Fuß ziemlich hoch und langzehig, der Fittig kurz und abgerundet, in ihm die zweite und dritte Schwungfeder die längsten, der Schwanz mittellang, breit und abgestuft, sein Unterdeckgefieder sehr lang. Das übrige Gefieder ist weich und fein, seine Färbung ein düsteres Bräunlichgrün, mit dunklerer Fleckenzeichnung auf dem Rücken und auf der Oberbrust. Jn der Lebensweise unterscheiden sich die Grillensänger von allen übrigen Schilfsängern; denn sie bewohnen mehr den Boden zwischen Gräfern und Pflanzen aller Art, als diese selbst, auch lassen sie sämmtlich einen sonderbaren Gesang vernehmen, welcher dem bekannten Schwirren der Heuschrecken oder Grillen ähnelt.
Der Schwirl, wie wir die oben bezeichnete Art nennen wollen, erreicht eine Länge von 43/4 bis 51/2 Zoll und eine Breite von 71/2 -- 8 Zoll; der Fittig mißt 21/2, der Schwanz 1 5/6 bis 2 Zoll. Das Gefieder ist auf der Oberseite olivengrau oder ölbraungrau, durch eiförmige braunschwarze Flecken gezeichnet; Kehle und Gurgel sind weiß; die Oberbrust ist auf rostgelblichem Grunde mit wenigen länglich runden Flecken von dunkelgrauer Farbe getüpfelt; der Unterleib ist weiß oder gelblichweiß, seitlich etwas dunkler; die Unterschwanzdeckfedern sind rostgelblichweiß mit lichtbraunen Schaftflecken; die Schwingen sind schwärzlichbraun mit schmalen ölgrauen Seitenkanten, welche nach hinten zu breiter werden; die Steuerfedern sind dunkelgrünlichbraungrau, lichter gesäumt und gewöhnlich dunkler in die Quere gebändert. Das Auge ist graubraun, der Schnabel hornfarben, der Fuß lichtröthlich. Jm Herbstkleide ist das Gefieder der Unterseite gilblicher, im Jugendkleide auf der Brust ungefleckt.
Von Schweden oder Rußland an verbreitet sich der Schwirl über ganz Mitteleuropa und ebenso über Mittelasien. Gelegentlich seines Zuges erscheint er im Süden unseres Erdtheils oder in Jndien und den übrigen Ländern Südasiens bis nach China hin. Er bewohnt die Ebenen, findet sich aber keineswegs überall, sondern nur stellenweise, hier und da sehr häufig, an andern Orten wieder gar nicht. Das Gebirge meidet er gänzlich. Jn Deutschland erscheint er um die Mitte des April und verweilt hier bis zu Ende Septembers; die übrigen Monate des Jahres verbringt er in seiner Winterherberge. Weniger als andere Rohrsänger bindet sich der Schwirl bei der Wahl seiner Sommer- wohnsitze oder Nistplätze an bestimmte Oertlichkeiten. Man findet ihn nämlich ebensowohl in großen Sümpfen, wie auf kleineren, mit Weidengebüsch bewachsenen Wiesen, im Walde nicht minder, als auf Feldern. Jn einzelnen Gegenden entfernt er sich nicht vom Wasser, in andern lebt er auf trockenem Boden; hier bevorzugt er Seggengräser, dort niederes, dichtes Buschholz und Dornengestrüpp. Wenn eine Oertlichkeit ihm hundert- und tausendfach Gelegenheit bietet, sich jeder Zeit zu verbergen, scheint sie allen Anforderungen, welche er an sie stellt, zu entsprechen. Auf dem Zuge ist er noch weniger wählerisch, als während seines Sommerlebens; er verbringt dann den Tag allerorten, wo andere Pflanzen dicht den Boden bedecken.
"Der zusammengedrückte Leib, die bewunderungswürdige Schnelligkeit im Laufen und das gefleckte Gefieder", sagt Wodzicki, "stempeln den Schwirl zu einem Vertreter der Rallen in der Sängerfamilie. Hat man je Gelegenheit gehabt, diese Vögel beim Neste zu beobachten, wie sie emsig hin- und herlaufen auf nassem Boden, selbst kleine, mit seichtem Wasser bedeckte Strecken überschreiten, wie sie im Wasser, ohne sich aufzuhalten, die auf ihrem Wege sich vorfindenden Kerbthiere erhaschen, dieselben in größter Eile den Jungen zutragen und wieder fortrennen, wie sie auf die Grasstufen springen, ein paarmal schwirren und dann wieder eifrig suchen, hat man sie endlich beim Singen gesehen mit ausgestrecktem Hals und aufgeblasener Kehle, so wird man gewiß an die Wasserralle denken ..." "Es mag nicht leicht", schildert Naumann, "einen unruhigeren und dabei versteckter lebenden Vogel geben als diesen. Sein Betragen ist ein Gemisch der Rohrsänger, Schlüpfer und Pieper. Unablässig kriecht er im dichtesten Gestrüpp von Buschholz und von Sumpfpflanzen dicht über dem Boden oder auf diesem herum und treibt hier sein Wesen fast ganz im Verborgenen. Nur ein plötzlicher Ueberfall kann ihn einmal aus seinen Verstecken hervorscheuchen; aber er fliegt auch dann gewiß nie weit über das Freie und blos niedrig und dicht über dem Boden dahin. Er ist ein unge- mein hurtiger, lebhafter Vogel und dabei scheu und listig. Auf dem Erdboden läuft er schrittweise
Uferſchilfſänger. Schwirl.
Fuß ziemlich hoch und langzehig, der Fittig kurz und abgerundet, in ihm die zweite und dritte Schwungfeder die längſten, der Schwanz mittellang, breit und abgeſtuft, ſein Unterdeckgefieder ſehr lang. Das übrige Gefieder iſt weich und fein, ſeine Färbung ein düſteres Bräunlichgrün, mit dunklerer Fleckenzeichnung auf dem Rücken und auf der Oberbruſt. Jn der Lebensweiſe unterſcheiden ſich die Grillenſänger von allen übrigen Schilfſängern; denn ſie bewohnen mehr den Boden zwiſchen Gräfern und Pflanzen aller Art, als dieſe ſelbſt, auch laſſen ſie ſämmtlich einen ſonderbaren Geſang vernehmen, welcher dem bekannten Schwirren der Heuſchrecken oder Grillen ähnelt.
Der Schwirl, wie wir die oben bezeichnete Art nennen wollen, erreicht eine Länge von 4¾ bis 5½ Zoll und eine Breite von 7½ — 8 Zoll; der Fittig mißt 2½, der Schwanz 1⅚ bis 2 Zoll. Das Gefieder iſt auf der Oberſeite olivengrau oder ölbraungrau, durch eiförmige braunſchwarze Flecken gezeichnet; Kehle und Gurgel ſind weiß; die Oberbruſt iſt auf roſtgelblichem Grunde mit wenigen länglich runden Flecken von dunkelgrauer Farbe getüpfelt; der Unterleib iſt weiß oder gelblichweiß, ſeitlich etwas dunkler; die Unterſchwanzdeckfedern ſind roſtgelblichweiß mit lichtbraunen Schaftflecken; die Schwingen ſind ſchwärzlichbraun mit ſchmalen ölgrauen Seitenkanten, welche nach hinten zu breiter werden; die Steuerfedern ſind dunkelgrünlichbraungrau, lichter geſäumt und gewöhnlich dunkler in die Quere gebändert. Das Auge iſt graubraun, der Schnabel hornfarben, der Fuß lichtröthlich. Jm Herbſtkleide iſt das Gefieder der Unterſeite gilblicher, im Jugendkleide auf der Bruſt ungefleckt.
Von Schweden oder Rußland an verbreitet ſich der Schwirl über ganz Mitteleuropa und ebenſo über Mittelaſien. Gelegentlich ſeines Zuges erſcheint er im Süden unſeres Erdtheils oder in Jndien und den übrigen Ländern Südaſiens bis nach China hin. Er bewohnt die Ebenen, findet ſich aber keineswegs überall, ſondern nur ſtellenweiſe, hier und da ſehr häufig, an andern Orten wieder gar nicht. Das Gebirge meidet er gänzlich. Jn Deutſchland erſcheint er um die Mitte des April und verweilt hier bis zu Ende Septembers; die übrigen Monate des Jahres verbringt er in ſeiner Winterherberge. Weniger als andere Rohrſänger bindet ſich der Schwirl bei der Wahl ſeiner Sommer- wohnſitze oder Niſtplätze an beſtimmte Oertlichkeiten. Man findet ihn nämlich ebenſowohl in großen Sümpfen, wie auf kleineren, mit Weidengebüſch bewachſenen Wieſen, im Walde nicht minder, als auf Feldern. Jn einzelnen Gegenden entfernt er ſich nicht vom Waſſer, in andern lebt er auf trockenem Boden; hier bevorzugt er Seggengräſer, dort niederes, dichtes Buſchholz und Dornengeſtrüpp. Wenn eine Oertlichkeit ihm hundert- und tauſendfach Gelegenheit bietet, ſich jeder Zeit zu verbergen, ſcheint ſie allen Anforderungen, welche er an ſie ſtellt, zu entſprechen. Auf dem Zuge iſt er noch weniger wähleriſch, als während ſeines Sommerlebens; er verbringt dann den Tag allerorten, wo andere Pflanzen dicht den Boden bedecken.
„Der zuſammengedrückte Leib, die bewunderungswürdige Schnelligkeit im Laufen und das gefleckte Gefieder‟, ſagt Wodzicki, „ſtempeln den Schwirl zu einem Vertreter der Rallen in der Sängerfamilie. Hat man je Gelegenheit gehabt, dieſe Vögel beim Neſte zu beobachten, wie ſie emſig hin- und herlaufen auf naſſem Boden, ſelbſt kleine, mit ſeichtem Waſſer bedeckte Strecken überſchreiten, wie ſie im Waſſer, ohne ſich aufzuhalten, die auf ihrem Wege ſich vorfindenden Kerbthiere erhaſchen, dieſelben in größter Eile den Jungen zutragen und wieder fortrennen, wie ſie auf die Grasſtufen ſpringen, ein paarmal ſchwirren und dann wieder eifrig ſuchen, hat man ſie endlich beim Singen geſehen mit ausgeſtrecktem Hals und aufgeblaſener Kehle, ſo wird man gewiß an die Waſſerralle denken …‟ „Es mag nicht leicht‟, ſchildert Naumann, „einen unruhigeren und dabei verſteckter lebenden Vogel geben als dieſen. Sein Betragen iſt ein Gemiſch der Rohrſänger, Schlüpfer und Pieper. Unabläſſig kriecht er im dichteſten Geſtrüpp von Buſchholz und von Sumpfpflanzen dicht über dem Boden oder auf dieſem herum und treibt hier ſein Weſen faſt ganz im Verborgenen. Nur ein plötzlicher Ueberfall kann ihn einmal aus ſeinen Verſtecken hervorſcheuchen; aber er fliegt auch dann gewiß nie weit über das Freie und blos niedrig und dicht über dem Boden dahin. Er iſt ein unge- mein hurtiger, lebhafter Vogel und dabei ſcheu und liſtig. Auf dem Erdboden läuft er ſchrittweiſe
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[873/0921]
Uferſchilfſänger. Schwirl.
Fuß ziemlich hoch und langzehig, der Fittig kurz und abgerundet, in ihm die zweite und dritte
Schwungfeder die längſten, der Schwanz mittellang, breit und abgeſtuft, ſein Unterdeckgefieder ſehr
lang. Das übrige Gefieder iſt weich und fein, ſeine Färbung ein düſteres Bräunlichgrün, mit dunklerer
Fleckenzeichnung auf dem Rücken und auf der Oberbruſt. Jn der Lebensweiſe unterſcheiden ſich die
Grillenſänger von allen übrigen Schilfſängern; denn ſie bewohnen mehr den Boden zwiſchen Gräfern
und Pflanzen aller Art, als dieſe ſelbſt, auch laſſen ſie ſämmtlich einen ſonderbaren Geſang
vernehmen, welcher dem bekannten Schwirren der Heuſchrecken oder Grillen ähnelt.
Der Schwirl, wie wir die oben bezeichnete Art nennen wollen, erreicht eine Länge von 4¾ bis
5½ Zoll und eine Breite von 7½ — 8 Zoll; der Fittig mißt 2½, der Schwanz 1⅚ bis 2 Zoll.
Das Gefieder iſt auf der Oberſeite olivengrau oder ölbraungrau, durch eiförmige braunſchwarze
Flecken gezeichnet; Kehle und Gurgel ſind weiß; die Oberbruſt iſt auf roſtgelblichem Grunde mit
wenigen länglich runden Flecken von dunkelgrauer Farbe getüpfelt; der Unterleib iſt weiß oder
gelblichweiß, ſeitlich etwas dunkler; die Unterſchwanzdeckfedern ſind roſtgelblichweiß mit lichtbraunen
Schaftflecken; die Schwingen ſind ſchwärzlichbraun mit ſchmalen ölgrauen Seitenkanten, welche nach
hinten zu breiter werden; die Steuerfedern ſind dunkelgrünlichbraungrau, lichter geſäumt und
gewöhnlich dunkler in die Quere gebändert. Das Auge iſt graubraun, der Schnabel hornfarben, der
Fuß lichtröthlich. Jm Herbſtkleide iſt das Gefieder der Unterſeite gilblicher, im Jugendkleide auf der
Bruſt ungefleckt.
Von Schweden oder Rußland an verbreitet ſich der Schwirl über ganz Mitteleuropa und ebenſo
über Mittelaſien. Gelegentlich ſeines Zuges erſcheint er im Süden unſeres Erdtheils oder in
Jndien und den übrigen Ländern Südaſiens bis nach China hin. Er bewohnt die Ebenen, findet ſich
aber keineswegs überall, ſondern nur ſtellenweiſe, hier und da ſehr häufig, an andern Orten wieder
gar nicht. Das Gebirge meidet er gänzlich. Jn Deutſchland erſcheint er um die Mitte des April
und verweilt hier bis zu Ende Septembers; die übrigen Monate des Jahres verbringt er in ſeiner
Winterherberge. Weniger als andere Rohrſänger bindet ſich der Schwirl bei der Wahl ſeiner Sommer-
wohnſitze oder Niſtplätze an beſtimmte Oertlichkeiten. Man findet ihn nämlich ebenſowohl in großen
Sümpfen, wie auf kleineren, mit Weidengebüſch bewachſenen Wieſen, im Walde nicht minder, als auf
Feldern. Jn einzelnen Gegenden entfernt er ſich nicht vom Waſſer, in andern lebt er auf trockenem
Boden; hier bevorzugt er Seggengräſer, dort niederes, dichtes Buſchholz und Dornengeſtrüpp.
Wenn eine Oertlichkeit ihm hundert- und tauſendfach Gelegenheit bietet, ſich jeder Zeit zu verbergen,
ſcheint ſie allen Anforderungen, welche er an ſie ſtellt, zu entſprechen. Auf dem Zuge iſt er noch
weniger wähleriſch, als während ſeines Sommerlebens; er verbringt dann den Tag allerorten, wo
andere Pflanzen dicht den Boden bedecken.
„Der zuſammengedrückte Leib, die bewunderungswürdige Schnelligkeit im Laufen und das
gefleckte Gefieder‟, ſagt Wodzicki, „ſtempeln den Schwirl zu einem Vertreter der Rallen in der
Sängerfamilie. Hat man je Gelegenheit gehabt, dieſe Vögel beim Neſte zu beobachten, wie ſie emſig
hin- und herlaufen auf naſſem Boden, ſelbſt kleine, mit ſeichtem Waſſer bedeckte Strecken überſchreiten,
wie ſie im Waſſer, ohne ſich aufzuhalten, die auf ihrem Wege ſich vorfindenden Kerbthiere erhaſchen,
dieſelben in größter Eile den Jungen zutragen und wieder fortrennen, wie ſie auf die Grasſtufen
ſpringen, ein paarmal ſchwirren und dann wieder eifrig ſuchen, hat man ſie endlich beim Singen
geſehen mit ausgeſtrecktem Hals und aufgeblaſener Kehle, ſo wird man gewiß an die Waſſerralle
denken …‟ „Es mag nicht leicht‟, ſchildert Naumann, „einen unruhigeren und dabei verſteckter
lebenden Vogel geben als dieſen. Sein Betragen iſt ein Gemiſch der Rohrſänger, Schlüpfer und
Pieper. Unabläſſig kriecht er im dichteſten Geſtrüpp von Buſchholz und von Sumpfpflanzen dicht
über dem Boden oder auf dieſem herum und treibt hier ſein Weſen faſt ganz im Verborgenen. Nur ein
plötzlicher Ueberfall kann ihn einmal aus ſeinen Verſtecken hervorſcheuchen; aber er fliegt auch dann
gewiß nie weit über das Freie und blos niedrig und dicht über dem Boden dahin. Er iſt ein unge-
mein hurtiger, lebhafter Vogel und dabei ſcheu und liſtig. Auf dem Erdboden läuft er ſchrittweiſe
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 873. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/921>, abgerufen am 22.11.2024.
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