Hals beſteht
aus zwölf, der Rücken aus ſieben bis acht, der Schwanz aus acht Wirbeln. Das Bruſtbein iſt nicht
groß, nach hinten erweitert und an jeder Seite mit zwei ungleichen Buſen verſehen. Der Kamm
ragt wenig vor, iſt nach vorn nicht verlängert und auf eigenthümliche Weiſe mit den beiden getrennten
Schenkeln des Gabelbeins verbunden.“
Die Lebensweiſe der Tukans iſt, nach Burmeiſter’s Verſicherung, am beſten von dem Prinzen
von Wied geſchildert worden, und deshalb iſt es billig, die Worte dieſes ausgezeichneten Forſchers
hier folgen zu laſſen. „Sonnini und Azara haben uns getreue Schilderungen von den ſonder-
baren Vögeln gegeben, welche in den ſüdamerikaniſchen Urwäldern unter der Benennung Tukana
bekannt ſind. Jm allgemeinen ſtimmen die Nachrichten der beiden genannten Schriftſteller über
die Lebensart dieſer merkwürdigen Geſchöpfe überein. Ein jeder von ihnen hat indeſſen einige kleine
Abweichungen, die ſich aber, wie mir ſcheint, ziemlich leicht ausgleichen laſſen, ohne dem Werthe der
einen oder der andern Beobachtung zu nahe zu treten.“
„Jn den braſilianiſchen Urwäldern ſind Tukane nächſt den Papageien die gemeinſten Vögel.
Ueberall erlegt man ihrer in der kalten Jahreszeit eine Menge, um ſie zu eſſen. Für den fremden
Reiſenden haben ſie indeſſen noch mehr Jntereſſe als für den Jnländer, der ſowohl an die höchſt
ſonderbare Geſtalt, als an die glänzenden Farben dieſer Vögel gewöhnt iſt; denn die Tukane zeigen
auf einem meiſt kohlſchwarzen Grunde des Gefieders mancherlei ſehr lebhafte, blendende Farben.
Selbſt die Jris des Auges, die Beine und der rieſige Schnabel ſind von dieſer lebhaften Färbung
nicht ausgenommen.“
„Daß dieſe ſchönen Vögel in den braſilianiſchen Wäldern ſehr zahlreich ſind, iſt gewiß; ebenſo
ſicher iſt es aber, wie auch Sonnini richtig bemerkt, daß es ſchwer hält, über ihre Lebensart und
Sitten, beſonders über ihre Fortpflanzung genaue Nachrichten zu ſammeln. Nie habe ich das Neſt
eines Tukans gefunden. Die Braſilianer haben mir indeſſen verſichert, ſie legten zwei Eier in hohle
Bäume oder Baumäſte, und Dies iſt mir auch wahrſcheinlich, da die meiſten dortigen Vögel nur zwei
Eier legen.“
„Die Nahrung der Tukane war ebenfalls lange ein unentſchiedener Punkt in ihrer Natur-
geſchichte. Azara will ſie die Neſter der Vögel plündern laſſen, wogegen ich zwar Nichts ein-
wenden kann, jedoch bemerken muß, daß ich in dem Magen nur Früchte, Fruchtkerne und ähnliche
weiche Maſſen gefunden habe. Waterton beſtätigt das Geſagte ebenfalls und daß die Tukane nicht
fleiſchfreſſend ſeien. Sie ſind den Pflanzungen von Bananen und Guavabäumen ſehr gefährlich, da
ſie den Früchten derſelben nachſtellen. Jm gezähmten Zuſtande ſind ſie immer Allesfreſſer, wie ich
mich davon ſelbſt zu überzeugen Gelegenheit gehabt habe; denn ich ſah einen ſolchen Vogel Fleiſch, Piron
(einen Brei von Mandiocamehl und Fleiſchbrühe) und Früchte verſchiedener Art gierig verſchlingen.
Hierhin iſt auch unbezweifelt die Bemerkung von Humboldt zu zählen, daß der Tukan Fiſche
freſſe, wodurch dieſer Vogel in gezähmtem Zuſtande den Krähen ſehr ähnlich, nur noch weit heiß-
hungriger erſcheint. Daß er ſein Futter beim Freſſen in die Höhe werfe, habe ich nicht beobachtet.
Nach der Verſicherung der Wilden leben die Tukane in der Freiheit blos von Früchten. Sie ſcheinen.
im allgemeinen viel Aehnlichkeit mit den Krähen zu haben, vielleicht ſind ſie aber in der Freiheit
Allesfreſſer, mindeſtens für das, was weich genug iſt, um von ihrem ſchwachen Schnabel ganz ver-
ſchlungen zu werden. Sie ſind neugierig wie die Krähen, verfolgen die Raubvögel gemeinſchaftlich
und verſammeln ſich zahlreich, um den Feind zu necken. Jhren Flug möchte ich nicht ſchwer nennen;
doch geht Sonnini’s Ausſage vielleicht auf den großſchnäbligſten aller Tukane, den Toko, welchen
ich nie fliegen ſah. Die Tukana (Ramphastus Temminckii) fliegt hoch, weit und in ſanften Bogen
ſich fortſchwingend. Dabei bemerkt man keine beſondere Anſtrengung, noch eine Stellung, die von
der anderer Vögel abwiche. Sie tragen Hals und Schnabel wagrecht aufgeſtreckt und fliegen nicht, wie
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/252>, abgerufen am 24.11.2024.
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