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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Gegenden von 1600 bis 4000 Fuß unbedingter Höhe. Hier wird man ihn beinahe an jedem Bache
antreffen, besonders wenn dieser nicht tief ist und steinigten Grund und Uferränder hat. Vom
Wasser entfernt er sich nie weit, verirrt sich aber, indem er dem Laufe der Bäche aufwärts folgt, nicht
selten tief in die Urwälder, sodaß man alsdann verwundert ist, ihn an Orten zu treffen, wo man ihn
niemals erwartet hätte. Einmal traf ich ihn an einer Quelle auf dem beinahe 10,000 Fuß hohen
Pangerango, aber später nie wieder, und man würde also sehr irren, wenn man ein solches zufälliges
Vorkommen auf derartigen Höhen für etwas anderes als eine Ausnahme ansehen wollte."

"Jn seiner Liebe zum Wasser ähnelt unser Vogel der Gebirgsstelze, während die Färbung seines
Gefieders den Europäer auf Java an seine heimatlichen Bachstelzen erinnert. Er trägt im Laufen
den Schwanz wagrecht, bei Erregung aber oder beim Anblick eines verdächtigen Gegenstandes richtet er
die weißen Scheitelfedern auf und hebt und senkt den Schwanz in eigenthümlicher Weise. Während des
Aufhebens nämlich, welches mit einem schnellen Ruck geschieht, sind die Schwanzfedern zusammengelegt,
sobald der Vogel den Schwanz aber erhoben hat, breitet er ihn fächerförmig aus und senkt ihn langsam
wieder, worauf er ihn alsbald von Neuem aufschnellt. Seine Lockstimme klingt bachstelzenähnlich "Ziwitt
ziwitt", in Angst und Noth dagegen oder auch, wenn er entzückt ist, läßt er ein rauhes "Rhäät" hören.
Er ist ein lieber, harmloser Vogel, welcher den Menschen oft bis auf wenige Schritte an sich heran-
kommen läßt und dann entweder eiligst eine Strecke geradeaus läuft oder in bachstelzenähnlichem Fluge
ein Stückchen wegfliegt. Seine Nahrung besteht in Kerbthieren und Würmern, welche er, an den
Ufern der Bäche hinlaufend, zwischen den Steinen, Pflanzen u. s. w. sucht, ja, nicht selten bis ins
Wasser hinein verfolgt."

"Das Nest steht ohne Ausnahme auf dem Boden, entweder in unmittelbarer Nähe des Wassers
oder doch in nur sehr geringer Entfernung von demselben. Es ist aber auch dann, wenn man durch
den Vogel selbst auf die Nähe desselben aufmerksam gemacht worden ist, nicht leicht zu finden. Wo
möglich, wird eine natürliche Vertiefung zur Anlage benutzt, und so findet man es entweder in
einer Spalte, zwischen Mos, hinter Grasschollen oder einem Steine, unter einem umgefallenen
Baume u. s. w., immer gut versteckt. Findet der Vogel solch eine natürliche Vertiefung des Erd-
bodens, so füllt er sie zunächst mit trockenem Mos soweit aus, daß dadurch ein halbkugelförmiger
Napf entsteht, dessen Grund er alsdann mit trockenen Blättern ausfüttert. Hierzu gebraucht er mit
besonderer Vorliebe solche, welche durch die Feuchtigkeit so weit mürbe gemacht worden sind, daß
nur noch das weiche Gerippe der Blattnerven übrig geblieben ist. Solche trockene Blätter sind weich
und biegsam und bilden mithin eine zweckmäßige Unterlage für die Eier. Letztere, von denen ich nie
mehr als zwei in einem Neste fand, sind länglich gestaltet, am stumpfen Ende kurz abgerundet, am
entgegengesetzten spitz zulaufend. Jhre Grundfarbe ist ein unreines, mattes, ins Gelbliche oder
Grünliche spielendes Weiß; die Zeichnung besteht aus zahlreichen kleinen, bald mehr ins Gelbe, bald
mehr ins Rothe ziehenden lichtbraunen Flecken, deren Räuder nicht scharf von der Grundfarbe abge-
grenzt sind, sondern in dieselbe übergehen, sodaß sie wie verbleicht oder verwaschen aussehen. Gegen
das stumpfe Ende hin bilden sie einen Kranz. Die Alten sind um ihre Brut sehr besorgt und ver-
rathen sie dem Menschen durch ein lang gedehntes, sanft flötendes "Wüühd", dem, wenn man dem
Neste sehr nahe gekommen ist, noch ein hastig ausgestoßenes "Kä" angehängt wird."



Einzelne Sänger lassen sich unter den übrigen schwer einordnen, weil sie, wie man zu sagen
pflegt, nirgends hin so recht passen wollen. Zu diesen gehören die Flüevögel (Accentores). Man
kann sagen, daß sie den Uebergang von den eigentlichen Sängern zu den Körnerfressern und ins-
besondere zu den Lerchen bilden; denn sie ähneln den einen, wie den andern. Jhre Anzahl ist gering
und ihre Verbreitung eine beschränkte. Unserm Europa gehören, streng genommen, nur zwei Arten

Meninting.
Gegenden von 1600 bis 4000 Fuß unbedingter Höhe. Hier wird man ihn beinahe an jedem Bache
antreffen, beſonders wenn dieſer nicht tief iſt und ſteinigten Grund und Uferränder hat. Vom
Waſſer entfernt er ſich nie weit, verirrt ſich aber, indem er dem Laufe der Bäche aufwärts folgt, nicht
ſelten tief in die Urwälder, ſodaß man alsdann verwundert iſt, ihn an Orten zu treffen, wo man ihn
niemals erwartet hätte. Einmal traf ich ihn an einer Quelle auf dem beinahe 10,000 Fuß hohen
Pangerango, aber ſpäter nie wieder, und man würde alſo ſehr irren, wenn man ein ſolches zufälliges
Vorkommen auf derartigen Höhen für etwas anderes als eine Ausnahme anſehen wollte.‟

„Jn ſeiner Liebe zum Waſſer ähnelt unſer Vogel der Gebirgsſtelze, während die Färbung ſeines
Gefieders den Europäer auf Java an ſeine heimatlichen Bachſtelzen erinnert. Er trägt im Laufen
den Schwanz wagrecht, bei Erregung aber oder beim Anblick eines verdächtigen Gegenſtandes richtet er
die weißen Scheitelfedern auf und hebt und ſenkt den Schwanz in eigenthümlicher Weiſe. Während des
Aufhebens nämlich, welches mit einem ſchnellen Ruck geſchieht, ſind die Schwanzfedern zuſammengelegt,
ſobald der Vogel den Schwanz aber erhoben hat, breitet er ihn fächerförmig aus und ſenkt ihn langſam
wieder, worauf er ihn alsbald von Neuem aufſchnellt. Seine Lockſtimme klingt bachſtelzenähnlich „Ziwitt
ziwitt‟, in Angſt und Noth dagegen oder auch, wenn er entzückt iſt, läßt er ein rauhes „Rhäät‟ hören.
Er iſt ein lieber, harmloſer Vogel, welcher den Menſchen oft bis auf wenige Schritte an ſich heran-
kommen läßt und dann entweder eiligſt eine Strecke geradeaus läuft oder in bachſtelzenähnlichem Fluge
ein Stückchen wegfliegt. Seine Nahrung beſteht in Kerbthieren und Würmern, welche er, an den
Ufern der Bäche hinlaufend, zwiſchen den Steinen, Pflanzen u. ſ. w. ſucht, ja, nicht ſelten bis ins
Waſſer hinein verfolgt.‟

„Das Neſt ſteht ohne Ausnahme auf dem Boden, entweder in unmittelbarer Nähe des Waſſers
oder doch in nur ſehr geringer Entfernung von demſelben. Es iſt aber auch dann, wenn man durch
den Vogel ſelbſt auf die Nähe deſſelben aufmerkſam gemacht worden iſt, nicht leicht zu finden. Wo
möglich, wird eine natürliche Vertiefung zur Anlage benutzt, und ſo findet man es entweder in
einer Spalte, zwiſchen Mos, hinter Grasſchollen oder einem Steine, unter einem umgefallenen
Baume u. ſ. w., immer gut verſteckt. Findet der Vogel ſolch eine natürliche Vertiefung des Erd-
bodens, ſo füllt er ſie zunächſt mit trockenem Mos ſoweit aus, daß dadurch ein halbkugelförmiger
Napf entſteht, deſſen Grund er alsdann mit trockenen Blättern ausfüttert. Hierzu gebraucht er mit
beſonderer Vorliebe ſolche, welche durch die Feuchtigkeit ſo weit mürbe gemacht worden ſind, daß
nur noch das weiche Gerippe der Blattnerven übrig geblieben iſt. Solche trockene Blätter ſind weich
und biegſam und bilden mithin eine zweckmäßige Unterlage für die Eier. Letztere, von denen ich nie
mehr als zwei in einem Neſte fand, ſind länglich geſtaltet, am ſtumpfen Ende kurz abgerundet, am
entgegengeſetzten ſpitz zulaufend. Jhre Grundfarbe iſt ein unreines, mattes, ins Gelbliche oder
Grünliche ſpielendes Weiß; die Zeichnung beſteht aus zahlreichen kleinen, bald mehr ins Gelbe, bald
mehr ins Rothe ziehenden lichtbraunen Flecken, deren Räuder nicht ſcharf von der Grundfarbe abge-
grenzt ſind, ſondern in dieſelbe übergehen, ſodaß ſie wie verbleicht oder verwaſchen ausſehen. Gegen
das ſtumpfe Ende hin bilden ſie einen Kranz. Die Alten ſind um ihre Brut ſehr beſorgt und ver-
rathen ſie dem Menſchen durch ein lang gedehntes, ſanft flötendes „Wüühd‟, dem, wenn man dem
Neſte ſehr nahe gekommen iſt, noch ein haſtig ausgeſtoßenes „Kä‟ angehängt wird.‟



Einzelne Sänger laſſen ſich unter den übrigen ſchwer einordnen, weil ſie, wie man zu ſagen
pflegt, nirgends hin ſo recht paſſen wollen. Zu dieſen gehören die Flüevögel (Accentores). Man
kann ſagen, daß ſie den Uebergang von den eigentlichen Sängern zu den Körnerfreſſern und ins-
beſondere zu den Lerchen bilden; denn ſie ähneln den einen, wie den andern. Jhre Anzahl iſt gering
und ihre Verbreitung eine beſchränkte. Unſerm Europa gehören, ſtreng genommen, nur zwei Arten

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[911/0959] Meninting. Gegenden von 1600 bis 4000 Fuß unbedingter Höhe. Hier wird man ihn beinahe an jedem Bache antreffen, beſonders wenn dieſer nicht tief iſt und ſteinigten Grund und Uferränder hat. Vom Waſſer entfernt er ſich nie weit, verirrt ſich aber, indem er dem Laufe der Bäche aufwärts folgt, nicht ſelten tief in die Urwälder, ſodaß man alsdann verwundert iſt, ihn an Orten zu treffen, wo man ihn niemals erwartet hätte. Einmal traf ich ihn an einer Quelle auf dem beinahe 10,000 Fuß hohen Pangerango, aber ſpäter nie wieder, und man würde alſo ſehr irren, wenn man ein ſolches zufälliges Vorkommen auf derartigen Höhen für etwas anderes als eine Ausnahme anſehen wollte.‟ „Jn ſeiner Liebe zum Waſſer ähnelt unſer Vogel der Gebirgsſtelze, während die Färbung ſeines Gefieders den Europäer auf Java an ſeine heimatlichen Bachſtelzen erinnert. Er trägt im Laufen den Schwanz wagrecht, bei Erregung aber oder beim Anblick eines verdächtigen Gegenſtandes richtet er die weißen Scheitelfedern auf und hebt und ſenkt den Schwanz in eigenthümlicher Weiſe. Während des Aufhebens nämlich, welches mit einem ſchnellen Ruck geſchieht, ſind die Schwanzfedern zuſammengelegt, ſobald der Vogel den Schwanz aber erhoben hat, breitet er ihn fächerförmig aus und ſenkt ihn langſam wieder, worauf er ihn alsbald von Neuem aufſchnellt. Seine Lockſtimme klingt bachſtelzenähnlich „Ziwitt ziwitt‟, in Angſt und Noth dagegen oder auch, wenn er entzückt iſt, läßt er ein rauhes „Rhäät‟ hören. Er iſt ein lieber, harmloſer Vogel, welcher den Menſchen oft bis auf wenige Schritte an ſich heran- kommen läßt und dann entweder eiligſt eine Strecke geradeaus läuft oder in bachſtelzenähnlichem Fluge ein Stückchen wegfliegt. Seine Nahrung beſteht in Kerbthieren und Würmern, welche er, an den Ufern der Bäche hinlaufend, zwiſchen den Steinen, Pflanzen u. ſ. w. ſucht, ja, nicht ſelten bis ins Waſſer hinein verfolgt.‟ „Das Neſt ſteht ohne Ausnahme auf dem Boden, entweder in unmittelbarer Nähe des Waſſers oder doch in nur ſehr geringer Entfernung von demſelben. Es iſt aber auch dann, wenn man durch den Vogel ſelbſt auf die Nähe deſſelben aufmerkſam gemacht worden iſt, nicht leicht zu finden. Wo möglich, wird eine natürliche Vertiefung zur Anlage benutzt, und ſo findet man es entweder in einer Spalte, zwiſchen Mos, hinter Grasſchollen oder einem Steine, unter einem umgefallenen Baume u. ſ. w., immer gut verſteckt. Findet der Vogel ſolch eine natürliche Vertiefung des Erd- bodens, ſo füllt er ſie zunächſt mit trockenem Mos ſoweit aus, daß dadurch ein halbkugelförmiger Napf entſteht, deſſen Grund er alsdann mit trockenen Blättern ausfüttert. Hierzu gebraucht er mit beſonderer Vorliebe ſolche, welche durch die Feuchtigkeit ſo weit mürbe gemacht worden ſind, daß nur noch das weiche Gerippe der Blattnerven übrig geblieben iſt. Solche trockene Blätter ſind weich und biegſam und bilden mithin eine zweckmäßige Unterlage für die Eier. Letztere, von denen ich nie mehr als zwei in einem Neſte fand, ſind länglich geſtaltet, am ſtumpfen Ende kurz abgerundet, am entgegengeſetzten ſpitz zulaufend. Jhre Grundfarbe iſt ein unreines, mattes, ins Gelbliche oder Grünliche ſpielendes Weiß; die Zeichnung beſteht aus zahlreichen kleinen, bald mehr ins Gelbe, bald mehr ins Rothe ziehenden lichtbraunen Flecken, deren Räuder nicht ſcharf von der Grundfarbe abge- grenzt ſind, ſondern in dieſelbe übergehen, ſodaß ſie wie verbleicht oder verwaſchen ausſehen. Gegen das ſtumpfe Ende hin bilden ſie einen Kranz. Die Alten ſind um ihre Brut ſehr beſorgt und ver- rathen ſie dem Menſchen durch ein lang gedehntes, ſanft flötendes „Wüühd‟, dem, wenn man dem Neſte ſehr nahe gekommen iſt, noch ein haſtig ausgeſtoßenes „Kä‟ angehängt wird.‟ Einzelne Sänger laſſen ſich unter den übrigen ſchwer einordnen, weil ſie, wie man zu ſagen pflegt, nirgends hin ſo recht paſſen wollen. Zu dieſen gehören die Flüevögel (Accentores). Man kann ſagen, daß ſie den Uebergang von den eigentlichen Sängern zu den Körnerfreſſern und ins- beſondere zu den Lerchen bilden; denn ſie ähneln den einen, wie den andern. Jhre Anzahl iſt gering und ihre Verbreitung eine beſchränkte. Unſerm Europa gehören, ſtreng genommen, nur zwei Arten

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 911. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/959>, abgerufen am 22.11.2024.