Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

Brachpieper. Sporenpieper.
inzwischen durch Flugkünste mancherlei Art und durch fleißiges Singen, d. h. Ausstoßen seiner wenigen
Laute. Naht man sich langsam dem Neste, so länft das brütende Weibchen, wie Naumann
beobachtete, ein ziemliches Stück weg, ehe es fortfliegt. Zuweilen läßt es sich jedoch auch über-
raschen und fliegt erst dann ab, wenn man schon unmittelbar vor dem Neste steht. Beide Eltern
sind außerordentlich besorgt um die Brut und geberden sich sehr ängstlich, wenn sie Gefahr fürchten.
Nur wenn die Eier geraubt werden, brütet das Paar zweimal im Jahre. Wenn Alles gut geht,
findet man Ende Mais oder Anfang Junis und im Juli die ausgeflogenen Jungen.

Gefangene Brachpieper werden bald sehr zahm, gewöhnen sich auch an ein Stubenfutter und
halten sich in einem großen Käfig verhältnißmäßig gut. Jhr Benehmen aber ist doch nicht unter-
haltend genug, als daß sie viele Liebhaber finden sollten.

Als die nächsten Verwandten der Brachpieper sieht man die Stelzenpieper (Corydalla) an.
Sie kennzeichnen sich durch ihre bedeutende Größe, die spitzen Flügel, in denen die drei ersten
Schwingen ungefähr von gleicher Länge sind, den langen, an der Spitze bauchig ausgeschnittenen
Schwanz und die hohen, schlanken Füße, deren Hinterzehe mit einer sie selbst an Länge übertreffenden
Kralle bewehrt ist.

Eine Art der Sippe, der Sporenpieper (Corydalla Richardii) ist wiederholt in Europa
beobachtet worden, gehört hier aber jedenfalls zu den größten Seltenheiten. Das Gefieder der
Oberseite ist trübbraun, jede Feder blässer gerandet; die Wangengegend, ein Augenbrauenstreif und
die Unterseite sind gilblichweiß, auf der Brust und an den Seiten graulich überflogen, zu beiden
Seiten des Halses auf weißem Grunde mit wenigen länglichen, nach der Brust hin allmälich
kleiner werdenden dunkelbraunen Flecken gezeichnet. Die großen und mittleren Schwungfedern
sind graubraun, mit breiter, heller röthlichgrau abschattirter Jnnenkante; die Außenfahne der ersten
Schwinge ist fast weiß, bei den folgenden nimmt hier Rostgelb mehr und mehr überhand. Die
mittleren Schwanzfedern sind braunschwarz, die mittelsten am hellsten, die seitlichen vorherrschend, die
äußersten fast ganz weiß. Das Sommergefieder ist dunkler, und die Kanten treten schärfer hervor.
Das Auge ist braun, der Oberschnabel dunkelbraun, der Unterschnabel gelb an der Wurzel, der
Fuß gelblichbraun. Die Länge beträgt 71/2 bis 8, die Breite 121/2, die Fittiglänge 3 4/5 , die
Schwanzlänge 31/4 Zoll.

Der Sporenpieper ist einige Male auf Helgoland vorgekommen und soll in Spanien, Frankreich,
Jtalien, Oesterreich, Griechenland, Großbritannien und auf Sardinien regelmäßiger, aber nirgends
häufig gefunden werden und im Süden namentlich die felsigen Hügel am Fuße der Gebirge bewohnen.
Letztere Angabe, welche wir von der Mühle verdanken, stimmt nicht überein mit den Beobachtungen
Jerdon's, und deshalb erscheint es mir wahrscheinlich, daß von der Mühle gar keinen Sporen-,
sondern einen Brachpieper vor sich gehabt hat. Was Spanien und Afrika anlangt, so kann ich
versichern, daß ich den wahren Sporenpieper niemals gefunden habe. Jerdon sagt, daß der Vogel
im größten Theile von Jndien, aber nur während des Winters vorkomme und höchstens bis Ende
April im Lande verweile. Man ist ihm von Nepal und dem Himalaya an bis zum äußersten Süden
begegnet und hat ihn namentlich im untern Bengalen häufig angetroffen. Ceylon, Burmah und andere
nach Osten hin gelegene Länder berührt er ebenfalls. Jn Mittelchina ist er, laut Swinhoe, während
des ganzen Winters sehr gemein. Zu seinem Aufenthalte wählt er immer sumpfige oder feuchte
Gegenden: die mit Gras bewachsenen Flußbetten, Teichbuchten und vor Allem die Reisfelder. Man
trifft ihn einzeln oder in kleinen Gesellschaften. Sein Flug ist rasch, zierlich und wellenförmig.
Aufgescheucht pflegt er eine ziemlich große Strecke zurückzulegen.

Ueber den Nestbau kenne ich nur die eine Angabe, welche sich in dem Prachtwerke: "Die Eier
der europäischen Vögel" von Bädeker, L. Brehm und Päßler findet. "Er baut in eine Ver-
tiefung der Erde ein flaches Nest aus Pflanzenstengeln und legt es mit Faserwurzeln aus. Die Eier
findet man im Mai. Sie sind bedeutend größer als die des Brachpiepers, haben eine kurze, ovale

Brehm, Thierleben. III. 57

Brachpieper. Sporenpieper.
inzwiſchen durch Flugkünſte mancherlei Art und durch fleißiges Singen, d. h. Ausſtoßen ſeiner wenigen
Laute. Naht man ſich langſam dem Neſte, ſo länft das brütende Weibchen, wie Naumann
beobachtete, ein ziemliches Stück weg, ehe es fortfliegt. Zuweilen läßt es ſich jedoch auch über-
raſchen und fliegt erſt dann ab, wenn man ſchon unmittelbar vor dem Neſte ſteht. Beide Eltern
ſind außerordentlich beſorgt um die Brut und geberden ſich ſehr ängſtlich, wenn ſie Gefahr fürchten.
Nur wenn die Eier geraubt werden, brütet das Paar zweimal im Jahre. Wenn Alles gut geht,
findet man Ende Mais oder Anfang Junis und im Juli die ausgeflogenen Jungen.

Gefangene Brachpieper werden bald ſehr zahm, gewöhnen ſich auch an ein Stubenfutter und
halten ſich in einem großen Käfig verhältnißmäßig gut. Jhr Benehmen aber iſt doch nicht unter-
haltend genug, als daß ſie viele Liebhaber finden ſollten.

Als die nächſten Verwandten der Brachpieper ſieht man die Stelzenpieper (Corydalla) an.
Sie kennzeichnen ſich durch ihre bedeutende Größe, die ſpitzen Flügel, in denen die drei erſten
Schwingen ungefähr von gleicher Länge ſind, den langen, an der Spitze bauchig ausgeſchnittenen
Schwanz und die hohen, ſchlanken Füße, deren Hinterzehe mit einer ſie ſelbſt an Länge übertreffenden
Kralle bewehrt iſt.

Eine Art der Sippe, der Sporenpieper (Corydalla Richardii) iſt wiederholt in Europa
beobachtet worden, gehört hier aber jedenfalls zu den größten Seltenheiten. Das Gefieder der
Oberſeite iſt trübbraun, jede Feder bläſſer gerandet; die Wangengegend, ein Augenbrauenſtreif und
die Unterſeite ſind gilblichweiß, auf der Bruſt und an den Seiten graulich überflogen, zu beiden
Seiten des Halſes auf weißem Grunde mit wenigen länglichen, nach der Bruſt hin allmälich
kleiner werdenden dunkelbraunen Flecken gezeichnet. Die großen und mittleren Schwungfedern
ſind graubraun, mit breiter, heller röthlichgrau abſchattirter Jnnenkante; die Außenfahne der erſten
Schwinge iſt faſt weiß, bei den folgenden nimmt hier Roſtgelb mehr und mehr überhand. Die
mittleren Schwanzfedern ſind braunſchwarz, die mittelſten am hellſten, die ſeitlichen vorherrſchend, die
äußerſten faſt ganz weiß. Das Sommergefieder iſt dunkler, und die Kanten treten ſchärfer hervor.
Das Auge iſt braun, der Oberſchnabel dunkelbraun, der Unterſchnabel gelb an der Wurzel, der
Fuß gelblichbraun. Die Länge beträgt 7½ bis 8, die Breite 12½, die Fittiglänge 3⅘, die
Schwanzlänge 3¼ Zoll.

Der Sporenpieper iſt einige Male auf Helgoland vorgekommen und ſoll in Spanien, Frankreich,
Jtalien, Oeſterreich, Griechenland, Großbritannien und auf Sardinien regelmäßiger, aber nirgends
häufig gefunden werden und im Süden namentlich die felſigen Hügel am Fuße der Gebirge bewohnen.
Letztere Angabe, welche wir von der Mühle verdanken, ſtimmt nicht überein mit den Beobachtungen
Jerdon’s, und deshalb erſcheint es mir wahrſcheinlich, daß von der Mühle gar keinen Sporen-,
ſondern einen Brachpieper vor ſich gehabt hat. Was Spanien und Afrika anlangt, ſo kann ich
verſichern, daß ich den wahren Sporenpieper niemals gefunden habe. Jerdon ſagt, daß der Vogel
im größten Theile von Jndien, aber nur während des Winters vorkomme und höchſtens bis Ende
April im Lande verweile. Man iſt ihm von Nepal und dem Himalaya an bis zum äußerſten Süden
begegnet und hat ihn namentlich im untern Bengalen häufig angetroffen. Ceylon, Burmah und andere
nach Oſten hin gelegene Länder berührt er ebenfalls. Jn Mittelchina iſt er, laut Swinhoe, während
des ganzen Winters ſehr gemein. Zu ſeinem Aufenthalte wählt er immer ſumpfige oder feuchte
Gegenden: die mit Gras bewachſenen Flußbetten, Teichbuchten und vor Allem die Reisfelder. Man
trifft ihn einzeln oder in kleinen Geſellſchaften. Sein Flug iſt raſch, zierlich und wellenförmig.
Aufgeſcheucht pflegt er eine ziemlich große Strecke zurückzulegen.

Ueber den Neſtbau kenne ich nur die eine Angabe, welche ſich in dem Prachtwerke: „Die Eier
der europäiſchen Vögel‟ von Bädeker, L. Brehm und Päßler findet. „Er baut in eine Ver-
tiefung der Erde ein flaches Neſt aus Pflanzenſtengeln und legt es mit Faſerwurzeln aus. Die Eier
findet man im Mai. Sie ſind bedeutend größer als die des Brachpiepers, haben eine kurze, ovale

Brehm, Thierleben. III. 57
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0945" n="897"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Brachpieper. Sporenpieper.</hi></fw><lb/>
inzwi&#x017F;chen durch Flugkün&#x017F;te mancherlei Art und durch fleißiges Singen, d. h. Aus&#x017F;toßen &#x017F;einer wenigen<lb/>
Laute. Naht man &#x017F;ich lang&#x017F;am dem Ne&#x017F;te, &#x017F;o länft das brütende Weibchen, wie <hi rendition="#g">Naumann</hi><lb/>
beobachtete, ein ziemliches Stück weg, ehe es fortfliegt. Zuweilen läßt es &#x017F;ich jedoch auch über-<lb/>
ra&#x017F;chen und fliegt er&#x017F;t dann ab, wenn man &#x017F;chon unmittelbar vor dem Ne&#x017F;te &#x017F;teht. Beide Eltern<lb/>
&#x017F;ind außerordentlich be&#x017F;orgt um die Brut und geberden &#x017F;ich &#x017F;ehr äng&#x017F;tlich, wenn &#x017F;ie Gefahr fürchten.<lb/>
Nur wenn die Eier geraubt werden, brütet das Paar zweimal im Jahre. Wenn Alles gut geht,<lb/>
findet man Ende Mais oder Anfang Junis und im Juli die ausgeflogenen Jungen.</p><lb/>
          <p>Gefangene Brachpieper werden bald &#x017F;ehr zahm, gewöhnen &#x017F;ich auch an ein Stubenfutter und<lb/>
halten &#x017F;ich in einem großen Käfig verhältnißmäßig gut. Jhr Benehmen aber i&#x017F;t doch nicht unter-<lb/>
haltend genug, als daß &#x017F;ie viele Liebhaber finden &#x017F;ollten.</p><lb/>
          <p>Als die näch&#x017F;ten Verwandten der Brachpieper &#x017F;ieht man die <hi rendition="#g">Stelzenpieper</hi> (<hi rendition="#aq">Corydalla</hi>) an.<lb/>
Sie kennzeichnen &#x017F;ich durch ihre bedeutende Größe, die &#x017F;pitzen Flügel, in denen die drei er&#x017F;ten<lb/>
Schwingen ungefähr von gleicher Länge &#x017F;ind, den langen, an der Spitze bauchig ausge&#x017F;chnittenen<lb/>
Schwanz und die hohen, &#x017F;chlanken Füße, deren Hinterzehe mit einer &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t an Länge übertreffenden<lb/>
Kralle bewehrt i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Eine Art der Sippe, der <hi rendition="#g">Sporenpieper</hi> (<hi rendition="#aq">Corydalla Richardii</hi>) i&#x017F;t wiederholt in Europa<lb/>
beobachtet worden, gehört hier aber jedenfalls zu den größten Seltenheiten. Das Gefieder der<lb/>
Ober&#x017F;eite i&#x017F;t trübbraun, jede Feder blä&#x017F;&#x017F;er gerandet; die Wangengegend, ein Augenbrauen&#x017F;treif und<lb/>
die Unter&#x017F;eite &#x017F;ind gilblichweiß, auf der Bru&#x017F;t und an den Seiten graulich überflogen, zu beiden<lb/>
Seiten des Hal&#x017F;es auf weißem Grunde mit wenigen länglichen, nach der Bru&#x017F;t hin allmälich<lb/>
kleiner werdenden dunkelbraunen Flecken gezeichnet. Die großen und mittleren Schwungfedern<lb/>
&#x017F;ind graubraun, mit breiter, heller röthlichgrau ab&#x017F;chattirter Jnnenkante; die Außenfahne der er&#x017F;ten<lb/>
Schwinge i&#x017F;t fa&#x017F;t weiß, bei den folgenden nimmt hier Ro&#x017F;tgelb mehr und mehr überhand. Die<lb/>
mittleren Schwanzfedern &#x017F;ind braun&#x017F;chwarz, die mittel&#x017F;ten am hell&#x017F;ten, die &#x017F;eitlichen vorherr&#x017F;chend, die<lb/>
äußer&#x017F;ten fa&#x017F;t ganz weiß. Das Sommergefieder i&#x017F;t dunkler, und die Kanten treten &#x017F;chärfer hervor.<lb/>
Das Auge i&#x017F;t braun, der Ober&#x017F;chnabel dunkelbraun, der Unter&#x017F;chnabel gelb an der Wurzel, der<lb/>
Fuß gelblichbraun. Die Länge beträgt 7½ bis 8, die Breite 12½, die Fittiglänge 3&#x2158;, die<lb/>
Schwanzlänge 3¼ Zoll.</p><lb/>
          <p>Der Sporenpieper i&#x017F;t einige Male auf Helgoland vorgekommen und &#x017F;oll in Spanien, Frankreich,<lb/>
Jtalien, Oe&#x017F;terreich, Griechenland, Großbritannien und auf Sardinien regelmäßiger, aber nirgends<lb/>
häufig gefunden werden und im Süden namentlich die fel&#x017F;igen Hügel am Fuße der Gebirge bewohnen.<lb/>
Letztere Angabe, welche wir <hi rendition="#g">von der Mühle</hi> verdanken, &#x017F;timmt nicht überein mit den Beobachtungen<lb/><hi rendition="#g">Jerdon&#x2019;s,</hi> und deshalb er&#x017F;cheint es mir wahr&#x017F;cheinlich, daß <hi rendition="#g">von der Mühle</hi> gar keinen Sporen-,<lb/>
&#x017F;ondern einen Brachpieper vor &#x017F;ich gehabt hat. Was Spanien und Afrika anlangt, &#x017F;o kann ich<lb/>
ver&#x017F;ichern, daß ich den wahren Sporenpieper niemals gefunden habe. <hi rendition="#g">Jerdon</hi> &#x017F;agt, daß der Vogel<lb/>
im größten Theile von Jndien, aber nur während des Winters vorkomme und höch&#x017F;tens bis Ende<lb/>
April im Lande verweile. Man i&#x017F;t ihm von Nepal und dem Himalaya an bis zum äußer&#x017F;ten Süden<lb/>
begegnet und hat ihn namentlich im untern Bengalen häufig angetroffen. Ceylon, Burmah und andere<lb/>
nach O&#x017F;ten hin gelegene Länder berührt er ebenfalls. Jn Mittelchina i&#x017F;t er, laut <hi rendition="#g">Swinhoe,</hi> während<lb/>
des ganzen Winters &#x017F;ehr gemein. Zu &#x017F;einem Aufenthalte wählt er immer &#x017F;umpfige oder feuchte<lb/>
Gegenden: die mit Gras bewach&#x017F;enen Flußbetten, Teichbuchten und vor Allem die Reisfelder. Man<lb/>
trifft ihn einzeln oder in kleinen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften. Sein Flug i&#x017F;t ra&#x017F;ch, zierlich und wellenförmig.<lb/>
Aufge&#x017F;cheucht pflegt er eine ziemlich große Strecke zurückzulegen.</p><lb/>
          <p>Ueber den Ne&#x017F;tbau kenne ich nur die eine Angabe, welche &#x017F;ich in dem Prachtwerke: &#x201E;Die Eier<lb/>
der europäi&#x017F;chen Vögel&#x201F; von <hi rendition="#g">Bädeker,</hi> L. <hi rendition="#g">Brehm</hi> und <hi rendition="#g">Päßler</hi> findet. &#x201E;Er baut in eine Ver-<lb/>
tiefung der Erde ein flaches Ne&#x017F;t aus Pflanzen&#x017F;tengeln und legt es mit Fa&#x017F;erwurzeln aus. Die Eier<lb/>
findet man im Mai. Sie &#x017F;ind bedeutend größer als die des Brachpiepers, haben eine kurze, ovale<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Brehm, Thierleben. <hi rendition="#aq">III.</hi> 57</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[897/0945] Brachpieper. Sporenpieper. inzwiſchen durch Flugkünſte mancherlei Art und durch fleißiges Singen, d. h. Ausſtoßen ſeiner wenigen Laute. Naht man ſich langſam dem Neſte, ſo länft das brütende Weibchen, wie Naumann beobachtete, ein ziemliches Stück weg, ehe es fortfliegt. Zuweilen läßt es ſich jedoch auch über- raſchen und fliegt erſt dann ab, wenn man ſchon unmittelbar vor dem Neſte ſteht. Beide Eltern ſind außerordentlich beſorgt um die Brut und geberden ſich ſehr ängſtlich, wenn ſie Gefahr fürchten. Nur wenn die Eier geraubt werden, brütet das Paar zweimal im Jahre. Wenn Alles gut geht, findet man Ende Mais oder Anfang Junis und im Juli die ausgeflogenen Jungen. Gefangene Brachpieper werden bald ſehr zahm, gewöhnen ſich auch an ein Stubenfutter und halten ſich in einem großen Käfig verhältnißmäßig gut. Jhr Benehmen aber iſt doch nicht unter- haltend genug, als daß ſie viele Liebhaber finden ſollten. Als die nächſten Verwandten der Brachpieper ſieht man die Stelzenpieper (Corydalla) an. Sie kennzeichnen ſich durch ihre bedeutende Größe, die ſpitzen Flügel, in denen die drei erſten Schwingen ungefähr von gleicher Länge ſind, den langen, an der Spitze bauchig ausgeſchnittenen Schwanz und die hohen, ſchlanken Füße, deren Hinterzehe mit einer ſie ſelbſt an Länge übertreffenden Kralle bewehrt iſt. Eine Art der Sippe, der Sporenpieper (Corydalla Richardii) iſt wiederholt in Europa beobachtet worden, gehört hier aber jedenfalls zu den größten Seltenheiten. Das Gefieder der Oberſeite iſt trübbraun, jede Feder bläſſer gerandet; die Wangengegend, ein Augenbrauenſtreif und die Unterſeite ſind gilblichweiß, auf der Bruſt und an den Seiten graulich überflogen, zu beiden Seiten des Halſes auf weißem Grunde mit wenigen länglichen, nach der Bruſt hin allmälich kleiner werdenden dunkelbraunen Flecken gezeichnet. Die großen und mittleren Schwungfedern ſind graubraun, mit breiter, heller röthlichgrau abſchattirter Jnnenkante; die Außenfahne der erſten Schwinge iſt faſt weiß, bei den folgenden nimmt hier Roſtgelb mehr und mehr überhand. Die mittleren Schwanzfedern ſind braunſchwarz, die mittelſten am hellſten, die ſeitlichen vorherrſchend, die äußerſten faſt ganz weiß. Das Sommergefieder iſt dunkler, und die Kanten treten ſchärfer hervor. Das Auge iſt braun, der Oberſchnabel dunkelbraun, der Unterſchnabel gelb an der Wurzel, der Fuß gelblichbraun. Die Länge beträgt 7½ bis 8, die Breite 12½, die Fittiglänge 3⅘, die Schwanzlänge 3¼ Zoll. Der Sporenpieper iſt einige Male auf Helgoland vorgekommen und ſoll in Spanien, Frankreich, Jtalien, Oeſterreich, Griechenland, Großbritannien und auf Sardinien regelmäßiger, aber nirgends häufig gefunden werden und im Süden namentlich die felſigen Hügel am Fuße der Gebirge bewohnen. Letztere Angabe, welche wir von der Mühle verdanken, ſtimmt nicht überein mit den Beobachtungen Jerdon’s, und deshalb erſcheint es mir wahrſcheinlich, daß von der Mühle gar keinen Sporen-, ſondern einen Brachpieper vor ſich gehabt hat. Was Spanien und Afrika anlangt, ſo kann ich verſichern, daß ich den wahren Sporenpieper niemals gefunden habe. Jerdon ſagt, daß der Vogel im größten Theile von Jndien, aber nur während des Winters vorkomme und höchſtens bis Ende April im Lande verweile. Man iſt ihm von Nepal und dem Himalaya an bis zum äußerſten Süden begegnet und hat ihn namentlich im untern Bengalen häufig angetroffen. Ceylon, Burmah und andere nach Oſten hin gelegene Länder berührt er ebenfalls. Jn Mittelchina iſt er, laut Swinhoe, während des ganzen Winters ſehr gemein. Zu ſeinem Aufenthalte wählt er immer ſumpfige oder feuchte Gegenden: die mit Gras bewachſenen Flußbetten, Teichbuchten und vor Allem die Reisfelder. Man trifft ihn einzeln oder in kleinen Geſellſchaften. Sein Flug iſt raſch, zierlich und wellenförmig. Aufgeſcheucht pflegt er eine ziemlich große Strecke zurückzulegen. Ueber den Neſtbau kenne ich nur die eine Angabe, welche ſich in dem Prachtwerke: „Die Eier der europäiſchen Vögel‟ von Bädeker, L. Brehm und Päßler findet. „Er baut in eine Ver- tiefung der Erde ein flaches Neſt aus Pflanzenſtengeln und legt es mit Faſerwurzeln aus. Die Eier findet man im Mai. Sie ſind bedeutend größer als die des Brachpiepers, haben eine kurze, ovale Brehm, Thierleben. III. 57

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/945
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 897. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/945>, abgerufen am 26.05.2024.