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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Schwimmer. Taucher. Alken.
zu verrathen, bis auf sechs und vier Schritte an sie herankommen, und wenn ich mich dann ruhig
verhielt, gemächlich betrachten, stürzten jedoch nach dem Meere hinab, wenn ich versuchte, sie zu
ergreifen, schwammen dort einige Zeit umher, tauchten und kamen hierauf zum Berge zurück.
Einzelne flogen in derselben Weise wie der Lund dicht über dem Wasser weg und theilweise durch die
Wellen, andere erhoben sich leicht vom Wasser und schwirrten ungemein rasch zur Höhe empor. Jm
Fluge zittern sie wie rüttelnde Falken mit den Flügeln, bewegen jedoch dabei die Flügel viel schneller,
insbesondere wenn sie von oben nach unten flogen. Beachtenswerth scheint mir eine Beobachtung zu
sein, welche ich machte. Um zu erproben, wie tief ein Alk tauchen und wie lange er unter Wasser
verweilen könne, band ich einem, welchen ich aus einer Nisthöhle hervorgezogen hatte, einen sehr
langen, dünnen Faden an den Fuß und warf ihn vom Boote aus in das Meer. Der Vogel ver-
schwand augenblicklich und rollte mir die sechszig Ellen lange Schnur bis zum letzten Ende ab; nach
zweiunddreiviertel Minuten etwa erschien er wieder an der Oberfläche, schöpfte Luft und tauchte von
neuem. Jetzt zog ich ihn zu mir heran und bemerkte sofort, daß sein Leib wie aufgedunsen war;
bei näherer Untersuchung ergab sich, daß er sich vollständig mit Luft aufgeblasen hatte, derart, daß
sein Fell nur noch am Halse, an den Flügeln, an den Beinen und am Schwanze fest anlag, übrigens
aber einem aufgeblasenen Luftsacke glich. Die Stimme klingt der des Lundes ähnlich, jedoch noch
etwas tiefer und rauher, ungefähr wie "Oer" oder "arr", zuweilen auch miauend wie "Arr, err,
querr, queör".

Auf den mehrerwähnten Vogelbergen nimmt der Tordalk am liebsten die Felsenritzen und
Spalten in Besitz; einzelne Nester fand ich auch unter Steinen, also gewissermaßen in Höhlungen.
Jedes Pärchen legt nur ein einziges Ei von sehr bedeutender Größe, länglicher Gestalt und höchst
verschiedener Färbung und Zeichnung; denn auch für diese Art gilt, daß man kaum zwei Eier findet,
welche sich ähneln. Wie lange die Brutzeit währt, ist unbekannt, weil man die einzelnen Pärchen
nicht wohl beobachten kann; wahrscheinlich dauert sie auch über vier Wochen. Das Junge kommt in
einem braunschwarzen, im Gesichte weißen Dunenkleide zur Welt und springt, kaum halb erwachsen,
nach längerem Zögern, aufgemuntert durch die lebhaft schreienden und sich geberdenden Alten, von der
Höhe der Felsen entweder unmittelbar in das Meer hinab oder rollt sich an den Bergwänden hernieder,
bis es das Wasser erreicht; die Eltern folgen, schwimmen neben ihm, lehren es tauchen und seine
Nahrung aufsuchen und begleiten es, wenn es selbst fressen gelernt hat, noch einige Zeitlang, ohne es
jedoch zu füttern. Wird dem Paare sein Ei genommen, so legt es ein zweites, auch wohl ein drittes;
das aus letzterem schlüpfende Junge ist aber meist ein Schwächling.

Beim Sturze vom Felsen herab verunglücken viele Tordalken: an einzelnen Vogelbergen findet
man in der bezüglichen Zeit den Fuß der Felsen regelmäßig mit Leichen bedeckt. Solche, welche zu
frühzeitig den Sprung wagten oder durch irgend ein Mißgeschick herabgerollt wurden, gehen ebenfalls
zu Grunde, weil sie wohl zu schwimmen, nicht aber zu tauchen verstehen, und die Eltern zu ungeschickt
sind, sie auf dem Wasser zu füttern. Außerdem sind die Tordalken denselben Gefahren ausgesetzt
und werden von denselben Feinden bedroht wie die Verwandten.



Noch im Anfange unseres Jahrhunderts lebte im Eismeere ein wunderbarer Vogel; gegenwärtig
ist er wahrscheinlich bereits gänzlich ausgerottet und zwar in Folge von Nachstellungen, welche er von
Seiten des Menschen erleiden mußte. Und wenn er wirklich an irgend einem uns unbekannten Orte
noch leben sollte, so steht, wie Newton sehr richtig sagt, doch soviel fest, daß seiner Wiederauf-
findung der Untergang auf dem Fuße folgen müßte. Früher diente dieser Vogel den Jsländern und
Grönländern zur Speise, gegenwärtig wiegt man seinen Balg kaum mit Golde auf.

Die Schwimmer. Taucher. Alken.
zu verrathen, bis auf ſechs und vier Schritte an ſie herankommen, und wenn ich mich dann ruhig
verhielt, gemächlich betrachten, ſtürzten jedoch nach dem Meere hinab, wenn ich verſuchte, ſie zu
ergreifen, ſchwammen dort einige Zeit umher, tauchten und kamen hierauf zum Berge zurück.
Einzelne flogen in derſelben Weiſe wie der Lund dicht über dem Waſſer weg und theilweiſe durch die
Wellen, andere erhoben ſich leicht vom Waſſer und ſchwirrten ungemein raſch zur Höhe empor. Jm
Fluge zittern ſie wie rüttelnde Falken mit den Flügeln, bewegen jedoch dabei die Flügel viel ſchneller,
insbeſondere wenn ſie von oben nach unten flogen. Beachtenswerth ſcheint mir eine Beobachtung zu
ſein, welche ich machte. Um zu erproben, wie tief ein Alk tauchen und wie lange er unter Waſſer
verweilen könne, band ich einem, welchen ich aus einer Niſthöhle hervorgezogen hatte, einen ſehr
langen, dünnen Faden an den Fuß und warf ihn vom Boote aus in das Meer. Der Vogel ver-
ſchwand augenblicklich und rollte mir die ſechszig Ellen lange Schnur bis zum letzten Ende ab; nach
zweiunddreiviertel Minuten etwa erſchien er wieder an der Oberfläche, ſchöpfte Luft und tauchte von
neuem. Jetzt zog ich ihn zu mir heran und bemerkte ſofort, daß ſein Leib wie aufgedunſen war;
bei näherer Unterſuchung ergab ſich, daß er ſich vollſtändig mit Luft aufgeblaſen hatte, derart, daß
ſein Fell nur noch am Halſe, an den Flügeln, an den Beinen und am Schwanze feſt anlag, übrigens
aber einem aufgeblaſenen Luftſacke glich. Die Stimme klingt der des Lundes ähnlich, jedoch noch
etwas tiefer und rauher, ungefähr wie „Oer“ oder „arr“, zuweilen auch miauend wie „Arr, err,
querr, queör“.

Auf den mehrerwähnten Vogelbergen nimmt der Tordalk am liebſten die Felſenritzen und
Spalten in Beſitz; einzelne Neſter fand ich auch unter Steinen, alſo gewiſſermaßen in Höhlungen.
Jedes Pärchen legt nur ein einziges Ei von ſehr bedeutender Größe, länglicher Geſtalt und höchſt
verſchiedener Färbung und Zeichnung; denn auch für dieſe Art gilt, daß man kaum zwei Eier findet,
welche ſich ähneln. Wie lange die Brutzeit währt, iſt unbekannt, weil man die einzelnen Pärchen
nicht wohl beobachten kann; wahrſcheinlich dauert ſie auch über vier Wochen. Das Junge kommt in
einem braunſchwarzen, im Geſichte weißen Dunenkleide zur Welt und ſpringt, kaum halb erwachſen,
nach längerem Zögern, aufgemuntert durch die lebhaft ſchreienden und ſich geberdenden Alten, von der
Höhe der Felſen entweder unmittelbar in das Meer hinab oder rollt ſich an den Bergwänden hernieder,
bis es das Waſſer erreicht; die Eltern folgen, ſchwimmen neben ihm, lehren es tauchen und ſeine
Nahrung aufſuchen und begleiten es, wenn es ſelbſt freſſen gelernt hat, noch einige Zeitlang, ohne es
jedoch zu füttern. Wird dem Paare ſein Ei genommen, ſo legt es ein zweites, auch wohl ein drittes;
das aus letzterem ſchlüpfende Junge iſt aber meiſt ein Schwächling.

Beim Sturze vom Felſen herab verunglücken viele Tordalken: an einzelnen Vogelbergen findet
man in der bezüglichen Zeit den Fuß der Felſen regelmäßig mit Leichen bedeckt. Solche, welche zu
frühzeitig den Sprung wagten oder durch irgend ein Mißgeſchick herabgerollt wurden, gehen ebenfalls
zu Grunde, weil ſie wohl zu ſchwimmen, nicht aber zu tauchen verſtehen, und die Eltern zu ungeſchickt
ſind, ſie auf dem Waſſer zu füttern. Außerdem ſind die Tordalken denſelben Gefahren ausgeſetzt
und werden von denſelben Feinden bedroht wie die Verwandten.



Noch im Anfange unſeres Jahrhunderts lebte im Eismeere ein wunderbarer Vogel; gegenwärtig
iſt er wahrſcheinlich bereits gänzlich ausgerottet und zwar in Folge von Nachſtellungen, welche er von
Seiten des Menſchen erleiden mußte. Und wenn er wirklich an irgend einem uns unbekannten Orte
noch leben ſollte, ſo ſteht, wie Newton ſehr richtig ſagt, doch ſoviel feſt, daß ſeiner Wiederauf-
findung der Untergang auf dem Fuße folgen müßte. Früher diente dieſer Vogel den Jsländern und
Grönländern zur Speiſe, gegenwärtig wiegt man ſeinen Balg kaum mit Golde auf.

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[962/1014] Die Schwimmer. Taucher. Alken. zu verrathen, bis auf ſechs und vier Schritte an ſie herankommen, und wenn ich mich dann ruhig verhielt, gemächlich betrachten, ſtürzten jedoch nach dem Meere hinab, wenn ich verſuchte, ſie zu ergreifen, ſchwammen dort einige Zeit umher, tauchten und kamen hierauf zum Berge zurück. Einzelne flogen in derſelben Weiſe wie der Lund dicht über dem Waſſer weg und theilweiſe durch die Wellen, andere erhoben ſich leicht vom Waſſer und ſchwirrten ungemein raſch zur Höhe empor. Jm Fluge zittern ſie wie rüttelnde Falken mit den Flügeln, bewegen jedoch dabei die Flügel viel ſchneller, insbeſondere wenn ſie von oben nach unten flogen. Beachtenswerth ſcheint mir eine Beobachtung zu ſein, welche ich machte. Um zu erproben, wie tief ein Alk tauchen und wie lange er unter Waſſer verweilen könne, band ich einem, welchen ich aus einer Niſthöhle hervorgezogen hatte, einen ſehr langen, dünnen Faden an den Fuß und warf ihn vom Boote aus in das Meer. Der Vogel ver- ſchwand augenblicklich und rollte mir die ſechszig Ellen lange Schnur bis zum letzten Ende ab; nach zweiunddreiviertel Minuten etwa erſchien er wieder an der Oberfläche, ſchöpfte Luft und tauchte von neuem. Jetzt zog ich ihn zu mir heran und bemerkte ſofort, daß ſein Leib wie aufgedunſen war; bei näherer Unterſuchung ergab ſich, daß er ſich vollſtändig mit Luft aufgeblaſen hatte, derart, daß ſein Fell nur noch am Halſe, an den Flügeln, an den Beinen und am Schwanze feſt anlag, übrigens aber einem aufgeblaſenen Luftſacke glich. Die Stimme klingt der des Lundes ähnlich, jedoch noch etwas tiefer und rauher, ungefähr wie „Oer“ oder „arr“, zuweilen auch miauend wie „Arr, err, querr, queör“. Auf den mehrerwähnten Vogelbergen nimmt der Tordalk am liebſten die Felſenritzen und Spalten in Beſitz; einzelne Neſter fand ich auch unter Steinen, alſo gewiſſermaßen in Höhlungen. Jedes Pärchen legt nur ein einziges Ei von ſehr bedeutender Größe, länglicher Geſtalt und höchſt verſchiedener Färbung und Zeichnung; denn auch für dieſe Art gilt, daß man kaum zwei Eier findet, welche ſich ähneln. Wie lange die Brutzeit währt, iſt unbekannt, weil man die einzelnen Pärchen nicht wohl beobachten kann; wahrſcheinlich dauert ſie auch über vier Wochen. Das Junge kommt in einem braunſchwarzen, im Geſichte weißen Dunenkleide zur Welt und ſpringt, kaum halb erwachſen, nach längerem Zögern, aufgemuntert durch die lebhaft ſchreienden und ſich geberdenden Alten, von der Höhe der Felſen entweder unmittelbar in das Meer hinab oder rollt ſich an den Bergwänden hernieder, bis es das Waſſer erreicht; die Eltern folgen, ſchwimmen neben ihm, lehren es tauchen und ſeine Nahrung aufſuchen und begleiten es, wenn es ſelbſt freſſen gelernt hat, noch einige Zeitlang, ohne es jedoch zu füttern. Wird dem Paare ſein Ei genommen, ſo legt es ein zweites, auch wohl ein drittes; das aus letzterem ſchlüpfende Junge iſt aber meiſt ein Schwächling. Beim Sturze vom Felſen herab verunglücken viele Tordalken: an einzelnen Vogelbergen findet man in der bezüglichen Zeit den Fuß der Felſen regelmäßig mit Leichen bedeckt. Solche, welche zu frühzeitig den Sprung wagten oder durch irgend ein Mißgeſchick herabgerollt wurden, gehen ebenfalls zu Grunde, weil ſie wohl zu ſchwimmen, nicht aber zu tauchen verſtehen, und die Eltern zu ungeſchickt ſind, ſie auf dem Waſſer zu füttern. Außerdem ſind die Tordalken denſelben Gefahren ausgeſetzt und werden von denſelben Feinden bedroht wie die Verwandten. Noch im Anfange unſeres Jahrhunderts lebte im Eismeere ein wunderbarer Vogel; gegenwärtig iſt er wahrſcheinlich bereits gänzlich ausgerottet und zwar in Folge von Nachſtellungen, welche er von Seiten des Menſchen erleiden mußte. Und wenn er wirklich an irgend einem uns unbekannten Orte noch leben ſollte, ſo ſteht, wie Newton ſehr richtig ſagt, doch ſoviel feſt, daß ſeiner Wiederauf- findung der Untergang auf dem Fuße folgen müßte. Früher diente dieſer Vogel den Jsländern und Grönländern zur Speiſe, gegenwärtig wiegt man ſeinen Balg kaum mit Golde auf.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 962. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/1014>, abgerufen am 23.11.2024.