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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Zaun- und Heckenkönig. Hausschlüpfer.
Vögel versteht er sehr treu nachzuahmen. Er wiederholt täuschend das "Pitto, pitto, pitto" oder das
"Katetedid" der Meise, das "Towitt towitt" des Grundfinken, das Trillern der Sänger, das Geschrei der
großen Spechte, den Gesang des Schwarzvogels, der Lerche, des Kardinals, des Blauvogels und vieler
anderer Sänger, verändert die geborgten Strophen aber auf das Manchfaltigste." -- Gerhardt nennt
ihn einen derjenigen Vögel, welche das meiste Leben in die Landschaft bringen. "Eine Unermüdlichkeit,
gleich der unseres Zaunkönigs, wohnt in ihm und gestattet ihm fast keinen Augenblick Ruhe. Sieht
man ja einen, der nicht so rastlos und behende herumhüpft, so kann man fast mit Gewißheit darauf
rechnen, daß er krank sei. Trotzdem, daß sein steter Aufenthalt in der Nähe des Menschen ihn den-
selben befreunden sollte, findet man ihn doch gemeinlich scheu und vorsichtig. Beim Erblicken einer
Katze oder eines andern Raubthieres schreit er oftmals nach einander "Tschäh, tschäh, tschäh", auch
"Tirrr, tirrr, tirrr". Sein Gesang, den er fast das ganze Jahr hindurch mit wenig Unterbrechung
hören läßt, ist zwar laut, aber nicht im Geringsten dem des deutschen Zaunkönigs zu vergleichen und
lautet "Tullieh, tullieh, tullieh, tullii", öfters hängt er auch noch ein schnarrendes "Errr" an. An
der Erde laufend, läßt er ein leises "Pitt" hören, lockt auch "Tirrr, tirrr", andere Male ruft er ganz
deutlich "William, William, William" oder "Devis, Devis, Devis".

"Schon im zeitigsten Frühjahr beginnen ältere Vögel mit dem Nestbau, sodaß man öfters am
20. April bereits ausgeflogene Junge findet. Jüngere Vögel haben gemeinlich im April, auch erst im
Mai die ersten Eier. Sie sind 7 Linien lang, 5 Linien breit; ihre Farbe ist röthlichweiß, ein starker
Kranz besteht aus gelbbraunen, rostfarbenen und aschgrauen Flecken, mit welchen auch die übrige Fläche
fast überall bestreut ist. Das Nest wird verschiedentlich angelegt, bald in einem großen Loche eines
liegenden Stammes, bald auf Balken und Vorsprüngen an und in Häusern, bald in Lücken hinter
Kaminen, und ist überaus umfangreich. Die Größe wechselt, je nach dem Orte, wo es angelegt
wird, von 5 Zoll bis zu einem Fuß Durchmesser. Zum Unterbau verwendet er Wurzeln, zur
Umkleidung starke Blätter und Mos, zur Ausfütterung feine Hälmchen, Federn und Hasenwolle;
oben wird es gewölbt und seitlich mit einem Eingangsloche versehen. Die erste Brut enthält fünf
bis sechs, die zweite im Juni vier bis fünf Eier. Die Jungen werden mit Raupen, Kerbthieren und
Würmern überaus reichlich versorgt und wachsen sehr geschwind. Beim Singen antworten sich
mehrere Männchen ganz regelmäßig." Jn allem übrigen ähnelt der Heckenkönig seinem europäischen
Verwandten.

Eine südamerikanische Art dieser Sippe (Thryothorus platensis) ist von dem Prinzen zu Wied
Hausschlüpfer
genannt worden. Das Gefieder der Oberseite ist braun, gegen den Bürzel hin
röthlicher, ohne bemerkbare Querwellen; die Schwingen und Steuerfedern sind schwarzbraun, fein in
die Quere gebändert, erstere am Jnnenrande blaß gesäumt; über das Auge zieht sich ein blasser
Streifen; die Kehle ist weiß, die Wangengegend braun gestreift; Hals, Brust und Bauch sind blaßrost-
gelblich, die Brustseiten röther, dunkler, aber matt gewellt. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel
oben dunkelhornfarben, unten an der Wurzel weißlich, der Fuß fleischbraun. Die Länge beträgt
4 Zoll 6 Linien, die Breite 6 Zoll, die Fittiglänge 1 Zoll 10 Linien, die Schwanzlänge 11/2 Zoll.

Der Hausschlüpfer lebt im Süden Brasiliens und zwar im Binnenlande, außerdem in Paraguay
und den andern Gegenden des innern Südamerika. "Dieser angenehme Singvogel", sagt der
Prinz, "ersetzt in den Wohnungen der Brasilianer unsern europäischen Sperling; denn er ist der
Hausvogel oder der einzige in den Gebäuden vorkommende befiederte Bewohner. Er gleicht nicht
blos in Gestalt und Farbe, sondern auch in seinen Sitten unserm Zaunkönig sehr, ist überaus lebhaft,
beständig in Bewegung, den Schwanz aufrichtend und damit schnellend, den Körper niedrig gebeugt
tragend und häufig hin und her durch Zäune, kleine Oeffnungen, unter die Dächer u. s. w. kriechend.
Er hält sich an den Gartenzäunen, Mauern und Dächern auf, gewöhnlich paarweise, hat eine etwas
schmatzende Lockstimme, etwa wie einige unserer Grasmücken und läßt, auf einem Zaune, Dache oder
einer Hecke sitzend, einen lauten, angenehm belebten und sehr abwechselnden Gesang hören, der ihn zu

Zaun- und Heckenkönig. Hausſchlüpfer.
Vögel verſteht er ſehr treu nachzuahmen. Er wiederholt täuſchend das „Pitto, pitto, pitto‟ oder das
„Katetedid‟ der Meiſe, das „Towitt towitt‟ des Grundfinken, das Trillern der Sänger, das Geſchrei der
großen Spechte, den Geſang des Schwarzvogels, der Lerche, des Kardinals, des Blauvogels und vieler
anderer Sänger, verändert die geborgten Strophen aber auf das Manchfaltigſte.‟ — Gerhardt nennt
ihn einen derjenigen Vögel, welche das meiſte Leben in die Landſchaft bringen. „Eine Unermüdlichkeit,
gleich der unſeres Zaunkönigs, wohnt in ihm und geſtattet ihm faſt keinen Augenblick Ruhe. Sieht
man ja einen, der nicht ſo raſtlos und behende herumhüpft, ſo kann man faſt mit Gewißheit darauf
rechnen, daß er krank ſei. Trotzdem, daß ſein ſteter Aufenthalt in der Nähe des Menſchen ihn den-
ſelben befreunden ſollte, findet man ihn doch gemeinlich ſcheu und vorſichtig. Beim Erblicken einer
Katze oder eines andern Raubthieres ſchreit er oftmals nach einander „Tſchäh, tſchäh, tſchäh‟, auch
„Tirrr, tirrr, tirrr‟. Sein Geſang, den er faſt das ganze Jahr hindurch mit wenig Unterbrechung
hören läßt, iſt zwar laut, aber nicht im Geringſten dem des deutſchen Zaunkönigs zu vergleichen und
lautet „Tullieh, tullieh, tullieh, tullii‟, öfters hängt er auch noch ein ſchnarrendes „Errr‟ an. An
der Erde laufend, läßt er ein leiſes „Pitt‟ hören, lockt auch „Tirrr, tirrr‟, andere Male ruft er ganz
deutlich „William, William, William‟ oder „Devis, Devis, Devis‟.

„Schon im zeitigſten Frühjahr beginnen ältere Vögel mit dem Neſtbau, ſodaß man öfters am
20. April bereits ausgeflogene Junge findet. Jüngere Vögel haben gemeinlich im April, auch erſt im
Mai die erſten Eier. Sie ſind 7 Linien lang, 5 Linien breit; ihre Farbe iſt röthlichweiß, ein ſtarker
Kranz beſteht aus gelbbraunen, roſtfarbenen und aſchgrauen Flecken, mit welchen auch die übrige Fläche
faſt überall beſtreut iſt. Das Neſt wird verſchiedentlich angelegt, bald in einem großen Loche eines
liegenden Stammes, bald auf Balken und Vorſprüngen an und in Häuſern, bald in Lücken hinter
Kaminen, und iſt überaus umfangreich. Die Größe wechſelt, je nach dem Orte, wo es angelegt
wird, von 5 Zoll bis zu einem Fuß Durchmeſſer. Zum Unterbau verwendet er Wurzeln, zur
Umkleidung ſtarke Blätter und Mos, zur Ausfütterung feine Hälmchen, Federn und Haſenwolle;
oben wird es gewölbt und ſeitlich mit einem Eingangsloche verſehen. Die erſte Brut enthält fünf
bis ſechs, die zweite im Juni vier bis fünf Eier. Die Jungen werden mit Raupen, Kerbthieren und
Würmern überaus reichlich verſorgt und wachſen ſehr geſchwind. Beim Singen antworten ſich
mehrere Männchen ganz regelmäßig.‟ Jn allem übrigen ähnelt der Heckenkönig ſeinem europäiſchen
Verwandten.

Eine ſüdamerikaniſche Art dieſer Sippe (Thryothorus platensis) iſt von dem Prinzen zu Wied
Hausſchlüpfer
genannt worden. Das Gefieder der Oberſeite iſt braun, gegen den Bürzel hin
röthlicher, ohne bemerkbare Querwellen; die Schwingen und Steuerfedern ſind ſchwarzbraun, fein in
die Quere gebändert, erſtere am Jnnenrande blaß geſäumt; über das Auge zieht ſich ein blaſſer
Streifen; die Kehle iſt weiß, die Wangengegend braun geſtreift; Hals, Bruſt und Bauch ſind blaßroſt-
gelblich, die Bruſtſeiten röther, dunkler, aber matt gewellt. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel
oben dunkelhornfarben, unten an der Wurzel weißlich, der Fuß fleiſchbraun. Die Länge beträgt
4 Zoll 6 Linien, die Breite 6 Zoll, die Fittiglänge 1 Zoll 10 Linien, die Schwanzlänge 1½ Zoll.

Der Hausſchlüpfer lebt im Süden Braſiliens und zwar im Binnenlande, außerdem in Paraguay
und den andern Gegenden des innern Südamerika. „Dieſer angenehme Singvogel‟, ſagt der
Prinz, „erſetzt in den Wohnungen der Braſilianer unſern europäiſchen Sperling; denn er iſt der
Hausvogel oder der einzige in den Gebäuden vorkommende befiederte Bewohner. Er gleicht nicht
blos in Geſtalt und Farbe, ſondern auch in ſeinen Sitten unſerm Zaunkönig ſehr, iſt überaus lebhaft,
beſtändig in Bewegung, den Schwanz aufrichtend und damit ſchnellend, den Körper niedrig gebeugt
tragend und häufig hin und her durch Zäune, kleine Oeffnungen, unter die Dächer u. ſ. w. kriechend.
Er hält ſich an den Gartenzäunen, Mauern und Dächern auf, gewöhnlich paarweiſe, hat eine etwas
ſchmatzende Lockſtimme, etwa wie einige unſerer Grasmücken und läßt, auf einem Zaune, Dache oder
einer Hecke ſitzend, einen lauten, angenehm belebten und ſehr abwechſelnden Geſang hören, der ihn zu

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[887/0935] Zaun- und Heckenkönig. Hausſchlüpfer. Vögel verſteht er ſehr treu nachzuahmen. Er wiederholt täuſchend das „Pitto, pitto, pitto‟ oder das „Katetedid‟ der Meiſe, das „Towitt towitt‟ des Grundfinken, das Trillern der Sänger, das Geſchrei der großen Spechte, den Geſang des Schwarzvogels, der Lerche, des Kardinals, des Blauvogels und vieler anderer Sänger, verändert die geborgten Strophen aber auf das Manchfaltigſte.‟ — Gerhardt nennt ihn einen derjenigen Vögel, welche das meiſte Leben in die Landſchaft bringen. „Eine Unermüdlichkeit, gleich der unſeres Zaunkönigs, wohnt in ihm und geſtattet ihm faſt keinen Augenblick Ruhe. Sieht man ja einen, der nicht ſo raſtlos und behende herumhüpft, ſo kann man faſt mit Gewißheit darauf rechnen, daß er krank ſei. Trotzdem, daß ſein ſteter Aufenthalt in der Nähe des Menſchen ihn den- ſelben befreunden ſollte, findet man ihn doch gemeinlich ſcheu und vorſichtig. Beim Erblicken einer Katze oder eines andern Raubthieres ſchreit er oftmals nach einander „Tſchäh, tſchäh, tſchäh‟, auch „Tirrr, tirrr, tirrr‟. Sein Geſang, den er faſt das ganze Jahr hindurch mit wenig Unterbrechung hören läßt, iſt zwar laut, aber nicht im Geringſten dem des deutſchen Zaunkönigs zu vergleichen und lautet „Tullieh, tullieh, tullieh, tullii‟, öfters hängt er auch noch ein ſchnarrendes „Errr‟ an. An der Erde laufend, läßt er ein leiſes „Pitt‟ hören, lockt auch „Tirrr, tirrr‟, andere Male ruft er ganz deutlich „William, William, William‟ oder „Devis, Devis, Devis‟. „Schon im zeitigſten Frühjahr beginnen ältere Vögel mit dem Neſtbau, ſodaß man öfters am 20. April bereits ausgeflogene Junge findet. Jüngere Vögel haben gemeinlich im April, auch erſt im Mai die erſten Eier. Sie ſind 7 Linien lang, 5 Linien breit; ihre Farbe iſt röthlichweiß, ein ſtarker Kranz beſteht aus gelbbraunen, roſtfarbenen und aſchgrauen Flecken, mit welchen auch die übrige Fläche faſt überall beſtreut iſt. Das Neſt wird verſchiedentlich angelegt, bald in einem großen Loche eines liegenden Stammes, bald auf Balken und Vorſprüngen an und in Häuſern, bald in Lücken hinter Kaminen, und iſt überaus umfangreich. Die Größe wechſelt, je nach dem Orte, wo es angelegt wird, von 5 Zoll bis zu einem Fuß Durchmeſſer. Zum Unterbau verwendet er Wurzeln, zur Umkleidung ſtarke Blätter und Mos, zur Ausfütterung feine Hälmchen, Federn und Haſenwolle; oben wird es gewölbt und ſeitlich mit einem Eingangsloche verſehen. Die erſte Brut enthält fünf bis ſechs, die zweite im Juni vier bis fünf Eier. Die Jungen werden mit Raupen, Kerbthieren und Würmern überaus reichlich verſorgt und wachſen ſehr geſchwind. Beim Singen antworten ſich mehrere Männchen ganz regelmäßig.‟ Jn allem übrigen ähnelt der Heckenkönig ſeinem europäiſchen Verwandten. Eine ſüdamerikaniſche Art dieſer Sippe (Thryothorus platensis) iſt von dem Prinzen zu Wied Hausſchlüpfer genannt worden. Das Gefieder der Oberſeite iſt braun, gegen den Bürzel hin röthlicher, ohne bemerkbare Querwellen; die Schwingen und Steuerfedern ſind ſchwarzbraun, fein in die Quere gebändert, erſtere am Jnnenrande blaß geſäumt; über das Auge zieht ſich ein blaſſer Streifen; die Kehle iſt weiß, die Wangengegend braun geſtreift; Hals, Bruſt und Bauch ſind blaßroſt- gelblich, die Bruſtſeiten röther, dunkler, aber matt gewellt. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel oben dunkelhornfarben, unten an der Wurzel weißlich, der Fuß fleiſchbraun. Die Länge beträgt 4 Zoll 6 Linien, die Breite 6 Zoll, die Fittiglänge 1 Zoll 10 Linien, die Schwanzlänge 1½ Zoll. Der Hausſchlüpfer lebt im Süden Braſiliens und zwar im Binnenlande, außerdem in Paraguay und den andern Gegenden des innern Südamerika. „Dieſer angenehme Singvogel‟, ſagt der Prinz, „erſetzt in den Wohnungen der Braſilianer unſern europäiſchen Sperling; denn er iſt der Hausvogel oder der einzige in den Gebäuden vorkommende befiederte Bewohner. Er gleicht nicht blos in Geſtalt und Farbe, ſondern auch in ſeinen Sitten unſerm Zaunkönig ſehr, iſt überaus lebhaft, beſtändig in Bewegung, den Schwanz aufrichtend und damit ſchnellend, den Körper niedrig gebeugt tragend und häufig hin und her durch Zäune, kleine Oeffnungen, unter die Dächer u. ſ. w. kriechend. Er hält ſich an den Gartenzäunen, Mauern und Dächern auf, gewöhnlich paarweiſe, hat eine etwas ſchmatzende Lockſtimme, etwa wie einige unſerer Grasmücken und läßt, auf einem Zaune, Dache oder einer Hecke ſitzend, einen lauten, angenehm belebten und ſehr abwechſelnden Geſang hören, der ihn zu

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 887. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/935>, abgerufen am 22.11.2024.