ihrer besonders günstigen Stellung ungewöhnlich frühzeitig blühte, und vielleicht vertheilten sich die Thiere in Folge der mit jedem Tage in allen Winkeln und Verstecken der Gegend sich mehrenden und sich öffnenden Blüthen."
Wenn man das Leben dieser Vögel begreifen will, muß man vor allen Dingen ihren Flug kennen zu lernen suchen. Er bestimmt, so zu sagen, das ganze Leben; er macht den Kolibri erst zu dem, was er ist. Kein anderer Vogel fliegt wie er, und deshalb gerade kann auch der Schwirrvogel mit keinem andern verglichen werden. "Wie wundervoll", sagt Gould, "muß der Mechanismus sein, welcher die zitternde Bewegung eines Kolibris hervorbringt und sie so lange erhält! Mir schien ihre Thätigkeit mit Nichts vergleichbar, was ich je zuvor gesehen hatte; sie erinnerte mich an ein Stück Maschinerie, welche durch eine mächtige Federkraft wirkt. Diese Eigenthümlichkeit im Fluge machte einen ganz besonderen Eindruck auf mich, da sie gerade das Gegentheil von Dem war, was ich erwartete. Der Schwirrvogel pflegt nicht mit dem schnell schießenden Fluge einer Edel- oder Mauerschwalbe durch die Luft zu gleiten, sondern hält seine Flügel, während er von Blume zu Blume wandert, oder wenn er einen weiten Flug über einen hohen Baum oder über einen Fluß nimmt, in fortwährend zitternder oder schwirrender Bewegung. Wenn er sich vor irgend einem Gegenstand ins Gleichgewicht setzt, so geschieht Dies so rasch, daß es dem Auge unmöglich ist, jedem Flügelschlag zu folgen, und ein nebeliger Halbkreis von Undentlichkeit auf jeder Seite des Körpers ist Alles, was sich wahrnehmen läßt." Ganz ähnlich drückt sich Kittlitz aus. "Der Flug dieser kleinen Vögel hat etwas ungemein Auffallendes; man möchte sie fast für Kerbthiere ansehen. Von einem Baume zum andern fliegen sie so schnell, daß man sie bei ihrer Kleinheit kaum bemerkt; aber vor jedem sie anziehenden Gegenstande verweilen sie, in der Luft schwebend, mit aufrechter Haltung des Körpers und so schneller Bewegung der Flügel, daß man diese nur schimmern sieht." -- "Wir fanden", sagt ein anderer Beobachter vom nordamerikanischen Kolibri, "einen schönen und in voller Blüthe stehenden Tulpenbaum und entdeckten bald die kleinen summenden, schwirrenden Flatterer, die den Baum in allen seinen Theilen und Zweigen belebten. Sie kreisten oben über dem Gipfel des Baumes und schossen auch um seine unteren Zweige dicht vor unseren Augen vorüber, bald im Schatten verschwindend, bald in den Sonnen- strahlen aufblitzend. Anfänglich, ehe ich sie näher ins Auge zu fassen vermochte, konnte ich mir fast ebensogut einbilden, daß ich ein Heer von Bienen, Hornissen oder Maikäfern vor mir hatte. Denn diese Vögel schlagen fast eben so heftig, wie die Brummfliegen, mit den Flügeln, die daher zuweilen beinahe unsichtbar werden oder nur wie ein Stück Schleier erscheinen. Dies ist besonders der Fall, wenn sie vor dem Kelche einer Blume schweben, um seinen Jnhalt zu untersuchen." So lange der Schwirrvogel sich auf ein und derselben Stelle erhält, vernimmt man kein Geräusch des Flügelschlags; sowie er sich aber in schnellere Bewegung setzt, bringt er einen eigenthümlich scharfen, summenden Ton hervor, welcher der Gesammtheit geradezu den Namen "Summvögel" verschafft hat. Dieser Laut ist verschieden, je nach den verschiedenen Arten, bei den größeren im allgemeinen dumpfer, als bei den kleineren, bei einzelnen so ausgesprochen, daß man sie mit aller Sicherheit an ihrem Gesumme erkennen kann. Es ist noch keineswegs hinreichend aufgeklärt, durch welche Art der Bewegung dieses Geräusch hervorgebracht wird, da man eben nicht im Stande ist, die Bewegungen zu unterscheiden. Man kann höchstens annehmen, daß der Vogel, wenn er größere Räume durchmißt, seine Schwingen noch schneller und heftiger bewegt, als während er sich auf einer Stelle hält; denn so lange Dies geschieht, verursacht er eben kein Geräusch. Der Luftzug, welcher durch den heftigen Flügelschlag erzeugt wird, ist sehr bedeutend. "Jch bemerkte", sagt Salvin, "daß ein Kolibri, welcher in das Zimmer gekommen war und über ein Stück Watte schwebte, die ganze Oberfläche der Baumwolle in Bewegung brachte", und der alte Rochefort meint nun gar, es wäre, wenn ein Kolibri vorbeifliegt, als ob eine schwache Windsbraut um die Ohren pfiffe.
Ueber die Richtung des Flugs, über die Linien, welche er beschreibt, kommt man nicht ins Klare. Die Schnelligkeit der Bewegung ist so bedeutend und der sich bewegende Körper so klein, daß die Beobachtung zur Unmöglichkeit wird. Audubon versichert, daß der nordamerikanische Schwirrvogel
Die Späher. Schwirrvögel.
ihrer beſonders günſtigen Stellung ungewöhnlich frühzeitig blühte, und vielleicht vertheilten ſich die Thiere in Folge der mit jedem Tage in allen Winkeln und Verſtecken der Gegend ſich mehrenden und ſich öffnenden Blüthen.“
Wenn man das Leben dieſer Vögel begreifen will, muß man vor allen Dingen ihren Flug kennen zu lernen ſuchen. Er beſtimmt, ſo zu ſagen, das ganze Leben; er macht den Kolibri erſt zu dem, was er iſt. Kein anderer Vogel fliegt wie er, und deshalb gerade kann auch der Schwirrvogel mit keinem andern verglichen werden. „Wie wundervoll“, ſagt Gould, „muß der Mechanismus ſein, welcher die zitternde Bewegung eines Kolibris hervorbringt und ſie ſo lange erhält! Mir ſchien ihre Thätigkeit mit Nichts vergleichbar, was ich je zuvor geſehen hatte; ſie erinnerte mich an ein Stück Maſchinerie, welche durch eine mächtige Federkraft wirkt. Dieſe Eigenthümlichkeit im Fluge machte einen ganz beſonderen Eindruck auf mich, da ſie gerade das Gegentheil von Dem war, was ich erwartete. Der Schwirrvogel pflegt nicht mit dem ſchnell ſchießenden Fluge einer Edel- oder Mauerſchwalbe durch die Luft zu gleiten, ſondern hält ſeine Flügel, während er von Blume zu Blume wandert, oder wenn er einen weiten Flug über einen hohen Baum oder über einen Fluß nimmt, in fortwährend zitternder oder ſchwirrender Bewegung. Wenn er ſich vor irgend einem Gegenſtand ins Gleichgewicht ſetzt, ſo geſchieht Dies ſo raſch, daß es dem Auge unmöglich iſt, jedem Flügelſchlag zu folgen, und ein nebeliger Halbkreis von Undentlichkeit auf jeder Seite des Körpers iſt Alles, was ſich wahrnehmen läßt.“ Ganz ähnlich drückt ſich Kittlitz aus. „Der Flug dieſer kleinen Vögel hat etwas ungemein Auffallendes; man möchte ſie faſt für Kerbthiere anſehen. Von einem Baume zum andern fliegen ſie ſo ſchnell, daß man ſie bei ihrer Kleinheit kaum bemerkt; aber vor jedem ſie anziehenden Gegenſtande verweilen ſie, in der Luft ſchwebend, mit aufrechter Haltung des Körpers und ſo ſchneller Bewegung der Flügel, daß man dieſe nur ſchimmern ſieht.“ — „Wir fanden“, ſagt ein anderer Beobachter vom nordamerikaniſchen Kolibri, „einen ſchönen und in voller Blüthe ſtehenden Tulpenbaum und entdeckten bald die kleinen ſummenden, ſchwirrenden Flatterer, die den Baum in allen ſeinen Theilen und Zweigen belebten. Sie kreiſten oben über dem Gipfel des Baumes und ſchoſſen auch um ſeine unteren Zweige dicht vor unſeren Augen vorüber, bald im Schatten verſchwindend, bald in den Sonnen- ſtrahlen aufblitzend. Anfänglich, ehe ich ſie näher ins Auge zu faſſen vermochte, konnte ich mir faſt ebenſogut einbilden, daß ich ein Heer von Bienen, Horniſſen oder Maikäfern vor mir hatte. Denn dieſe Vögel ſchlagen faſt eben ſo heftig, wie die Brummfliegen, mit den Flügeln, die daher zuweilen beinahe unſichtbar werden oder nur wie ein Stück Schleier erſcheinen. Dies iſt beſonders der Fall, wenn ſie vor dem Kelche einer Blume ſchweben, um ſeinen Jnhalt zu unterſuchen.“ So lange der Schwirrvogel ſich auf ein und derſelben Stelle erhält, vernimmt man kein Geräuſch des Flügelſchlags; ſowie er ſich aber in ſchnellere Bewegung ſetzt, bringt er einen eigenthümlich ſcharfen, ſummenden Ton hervor, welcher der Geſammtheit geradezu den Namen „Summvögel“ verſchafft hat. Dieſer Laut iſt verſchieden, je nach den verſchiedenen Arten, bei den größeren im allgemeinen dumpfer, als bei den kleineren, bei einzelnen ſo ausgeſprochen, daß man ſie mit aller Sicherheit an ihrem Geſumme erkennen kann. Es iſt noch keineswegs hinreichend aufgeklärt, durch welche Art der Bewegung dieſes Geräuſch hervorgebracht wird, da man eben nicht im Stande iſt, die Bewegungen zu unterſcheiden. Man kann höchſtens annehmen, daß der Vogel, wenn er größere Räume durchmißt, ſeine Schwingen noch ſchneller und heftiger bewegt, als während er ſich auf einer Stelle hält; denn ſo lange Dies geſchieht, verurſacht er eben kein Geräuſch. Der Luftzug, welcher durch den heftigen Flügelſchlag erzeugt wird, iſt ſehr bedeutend. „Jch bemerkte“, ſagt Salvin, „daß ein Kolibri, welcher in das Zimmer gekommen war und über ein Stück Watte ſchwebte, die ganze Oberfläche der Baumwolle in Bewegung brachte“, und der alte Rochefort meint nun gar, es wäre, wenn ein Kolibri vorbeifliegt, als ob eine ſchwache Windsbraut um die Ohren pfiffe.
Ueber die Richtung des Flugs, über die Linien, welche er beſchreibt, kommt man nicht ins Klare. Die Schnelligkeit der Bewegung iſt ſo bedeutend und der ſich bewegende Körper ſo klein, daß die Beobachtung zur Unmöglichkeit wird. Audubon verſichert, daß der nordamerikaniſche Schwirrvogel
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Die Späher. Schwirrvögel.
ihrer beſonders günſtigen Stellung ungewöhnlich frühzeitig blühte, und vielleicht vertheilten ſich die
Thiere in Folge der mit jedem Tage in allen Winkeln und Verſtecken der Gegend ſich mehrenden und
ſich öffnenden Blüthen.“
Wenn man das Leben dieſer Vögel begreifen will, muß man vor allen Dingen ihren Flug kennen
zu lernen ſuchen. Er beſtimmt, ſo zu ſagen, das ganze Leben; er macht den Kolibri erſt zu dem,
was er iſt. Kein anderer Vogel fliegt wie er, und deshalb gerade kann auch der Schwirrvogel mit
keinem andern verglichen werden. „Wie wundervoll“, ſagt Gould, „muß der Mechanismus ſein,
welcher die zitternde Bewegung eines Kolibris hervorbringt und ſie ſo lange erhält! Mir ſchien ihre
Thätigkeit mit Nichts vergleichbar, was ich je zuvor geſehen hatte; ſie erinnerte mich an ein Stück
Maſchinerie, welche durch eine mächtige Federkraft wirkt. Dieſe Eigenthümlichkeit im Fluge machte
einen ganz beſonderen Eindruck auf mich, da ſie gerade das Gegentheil von Dem war, was ich erwartete.
Der Schwirrvogel pflegt nicht mit dem ſchnell ſchießenden Fluge einer Edel- oder Mauerſchwalbe durch
die Luft zu gleiten, ſondern hält ſeine Flügel, während er von Blume zu Blume wandert, oder wenn
er einen weiten Flug über einen hohen Baum oder über einen Fluß nimmt, in fortwährend zitternder
oder ſchwirrender Bewegung. Wenn er ſich vor irgend einem Gegenſtand ins Gleichgewicht ſetzt, ſo
geſchieht Dies ſo raſch, daß es dem Auge unmöglich iſt, jedem Flügelſchlag zu folgen, und ein
nebeliger Halbkreis von Undentlichkeit auf jeder Seite des Körpers iſt Alles, was ſich wahrnehmen
läßt.“ Ganz ähnlich drückt ſich Kittlitz aus. „Der Flug dieſer kleinen Vögel hat etwas ungemein
Auffallendes; man möchte ſie faſt für Kerbthiere anſehen. Von einem Baume zum andern fliegen ſie
ſo ſchnell, daß man ſie bei ihrer Kleinheit kaum bemerkt; aber vor jedem ſie anziehenden Gegenſtande
verweilen ſie, in der Luft ſchwebend, mit aufrechter Haltung des Körpers und ſo ſchneller Bewegung
der Flügel, daß man dieſe nur ſchimmern ſieht.“ — „Wir fanden“, ſagt ein anderer Beobachter vom
nordamerikaniſchen Kolibri, „einen ſchönen und in voller Blüthe ſtehenden Tulpenbaum und entdeckten
bald die kleinen ſummenden, ſchwirrenden Flatterer, die den Baum in allen ſeinen Theilen und
Zweigen belebten. Sie kreiſten oben über dem Gipfel des Baumes und ſchoſſen auch um ſeine unteren
Zweige dicht vor unſeren Augen vorüber, bald im Schatten verſchwindend, bald in den Sonnen-
ſtrahlen aufblitzend. Anfänglich, ehe ich ſie näher ins Auge zu faſſen vermochte, konnte ich mir faſt
ebenſogut einbilden, daß ich ein Heer von Bienen, Horniſſen oder Maikäfern vor mir hatte. Denn
dieſe Vögel ſchlagen faſt eben ſo heftig, wie die Brummfliegen, mit den Flügeln, die daher zuweilen
beinahe unſichtbar werden oder nur wie ein Stück Schleier erſcheinen. Dies iſt beſonders der Fall,
wenn ſie vor dem Kelche einer Blume ſchweben, um ſeinen Jnhalt zu unterſuchen.“ So lange der
Schwirrvogel ſich auf ein und derſelben Stelle erhält, vernimmt man kein Geräuſch des Flügelſchlags;
ſowie er ſich aber in ſchnellere Bewegung ſetzt, bringt er einen eigenthümlich ſcharfen, ſummenden
Ton hervor, welcher der Geſammtheit geradezu den Namen „Summvögel“ verſchafft hat. Dieſer
Laut iſt verſchieden, je nach den verſchiedenen Arten, bei den größeren im allgemeinen dumpfer, als
bei den kleineren, bei einzelnen ſo ausgeſprochen, daß man ſie mit aller Sicherheit an ihrem Geſumme
erkennen kann. Es iſt noch keineswegs hinreichend aufgeklärt, durch welche Art der Bewegung dieſes
Geräuſch hervorgebracht wird, da man eben nicht im Stande iſt, die Bewegungen zu unterſcheiden.
Man kann höchſtens annehmen, daß der Vogel, wenn er größere Räume durchmißt, ſeine Schwingen
noch ſchneller und heftiger bewegt, als während er ſich auf einer Stelle hält; denn ſo lange Dies
geſchieht, verurſacht er eben kein Geräuſch. Der Luftzug, welcher durch den heftigen Flügelſchlag
erzeugt wird, iſt ſehr bedeutend. „Jch bemerkte“, ſagt Salvin, „daß ein Kolibri, welcher in das
Zimmer gekommen war und über ein Stück Watte ſchwebte, die ganze Oberfläche der Baumwolle in
Bewegung brachte“, und der alte Rochefort meint nun gar, es wäre, wenn ein Kolibri vorbeifliegt,
als ob eine ſchwache Windsbraut um die Ohren pfiffe.
Ueber die Richtung des Flugs, über die Linien, welche er beſchreibt, kommt man nicht ins Klare.
Die Schnelligkeit der Bewegung iſt ſo bedeutend und der ſich bewegende Körper ſo klein, daß die
Beobachtung zur Unmöglichkeit wird. Audubon verſichert, daß der nordamerikaniſche Schwirrvogel
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/130>, abgerufen am 23.11.2024.
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