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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Fänger. Singvögel. Wasserdrosseln.
Jn der Schaufel eines Mühlenrades füllt es diese gewöhnlich zum Theil aus und ist mit großer
Kunst in eine nach unten sich öffnende so angebracht, daß es nicht herausfallen kann; es ist dann
zuweilen zwei Fuß lang. Man findet darin vier bis sechs Eier, welche 10 bis 12 Linien lang, 8 bis
81/2 Linien breit, sehr verschieden gestaltet, dünn- und glattschälig, mit deutlichen Poren und glänzend
weiß sind. Das Weibchen bebrütet sie so emsig, daß man es auf ihnen oder auf den zarten Jungen
ergreifen kann; erzieht aber dennoch gewöhnlich nur zwei, seltener drei Junge; das Faulen mehrerer
Eier dieses Vogels rührt wahrscheinlich daher, daß das Nest oft ganz feucht ist."

"Wenn die Alten bei dem Neste nicht gestört werden, legen sie ihr scheues Wesen ab und werden
zutraulich, sodaß sie sich vor den Menschen wenig fürchten." Besonders hübsch sieht es aus, wenn sie,
um zu ihrer Brut zu gelangen, einen Wassersturz durchfliegen.

Feinde der Wasserschwätzer sind die nächtlich umherschleichenden Raubthiere, welche, wenn es
einer leckeren Beute gilt, auch einen Sprung ins Wasser nicht scheuen. Die Brut mag öfters von
Katzen geraubt werden; alte Vögel lassen sich von diesen Raubthieren kaum bethören: sie
werden gewiß auch vom Jltis und Wiesel oder vom Fischotter nur selten übertölpelt. Raubvögel
unterlassen es wohlweislich, auf Wasserschwätzer Jagd zu machen, weil diese bei ihrem Erscheinen sich
sofort in die sichere Tiefe stürzen. Der Mensch verfolgt die liebenswürdigen Vögel nirgends regel-
mäßig; er schont sie vielmehr, nachdem er sie kennen gelernt hat. Auch ist die Jagd des Wasser-
schwätzers nicht Jedermanns Sache; vor Sonntagsschützen z. B. ist der behende Gesell in den meisten
Fällen gesichert. Wer nicht fliegende Vögel zu schießen versteht, braucht sich nicht auf Wasserschwätzer
zu bemühen; denn die einmal scheu gewordenen spotten jeder ungeschickten Jagdweise. Noch schwieriger
als die Jagd mit dem Feuergewehr ist der Fang des Vogels: Fallen und Netze sind bei ihm nicht
anzuwenden. Es gibt aber doch eine Fangart, welche zum Ziele führt. "Ein Vogelliebhaber im
Voigtlande", so schreibt mir Homeyer, "weiß sich der Wasserschwätzer mit ziemlicher Sicherheit zu
bemächtigen. Er beobachtet gegen Abend den Vogel, wenn er in seine Nachtherberge, also in eine
Röhre oder ein Loch des steilen Uferrandes einschlüpft, wartet die völlige Dunkelheit ab und beginnt
nun seine Jagd. Jm Wasser wadend, schleicht er längs des Ufers dahin, in der Hand eine Blend-
laterne tragend, deren Leuchtfeld beliebig geöffnet und verschlossen werden kann. Mit dieser leuchtet
er plötzlich in die betreffende Oeffnung hinein und blendet dadurch den Vogel derart, daß er ihn mit
der Hand ergreifen kann. Jch erhielt, Dank dieser Fangart, den einzigen Wasserschwätzer, welchen ich
jemals im Käfig gesehen habe. Leider gelang es mir nicht, den anziehenden Vogel an seine Gefangen-
schaft zu gewöhnen. Der Wildfang zeigte sich sehr störrisch, setzte sich in die hinterste dunkle Ecke des
Behälters und verweigerte hartnäckig jegliche Nahrung. Das Stopfen mit Ameiseneiern und Mehl-
würmern blieb ohne Erfolg; denn schon am sechsten Tage war mein Vogel eine Leiche. Rührend und
an die Sage über den Tod des Singschwans erinnernd, war das Ende des Thieres. Jch hatte es in
die Hand genommen, um es wieder einmal zu stopfen, da stimmte es seinen flötenden Gesang an
und -- verschied. ..." "Wasserschwätzer zu halten", so schreibt mir Girtanner, "hat mir durchaus
nicht gelingen wollen. Jch hatte deren vier zusammen in einem großen Behälter. Sie fraßen Mehl-
würmer und Ameiseneier massenhaft, sangen schon am ersten Tage, badeten und waren guter Dinge.
Aber schon nach wenigen Tagen bemerkte ich mit Betrübniß, daß sie beim Baden zu naß und nach dem
Bade nicht so bald wieder trocken wurden. Das wurde schlimmer von Tag zu Tag, und als ich einen
herausgenommen, fand ich ihn, wie ich vermuthet, sehr abgemagert, trotz alles Fressens. Selbstver-
ständlich liefert unter solchen Umständen die Bürzeldrüse nicht genug Fett mehr für die Federn, diese
bleiben länger, als gut ist, naß, und damit ist allen möglichen, besonders aber Erkältungskrankheiten
Thür und Thor geöffnet. Meine vier Gefangenen starben innerhalb der ersten acht Tage; sie fraßen
und sangen bis zum letzten Augenblick." Diese Beobachtungen meiner werthgeschätzten Freunde
widersprechen Tschudi's Angaben über das Gefangenleben des Wasserschwätzers insofern nicht, als
es sich um alte Vögel handelte. Jung eingefangene sollen sich, laut Tschudi, mit Fliegen und
Mehlwürmern nach und nach an das Nachtigallfutter gewöhnen lassen und bald zahm und zutraulich

Die Fänger. Singvögel. Waſſerdroſſeln.
Jn der Schaufel eines Mühlenrades füllt es dieſe gewöhnlich zum Theil aus und iſt mit großer
Kunſt in eine nach unten ſich öffnende ſo angebracht, daß es nicht herausfallen kann; es iſt dann
zuweilen zwei Fuß lang. Man findet darin vier bis ſechs Eier, welche 10 bis 12 Linien lang, 8 bis
8½ Linien breit, ſehr verſchieden geſtaltet, dünn- und glattſchälig, mit deutlichen Poren und glänzend
weiß ſind. Das Weibchen bebrütet ſie ſo emſig, daß man es auf ihnen oder auf den zarten Jungen
ergreifen kann; erzieht aber dennoch gewöhnlich nur zwei, ſeltener drei Junge; das Faulen mehrerer
Eier dieſes Vogels rührt wahrſcheinlich daher, daß das Neſt oft ganz feucht iſt.‟

„Wenn die Alten bei dem Neſte nicht geſtört werden, legen ſie ihr ſcheues Weſen ab und werden
zutraulich, ſodaß ſie ſich vor den Menſchen wenig fürchten.‟ Beſonders hübſch ſieht es aus, wenn ſie,
um zu ihrer Brut zu gelangen, einen Waſſerſturz durchfliegen.

Feinde der Waſſerſchwätzer ſind die nächtlich umherſchleichenden Raubthiere, welche, wenn es
einer leckeren Beute gilt, auch einen Sprung ins Waſſer nicht ſcheuen. Die Brut mag öfters von
Katzen geraubt werden; alte Vögel laſſen ſich von dieſen Raubthieren kaum bethören: ſie
werden gewiß auch vom Jltis und Wieſel oder vom Fiſchotter nur ſelten übertölpelt. Raubvögel
unterlaſſen es wohlweislich, auf Waſſerſchwätzer Jagd zu machen, weil dieſe bei ihrem Erſcheinen ſich
ſofort in die ſichere Tiefe ſtürzen. Der Menſch verfolgt die liebenswürdigen Vögel nirgends regel-
mäßig; er ſchont ſie vielmehr, nachdem er ſie kennen gelernt hat. Auch iſt die Jagd des Waſſer-
ſchwätzers nicht Jedermanns Sache; vor Sonntagsſchützen z. B. iſt der behende Geſell in den meiſten
Fällen geſichert. Wer nicht fliegende Vögel zu ſchießen verſteht, braucht ſich nicht auf Waſſerſchwätzer
zu bemühen; denn die einmal ſcheu gewordenen ſpotten jeder ungeſchickten Jagdweiſe. Noch ſchwieriger
als die Jagd mit dem Feuergewehr iſt der Fang des Vogels: Fallen und Netze ſind bei ihm nicht
anzuwenden. Es gibt aber doch eine Fangart, welche zum Ziele führt. „Ein Vogelliebhaber im
Voigtlande‟, ſo ſchreibt mir Homeyer, „weiß ſich der Waſſerſchwätzer mit ziemlicher Sicherheit zu
bemächtigen. Er beobachtet gegen Abend den Vogel, wenn er in ſeine Nachtherberge, alſo in eine
Röhre oder ein Loch des ſteilen Uferrandes einſchlüpft, wartet die völlige Dunkelheit ab und beginnt
nun ſeine Jagd. Jm Waſſer wadend, ſchleicht er längs des Ufers dahin, in der Hand eine Blend-
laterne tragend, deren Leuchtfeld beliebig geöffnet und verſchloſſen werden kann. Mit dieſer leuchtet
er plötzlich in die betreffende Oeffnung hinein und blendet dadurch den Vogel derart, daß er ihn mit
der Hand ergreifen kann. Jch erhielt, Dank dieſer Fangart, den einzigen Waſſerſchwätzer, welchen ich
jemals im Käfig geſehen habe. Leider gelang es mir nicht, den anziehenden Vogel an ſeine Gefangen-
ſchaft zu gewöhnen. Der Wildfang zeigte ſich ſehr ſtörriſch, ſetzte ſich in die hinterſte dunkle Ecke des
Behälters und verweigerte hartnäckig jegliche Nahrung. Das Stopfen mit Ameiſeneiern und Mehl-
würmern blieb ohne Erfolg; denn ſchon am ſechsten Tage war mein Vogel eine Leiche. Rührend und
an die Sage über den Tod des Singſchwans erinnernd, war das Ende des Thieres. Jch hatte es in
die Hand genommen, um es wieder einmal zu ſtopfen, da ſtimmte es ſeinen flötenden Geſang an
und — verſchied. …‟ „Waſſerſchwätzer zu halten‟, ſo ſchreibt mir Girtanner, „hat mir durchaus
nicht gelingen wollen. Jch hatte deren vier zuſammen in einem großen Behälter. Sie fraßen Mehl-
würmer und Ameiſeneier maſſenhaft, ſangen ſchon am erſten Tage, badeten und waren guter Dinge.
Aber ſchon nach wenigen Tagen bemerkte ich mit Betrübniß, daß ſie beim Baden zu naß und nach dem
Bade nicht ſo bald wieder trocken wurden. Das wurde ſchlimmer von Tag zu Tag, und als ich einen
herausgenommen, fand ich ihn, wie ich vermuthet, ſehr abgemagert, trotz alles Freſſens. Selbſtver-
ſtändlich liefert unter ſolchen Umſtänden die Bürzeldrüſe nicht genug Fett mehr für die Federn, dieſe
bleiben länger, als gut iſt, naß, und damit iſt allen möglichen, beſonders aber Erkältungskrankheiten
Thür und Thor geöffnet. Meine vier Gefangenen ſtarben innerhalb der erſten acht Tage; ſie fraßen
und ſangen bis zum letzten Augenblick.‟ Dieſe Beobachtungen meiner werthgeſchätzten Freunde
widerſprechen Tſchudi’s Angaben über das Gefangenleben des Waſſerſchwätzers inſofern nicht, als
es ſich um alte Vögel handelte. Jung eingefangene ſollen ſich, laut Tſchudi, mit Fliegen und
Mehlwürmern nach und nach an das Nachtigallfutter gewöhnen laſſen und bald zahm und zutraulich

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[822/0868] Die Fänger. Singvögel. Waſſerdroſſeln. Jn der Schaufel eines Mühlenrades füllt es dieſe gewöhnlich zum Theil aus und iſt mit großer Kunſt in eine nach unten ſich öffnende ſo angebracht, daß es nicht herausfallen kann; es iſt dann zuweilen zwei Fuß lang. Man findet darin vier bis ſechs Eier, welche 10 bis 12 Linien lang, 8 bis 8½ Linien breit, ſehr verſchieden geſtaltet, dünn- und glattſchälig, mit deutlichen Poren und glänzend weiß ſind. Das Weibchen bebrütet ſie ſo emſig, daß man es auf ihnen oder auf den zarten Jungen ergreifen kann; erzieht aber dennoch gewöhnlich nur zwei, ſeltener drei Junge; das Faulen mehrerer Eier dieſes Vogels rührt wahrſcheinlich daher, daß das Neſt oft ganz feucht iſt.‟ „Wenn die Alten bei dem Neſte nicht geſtört werden, legen ſie ihr ſcheues Weſen ab und werden zutraulich, ſodaß ſie ſich vor den Menſchen wenig fürchten.‟ Beſonders hübſch ſieht es aus, wenn ſie, um zu ihrer Brut zu gelangen, einen Waſſerſturz durchfliegen. Feinde der Waſſerſchwätzer ſind die nächtlich umherſchleichenden Raubthiere, welche, wenn es einer leckeren Beute gilt, auch einen Sprung ins Waſſer nicht ſcheuen. Die Brut mag öfters von Katzen geraubt werden; alte Vögel laſſen ſich von dieſen Raubthieren kaum bethören: ſie werden gewiß auch vom Jltis und Wieſel oder vom Fiſchotter nur ſelten übertölpelt. Raubvögel unterlaſſen es wohlweislich, auf Waſſerſchwätzer Jagd zu machen, weil dieſe bei ihrem Erſcheinen ſich ſofort in die ſichere Tiefe ſtürzen. Der Menſch verfolgt die liebenswürdigen Vögel nirgends regel- mäßig; er ſchont ſie vielmehr, nachdem er ſie kennen gelernt hat. Auch iſt die Jagd des Waſſer- ſchwätzers nicht Jedermanns Sache; vor Sonntagsſchützen z. B. iſt der behende Geſell in den meiſten Fällen geſichert. Wer nicht fliegende Vögel zu ſchießen verſteht, braucht ſich nicht auf Waſſerſchwätzer zu bemühen; denn die einmal ſcheu gewordenen ſpotten jeder ungeſchickten Jagdweiſe. Noch ſchwieriger als die Jagd mit dem Feuergewehr iſt der Fang des Vogels: Fallen und Netze ſind bei ihm nicht anzuwenden. Es gibt aber doch eine Fangart, welche zum Ziele führt. „Ein Vogelliebhaber im Voigtlande‟, ſo ſchreibt mir Homeyer, „weiß ſich der Waſſerſchwätzer mit ziemlicher Sicherheit zu bemächtigen. Er beobachtet gegen Abend den Vogel, wenn er in ſeine Nachtherberge, alſo in eine Röhre oder ein Loch des ſteilen Uferrandes einſchlüpft, wartet die völlige Dunkelheit ab und beginnt nun ſeine Jagd. Jm Waſſer wadend, ſchleicht er längs des Ufers dahin, in der Hand eine Blend- laterne tragend, deren Leuchtfeld beliebig geöffnet und verſchloſſen werden kann. Mit dieſer leuchtet er plötzlich in die betreffende Oeffnung hinein und blendet dadurch den Vogel derart, daß er ihn mit der Hand ergreifen kann. Jch erhielt, Dank dieſer Fangart, den einzigen Waſſerſchwätzer, welchen ich jemals im Käfig geſehen habe. Leider gelang es mir nicht, den anziehenden Vogel an ſeine Gefangen- ſchaft zu gewöhnen. Der Wildfang zeigte ſich ſehr ſtörriſch, ſetzte ſich in die hinterſte dunkle Ecke des Behälters und verweigerte hartnäckig jegliche Nahrung. Das Stopfen mit Ameiſeneiern und Mehl- würmern blieb ohne Erfolg; denn ſchon am ſechsten Tage war mein Vogel eine Leiche. Rührend und an die Sage über den Tod des Singſchwans erinnernd, war das Ende des Thieres. Jch hatte es in die Hand genommen, um es wieder einmal zu ſtopfen, da ſtimmte es ſeinen flötenden Geſang an und — verſchied. …‟ „Waſſerſchwätzer zu halten‟, ſo ſchreibt mir Girtanner, „hat mir durchaus nicht gelingen wollen. Jch hatte deren vier zuſammen in einem großen Behälter. Sie fraßen Mehl- würmer und Ameiſeneier maſſenhaft, ſangen ſchon am erſten Tage, badeten und waren guter Dinge. Aber ſchon nach wenigen Tagen bemerkte ich mit Betrübniß, daß ſie beim Baden zu naß und nach dem Bade nicht ſo bald wieder trocken wurden. Das wurde ſchlimmer von Tag zu Tag, und als ich einen herausgenommen, fand ich ihn, wie ich vermuthet, ſehr abgemagert, trotz alles Freſſens. Selbſtver- ſtändlich liefert unter ſolchen Umſtänden die Bürzeldrüſe nicht genug Fett mehr für die Federn, dieſe bleiben länger, als gut iſt, naß, und damit iſt allen möglichen, beſonders aber Erkältungskrankheiten Thür und Thor geöffnet. Meine vier Gefangenen ſtarben innerhalb der erſten acht Tage; ſie fraßen und ſangen bis zum letzten Augenblick.‟ Dieſe Beobachtungen meiner werthgeſchätzten Freunde widerſprechen Tſchudi’s Angaben über das Gefangenleben des Waſſerſchwätzers inſofern nicht, als es ſich um alte Vögel handelte. Jung eingefangene ſollen ſich, laut Tſchudi, mit Fliegen und Mehlwürmern nach und nach an das Nachtigallfutter gewöhnen laſſen und bald zahm und zutraulich

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 822. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/868>, abgerufen am 21.05.2024.