Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Kukuk. Straußkukuk.
während der Zugzeit regelmäßig bei Alexandrien, wo er sonst nicht vorkommt. Seine Winterreise
dehnt er bis in die Urwälder Mittelafrikas aus: ich habe ihn dort wiederholt erlegt und für einen
Zugvogel gehalten. Uebrigens wandern unzweifelhaft nur die in Europa ansässigen so weit nach
Süden hinab; denn die in Egypten wohnenden verlassen ihr Vaterland in den unserm Winter ent-
sprechenden Monaten nicht.

Jn Egypten bevorzugt der Straußkukuk ganz entschieden kleine Mimosenhaine, wie sich solche hier
und da im Nilthale finden. Ein Wäldchen, welches man in einer Viertelstunde umgeht, kann unter
Umständen acht bis zehn Paare des Vogels beherbergen, während man sonst viele Meilen durchreist
und bezüglich durchjagt, ohne einen einzigen zu bemerken. Ob die Paarungszeit auf ihr geselliges
Verhalten irgendwelchen Einfluß ausübt, vermag ich nicht zu sagen; ich kann blos angeben, daß wir

[Abbildung] Der Straußkukuk (Coccystes glandarlus). 1/2 der nat. Größe.
gerade während der Brutzeit diese Kukuke in Gesellschaft, jedoch nicht auch in Frieden zusammen
antrafen. Allen, welcher nach mir Egypten bereiste, sagt, daß man den Straußkukuk gewöhnlich
paarweise finde, und auch Heuglin gibt an, daß er nur einzeln getroffen werde, während ich behaupten
muß, daß das häufigere Zusammensein die Regel, das vereinzelte Vorkommen die Ausnahme ist.

Jn seinem Wesen und Betragen hat der Straußkukuk mit seinem deutschen Verwandten wenig
gemein. Der Flug ähnelt zwar dem des letzteren einigermaßen; im übrigen aber unterscheidet sich
der Vogel doch sehr von ihm. Auch er ist flüchtig, läßt sich jedoch, wie bemerkt, an ein viel kleineres
Gebiet fesseln; auch er ist unstet, kehrt aber doch viel öfter zu denselben Plätzen zurück, als jener;
auch er ist eifersüchtig, aber doch nicht entfernt in demselben Grade, wie der blind wüthende Kukuk,

Kukuk. Straußkukuk.
während der Zugzeit regelmäßig bei Alexandrien, wo er ſonſt nicht vorkommt. Seine Winterreiſe
dehnt er bis in die Urwälder Mittelafrikas aus: ich habe ihn dort wiederholt erlegt und für einen
Zugvogel gehalten. Uebrigens wandern unzweifelhaft nur die in Europa anſäſſigen ſo weit nach
Süden hinab; denn die in Egypten wohnenden verlaſſen ihr Vaterland in den unſerm Winter ent-
ſprechenden Monaten nicht.

Jn Egypten bevorzugt der Straußkukuk ganz entſchieden kleine Mimoſenhaine, wie ſich ſolche hier
und da im Nilthale finden. Ein Wäldchen, welches man in einer Viertelſtunde umgeht, kann unter
Umſtänden acht bis zehn Paare des Vogels beherbergen, während man ſonſt viele Meilen durchreiſt
und bezüglich durchjagt, ohne einen einzigen zu bemerken. Ob die Paarungszeit auf ihr geſelliges
Verhalten irgendwelchen Einfluß ausübt, vermag ich nicht zu ſagen; ich kann blos angeben, daß wir

[Abbildung] Der Straußkukuk (Coccystes glandarlus). ½ der nat. Größe.
gerade während der Brutzeit dieſe Kukuke in Geſellſchaft, jedoch nicht auch in Frieden zuſammen
antrafen. Allen, welcher nach mir Egypten bereiſte, ſagt, daß man den Straußkukuk gewöhnlich
paarweiſe finde, und auch Heuglin gibt an, daß er nur einzeln getroffen werde, während ich behaupten
muß, daß das häufigere Zuſammenſein die Regel, das vereinzelte Vorkommen die Ausnahme iſt.

Jn ſeinem Weſen und Betragen hat der Straußkukuk mit ſeinem deutſchen Verwandten wenig
gemein. Der Flug ähnelt zwar dem des letzteren einigermaßen; im übrigen aber unterſcheidet ſich
der Vogel doch ſehr von ihm. Auch er iſt flüchtig, läßt ſich jedoch, wie bemerkt, an ein viel kleineres
Gebiet feſſeln; auch er iſt unſtet, kehrt aber doch viel öfter zu denſelben Plätzen zurück, als jener;
auch er iſt eiferſüchtig, aber doch nicht entfernt in demſelben Grade, wie der blind wüthende Kukuk,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0223" n="201"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Kukuk. Straußkukuk.</hi></fw><lb/>
während der Zugzeit regelmäßig bei Alexandrien, wo er &#x017F;on&#x017F;t nicht vorkommt. Seine Winterrei&#x017F;e<lb/>
dehnt er bis in die Urwälder Mittelafrikas aus: ich habe ihn dort wiederholt erlegt und für einen<lb/>
Zugvogel gehalten. Uebrigens wandern unzweifelhaft nur die in Europa an&#x017F;ä&#x017F;&#x017F;igen &#x017F;o weit nach<lb/>
Süden hinab; denn die in Egypten wohnenden verla&#x017F;&#x017F;en ihr Vaterland in den un&#x017F;erm Winter ent-<lb/>
&#x017F;prechenden Monaten nicht.</p><lb/>
          <p>Jn Egypten bevorzugt der Straußkukuk ganz ent&#x017F;chieden kleine Mimo&#x017F;enhaine, wie &#x017F;ich &#x017F;olche hier<lb/>
und da im Nilthale finden. Ein Wäldchen, welches man in einer Viertel&#x017F;tunde umgeht, kann unter<lb/>
Um&#x017F;tänden acht bis zehn Paare des Vogels beherbergen, während man &#x017F;on&#x017F;t viele Meilen durchrei&#x017F;t<lb/>
und bezüglich durchjagt, ohne einen einzigen zu bemerken. Ob die Paarungszeit auf ihr ge&#x017F;elliges<lb/>
Verhalten irgendwelchen Einfluß ausübt, vermag ich nicht zu &#x017F;agen; ich kann blos angeben, daß wir<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Straußkukuk</hi><hi rendition="#aq">(Coccystes glandarlus).</hi> ½ der nat. Größe.</hi></head></figure><lb/>
gerade während der Brutzeit die&#x017F;e Kukuke in Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, jedoch nicht auch in Frieden zu&#x017F;ammen<lb/>
antrafen. <hi rendition="#g">Allen,</hi> welcher nach mir Egypten berei&#x017F;te, &#x017F;agt, daß man den Straußkukuk gewöhnlich<lb/>
paarwei&#x017F;e finde, und auch <hi rendition="#g">Heuglin</hi> gibt an, daß er nur einzeln getroffen werde, während ich behaupten<lb/>
muß, daß das häufigere Zu&#x017F;ammen&#x017F;ein die Regel, das vereinzelte Vorkommen die Ausnahme i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Jn &#x017F;einem We&#x017F;en und Betragen hat der Straußkukuk mit &#x017F;einem deut&#x017F;chen Verwandten wenig<lb/>
gemein. Der Flug ähnelt zwar dem des letzteren einigermaßen; im übrigen aber unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich<lb/>
der Vogel doch &#x017F;ehr von ihm. Auch er i&#x017F;t flüchtig, läßt &#x017F;ich jedoch, wie bemerkt, an ein viel kleineres<lb/>
Gebiet fe&#x017F;&#x017F;eln; auch er i&#x017F;t un&#x017F;tet, kehrt aber doch viel öfter zu den&#x017F;elben Plätzen zurück, als jener;<lb/>
auch er i&#x017F;t eifer&#x017F;üchtig, aber doch nicht entfernt in dem&#x017F;elben Grade, wie der blind wüthende Kukuk,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[201/0223] Kukuk. Straußkukuk. während der Zugzeit regelmäßig bei Alexandrien, wo er ſonſt nicht vorkommt. Seine Winterreiſe dehnt er bis in die Urwälder Mittelafrikas aus: ich habe ihn dort wiederholt erlegt und für einen Zugvogel gehalten. Uebrigens wandern unzweifelhaft nur die in Europa anſäſſigen ſo weit nach Süden hinab; denn die in Egypten wohnenden verlaſſen ihr Vaterland in den unſerm Winter ent- ſprechenden Monaten nicht. Jn Egypten bevorzugt der Straußkukuk ganz entſchieden kleine Mimoſenhaine, wie ſich ſolche hier und da im Nilthale finden. Ein Wäldchen, welches man in einer Viertelſtunde umgeht, kann unter Umſtänden acht bis zehn Paare des Vogels beherbergen, während man ſonſt viele Meilen durchreiſt und bezüglich durchjagt, ohne einen einzigen zu bemerken. Ob die Paarungszeit auf ihr geſelliges Verhalten irgendwelchen Einfluß ausübt, vermag ich nicht zu ſagen; ich kann blos angeben, daß wir [Abbildung Der Straußkukuk (Coccystes glandarlus). ½ der nat. Größe.] gerade während der Brutzeit dieſe Kukuke in Geſellſchaft, jedoch nicht auch in Frieden zuſammen antrafen. Allen, welcher nach mir Egypten bereiſte, ſagt, daß man den Straußkukuk gewöhnlich paarweiſe finde, und auch Heuglin gibt an, daß er nur einzeln getroffen werde, während ich behaupten muß, daß das häufigere Zuſammenſein die Regel, das vereinzelte Vorkommen die Ausnahme iſt. Jn ſeinem Weſen und Betragen hat der Straußkukuk mit ſeinem deutſchen Verwandten wenig gemein. Der Flug ähnelt zwar dem des letzteren einigermaßen; im übrigen aber unterſcheidet ſich der Vogel doch ſehr von ihm. Auch er iſt flüchtig, läßt ſich jedoch, wie bemerkt, an ein viel kleineres Gebiet feſſeln; auch er iſt unſtet, kehrt aber doch viel öfter zu denſelben Plätzen zurück, als jener; auch er iſt eiferſüchtig, aber doch nicht entfernt in demſelben Grade, wie der blind wüthende Kukuk,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/223
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/223>, abgerufen am 05.05.2024.