Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Späher. Leichtschnäbler. Plattschnäbler. Eisvögel.
so wenig bekümmerte er sich um unsere Gegenwart: zuweilen setzte er sich uns freiwillig auf Kopf,
Schulter oder Finger, und wenn er einmal saß, gestattete er, daß man die andere Hand über ihn
deckte und ihn wegnahm, obschon ihm Das unangenehm zu sein schien; denn er sträubte und
bemühete sich, wieder frei zu werden. Die Gesellschaft schien er leicht zu ertragen; aber leider ging
er durch einen unglücklichen Zufall zu Grunde."

"Es ist in Jamaika nicht Sitte, viele der eingebornen Vögel zu zähmen, sonst würde dieser
gewiß schon längst ein beliebter Gefangener geworden sein. Doch zieht er während seines Freilebens
die Aufmerksamkeit auch des Gleichgiltigsten auf sich, und jeder Europäer erfreut sich, so oft er ihn
sieht. Wenn er zwischen den grünen Blättern sitzt, kann man ihn kaum von diesen unterscheiden, --
denn er selbst sieht aus, wie ein Blatt: sowie er aber seine Stellung verändert und seine Kehle in
die Sonne bringt, leuchtet diese wie eine glühende Kohle, besonders dann, wenn er sie auf-
geblasen hat."

"Der Plattschnabel nistet in Erdhöhlen, nach Art der Eisvögel. Man zeigte mir derartige
Höhlen; aber ich selbst habe niemals Nest und Eier untersuchen können und muß deshalb die
Beobachtung meines Freundes Hill hier wiedergeben." Dieser berichtet nach einigen Auslassungen
über die eigenthümliche Gestalt des Vogels, daß derselbe sich mit Hilfe seines Schnabels und seiner
Füße in senkrecht abfallende Erdschichten eine Höhle gräbt, welche anfangs gewunden ist, sich unge-
fähr acht Zoll oder einen Fuß weit in die Tiefe erstreckt und hinten zu einer backofenförmigen Höhle
erweitert, welche mit Würzelchen, trockenem Mos und Baumwolle ziemlich sorgfältig ausgekleidet
wird. Vier oder fünf grane, braun gefleckte Eier bilden das Gelege. Die Jungen bleiben in der
Höhle, bis sie flügge sind. Jn Ermangelung eines geeigneten Nistplatzes, brütet der Plattschnabel
übrigens in Baumhöhlen: so berichtet übereinstimmend mit Gosse auch Gundlach. Hill hatte
Gelegenheit, das Brutgeschäft mit aller Gemächlichkeit zu beobachten. Ein Paar Todis hatten
sich einen sonderbaren Ort zum Nisten ausgesucht, eine Kiste nämlich, welche zur Zucht von Blumen
benutzt und mit Erde gefüllt worden war. Ein Astloch in der Wand dieser Kiste mochte die
Wahl bestimmt haben; denn dieses Loch diente als Eingang zu der Höhle, welche im Jnnern der
Kiste, d. h. in der sie füllenden Erde ausgegraben wurde. Obgleich die Vögel die Aufmerksamkeit
auf sich gezogen hatten und oft gestört wurden, trieben sie doch ihr Brutgeschäft ganz unbekümmert
und zogen glücklich die Familie groß. Sie schienen sich möglichst zu bemühen, dem Menschen den
Ort ihres Nestes nicht zu verrathen und benutzten beim Aus- oder Einschlüpfen immer einen
Augenblick, in welchem die Aufmerksamkeit der Besucher durch irgend Etwas von ihnen abgelenkt
worden war. Als die Familie ausgeflogen war, untersuchte man die Kiste näher und fand in
der Erde einen vielfach gewundenen Gang, welcher bis zur Mitte führte und hier in die Nist-
kammer mündete.



Einem der prachtvollsten, durch Sagen und Märchen vielfach verherrlichten Vogel unseres Erd-
theils zu Liebe hat eine zahlreiche Familie den sehr unpassenden Namen Eisvögel erhalten; denn die
bei weitem größte Anzahl der hierher zu zählenden Leichtschnähler lebt in dem warmen Gürtel der Erde
und weiß Nichts von Eis und Winter. Die Eisvögel (Alcedines) kennzeichnen sich durch kräftigen
Leib, kurzen Hals, großen Kopf, kurze oder mittellange Flügel, einen kurzen oder höchstens mittel-
langen Schwanz, einen sehr langen, starken, geraden, winkligen, spitzen Schnabel, sehr kleine, drei-
oder vierzehige Füße und ein glattes, meist in prächtigen Farben prangendes Gefieder, welches sich
nach dem Geschlecht kaum, nach dem Alter nur wenig unterscheidet.

Ueber den innern Bau der Eisvögel hat Nitzsch nach Untersuchungen der europäischen Art als
auffallend das Folgende hervorgehoben. "Das Kopfgerüst hat im ganzen eine zwar oberflächliche,
aber unverkennbare Aehnlichkeit mit dem der Reiher. Schnabelrücken und Stirn liegen fast in einer

Die Späher. Leichtſchnäbler. Plattſchnäbler. Eisvögel.
ſo wenig bekümmerte er ſich um unſere Gegenwart: zuweilen ſetzte er ſich uns freiwillig auf Kopf,
Schulter oder Finger, und wenn er einmal ſaß, geſtattete er, daß man die andere Hand über ihn
deckte und ihn wegnahm, obſchon ihm Das unangenehm zu ſein ſchien; denn er ſträubte und
bemühete ſich, wieder frei zu werden. Die Geſellſchaft ſchien er leicht zu ertragen; aber leider ging
er durch einen unglücklichen Zufall zu Grunde.“

„Es iſt in Jamaika nicht Sitte, viele der eingebornen Vögel zu zähmen, ſonſt würde dieſer
gewiß ſchon längſt ein beliebter Gefangener geworden ſein. Doch zieht er während ſeines Freilebens
die Aufmerkſamkeit auch des Gleichgiltigſten auf ſich, und jeder Europäer erfreut ſich, ſo oft er ihn
ſieht. Wenn er zwiſchen den grünen Blättern ſitzt, kann man ihn kaum von dieſen unterſcheiden, —
denn er ſelbſt ſieht aus, wie ein Blatt: ſowie er aber ſeine Stellung verändert und ſeine Kehle in
die Sonne bringt, leuchtet dieſe wie eine glühende Kohle, beſonders dann, wenn er ſie auf-
geblaſen hat.“

„Der Plattſchnabel niſtet in Erdhöhlen, nach Art der Eisvögel. Man zeigte mir derartige
Höhlen; aber ich ſelbſt habe niemals Neſt und Eier unterſuchen können und muß deshalb die
Beobachtung meines Freundes Hill hier wiedergeben.“ Dieſer berichtet nach einigen Auslaſſungen
über die eigenthümliche Geſtalt des Vogels, daß derſelbe ſich mit Hilfe ſeines Schnabels und ſeiner
Füße in ſenkrecht abfallende Erdſchichten eine Höhle gräbt, welche anfangs gewunden iſt, ſich unge-
fähr acht Zoll oder einen Fuß weit in die Tiefe erſtreckt und hinten zu einer backofenförmigen Höhle
erweitert, welche mit Würzelchen, trockenem Mos und Baumwolle ziemlich ſorgfältig ausgekleidet
wird. Vier oder fünf grane, braun gefleckte Eier bilden das Gelege. Die Jungen bleiben in der
Höhle, bis ſie flügge ſind. Jn Ermangelung eines geeigneten Niſtplatzes, brütet der Plattſchnabel
übrigens in Baumhöhlen: ſo berichtet übereinſtimmend mit Goſſe auch Gundlach. Hill hatte
Gelegenheit, das Brutgeſchäft mit aller Gemächlichkeit zu beobachten. Ein Paar Todis hatten
ſich einen ſonderbaren Ort zum Niſten ausgeſucht, eine Kiſte nämlich, welche zur Zucht von Blumen
benutzt und mit Erde gefüllt worden war. Ein Aſtloch in der Wand dieſer Kiſte mochte die
Wahl beſtimmt haben; denn dieſes Loch diente als Eingang zu der Höhle, welche im Jnnern der
Kiſte, d. h. in der ſie füllenden Erde ausgegraben wurde. Obgleich die Vögel die Aufmerkſamkeit
auf ſich gezogen hatten und oft geſtört wurden, trieben ſie doch ihr Brutgeſchäft ganz unbekümmert
und zogen glücklich die Familie groß. Sie ſchienen ſich möglichſt zu bemühen, dem Menſchen den
Ort ihres Neſtes nicht zu verrathen und benutzten beim Aus- oder Einſchlüpfen immer einen
Augenblick, in welchem die Aufmerkſamkeit der Beſucher durch irgend Etwas von ihnen abgelenkt
worden war. Als die Familie ausgeflogen war, unterſuchte man die Kiſte näher und fand in
der Erde einen vielfach gewundenen Gang, welcher bis zur Mitte führte und hier in die Niſt-
kammer mündete.



Einem der prachtvollſten, durch Sagen und Märchen vielfach verherrlichten Vogel unſeres Erd-
theils zu Liebe hat eine zahlreiche Familie den ſehr unpaſſenden Namen Eisvögel erhalten; denn die
bei weitem größte Anzahl der hierher zu zählenden Leichtſchnähler lebt in dem warmen Gürtel der Erde
und weiß Nichts von Eis und Winter. Die Eisvögel (Alcedines) kennzeichnen ſich durch kräftigen
Leib, kurzen Hals, großen Kopf, kurze oder mittellange Flügel, einen kurzen oder höchſtens mittel-
langen Schwanz, einen ſehr langen, ſtarken, geraden, winkligen, ſpitzen Schnabel, ſehr kleine, drei-
oder vierzehige Füße und ein glattes, meiſt in prächtigen Farben prangendes Gefieder, welches ſich
nach dem Geſchlecht kaum, nach dem Alter nur wenig unterſcheidet.

Ueber den innern Bau der Eisvögel hat Nitzſch nach Unterſuchungen der europäiſchen Art als
auffallend das Folgende hervorgehoben. „Das Kopfgerüſt hat im ganzen eine zwar oberflächliche,
aber unverkennbare Aehnlichkeit mit dem der Reiher. Schnabelrücken und Stirn liegen faſt in einer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0174" n="158"/><fw place="top" type="header">Die Späher. Leicht&#x017F;chnäbler. Platt&#x017F;chnäbler. Eisvögel.</fw><lb/>
&#x017F;o wenig bekümmerte er &#x017F;ich um un&#x017F;ere Gegenwart: zuweilen &#x017F;etzte er &#x017F;ich uns freiwillig auf Kopf,<lb/>
Schulter oder Finger, und wenn er einmal &#x017F;aß, ge&#x017F;tattete er, daß man die andere Hand über ihn<lb/>
deckte und ihn wegnahm, ob&#x017F;chon ihm Das unangenehm zu &#x017F;ein &#x017F;chien; denn er &#x017F;träubte und<lb/>
bemühete &#x017F;ich, wieder frei zu werden. Die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft &#x017F;chien er leicht zu ertragen; aber leider ging<lb/>
er durch einen unglücklichen Zufall zu Grunde.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Es i&#x017F;t in Jamaika nicht Sitte, viele der eingebornen Vögel zu zähmen, &#x017F;on&#x017F;t würde die&#x017F;er<lb/>
gewiß &#x017F;chon läng&#x017F;t ein beliebter Gefangener geworden &#x017F;ein. Doch zieht er während &#x017F;eines Freilebens<lb/>
die Aufmerk&#x017F;amkeit auch des Gleichgiltig&#x017F;ten auf &#x017F;ich, und jeder Europäer erfreut &#x017F;ich, &#x017F;o oft er ihn<lb/>
&#x017F;ieht. Wenn er zwi&#x017F;chen den grünen Blättern &#x017F;itzt, kann man ihn kaum von die&#x017F;en unter&#x017F;cheiden, &#x2014;<lb/>
denn er &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ieht aus, wie ein Blatt: &#x017F;owie er aber &#x017F;eine Stellung verändert und &#x017F;eine Kehle in<lb/>
die Sonne bringt, leuchtet die&#x017F;e wie eine glühende Kohle, be&#x017F;onders dann, wenn er &#x017F;ie auf-<lb/>
gebla&#x017F;en hat.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Der Platt&#x017F;chnabel ni&#x017F;tet in Erdhöhlen, nach Art der Eisvögel. Man zeigte mir derartige<lb/>
Höhlen; aber ich &#x017F;elb&#x017F;t habe niemals Ne&#x017F;t und Eier unter&#x017F;uchen können und muß deshalb die<lb/>
Beobachtung meines Freundes <hi rendition="#g">Hill</hi> hier wiedergeben.&#x201C; Die&#x017F;er berichtet nach einigen Ausla&#x017F;&#x017F;ungen<lb/>
über die eigenthümliche Ge&#x017F;talt des Vogels, daß der&#x017F;elbe &#x017F;ich mit Hilfe &#x017F;eines Schnabels und &#x017F;einer<lb/>
Füße in &#x017F;enkrecht abfallende Erd&#x017F;chichten eine Höhle gräbt, welche anfangs gewunden i&#x017F;t, &#x017F;ich unge-<lb/>
fähr acht Zoll oder einen Fuß weit in die Tiefe er&#x017F;treckt und hinten zu einer backofenförmigen Höhle<lb/>
erweitert, welche mit Würzelchen, trockenem Mos und Baumwolle ziemlich &#x017F;orgfältig ausgekleidet<lb/>
wird. Vier oder fünf grane, braun gefleckte Eier bilden das Gelege. Die Jungen bleiben in der<lb/>
Höhle, bis &#x017F;ie flügge &#x017F;ind. Jn Ermangelung eines geeigneten Ni&#x017F;tplatzes, brütet der Platt&#x017F;chnabel<lb/>
übrigens in Baumhöhlen: &#x017F;o berichtet überein&#x017F;timmend mit <hi rendition="#g">Go&#x017F;&#x017F;e</hi> auch <hi rendition="#g">Gundlach. Hill</hi> hatte<lb/>
Gelegenheit, das Brutge&#x017F;chäft mit aller Gemächlichkeit zu beobachten. Ein Paar Todis hatten<lb/>
&#x017F;ich einen &#x017F;onderbaren Ort zum Ni&#x017F;ten ausge&#x017F;ucht, eine Ki&#x017F;te nämlich, welche zur Zucht von Blumen<lb/>
benutzt und mit Erde gefüllt worden war. Ein A&#x017F;tloch in der Wand die&#x017F;er Ki&#x017F;te mochte die<lb/>
Wahl be&#x017F;timmt haben; denn die&#x017F;es Loch diente als Eingang zu der Höhle, welche im Jnnern der<lb/>
Ki&#x017F;te, d. h. in der &#x017F;ie füllenden Erde ausgegraben wurde. Obgleich die Vögel die Aufmerk&#x017F;amkeit<lb/>
auf &#x017F;ich gezogen hatten und oft ge&#x017F;tört wurden, trieben &#x017F;ie doch ihr Brutge&#x017F;chäft ganz unbekümmert<lb/>
und zogen glücklich die Familie groß. Sie &#x017F;chienen &#x017F;ich möglich&#x017F;t zu bemühen, dem Men&#x017F;chen den<lb/>
Ort ihres Ne&#x017F;tes nicht zu verrathen und benutzten beim Aus- oder Ein&#x017F;chlüpfen immer einen<lb/>
Augenblick, in welchem die Aufmerk&#x017F;amkeit der Be&#x017F;ucher durch irgend Etwas von ihnen abgelenkt<lb/>
worden war. Als die Familie ausgeflogen war, unter&#x017F;uchte man die Ki&#x017F;te näher und fand in<lb/>
der Erde einen vielfach gewundenen Gang, welcher bis zur Mitte führte und hier in die Ni&#x017F;t-<lb/>
kammer mündete.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Einem der prachtvoll&#x017F;ten, durch Sagen und Märchen vielfach verherrlichten Vogel un&#x017F;eres Erd-<lb/>
theils zu Liebe hat eine zahlreiche Familie den &#x017F;ehr unpa&#x017F;&#x017F;enden Namen <hi rendition="#g">Eisvögel</hi> erhalten; denn die<lb/>
bei weitem größte Anzahl der hierher zu zählenden Leicht&#x017F;chnähler lebt in dem warmen Gürtel der Erde<lb/>
und weiß Nichts von Eis und Winter. Die <hi rendition="#g">Eisvögel</hi> <hi rendition="#aq">(Alcedines)</hi> kennzeichnen &#x017F;ich durch kräftigen<lb/>
Leib, kurzen Hals, großen Kopf, kurze oder mittellange Flügel, einen kurzen oder höch&#x017F;tens mittel-<lb/>
langen Schwanz, einen &#x017F;ehr langen, &#x017F;tarken, geraden, winkligen, &#x017F;pitzen Schnabel, &#x017F;ehr kleine, drei-<lb/>
oder vierzehige Füße und ein glattes, mei&#x017F;t in prächtigen Farben prangendes Gefieder, welches &#x017F;ich<lb/>
nach dem Ge&#x017F;chlecht kaum, nach dem Alter nur wenig unter&#x017F;cheidet.</p><lb/>
          <p>Ueber den innern Bau der Eisvögel hat <hi rendition="#g">Nitz&#x017F;ch</hi> nach Unter&#x017F;uchungen der europäi&#x017F;chen Art als<lb/>
auffallend das Folgende hervorgehoben. &#x201E;Das Kopfgerü&#x017F;t hat im ganzen eine zwar oberflächliche,<lb/>
aber unverkennbare Aehnlichkeit mit dem der Reiher. Schnabelrücken und Stirn liegen fa&#x017F;t in einer<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158/0174] Die Späher. Leichtſchnäbler. Plattſchnäbler. Eisvögel. ſo wenig bekümmerte er ſich um unſere Gegenwart: zuweilen ſetzte er ſich uns freiwillig auf Kopf, Schulter oder Finger, und wenn er einmal ſaß, geſtattete er, daß man die andere Hand über ihn deckte und ihn wegnahm, obſchon ihm Das unangenehm zu ſein ſchien; denn er ſträubte und bemühete ſich, wieder frei zu werden. Die Geſellſchaft ſchien er leicht zu ertragen; aber leider ging er durch einen unglücklichen Zufall zu Grunde.“ „Es iſt in Jamaika nicht Sitte, viele der eingebornen Vögel zu zähmen, ſonſt würde dieſer gewiß ſchon längſt ein beliebter Gefangener geworden ſein. Doch zieht er während ſeines Freilebens die Aufmerkſamkeit auch des Gleichgiltigſten auf ſich, und jeder Europäer erfreut ſich, ſo oft er ihn ſieht. Wenn er zwiſchen den grünen Blättern ſitzt, kann man ihn kaum von dieſen unterſcheiden, — denn er ſelbſt ſieht aus, wie ein Blatt: ſowie er aber ſeine Stellung verändert und ſeine Kehle in die Sonne bringt, leuchtet dieſe wie eine glühende Kohle, beſonders dann, wenn er ſie auf- geblaſen hat.“ „Der Plattſchnabel niſtet in Erdhöhlen, nach Art der Eisvögel. Man zeigte mir derartige Höhlen; aber ich ſelbſt habe niemals Neſt und Eier unterſuchen können und muß deshalb die Beobachtung meines Freundes Hill hier wiedergeben.“ Dieſer berichtet nach einigen Auslaſſungen über die eigenthümliche Geſtalt des Vogels, daß derſelbe ſich mit Hilfe ſeines Schnabels und ſeiner Füße in ſenkrecht abfallende Erdſchichten eine Höhle gräbt, welche anfangs gewunden iſt, ſich unge- fähr acht Zoll oder einen Fuß weit in die Tiefe erſtreckt und hinten zu einer backofenförmigen Höhle erweitert, welche mit Würzelchen, trockenem Mos und Baumwolle ziemlich ſorgfältig ausgekleidet wird. Vier oder fünf grane, braun gefleckte Eier bilden das Gelege. Die Jungen bleiben in der Höhle, bis ſie flügge ſind. Jn Ermangelung eines geeigneten Niſtplatzes, brütet der Plattſchnabel übrigens in Baumhöhlen: ſo berichtet übereinſtimmend mit Goſſe auch Gundlach. Hill hatte Gelegenheit, das Brutgeſchäft mit aller Gemächlichkeit zu beobachten. Ein Paar Todis hatten ſich einen ſonderbaren Ort zum Niſten ausgeſucht, eine Kiſte nämlich, welche zur Zucht von Blumen benutzt und mit Erde gefüllt worden war. Ein Aſtloch in der Wand dieſer Kiſte mochte die Wahl beſtimmt haben; denn dieſes Loch diente als Eingang zu der Höhle, welche im Jnnern der Kiſte, d. h. in der ſie füllenden Erde ausgegraben wurde. Obgleich die Vögel die Aufmerkſamkeit auf ſich gezogen hatten und oft geſtört wurden, trieben ſie doch ihr Brutgeſchäft ganz unbekümmert und zogen glücklich die Familie groß. Sie ſchienen ſich möglichſt zu bemühen, dem Menſchen den Ort ihres Neſtes nicht zu verrathen und benutzten beim Aus- oder Einſchlüpfen immer einen Augenblick, in welchem die Aufmerkſamkeit der Beſucher durch irgend Etwas von ihnen abgelenkt worden war. Als die Familie ausgeflogen war, unterſuchte man die Kiſte näher und fand in der Erde einen vielfach gewundenen Gang, welcher bis zur Mitte führte und hier in die Niſt- kammer mündete. Einem der prachtvollſten, durch Sagen und Märchen vielfach verherrlichten Vogel unſeres Erd- theils zu Liebe hat eine zahlreiche Familie den ſehr unpaſſenden Namen Eisvögel erhalten; denn die bei weitem größte Anzahl der hierher zu zählenden Leichtſchnähler lebt in dem warmen Gürtel der Erde und weiß Nichts von Eis und Winter. Die Eisvögel (Alcedines) kennzeichnen ſich durch kräftigen Leib, kurzen Hals, großen Kopf, kurze oder mittellange Flügel, einen kurzen oder höchſtens mittel- langen Schwanz, einen ſehr langen, ſtarken, geraden, winkligen, ſpitzen Schnabel, ſehr kleine, drei- oder vierzehige Füße und ein glattes, meiſt in prächtigen Farben prangendes Gefieder, welches ſich nach dem Geſchlecht kaum, nach dem Alter nur wenig unterſcheidet. Ueber den innern Bau der Eisvögel hat Nitzſch nach Unterſuchungen der europäiſchen Art als auffallend das Folgende hervorgehoben. „Das Kopfgerüſt hat im ganzen eine zwar oberflächliche, aber unverkennbare Aehnlichkeit mit dem der Reiher. Schnabelrücken und Stirn liegen faſt in einer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/174
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/174>, abgerufen am 07.05.2024.