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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Schwarzkehlchen.
gerade gesellig, aber doch verträglicher, als andere Arten ihrer Familie, vereinigen sich, wie es scheint,
gern mit ihren Sippenverwandtschaften oder auch mit fremdartigen Vögeln und gerathen nur selten
in Hader und Streit. Jhr Lockton ist ein schnalzendes "Tza", an welches gewöhnlich die Silbe
"Teck" angehängt wird, sodaß das Ganze wie "Tza" oder "Tjaudeck" klingt. Der Gesang ist recht
hübsch. Er besteht aus verschiedenen kurzen Strophen, welche in vielfacher Abwechslung vorgetragen
werden. Die einzelnen Töne sind voll und rein. Je nach der Gegend hört man auch anderer Vögel
Stimmen in diesem Gesange, so Theile aus den Liedern des Grünlings, Stieglitz, Hänflings, des
Finken, der Grasmücke etc. Die Braunkehlchen singen fleißig, beginnen frühzeitig, schweigen über
Tags selten und lassen sich bis in die Nacht hinein hören. Doch vernimmt man sie nur kurze
Zeit; denn schon Anfangs Juli verstummen sie.

Die Nahrung besteht in Kerbthieren, vorzüglich in Käfern. Außerdem verzehren sie kleine Heu-
schrecken und deren Larven, Raupen, Ameisen, Fliegen, Mücken und dergleichen, indem sie die-
selben vom Boden absuchen oder ihnen, wenn sie fliegen, rasch und gewandt nachjagen. Das Nest
steht regelmäßig auf den Wiesen im Grase, meist in einer seichten Vertiefung, zuweilen unter einem
kleinen Busche, immer außerordentlich verborgen, sodaß es überaus schwer fällt, es zu finden.
"Sogar die Leute, welche das Gras abmähen", sagt Naumann, "finden es seltener als die, welche
das Heu nachher mit Harken zusammenbringen, ja, ich weiß Fälle, daß es bei alledem von
keinem gefunden ward und die Vögel, trotz der vorgegangenen großen Veränderung, ihre Brut
glücklich aufbrachten. ... Es besteht aus einem lockeren Geflecht von trocknen Würzelchen, dürren
Stengeln, Grashalmen und Grasblättern mit mehr oder weniger grünem Erdmos vermischt, im
Jnnern aus denselben, aber feineren Stoffen und schließlich aus einzelnen Pferdehaaren, welche der
Mulde die Vollendung geben." Fünf bis sieben sehr bauchige, glattschalige, glänzend hellblaugrüne
Eier, welche zuweilen am stumpfen Ende fein gelbroth gepunktet sind, bilden das Gelege. Die Eier
sind Ende Mais oder Anfangs Juni sämmtlich gelegt und werden in dreizehn bis vierzehn Tagen
gezeitigt, wie es scheint, vom Weibchen allein; die Jungen werden von beiden Eltern mit Kerbthieren
aufgefüttert. Die Alten lieben ihre Brut im hohen Grade und gebrauchen allerlei List, um Feinde
von ihr abzuwenden. "So lange ein sie beobachtender Mensch in der Nähe ist", sagt Naumann,
"gehen sie nicht zu Neste, ja sie verrathen, wenn sie noch Eier haben, diese nicht einmal durch ängstliche
Geberden oder Geschrei. Bei den Jungen findet freilich das Gegentheil statt; doch setzen sie ihre
eigene Sicherheit nicht rücksichtslos aufs Spiel." Ungestört brütet das Paar nur einmal im Jahre.

Viele Feinde, namentlich alle kleineren Raubthiere, die Ratten und die Mäuse bedrohen die
Jungen, unsere kleinen Edelfalken auch die alten Braunkehlchen. Der Mensch verfolgt sie nirgends
regelrecht; er schützt sie vielmehr hier und da, so in der Schweiz. Hier ist der Volksglaube verbreitet,
daß auf derjenigen Alp, auf welcher ein Schwarzkehlchen getödtet wird, die Kühe von Stund an rothe
Milch geben. Mit den erbeuteten Wiesenschmätzern ist übrigens auch wenig anzufangen. Für den
Gebauer eignen sie sich nicht, sie sind selbst, wenn man sie im Zimmer frei herumfliegen läßt, lang-
weilig und still, nehmen auch selten Nahrung an und gehen deshalb regelmäßig bald zu Grunde.
"Nur wenige", sagt Naumann, "nehmen Kerbthiere und dergleichen freiwillig an, und so ist es
auch mit solchen, welche man in die Wohnstube setzt, wo nur selten einmal einer Fliegen fängt.
Solche habe ich dann aber auch nicht länger als höchstens eine Woche lang erhalten können und ich
gab ihnen, wenn sie traurig wurden, immer gleich die Freiheit wieder, weil ich durch Erfahrung
belehrt war, daß es mit ihnen nie mehr lange dauerte." Doch hat man Beispiele, daß einzelne
jahrelang im Käsig aushielten und hier auch ihren Gesang vernehmen ließen.



Schwarzkehlchen.
gerade geſellig, aber doch verträglicher, als andere Arten ihrer Familie, vereinigen ſich, wie es ſcheint,
gern mit ihren Sippenverwandtſchaften oder auch mit fremdartigen Vögeln und gerathen nur ſelten
in Hader und Streit. Jhr Lockton iſt ein ſchnalzendes „Tza‟, an welches gewöhnlich die Silbe
„Teck‟ angehängt wird, ſodaß das Ganze wie „Tza‟ oder „Tjaudeck‟ klingt. Der Geſang iſt recht
hübſch. Er beſteht aus verſchiedenen kurzen Strophen, welche in vielfacher Abwechslung vorgetragen
werden. Die einzelnen Töne ſind voll und rein. Je nach der Gegend hört man auch anderer Vögel
Stimmen in dieſem Geſange, ſo Theile aus den Liedern des Grünlings, Stieglitz, Hänflings, des
Finken, der Grasmücke ꝛc. Die Braunkehlchen ſingen fleißig, beginnen frühzeitig, ſchweigen über
Tags ſelten und laſſen ſich bis in die Nacht hinein hören. Doch vernimmt man ſie nur kurze
Zeit; denn ſchon Anfangs Juli verſtummen ſie.

Die Nahrung beſteht in Kerbthieren, vorzüglich in Käfern. Außerdem verzehren ſie kleine Heu-
ſchrecken und deren Larven, Raupen, Ameiſen, Fliegen, Mücken und dergleichen, indem ſie die-
ſelben vom Boden abſuchen oder ihnen, wenn ſie fliegen, raſch und gewandt nachjagen. Das Neſt
ſteht regelmäßig auf den Wieſen im Graſe, meiſt in einer ſeichten Vertiefung, zuweilen unter einem
kleinen Buſche, immer außerordentlich verborgen, ſodaß es überaus ſchwer fällt, es zu finden.
„Sogar die Leute, welche das Gras abmähen‟, ſagt Naumann, „finden es ſeltener als die, welche
das Heu nachher mit Harken zuſammenbringen, ja, ich weiß Fälle, daß es bei alledem von
keinem gefunden ward und die Vögel, trotz der vorgegangenen großen Veränderung, ihre Brut
glücklich aufbrachten. … Es beſteht aus einem lockeren Geflecht von trocknen Würzelchen, dürren
Stengeln, Grashalmen und Grasblättern mit mehr oder weniger grünem Erdmos vermiſcht, im
Jnnern aus denſelben, aber feineren Stoffen und ſchließlich aus einzelnen Pferdehaaren, welche der
Mulde die Vollendung geben.‟ Fünf bis ſieben ſehr bauchige, glattſchalige, glänzend hellblaugrüne
Eier, welche zuweilen am ſtumpfen Ende fein gelbroth gepunktet ſind, bilden das Gelege. Die Eier
ſind Ende Mais oder Anfangs Juni ſämmtlich gelegt und werden in dreizehn bis vierzehn Tagen
gezeitigt, wie es ſcheint, vom Weibchen allein; die Jungen werden von beiden Eltern mit Kerbthieren
aufgefüttert. Die Alten lieben ihre Brut im hohen Grade und gebrauchen allerlei Liſt, um Feinde
von ihr abzuwenden. „So lange ein ſie beobachtender Menſch in der Nähe iſt‟, ſagt Naumann,
„gehen ſie nicht zu Neſte, ja ſie verrathen, wenn ſie noch Eier haben, dieſe nicht einmal durch ängſtliche
Geberden oder Geſchrei. Bei den Jungen findet freilich das Gegentheil ſtatt; doch ſetzen ſie ihre
eigene Sicherheit nicht rückſichtslos aufs Spiel.‟ Ungeſtört brütet das Paar nur einmal im Jahre.

Viele Feinde, namentlich alle kleineren Raubthiere, die Ratten und die Mäuſe bedrohen die
Jungen, unſere kleinen Edelfalken auch die alten Braunkehlchen. Der Menſch verfolgt ſie nirgends
regelrecht; er ſchützt ſie vielmehr hier und da, ſo in der Schweiz. Hier iſt der Volksglaube verbreitet,
daß auf derjenigen Alp, auf welcher ein Schwarzkehlchen getödtet wird, die Kühe von Stund an rothe
Milch geben. Mit den erbeuteten Wieſenſchmätzern iſt übrigens auch wenig anzufangen. Für den
Gebauer eignen ſie ſich nicht, ſie ſind ſelbſt, wenn man ſie im Zimmer frei herumfliegen läßt, lang-
weilig und ſtill, nehmen auch ſelten Nahrung an und gehen deshalb regelmäßig bald zu Grunde.
„Nur wenige‟, ſagt Naumann, „nehmen Kerbthiere und dergleichen freiwillig an, und ſo iſt es
auch mit ſolchen, welche man in die Wohnſtube ſetzt, wo nur ſelten einmal einer Fliegen fängt.
Solche habe ich dann aber auch nicht länger als höchſtens eine Woche lang erhalten können und ich
gab ihnen, wenn ſie traurig wurden, immer gleich die Freiheit wieder, weil ich durch Erfahrung
belehrt war, daß es mit ihnen nie mehr lange dauerte.‟ Doch hat man Beiſpiele, daß einzelne
jahrelang im Käſig aushielten und hier auch ihren Geſang vernehmen ließen.



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[781/0825] Schwarzkehlchen. gerade geſellig, aber doch verträglicher, als andere Arten ihrer Familie, vereinigen ſich, wie es ſcheint, gern mit ihren Sippenverwandtſchaften oder auch mit fremdartigen Vögeln und gerathen nur ſelten in Hader und Streit. Jhr Lockton iſt ein ſchnalzendes „Tza‟, an welches gewöhnlich die Silbe „Teck‟ angehängt wird, ſodaß das Ganze wie „Tza‟ oder „Tjaudeck‟ klingt. Der Geſang iſt recht hübſch. Er beſteht aus verſchiedenen kurzen Strophen, welche in vielfacher Abwechslung vorgetragen werden. Die einzelnen Töne ſind voll und rein. Je nach der Gegend hört man auch anderer Vögel Stimmen in dieſem Geſange, ſo Theile aus den Liedern des Grünlings, Stieglitz, Hänflings, des Finken, der Grasmücke ꝛc. Die Braunkehlchen ſingen fleißig, beginnen frühzeitig, ſchweigen über Tags ſelten und laſſen ſich bis in die Nacht hinein hören. Doch vernimmt man ſie nur kurze Zeit; denn ſchon Anfangs Juli verſtummen ſie. Die Nahrung beſteht in Kerbthieren, vorzüglich in Käfern. Außerdem verzehren ſie kleine Heu- ſchrecken und deren Larven, Raupen, Ameiſen, Fliegen, Mücken und dergleichen, indem ſie die- ſelben vom Boden abſuchen oder ihnen, wenn ſie fliegen, raſch und gewandt nachjagen. Das Neſt ſteht regelmäßig auf den Wieſen im Graſe, meiſt in einer ſeichten Vertiefung, zuweilen unter einem kleinen Buſche, immer außerordentlich verborgen, ſodaß es überaus ſchwer fällt, es zu finden. „Sogar die Leute, welche das Gras abmähen‟, ſagt Naumann, „finden es ſeltener als die, welche das Heu nachher mit Harken zuſammenbringen, ja, ich weiß Fälle, daß es bei alledem von keinem gefunden ward und die Vögel, trotz der vorgegangenen großen Veränderung, ihre Brut glücklich aufbrachten. … Es beſteht aus einem lockeren Geflecht von trocknen Würzelchen, dürren Stengeln, Grashalmen und Grasblättern mit mehr oder weniger grünem Erdmos vermiſcht, im Jnnern aus denſelben, aber feineren Stoffen und ſchließlich aus einzelnen Pferdehaaren, welche der Mulde die Vollendung geben.‟ Fünf bis ſieben ſehr bauchige, glattſchalige, glänzend hellblaugrüne Eier, welche zuweilen am ſtumpfen Ende fein gelbroth gepunktet ſind, bilden das Gelege. Die Eier ſind Ende Mais oder Anfangs Juni ſämmtlich gelegt und werden in dreizehn bis vierzehn Tagen gezeitigt, wie es ſcheint, vom Weibchen allein; die Jungen werden von beiden Eltern mit Kerbthieren aufgefüttert. Die Alten lieben ihre Brut im hohen Grade und gebrauchen allerlei Liſt, um Feinde von ihr abzuwenden. „So lange ein ſie beobachtender Menſch in der Nähe iſt‟, ſagt Naumann, „gehen ſie nicht zu Neſte, ja ſie verrathen, wenn ſie noch Eier haben, dieſe nicht einmal durch ängſtliche Geberden oder Geſchrei. Bei den Jungen findet freilich das Gegentheil ſtatt; doch ſetzen ſie ihre eigene Sicherheit nicht rückſichtslos aufs Spiel.‟ Ungeſtört brütet das Paar nur einmal im Jahre. Viele Feinde, namentlich alle kleineren Raubthiere, die Ratten und die Mäuſe bedrohen die Jungen, unſere kleinen Edelfalken auch die alten Braunkehlchen. Der Menſch verfolgt ſie nirgends regelrecht; er ſchützt ſie vielmehr hier und da, ſo in der Schweiz. Hier iſt der Volksglaube verbreitet, daß auf derjenigen Alp, auf welcher ein Schwarzkehlchen getödtet wird, die Kühe von Stund an rothe Milch geben. Mit den erbeuteten Wieſenſchmätzern iſt übrigens auch wenig anzufangen. Für den Gebauer eignen ſie ſich nicht, ſie ſind ſelbſt, wenn man ſie im Zimmer frei herumfliegen läßt, lang- weilig und ſtill, nehmen auch ſelten Nahrung an und gehen deshalb regelmäßig bald zu Grunde. „Nur wenige‟, ſagt Naumann, „nehmen Kerbthiere und dergleichen freiwillig an, und ſo iſt es auch mit ſolchen, welche man in die Wohnſtube ſetzt, wo nur ſelten einmal einer Fliegen fängt. Solche habe ich dann aber auch nicht länger als höchſtens eine Woche lang erhalten können und ich gab ihnen, wenn ſie traurig wurden, immer gleich die Freiheit wieder, weil ich durch Erfahrung belehrt war, daß es mit ihnen nie mehr lange dauerte.‟ Doch hat man Beiſpiele, daß einzelne jahrelang im Käſig aushielten und hier auch ihren Geſang vernehmen ließen.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 781. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/825>, abgerufen am 22.11.2024.