für unsere Sittiche; man muß sich sehr anstrengen, wenn man die grünen Vögel in dem grünen Ge- laube wahrnehmen will. Dazu kommt, daß sie augenblicklich stillschweigen, wenn sie eine ihnen auf- fallende Erscheinung bemerken, oder sich leise und vorsichtig davon stehlen, wenn sie Verfolgung fürch- ten. Je länger man unter einem Baume verweilt, aus dessen Kronen herab man Hunderte von Stimmen erschallen hörte, um so stiller und ruhiger wird es, und schließlich ist kein einziger mehr oben: einer nach dem andern ist lautlos einem ähnlichen Baume zugeflogen und verkündet nun von dorther mit freudigem Geschrei, daß er seine listig angelegte Flucht glücklich beendet.
Nach einigen Stunden der Ruhe fliegen die Sittiche zum zweiten Male nach Speise und Trank aus; dann sammeln sie sich gegen Abend wieder auf ihren Lieblingsbäumen und erheben wo- möglich ein noch lebhafteres Geschrei, als vorher; denn jetzt handelt es sich nicht blos um den besten Zweig zum Ausruhen, sondern vielmehr um den sichersten Schlafplatz. Während des Frühlings jener Länder, welcher den ganzen Urwald mit zauberhafter Pracht begabt, schlafen die Papageien regelmäßig in Baumhöhlen; in der trockenen Jahreszeit dagegen müssen sie oft mit dem Gelaube vor- lieb nehmen, weil die wenigen Höhlungen der immergrünen Bäume bald besetzt sind, die in blätter- losen Bäumen befindlichen ihnen aber zu gefährlich scheinen: daher rührt das Geschrei und Gezänk, welches man während der trockenen Jahreszeit lauter vernimmt, als sonst.
So geschickt und rasch die Papageien fliegen, so täppisch, langsam und unbeholfen bewegen sie sich auf dem flachen Boden, und auch ihr Klettern im Gezweig der Bäume ist sehr stümperhaft. Der Flug ist reißend schnell, scheint aber zu ermüden; wenigstens erfordert er viele schwirrende Flügel- schläge und geht nur dann in ein leichtes Schweben über, wenn sich der Papagei eben niederlassen will. Aus reiner Lust zum Fliegen treibt sich der Halsbandsittich niemals in der Luft umher; er verbindet mit seinem Dahineilen immer einen ganz bestimmten Zweck und endet seinen Flug, sobald er glaubt, diesen erreichen zu können. Der Gang auf dem Boden ist kaum noch Gang zu nennen, sondern eher als ein Dahinwackeln zu bezeichnen: die Kletterfüße wollen zum Laufen keine rechten Dienste thun. Der Leib wird gleichsam fortgeschleppt, und der lange Schwanz muß beträchtlich erhoben wer- den, damit er nicht auf dem Boden nachschleift. Eine gehende Papageiengesellschaft reizt unwillkürlich zum Lachen, weil sie scheinbar einen überaus komischen Ernst an den Tag legt.
Die Regenzeit Afrikas, welche den Frühling über jene Länderstriche bringt, ist die Zeit der Fort- pflanzung des Halsbandsittichs. Nach dem ersten Regen hat auch die riesenhafte Adansonie ihre gewaltige Krone in den dichtesten Blätterschmuck gehüllt, und alle die zahlreichen Höhlen in den Aesten sind in wünschenswerthester Weise verdeckt worden. Hier siedeln sich nun die Brutvögel an, nach den Mittheilungen, welche mir gemacht wurden, ebenfalls in Gesellschaften, deren Paare nach einigem Streit um die besten Höhlungen friedlich zusammenleben. Schon gegen Ende der Regenzeit sieht man die Alten mit ihren leicht kenntlichen Jungen, und diese Familien vereinigen sich nun wiederum bald zu größeren Schwärmen.
Jn den von mir bereisten Gegenden Mittelafrikas jagt nur der sammelnde Europäer die Hals- bandsittiche mit dem Feuergewehr, der Eingeborne behelligt sie nicht mit der Waffe und fängt sie höchstens, wenn er Aussicht hat, die lebenden Papageien gut zu verwerthen. Ungeachtet der Häufig- keit dieser Vögel ist es nicht gerade leicht, sie zu erlegen; ihre Schlauheit täuscht auch den geübten Jä- ger und vereitelt dessen Anstrengungen. Jch habe das schlaue Gebahren der Vögel später mit großem Vortheil benutzt, um sie leicht und sicher zu erlegen. Wenn ich nämlich eine Gesellschaft im Walde aufgefunden hatte, spähete ich einfach nach dem nächsten, dichten, grünen Baume, stellte mich in dessen Nähe an und ließ nun durch meine Jagdgehilfen den andern Baum bedrohen. Die Folge da- von war, daß die Papageien sich zurückzogen und dabei gewöhnlich mir zum Schusse kamen.
Der Fang geschieht in Mittelafrika nicht planmäßig. Man hebt höchstens die jungen, fast flüg- gen Vögel aus oder überrascht einen oder den andern der Alten nachts in den Baumhöhlen. Netze und Schlingen werden nicht zum Fange dieser Vögel benutzt, obgleich die Eingebornen derartige Werk- zeuge zu verwenden wissen. Am Senegal scheint man den Fang in ausgedehnterem Maße zu betrei-
Halsbaud- oder Edelſittich.
für unſere Sittiche; man muß ſich ſehr anſtrengen, wenn man die grünen Vögel in dem grünen Ge- laube wahrnehmen will. Dazu kommt, daß ſie augenblicklich ſtillſchweigen, wenn ſie eine ihnen auf- fallende Erſcheinung bemerken, oder ſich leiſe und vorſichtig davon ſtehlen, wenn ſie Verfolgung fürch- ten. Je länger man unter einem Baume verweilt, aus deſſen Kronen herab man Hunderte von Stimmen erſchallen hörte, um ſo ſtiller und ruhiger wird es, und ſchließlich iſt kein einziger mehr oben: einer nach dem andern iſt lautlos einem ähnlichen Baume zugeflogen und verkündet nun von dorther mit freudigem Geſchrei, daß er ſeine liſtig angelegte Flucht glücklich beendet.
Nach einigen Stunden der Ruhe fliegen die Sittiche zum zweiten Male nach Speiſe und Trank aus; dann ſammeln ſie ſich gegen Abend wieder auf ihren Lieblingsbäumen und erheben wo- möglich ein noch lebhafteres Geſchrei, als vorher; denn jetzt handelt es ſich nicht blos um den beſten Zweig zum Ausruhen, ſondern vielmehr um den ſicherſten Schlafplatz. Während des Frühlings jener Länder, welcher den ganzen Urwald mit zauberhafter Pracht begabt, ſchlafen die Papageien regelmäßig in Baumhöhlen; in der trockenen Jahreszeit dagegen müſſen ſie oft mit dem Gelaube vor- lieb nehmen, weil die wenigen Höhlungen der immergrünen Bäume bald beſetzt ſind, die in blätter- loſen Bäumen befindlichen ihnen aber zu gefährlich ſcheinen: daher rührt das Geſchrei und Gezänk, welches man während der trockenen Jahreszeit lauter vernimmt, als ſonſt.
So geſchickt und raſch die Papageien fliegen, ſo täppiſch, langſam und unbeholfen bewegen ſie ſich auf dem flachen Boden, und auch ihr Klettern im Gezweig der Bäume iſt ſehr ſtümperhaft. Der Flug iſt reißend ſchnell, ſcheint aber zu ermüden; wenigſtens erfordert er viele ſchwirrende Flügel- ſchläge und geht nur dann in ein leichtes Schweben über, wenn ſich der Papagei eben niederlaſſen will. Aus reiner Luſt zum Fliegen treibt ſich der Halsbandſittich niemals in der Luft umher; er verbindet mit ſeinem Dahineilen immer einen ganz beſtimmten Zweck und endet ſeinen Flug, ſobald er glaubt, dieſen erreichen zu können. Der Gang auf dem Boden iſt kaum noch Gang zu nennen, ſondern eher als ein Dahinwackeln zu bezeichnen: die Kletterfüße wollen zum Laufen keine rechten Dienſte thun. Der Leib wird gleichſam fortgeſchleppt, und der lange Schwanz muß beträchtlich erhoben wer- den, damit er nicht auf dem Boden nachſchleift. Eine gehende Papageiengeſellſchaft reizt unwillkürlich zum Lachen, weil ſie ſcheinbar einen überaus komiſchen Ernſt an den Tag legt.
Die Regenzeit Afrikas, welche den Frühling über jene Länderſtriche bringt, iſt die Zeit der Fort- pflanzung des Halsbandſittichs. Nach dem erſten Regen hat auch die rieſenhafte Adanſonie ihre gewaltige Krone in den dichteſten Blätterſchmuck gehüllt, und alle die zahlreichen Höhlen in den Aeſten ſind in wünſchenswertheſter Weiſe verdeckt worden. Hier ſiedeln ſich nun die Brutvögel an, nach den Mittheilungen, welche mir gemacht wurden, ebenfalls in Geſellſchaften, deren Paare nach einigem Streit um die beſten Höhlungen friedlich zuſammenleben. Schon gegen Ende der Regenzeit ſieht man die Alten mit ihren leicht kenntlichen Jungen, und dieſe Familien vereinigen ſich nun wiederum bald zu größeren Schwärmen.
Jn den von mir bereiſten Gegenden Mittelafrikas jagt nur der ſammelnde Europäer die Hals- bandſittiche mit dem Feuergewehr, der Eingeborne behelligt ſie nicht mit der Waffe und fängt ſie höchſtens, wenn er Ausſicht hat, die lebenden Papageien gut zu verwerthen. Ungeachtet der Häufig- keit dieſer Vögel iſt es nicht gerade leicht, ſie zu erlegen; ihre Schlauheit täuſcht auch den geübten Jä- ger und vereitelt deſſen Anſtrengungen. Jch habe das ſchlaue Gebahren der Vögel ſpäter mit großem Vortheil benutzt, um ſie leicht und ſicher zu erlegen. Wenn ich nämlich eine Geſellſchaft im Walde aufgefunden hatte, ſpähete ich einfach nach dem nächſten, dichten, grünen Baume, ſtellte mich in deſſen Nähe an und ließ nun durch meine Jagdgehilfen den andern Baum bedrohen. Die Folge da- von war, daß die Papageien ſich zurückzogen und dabei gewöhnlich mir zum Schuſſe kamen.
Der Fang geſchieht in Mittelafrika nicht planmäßig. Man hebt höchſtens die jungen, faſt flüg- gen Vögel aus oder überraſcht einen oder den andern der Alten nachts in den Baumhöhlen. Netze und Schlingen werden nicht zum Fange dieſer Vögel benutzt, obgleich die Eingebornen derartige Werk- zeuge zu verwenden wiſſen. Am Senegal ſcheint man den Fang in ausgedehnterem Maße zu betrei-
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[69/0085]
Halsbaud- oder Edelſittich.
für unſere Sittiche; man muß ſich ſehr anſtrengen, wenn man die grünen Vögel in dem grünen Ge-
laube wahrnehmen will. Dazu kommt, daß ſie augenblicklich ſtillſchweigen, wenn ſie eine ihnen auf-
fallende Erſcheinung bemerken, oder ſich leiſe und vorſichtig davon ſtehlen, wenn ſie Verfolgung fürch-
ten. Je länger man unter einem Baume verweilt, aus deſſen Kronen herab man Hunderte von Stimmen
erſchallen hörte, um ſo ſtiller und ruhiger wird es, und ſchließlich iſt kein einziger mehr oben: einer
nach dem andern iſt lautlos einem ähnlichen Baume zugeflogen und verkündet nun von dorther mit
freudigem Geſchrei, daß er ſeine liſtig angelegte Flucht glücklich beendet.
Nach einigen Stunden der Ruhe fliegen die Sittiche zum zweiten Male nach Speiſe und Trank
aus; dann ſammeln ſie ſich gegen Abend wieder auf ihren Lieblingsbäumen und erheben wo-
möglich ein noch lebhafteres Geſchrei, als vorher; denn jetzt handelt es ſich nicht blos um den beſten
Zweig zum Ausruhen, ſondern vielmehr um den ſicherſten Schlafplatz. Während des Frühlings
jener Länder, welcher den ganzen Urwald mit zauberhafter Pracht begabt, ſchlafen die Papageien
regelmäßig in Baumhöhlen; in der trockenen Jahreszeit dagegen müſſen ſie oft mit dem Gelaube vor-
lieb nehmen, weil die wenigen Höhlungen der immergrünen Bäume bald beſetzt ſind, die in blätter-
loſen Bäumen befindlichen ihnen aber zu gefährlich ſcheinen: daher rührt das Geſchrei und Gezänk,
welches man während der trockenen Jahreszeit lauter vernimmt, als ſonſt.
So geſchickt und raſch die Papageien fliegen, ſo täppiſch, langſam und unbeholfen bewegen ſie
ſich auf dem flachen Boden, und auch ihr Klettern im Gezweig der Bäume iſt ſehr ſtümperhaft. Der
Flug iſt reißend ſchnell, ſcheint aber zu ermüden; wenigſtens erfordert er viele ſchwirrende Flügel-
ſchläge und geht nur dann in ein leichtes Schweben über, wenn ſich der Papagei eben niederlaſſen will.
Aus reiner Luſt zum Fliegen treibt ſich der Halsbandſittich niemals in der Luft umher; er verbindet
mit ſeinem Dahineilen immer einen ganz beſtimmten Zweck und endet ſeinen Flug, ſobald er glaubt,
dieſen erreichen zu können. Der Gang auf dem Boden iſt kaum noch Gang zu nennen, ſondern
eher als ein Dahinwackeln zu bezeichnen: die Kletterfüße wollen zum Laufen keine rechten Dienſte
thun. Der Leib wird gleichſam fortgeſchleppt, und der lange Schwanz muß beträchtlich erhoben wer-
den, damit er nicht auf dem Boden nachſchleift. Eine gehende Papageiengeſellſchaft reizt unwillkürlich
zum Lachen, weil ſie ſcheinbar einen überaus komiſchen Ernſt an den Tag legt.
Die Regenzeit Afrikas, welche den Frühling über jene Länderſtriche bringt, iſt die Zeit der Fort-
pflanzung des Halsbandſittichs. Nach dem erſten Regen hat auch die rieſenhafte Adanſonie ihre
gewaltige Krone in den dichteſten Blätterſchmuck gehüllt, und alle die zahlreichen Höhlen in den Aeſten
ſind in wünſchenswertheſter Weiſe verdeckt worden. Hier ſiedeln ſich nun die Brutvögel an, nach den
Mittheilungen, welche mir gemacht wurden, ebenfalls in Geſellſchaften, deren Paare nach einigem
Streit um die beſten Höhlungen friedlich zuſammenleben. Schon gegen Ende der Regenzeit ſieht man
die Alten mit ihren leicht kenntlichen Jungen, und dieſe Familien vereinigen ſich nun wiederum bald
zu größeren Schwärmen.
Jn den von mir bereiſten Gegenden Mittelafrikas jagt nur der ſammelnde Europäer die Hals-
bandſittiche mit dem Feuergewehr, der Eingeborne behelligt ſie nicht mit der Waffe und fängt ſie
höchſtens, wenn er Ausſicht hat, die lebenden Papageien gut zu verwerthen. Ungeachtet der Häufig-
keit dieſer Vögel iſt es nicht gerade leicht, ſie zu erlegen; ihre Schlauheit täuſcht auch den geübten Jä-
ger und vereitelt deſſen Anſtrengungen. Jch habe das ſchlaue Gebahren der Vögel ſpäter mit großem
Vortheil benutzt, um ſie leicht und ſicher zu erlegen. Wenn ich nämlich eine Geſellſchaft im Walde
aufgefunden hatte, ſpähete ich einfach nach dem nächſten, dichten, grünen Baume, ſtellte mich in
deſſen Nähe an und ließ nun durch meine Jagdgehilfen den andern Baum bedrohen. Die Folge da-
von war, daß die Papageien ſich zurückzogen und dabei gewöhnlich mir zum Schuſſe kamen.
Der Fang geſchieht in Mittelafrika nicht planmäßig. Man hebt höchſtens die jungen, faſt flüg-
gen Vögel aus oder überraſcht einen oder den andern der Alten nachts in den Baumhöhlen. Netze
und Schlingen werden nicht zum Fange dieſer Vögel benutzt, obgleich die Eingebornen derartige Werk-
zeuge zu verwenden wiſſen. Am Senegal ſcheint man den Fang in ausgedehnterem Maße zu betrei-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/85>, abgerufen am 23.11.2024.
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