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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Fänger. Singvögel. Meisen.
in buschreichen Gegenden gesehen werden, zum Theil bei uns überwintern, zum Theil aber auch
südlich ziehen, im März und April wieder bei uns durchstreichen und dieselben Orte wie im Herbst
besuchen. Das feuerköpfige Goldhähnchen dagegen bringt den Winter nicht in Deutschland, sondern
in wärmeren Ländern zu. Es erscheint bei uns in den letzten Tagen des März oder in den ersten des
April und verweilt bis zu den letzten Tagen Septembers oder den ersten Oktobers. Bei der Ankunft
streicht es in den Hecken und Büschen umher, eilt aber bald in die Nadelwälder, wo es sich in den Fichten-
beständen vereinzelt. Viele ziehen nördlich, viele bleiben bei uns. Sie wandern des Nachts und suchen
am Tage ihre Nahrung. Jm Sommer halten sie sich fast immer auf hohen Bäumen auf und kommen
nur selten in Dickichte oder in niederes Stangenholz. Jm September streichen sie. Die safran-
köpfigen Goldhähnchen halten sich ebenfalls vorzugsweise in den Nadelwaldungen auf, viele auf den
Bäumen, aber auch im niederen Gebüsch; sie kommen sogar nicht selten zum Boden herab. "Die
Zuneigung zu den Nadelbäumen", bemerkt Naumann, "ist auffallend. Wenn man im Spät-
[Abbildung] Das safranköpfige Goldhähnchen (Regulus flavicapillus).
herbst und Winter eine Gesellschaft in einem Garten ankommen sieht, wo nur etwa eine einzelne
Fichte oder Tanne steht, so besuchen sie diese gleich, treiben sich auch in solchen Gärten länger als in
anderen und meistens bei jenen Bäumen herum. Allein sie durchstreifen auf ihren Wanderungen auch
alle reinen Laubholzwaldungen." Jhr Aufenthalt und ihr Streichen im Herbst und Winter richten
sich nach den Umständen. Jst im Winter das Wetter schön, heiter und nicht zu kalt, dann sind sie
hoch auf den Nadelbäumen, im Regen aber oder bei Wind und Sturm oder bei sehr strenger Kälte
kommen sie auf niedrige Gebüsche und auf den Boden herab. Sie halten sich im Winter immer
auf denjenigen Stellen des Waldes auf, welche von der Sonne beschienen werden: Dies ist die Haupt-
ursache ihres Streichens.

Jn ihrem Wesen haben die beiden deutschen Goldhähnchen viel Eigenthümliches. Sie sind halb
Sänger, halb Meisen. Merkwürdig ist ihre außerordentliche Unruhe. Das safranköpfige Goldhähnchen

Die Fänger. Singvögel. Meiſen.
in buſchreichen Gegenden geſehen werden, zum Theil bei uns überwintern, zum Theil aber auch
ſüdlich ziehen, im März und April wieder bei uns durchſtreichen und dieſelben Orte wie im Herbſt
beſuchen. Das feuerköpfige Goldhähnchen dagegen bringt den Winter nicht in Deutſchland, ſondern
in wärmeren Ländern zu. Es erſcheint bei uns in den letzten Tagen des März oder in den erſten des
April und verweilt bis zu den letzten Tagen Septembers oder den erſten Oktobers. Bei der Ankunft
ſtreicht es in den Hecken und Büſchen umher, eilt aber bald in die Nadelwälder, wo es ſich in den Fichten-
beſtänden vereinzelt. Viele ziehen nördlich, viele bleiben bei uns. Sie wandern des Nachts und ſuchen
am Tage ihre Nahrung. Jm Sommer halten ſie ſich faſt immer auf hohen Bäumen auf und kommen
nur ſelten in Dickichte oder in niederes Stangenholz. Jm September ſtreichen ſie. Die ſafran-
köpfigen Goldhähnchen halten ſich ebenfalls vorzugsweiſe in den Nadelwaldungen auf, viele auf den
Bäumen, aber auch im niederen Gebüſch; ſie kommen ſogar nicht ſelten zum Boden herab. „Die
Zuneigung zu den Nadelbäumen‟, bemerkt Naumann, „iſt auffallend. Wenn man im Spät-
[Abbildung] Das ſafranköpfige Goldhähnchen (Regulus flavicapillus).
herbſt und Winter eine Geſellſchaft in einem Garten ankommen ſieht, wo nur etwa eine einzelne
Fichte oder Tanne ſteht, ſo beſuchen ſie dieſe gleich, treiben ſich auch in ſolchen Gärten länger als in
anderen und meiſtens bei jenen Bäumen herum. Allein ſie durchſtreifen auf ihren Wanderungen auch
alle reinen Laubholzwaldungen.‟ Jhr Aufenthalt und ihr Streichen im Herbſt und Winter richten
ſich nach den Umſtänden. Jſt im Winter das Wetter ſchön, heiter und nicht zu kalt, dann ſind ſie
hoch auf den Nadelbäumen, im Regen aber oder bei Wind und Sturm oder bei ſehr ſtrenger Kälte
kommen ſie auf niedrige Gebüſche und auf den Boden herab. Sie halten ſich im Winter immer
auf denjenigen Stellen des Waldes auf, welche von der Sonne beſchienen werden: Dies iſt die Haupt-
urſache ihres Streichens.

Jn ihrem Weſen haben die beiden deutſchen Goldhähnchen viel Eigenthümliches. Sie ſind halb
Sänger, halb Meiſen. Merkwürdig iſt ihre außerordentliche Unruhe. Das ſafranköpfige Goldhähnchen

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[920/0968] Die Fänger. Singvögel. Meiſen. in buſchreichen Gegenden geſehen werden, zum Theil bei uns überwintern, zum Theil aber auch ſüdlich ziehen, im März und April wieder bei uns durchſtreichen und dieſelben Orte wie im Herbſt beſuchen. Das feuerköpfige Goldhähnchen dagegen bringt den Winter nicht in Deutſchland, ſondern in wärmeren Ländern zu. Es erſcheint bei uns in den letzten Tagen des März oder in den erſten des April und verweilt bis zu den letzten Tagen Septembers oder den erſten Oktobers. Bei der Ankunft ſtreicht es in den Hecken und Büſchen umher, eilt aber bald in die Nadelwälder, wo es ſich in den Fichten- beſtänden vereinzelt. Viele ziehen nördlich, viele bleiben bei uns. Sie wandern des Nachts und ſuchen am Tage ihre Nahrung. Jm Sommer halten ſie ſich faſt immer auf hohen Bäumen auf und kommen nur ſelten in Dickichte oder in niederes Stangenholz. Jm September ſtreichen ſie. Die ſafran- köpfigen Goldhähnchen halten ſich ebenfalls vorzugsweiſe in den Nadelwaldungen auf, viele auf den Bäumen, aber auch im niederen Gebüſch; ſie kommen ſogar nicht ſelten zum Boden herab. „Die Zuneigung zu den Nadelbäumen‟, bemerkt Naumann, „iſt auffallend. Wenn man im Spät- [Abbildung Das ſafranköpfige Goldhähnchen (Regulus flavicapillus).] herbſt und Winter eine Geſellſchaft in einem Garten ankommen ſieht, wo nur etwa eine einzelne Fichte oder Tanne ſteht, ſo beſuchen ſie dieſe gleich, treiben ſich auch in ſolchen Gärten länger als in anderen und meiſtens bei jenen Bäumen herum. Allein ſie durchſtreifen auf ihren Wanderungen auch alle reinen Laubholzwaldungen.‟ Jhr Aufenthalt und ihr Streichen im Herbſt und Winter richten ſich nach den Umſtänden. Jſt im Winter das Wetter ſchön, heiter und nicht zu kalt, dann ſind ſie hoch auf den Nadelbäumen, im Regen aber oder bei Wind und Sturm oder bei ſehr ſtrenger Kälte kommen ſie auf niedrige Gebüſche und auf den Boden herab. Sie halten ſich im Winter immer auf denjenigen Stellen des Waldes auf, welche von der Sonne beſchienen werden: Dies iſt die Haupt- urſache ihres Streichens. Jn ihrem Weſen haben die beiden deutſchen Goldhähnchen viel Eigenthümliches. Sie ſind halb Sänger, halb Meiſen. Merkwürdig iſt ihre außerordentliche Unruhe. Das ſafranköpfige Goldhähnchen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 920. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/968>, abgerufen am 22.11.2024.