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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Späher. Leichtschnäbler. Kukuke.
Homeyer wörtlich, "auf jeden Vogel in der Minute nur zwei Raupen, so macht Dies auf ein-
hundert Vögel täglich, den Tag (im Juli) zu sechzehn Stunden gerechnet, 192,000 Raupen, in
funfzehn Tagen -- so lange währte der Aufenthalt der Kukuke in Massen -- 2,880,000 Raupen.
Es war aber auch eine sichtbare Abnahme der Raupen unverkennbar; ja, man war versucht, zu
behaupten, die Kukuke hätten dieselben vertilgt, da späterhin wirklich keine Spur von ihnen übrig
blieb." Zahlen beweisen!



Anfangs dieses Jahrhunderts wurde der Kaufmann Müller zu Lübben im Spreethale benach-
richtigt, daß in der Nähe seines Wohnorts in einem sumpfigen Buschholze zwei ganz absonderliche
Vögel umherflögen. Der Mann begab sich mit seinem Gewehre nach der betreffenden Stelle und
erkannte, daß die ihm gewordene Mittheilung richtig war. Er fand zwei außerordentlich flüchtige,
kukuksartige Vögel, welche beständig von einem Baume zum andern flogen und dabei stark schrieen.
Das Geschrei hatte mit dem unseres Kukuks gar keine Aehnlichkeit, sondern glich eher dem lachenden
Rufe des Spechts. Mit Mühe gelang es dem Jäger, einen zu erlegen. Der andere wurde nach
dem Schusse, welcher seinen Gefährten zu Boden gestreckt hatte, noch viel scheuer und konnte, allen
Bemühungen zum Trotz, nicht erbeutet werden. Der erlegte kam später in die Sammlung meines
Vaters und wurde von diesem unter dem Namen Langschwanzkukuk beschrieben. Später stellte
sich freilich heraus, daß dieser Fremdling den Vogelkundigen schon durch Linne bekannt gemacht und
mit dem Namen Cueulus glandarius belegt worden war; jedenfalls aber war mein Vater der Erste,
welcher über das Vorkommen dieses Vogels in Deutschland Kunde gab, und es ist wenigstens ein
merkwürdiges Zusammentreffen, daß mir, dem Sohne, es beschieden war, die Naturforscher zuerst
über das Brutgeschäft desselben Vogels aufzuklären.

Die Heherkukuke (Coccystes) kennzeichnen sich durch gestreckten Leib, fast kopflangen, an der
Wurzel dicken und merklich breiten, an den Seiten stark zusammengedrückten, gebogenen Schnabel,
starke und verhältnißmäßig lange Füße, welche vorn bis unter das Fersengelenk herab befiedert, hinten
aber ganz von Federn entblößt sind, mittellange Flügel, in denen die dritte Schwinge die längste,
einen mehr als körperlangen, keilförmigen, schmalfedrigen Schwanz, dessen äußerste Federn etwa halb
so lang als die mittelsten sind, und ein glatt anliegendes, auf dem Kopfe aber haubiges Gefieder,
welches beiden Geschlechtern gemeinsam, nach dem Alter aber etwas verschieden ist. Gloger,
welcher die Sippe aufstellte, rechnet zu ihr noch viele andere Kukuksvögel, in denen man gegenwärtig
nicht mehr die nächsten Verwandten des Heherkukuks erkennt. Demungeachtet gehört die Abtheilung
immer noch zu den zahlreicheren der Familie und ist namentlich in Afrika mehrfach vertreten.

Der Straußkukuk, wie wir ihn nennen wollen (Coccystes glandarius), ist auf dem Kopfe
aschgrau, auf dem Rücken graubraun, auf der Unterseite graulichweiß; die Kehle, der Seitenhals und
die Vorderbrust sind röthlichfahlgelb; die Flügeldeckfedern und die Armschwingen enden mit großen,
breiten, dreieckigen, weißen Flecken. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel purpurhornfarben,
unten lichter, der Fuß graugrünlich. Die Länge beträgt ungefähr 15, die Fittiglänge 8, die Schwanz-
länge 81/2 Zoll. Genauere Maße kann ich leider nicht geben, obgleich ich mehrere Paare sorgfältig
gemessen habe.

Als das eigentliche Vaterland des Straußkukuks ist Afrika anzusehen. Jn Egypten und Rubien
ist er stellenweise häufig, in dem benachbarten Arabien und Palästina wenigstens nicht selten; in
Algerien findet er sich ebenfalls, und vonhieraus streift er mehr oder weniger regelmäßig nach
Europa herüber. Jn Spanien ist er Brutvogel, in Griechenland scheint er seltener vorzukommen,
in Jtalien hat man ihn öfter beobachtet. Es ist höchst wahrscheinlich, daß er in ganz Südeuropa an
geeigneten Stellen fast alljährlich gefunden wird; wenigstens erschien er nach meinen Erfahrungen

Die Späher. Leichtſchnäbler. Kukuke.
Homeyer wörtlich, „auf jeden Vogel in der Minute nur zwei Raupen, ſo macht Dies auf ein-
hundert Vögel täglich, den Tag (im Juli) zu ſechzehn Stunden gerechnet, 192,000 Raupen, in
funfzehn Tagen — ſo lange währte der Aufenthalt der Kukuke in Maſſen — 2,880,000 Raupen.
Es war aber auch eine ſichtbare Abnahme der Raupen unverkennbar; ja, man war verſucht, zu
behaupten, die Kukuke hätten dieſelben vertilgt, da ſpäterhin wirklich keine Spur von ihnen übrig
blieb.“ Zahlen beweiſen!



Anfangs dieſes Jahrhunderts wurde der Kaufmann Müller zu Lübben im Spreethale benach-
richtigt, daß in der Nähe ſeines Wohnorts in einem ſumpfigen Buſchholze zwei ganz abſonderliche
Vögel umherflögen. Der Mann begab ſich mit ſeinem Gewehre nach der betreffenden Stelle und
erkannte, daß die ihm gewordene Mittheilung richtig war. Er fand zwei außerordentlich flüchtige,
kukuksartige Vögel, welche beſtändig von einem Baume zum andern flogen und dabei ſtark ſchrieen.
Das Geſchrei hatte mit dem unſeres Kukuks gar keine Aehnlichkeit, ſondern glich eher dem lachenden
Rufe des Spechts. Mit Mühe gelang es dem Jäger, einen zu erlegen. Der andere wurde nach
dem Schuſſe, welcher ſeinen Gefährten zu Boden geſtreckt hatte, noch viel ſcheuer und konnte, allen
Bemühungen zum Trotz, nicht erbeutet werden. Der erlegte kam ſpäter in die Sammlung meines
Vaters und wurde von dieſem unter dem Namen Langſchwanzkukuk beſchrieben. Später ſtellte
ſich freilich heraus, daß dieſer Fremdling den Vogelkundigen ſchon durch Linné bekannt gemacht und
mit dem Namen Cueulus glandarius belegt worden war; jedenfalls aber war mein Vater der Erſte,
welcher über das Vorkommen dieſes Vogels in Deutſchland Kunde gab, und es iſt wenigſtens ein
merkwürdiges Zuſammentreffen, daß mir, dem Sohne, es beſchieden war, die Naturforſcher zuerſt
über das Brutgeſchäft deſſelben Vogels aufzuklären.

Die Heherkukuke (Coccystes) kennzeichnen ſich durch geſtreckten Leib, faſt kopflangen, an der
Wurzel dicken und merklich breiten, an den Seiten ſtark zuſammengedrückten, gebogenen Schnabel,
ſtarke und verhältnißmäßig lange Füße, welche vorn bis unter das Ferſengelenk herab befiedert, hinten
aber ganz von Federn entblößt ſind, mittellange Flügel, in denen die dritte Schwinge die längſte,
einen mehr als körperlangen, keilförmigen, ſchmalfedrigen Schwanz, deſſen äußerſte Federn etwa halb
ſo lang als die mittelſten ſind, und ein glatt anliegendes, auf dem Kopfe aber haubiges Gefieder,
welches beiden Geſchlechtern gemeinſam, nach dem Alter aber etwas verſchieden iſt. Gloger,
welcher die Sippe aufſtellte, rechnet zu ihr noch viele andere Kukuksvögel, in denen man gegenwärtig
nicht mehr die nächſten Verwandten des Heherkukuks erkennt. Demungeachtet gehört die Abtheilung
immer noch zu den zahlreicheren der Familie und iſt namentlich in Afrika mehrfach vertreten.

Der Straußkukuk, wie wir ihn nennen wollen (Coccystes glandarius), iſt auf dem Kopfe
aſchgrau, auf dem Rücken graubraun, auf der Unterſeite graulichweiß; die Kehle, der Seitenhals und
die Vorderbruſt ſind röthlichfahlgelb; die Flügeldeckfedern und die Armſchwingen enden mit großen,
breiten, dreieckigen, weißen Flecken. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel purpurhornfarben,
unten lichter, der Fuß graugrünlich. Die Länge beträgt ungefähr 15, die Fittiglänge 8, die Schwanz-
länge 8½ Zoll. Genauere Maße kann ich leider nicht geben, obgleich ich mehrere Paare ſorgfältig
gemeſſen habe.

Als das eigentliche Vaterland des Straußkukuks iſt Afrika anzuſehen. Jn Egypten und Rubien
iſt er ſtellenweiſe häufig, in dem benachbarten Arabien und Paläſtina wenigſtens nicht ſelten; in
Algerien findet er ſich ebenfalls, und vonhieraus ſtreift er mehr oder weniger regelmäßig nach
Europa herüber. Jn Spanien iſt er Brutvogel, in Griechenland ſcheint er ſeltener vorzukommen,
in Jtalien hat man ihn öfter beobachtet. Es iſt höchſt wahrſcheinlich, daß er in ganz Südeuropa an
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[200/0222] Die Späher. Leichtſchnäbler. Kukuke. Homeyer wörtlich, „auf jeden Vogel in der Minute nur zwei Raupen, ſo macht Dies auf ein- hundert Vögel täglich, den Tag (im Juli) zu ſechzehn Stunden gerechnet, 192,000 Raupen, in funfzehn Tagen — ſo lange währte der Aufenthalt der Kukuke in Maſſen — 2,880,000 Raupen. Es war aber auch eine ſichtbare Abnahme der Raupen unverkennbar; ja, man war verſucht, zu behaupten, die Kukuke hätten dieſelben vertilgt, da ſpäterhin wirklich keine Spur von ihnen übrig blieb.“ Zahlen beweiſen! Anfangs dieſes Jahrhunderts wurde der Kaufmann Müller zu Lübben im Spreethale benach- richtigt, daß in der Nähe ſeines Wohnorts in einem ſumpfigen Buſchholze zwei ganz abſonderliche Vögel umherflögen. Der Mann begab ſich mit ſeinem Gewehre nach der betreffenden Stelle und erkannte, daß die ihm gewordene Mittheilung richtig war. Er fand zwei außerordentlich flüchtige, kukuksartige Vögel, welche beſtändig von einem Baume zum andern flogen und dabei ſtark ſchrieen. Das Geſchrei hatte mit dem unſeres Kukuks gar keine Aehnlichkeit, ſondern glich eher dem lachenden Rufe des Spechts. Mit Mühe gelang es dem Jäger, einen zu erlegen. Der andere wurde nach dem Schuſſe, welcher ſeinen Gefährten zu Boden geſtreckt hatte, noch viel ſcheuer und konnte, allen Bemühungen zum Trotz, nicht erbeutet werden. Der erlegte kam ſpäter in die Sammlung meines Vaters und wurde von dieſem unter dem Namen Langſchwanzkukuk beſchrieben. Später ſtellte ſich freilich heraus, daß dieſer Fremdling den Vogelkundigen ſchon durch Linné bekannt gemacht und mit dem Namen Cueulus glandarius belegt worden war; jedenfalls aber war mein Vater der Erſte, welcher über das Vorkommen dieſes Vogels in Deutſchland Kunde gab, und es iſt wenigſtens ein merkwürdiges Zuſammentreffen, daß mir, dem Sohne, es beſchieden war, die Naturforſcher zuerſt über das Brutgeſchäft deſſelben Vogels aufzuklären. Die Heherkukuke (Coccystes) kennzeichnen ſich durch geſtreckten Leib, faſt kopflangen, an der Wurzel dicken und merklich breiten, an den Seiten ſtark zuſammengedrückten, gebogenen Schnabel, ſtarke und verhältnißmäßig lange Füße, welche vorn bis unter das Ferſengelenk herab befiedert, hinten aber ganz von Federn entblößt ſind, mittellange Flügel, in denen die dritte Schwinge die längſte, einen mehr als körperlangen, keilförmigen, ſchmalfedrigen Schwanz, deſſen äußerſte Federn etwa halb ſo lang als die mittelſten ſind, und ein glatt anliegendes, auf dem Kopfe aber haubiges Gefieder, welches beiden Geſchlechtern gemeinſam, nach dem Alter aber etwas verſchieden iſt. Gloger, welcher die Sippe aufſtellte, rechnet zu ihr noch viele andere Kukuksvögel, in denen man gegenwärtig nicht mehr die nächſten Verwandten des Heherkukuks erkennt. Demungeachtet gehört die Abtheilung immer noch zu den zahlreicheren der Familie und iſt namentlich in Afrika mehrfach vertreten. Der Straußkukuk, wie wir ihn nennen wollen (Coccystes glandarius), iſt auf dem Kopfe aſchgrau, auf dem Rücken graubraun, auf der Unterſeite graulichweiß; die Kehle, der Seitenhals und die Vorderbruſt ſind röthlichfahlgelb; die Flügeldeckfedern und die Armſchwingen enden mit großen, breiten, dreieckigen, weißen Flecken. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel purpurhornfarben, unten lichter, der Fuß graugrünlich. Die Länge beträgt ungefähr 15, die Fittiglänge 8, die Schwanz- länge 8½ Zoll. Genauere Maße kann ich leider nicht geben, obgleich ich mehrere Paare ſorgfältig gemeſſen habe. Als das eigentliche Vaterland des Straußkukuks iſt Afrika anzuſehen. Jn Egypten und Rubien iſt er ſtellenweiſe häufig, in dem benachbarten Arabien und Paläſtina wenigſtens nicht ſelten; in Algerien findet er ſich ebenfalls, und vonhieraus ſtreift er mehr oder weniger regelmäßig nach Europa herüber. Jn Spanien iſt er Brutvogel, in Griechenland ſcheint er ſeltener vorzukommen, in Jtalien hat man ihn öfter beobachtet. Es iſt höchſt wahrſcheinlich, daß er in ganz Südeuropa an geeigneten Stellen faſt alljährlich gefunden wird; wenigſtens erſchien er nach meinen Erfahrungen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/222>, abgerufen am 22.11.2024.