Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Fänger. Sperrvögel. Nachtschwalben.
die Schleppschwalbe eine regelmäßige Erscheinung und ein Gegenstand der anziehendsten Unterhaltung;
es schien, als ob sie das ungewohnte Licht besonders aufrege und sie diesem Gefühle durch wundersame
Bewegungen Ausdruck geben müsse.

Den Vierflügel habe ich zu meinem Bedauern niemals selbst gesehen, wohl aber aus dem Munde
aller Araber, welche ihn kannten, dieselben Ausdrücke der Verwunderung vernommen, welche ich aus
allen Erzählungen meiner eingeborenen Jäger schon früher herausgehört hatte. Wie auffallend die
Erscheinung des fliegenden Vierflügels ist, mag aus nachfolgenden Worten Russegger's hervorgehen.
"Hätte ich eine Haremserziehung genossen, in diesem Augenblick hätte ich an Teufelsspuk und Hexen-
thum geglaubt; denn was wir in der Luft sahen, war wunderbar. Es war ein Vogel, der sich jedoch
mehr durch die Luft zu wälzen, als zu fliegen schien, bald sah ich wieder vier Vögel, bald drei, bald
zwei, bald sah ich wieder einen Vogel, der aber wirklich aussah, als hätte er vier Flügel, bald drehte
sich das Gaukelspiel wie ein Haspel um seine Axe, und es verwirrte sich das ganze Bild .....
Die beiden, langen Federn, wegen der Zartheit ihrer Schäfte das Spiel eines jeden Windzuges,
erschweren einerseits den Flug dieses Vogels sehr, und bewirken andererseits durch ihr Flattern und
Herumtreiben in der Luft während des Fluges umsomehr alle die eben erwähnten Täuschungen, als
der Vierflügel nach Art seiner Familie, nur im trügerischen Lichte der Dämmerung fliegt und an
und für sich einen sehr ungeregelten, unsichern Flug besitzt."

Die Stimme der Nachtschatten ist sehr verschieden. Einige Arten lassen hauptsächlich ein
Schnurren vernehmen, andere geben mehr oder weniger wohllautende Töne zum Besten. Wenn unser
Ziegenmelker am Tage plötzlich aufgescheucht wird, hört man von ihm ein schwaches, heiseres "Dack-
dack"; bei Gefahr faucht er leise und schwach, nach Art der Eulen. Während der Paarungszeit ver-
nimmt man einen eigenthümlichen Liebesgesang. Derselbe besteht nur aus zwei Lauten, welche man viel-
leicht richtiger Geräusch nennen dürfte, werden aber mit einer bewunderungswürdigen Ausdauer vor-
getragen. Man kann nur annehmen, daß der Ziegenmelker ihn in derselben Weise hervorbringt, wie
unsere Hauskatze das bekannte Schnurren. Auf dem Wipfel oder auf einem passenden Aste eines
Baumes sitzend, beginnt der Vogel mit einem weit hörbaren "Errrrrr", auf welches ein etwas tieferes
"Oerrrrrrr" erfolgt. Letzteres wird wahrscheinlich beim Einziehen, ersteres beim Ausstoßen des
Athems hervorgebracht. Das Weibchen schnurrt ebenfalls, jedoch nur äußerst selten und stets sehr
leise; denn das Spinnen ist ein Ausdruck der Zärtlichkeit. Fliegend vernimmt man von beiden
Geschlechtern einen Lockton, welcher wie "häit häit" klingt. Alle afrikanischen Nachtschwalben, welche
ich hörte, spinnen genau in derselben Weise wie die unsrige; schon die südeuropäische Art aber wirbt
in wohlklingenderer, wenn auch nicht gemüthlicherer Weise um das Herz seiner Geliebten. Sie wechselt
mit zwei ähnlichen Lauten ab, welche wir nur durch die Silben "Kluckkluckkluck" wiedergeben können.
Die eine derselben pflegt tiefer zu sein, als die andere; das Wieviel aber läßt sich mit Buchstaben nicht
ausdrücken. Die Jotaka, welche Radde im Burejagebirge antraf, besitzt nach seiner Beschreibung eine
gluckende Lockstimme, welche sich etwa durch die beiden Silben "Dschog dschog" wiedergeben läßt, wes-
halb die Jotaka von den Birar-Tungusen "Dschogdschoggün" genannt wird. Ein indischer Ziegen-
melker, welcher wiederholt mit dem unsrigen verwechselt worden ist (Caprimulgus indieus), schreit
nach Jerdon "Tuyo". Diese Angaben, welche die gänzliche Verschiedenheit der Stimmen so nahe
verwandter Vögel beweisen, genügen vollständig, um festzustellen, daß die genaunten nicht Spielarten
ein und derselben Form, sondern durchaus selbständige Arten sind. Besonders auffallend muß der
Ruf vieler amerikanischen Nachtschwalben sein, weil er nicht blos den ungebildeten, sondern auch den
gebildeten Bewohnern dieses Erdtheils Veranlassung gegeben hat, die Vögel entweder zu scheuen, oder
mit den auffallendsten Namen zu belegen. Schomburgk schildert malerisch die Stimmen des Urwal-
des, welche laut werden, wenn der helle Gesang, das ausgelassene Gelächter der farbigen Begleiter des
Reisenden verstummt ist. "Auf den heiteren Jubel folgt die tiefe Klage des Schmerzes der verschiedenen
Arten der Ziegenmelker, die auf den dürren, über die Wasserfläche emporragenden Zweigen der in den
Fluß gesunkenen Bäume saßen und ihre stöhnenden Klagetöne durch die mondhelle Nacht ertönen

Die Fänger. Sperrvögel. Nachtſchwalben.
die Schleppſchwalbe eine regelmäßige Erſcheinung und ein Gegenſtand der anziehendſten Unterhaltung;
es ſchien, als ob ſie das ungewohnte Licht beſonders aufrege und ſie dieſem Gefühle durch wunderſame
Bewegungen Ausdruck geben müſſe.

Den Vierflügel habe ich zu meinem Bedauern niemals ſelbſt geſehen, wohl aber aus dem Munde
aller Araber, welche ihn kannten, dieſelben Ausdrücke der Verwunderung vernommen, welche ich aus
allen Erzählungen meiner eingeborenen Jäger ſchon früher herausgehört hatte. Wie auffallend die
Erſcheinung des fliegenden Vierflügels iſt, mag aus nachfolgenden Worten Ruſſegger’s hervorgehen.
„Hätte ich eine Haremserziehung genoſſen, in dieſem Augenblick hätte ich an Teufelsſpuk und Hexen-
thum geglaubt; denn was wir in der Luft ſahen, war wunderbar. Es war ein Vogel, der ſich jedoch
mehr durch die Luft zu wälzen, als zu fliegen ſchien, bald ſah ich wieder vier Vögel, bald drei, bald
zwei, bald ſah ich wieder einen Vogel, der aber wirklich ausſah, als hätte er vier Flügel, bald drehte
ſich das Gaukelſpiel wie ein Haſpel um ſeine Axe, und es verwirrte ſich das ganze Bild .....
Die beiden, langen Federn, wegen der Zartheit ihrer Schäfte das Spiel eines jeden Windzuges,
erſchweren einerſeits den Flug dieſes Vogels ſehr, und bewirken andererſeits durch ihr Flattern und
Herumtreiben in der Luft während des Fluges umſomehr alle die eben erwähnten Täuſchungen, als
der Vierflügel nach Art ſeiner Familie, nur im trügeriſchen Lichte der Dämmerung fliegt und an
und für ſich einen ſehr ungeregelten, unſichern Flug beſitzt.‟

Die Stimme der Nachtſchatten iſt ſehr verſchieden. Einige Arten laſſen hauptſächlich ein
Schnurren vernehmen, andere geben mehr oder weniger wohllautende Töne zum Beſten. Wenn unſer
Ziegenmelker am Tage plötzlich aufgeſcheucht wird, hört man von ihm ein ſchwaches, heiſeres „Dack-
dack‟; bei Gefahr faucht er leiſe und ſchwach, nach Art der Eulen. Während der Paarungszeit ver-
nimmt man einen eigenthümlichen Liebesgeſang. Derſelbe beſteht nur aus zwei Lauten, welche man viel-
leicht richtiger Geräuſch nennen dürfte, werden aber mit einer bewunderungswürdigen Ausdauer vor-
getragen. Man kann nur annehmen, daß der Ziegenmelker ihn in derſelben Weiſe hervorbringt, wie
unſere Hauskatze das bekannte Schnurren. Auf dem Wipfel oder auf einem paſſenden Aſte eines
Baumes ſitzend, beginnt der Vogel mit einem weit hörbaren „Errrrrr‟, auf welches ein etwas tieferes
„Oerrrrrrr‟ erfolgt. Letzteres wird wahrſcheinlich beim Einziehen, erſteres beim Ausſtoßen des
Athems hervorgebracht. Das Weibchen ſchnurrt ebenfalls, jedoch nur äußerſt ſelten und ſtets ſehr
leiſe; denn das Spinnen iſt ein Ausdruck der Zärtlichkeit. Fliegend vernimmt man von beiden
Geſchlechtern einen Lockton, welcher wie „häit häit‟ klingt. Alle afrikaniſchen Nachtſchwalben, welche
ich hörte, ſpinnen genau in derſelben Weiſe wie die unſrige; ſchon die ſüdeuropäiſche Art aber wirbt
in wohlklingenderer, wenn auch nicht gemüthlicherer Weiſe um das Herz ſeiner Geliebten. Sie wechſelt
mit zwei ähnlichen Lauten ab, welche wir nur durch die Silben „Kluckkluckkluck‟ wiedergeben können.
Die eine derſelben pflegt tiefer zu ſein, als die andere; das Wieviel aber läßt ſich mit Buchſtaben nicht
ausdrücken. Die Jotaka, welche Radde im Burejagebirge antraf, beſitzt nach ſeiner Beſchreibung eine
gluckende Lockſtimme, welche ſich etwa durch die beiden Silben „Dſchog dſchog‟ wiedergeben läßt, wes-
halb die Jotaka von den Birar-Tunguſen „Dſchogdſchoggün‟ genannt wird. Ein indiſcher Ziegen-
melker, welcher wiederholt mit dem unſrigen verwechſelt worden iſt (Caprimulgus indieus), ſchreit
nach Jerdon „Tuyo‟. Dieſe Angaben, welche die gänzliche Verſchiedenheit der Stimmen ſo nahe
verwandter Vögel beweiſen, genügen vollſtändig, um feſtzuſtellen, daß die genaunten nicht Spielarten
ein und derſelben Form, ſondern durchaus ſelbſtändige Arten ſind. Beſonders auffallend muß der
Ruf vieler amerikaniſchen Nachtſchwalben ſein, weil er nicht blos den ungebildeten, ſondern auch den
gebildeten Bewohnern dieſes Erdtheils Veranlaſſung gegeben hat, die Vögel entweder zu ſcheuen, oder
mit den auffallendſten Namen zu belegen. Schomburgk ſchildert maleriſch die Stimmen des Urwal-
des, welche laut werden, wenn der helle Geſang, das ausgelaſſene Gelächter der farbigen Begleiter des
Reiſenden verſtummt iſt. „Auf den heiteren Jubel folgt die tiefe Klage des Schmerzes der verſchiedenen
Arten der Ziegenmelker, die auf den dürren, über die Waſſerfläche emporragenden Zweigen der in den
Fluß geſunkenen Bäume ſaßen und ihre ſtöhnenden Klagetöne durch die mondhelle Nacht ertönen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0710" n="672"/><fw place="top" type="header">Die Fänger. Sperrvögel. Nacht&#x017F;chwalben.</fw><lb/>
die Schlepp&#x017F;chwalbe eine regelmäßige Er&#x017F;cheinung und ein Gegen&#x017F;tand der anziehend&#x017F;ten Unterhaltung;<lb/>
es &#x017F;chien, als ob &#x017F;ie das ungewohnte Licht be&#x017F;onders aufrege und &#x017F;ie die&#x017F;em Gefühle durch wunder&#x017F;ame<lb/>
Bewegungen Ausdruck geben mü&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
          <p>Den Vierflügel habe ich zu meinem Bedauern niemals &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;ehen, wohl aber aus dem Munde<lb/>
aller Araber, welche ihn kannten, die&#x017F;elben Ausdrücke der Verwunderung vernommen, welche ich aus<lb/>
allen Erzählungen meiner eingeborenen Jäger &#x017F;chon früher herausgehört hatte. Wie auffallend die<lb/>
Er&#x017F;cheinung des fliegenden Vierflügels i&#x017F;t, mag aus nachfolgenden Worten <hi rendition="#g">Ru&#x017F;&#x017F;egger&#x2019;s</hi> hervorgehen.<lb/>
&#x201E;Hätte ich eine Haremserziehung geno&#x017F;&#x017F;en, in die&#x017F;em Augenblick hätte ich an Teufels&#x017F;puk und Hexen-<lb/>
thum geglaubt; denn was wir in der Luft &#x017F;ahen, war wunderbar. Es war ein Vogel, der &#x017F;ich jedoch<lb/>
mehr durch die Luft zu wälzen, als zu fliegen &#x017F;chien, bald &#x017F;ah ich wieder vier Vögel, bald drei, bald<lb/>
zwei, bald &#x017F;ah ich wieder <hi rendition="#g">einen</hi> Vogel, der aber wirklich aus&#x017F;ah, als hätte er vier Flügel, bald drehte<lb/>
&#x017F;ich das Gaukel&#x017F;piel wie ein Ha&#x017F;pel um &#x017F;eine Axe, und es verwirrte &#x017F;ich das ganze Bild .....<lb/>
Die beiden, langen Federn, wegen der Zartheit ihrer Schäfte das Spiel eines jeden Windzuges,<lb/>
er&#x017F;chweren einer&#x017F;eits den Flug die&#x017F;es Vogels &#x017F;ehr, und bewirken anderer&#x017F;eits durch ihr Flattern und<lb/>
Herumtreiben in der Luft während des Fluges um&#x017F;omehr alle die eben erwähnten Täu&#x017F;chungen, als<lb/>
der Vierflügel nach Art &#x017F;einer Familie, nur im trügeri&#x017F;chen Lichte der Dämmerung fliegt und an<lb/>
und für &#x017F;ich einen &#x017F;ehr ungeregelten, un&#x017F;ichern Flug be&#x017F;itzt.&#x201F;</p><lb/>
          <p>Die Stimme der Nacht&#x017F;chatten i&#x017F;t &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden. Einige Arten la&#x017F;&#x017F;en haupt&#x017F;ächlich ein<lb/>
Schnurren vernehmen, andere geben mehr oder weniger wohllautende Töne zum Be&#x017F;ten. Wenn un&#x017F;er<lb/>
Ziegenmelker am Tage plötzlich aufge&#x017F;cheucht wird, hört man von ihm ein &#x017F;chwaches, hei&#x017F;eres &#x201E;Dack-<lb/>
dack&#x201F;; bei Gefahr faucht er lei&#x017F;e und &#x017F;chwach, nach Art der Eulen. Während der Paarungszeit ver-<lb/>
nimmt man einen eigenthümlichen Liebesge&#x017F;ang. Der&#x017F;elbe be&#x017F;teht nur aus zwei Lauten, welche man viel-<lb/>
leicht richtiger Geräu&#x017F;ch nennen dürfte, werden aber mit einer bewunderungswürdigen Ausdauer vor-<lb/>
getragen. Man kann nur annehmen, daß der Ziegenmelker ihn in der&#x017F;elben Wei&#x017F;e hervorbringt, wie<lb/>
un&#x017F;ere Hauskatze das bekannte Schnurren. Auf dem Wipfel oder auf einem pa&#x017F;&#x017F;enden A&#x017F;te eines<lb/>
Baumes &#x017F;itzend, beginnt der Vogel mit einem weit hörbaren &#x201E;Errrrrr&#x201F;, auf welches ein etwas tieferes<lb/>
&#x201E;Oerrrrrrr&#x201F; erfolgt. Letzteres wird wahr&#x017F;cheinlich beim Einziehen, er&#x017F;teres beim Aus&#x017F;toßen des<lb/>
Athems hervorgebracht. Das Weibchen &#x017F;chnurrt ebenfalls, jedoch nur äußer&#x017F;t &#x017F;elten und &#x017F;tets &#x017F;ehr<lb/>
lei&#x017F;e; denn das Spinnen i&#x017F;t ein Ausdruck der Zärtlichkeit. Fliegend vernimmt man von beiden<lb/>
Ge&#x017F;chlechtern einen Lockton, welcher wie &#x201E;häit häit&#x201F; klingt. Alle afrikani&#x017F;chen Nacht&#x017F;chwalben, welche<lb/>
ich hörte, &#x017F;pinnen genau in der&#x017F;elben Wei&#x017F;e wie die un&#x017F;rige; &#x017F;chon die &#x017F;üdeuropäi&#x017F;che Art aber wirbt<lb/>
in wohlklingenderer, wenn auch nicht gemüthlicherer Wei&#x017F;e um das Herz &#x017F;einer Geliebten. Sie wech&#x017F;elt<lb/>
mit zwei ähnlichen Lauten ab, welche wir nur durch die Silben &#x201E;Kluckkluckkluck&#x201F; wiedergeben können.<lb/>
Die eine der&#x017F;elben pflegt tiefer zu &#x017F;ein, als die andere; das Wieviel aber läßt &#x017F;ich mit Buch&#x017F;taben nicht<lb/>
ausdrücken. Die <hi rendition="#g">Jotaka,</hi> welche <hi rendition="#g">Radde</hi> im Burejagebirge antraf, be&#x017F;itzt nach &#x017F;einer Be&#x017F;chreibung eine<lb/>
gluckende Lock&#x017F;timme, welche &#x017F;ich etwa durch die beiden Silben &#x201E;D&#x017F;chog d&#x017F;chog&#x201F; wiedergeben läßt, wes-<lb/>
halb die Jotaka von den Birar-Tungu&#x017F;en &#x201E;D&#x017F;chogd&#x017F;choggün&#x201F; genannt wird. Ein indi&#x017F;cher Ziegen-<lb/>
melker, welcher wiederholt mit dem un&#x017F;rigen verwech&#x017F;elt worden i&#x017F;t (<hi rendition="#aq">Caprimulgus indieus</hi>), &#x017F;chreit<lb/>
nach <hi rendition="#g">Jerdon</hi> &#x201E;Tuyo&#x201F;. Die&#x017F;e Angaben, welche die gänzliche Ver&#x017F;chiedenheit der Stimmen &#x017F;o nahe<lb/>
verwandter Vögel bewei&#x017F;en, genügen voll&#x017F;tändig, um fe&#x017F;tzu&#x017F;tellen, daß die genaunten nicht Spielarten<lb/>
ein und der&#x017F;elben Form, &#x017F;ondern durchaus &#x017F;elb&#x017F;tändige Arten &#x017F;ind. Be&#x017F;onders auffallend muß der<lb/>
Ruf vieler amerikani&#x017F;chen Nacht&#x017F;chwalben &#x017F;ein, weil er nicht blos den ungebildeten, &#x017F;ondern auch den<lb/>
gebildeten Bewohnern die&#x017F;es Erdtheils Veranla&#x017F;&#x017F;ung gegeben hat, die Vögel entweder zu &#x017F;cheuen, oder<lb/>
mit den auffallend&#x017F;ten Namen zu belegen. <hi rendition="#g">Schomburgk</hi> &#x017F;childert maleri&#x017F;ch die Stimmen des Urwal-<lb/>
des, welche laut werden, wenn der helle Ge&#x017F;ang, das ausgela&#x017F;&#x017F;ene Gelächter der farbigen Begleiter des<lb/>
Rei&#x017F;enden ver&#x017F;tummt i&#x017F;t. &#x201E;Auf den heiteren Jubel folgt die tiefe Klage des Schmerzes der ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Arten der Ziegenmelker, die auf den dürren, über die Wa&#x017F;&#x017F;erfläche emporragenden Zweigen der in den<lb/>
Fluß ge&#x017F;unkenen Bäume &#x017F;aßen und ihre &#x017F;töhnenden Klagetöne durch die mondhelle Nacht ertönen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[672/0710] Die Fänger. Sperrvögel. Nachtſchwalben. die Schleppſchwalbe eine regelmäßige Erſcheinung und ein Gegenſtand der anziehendſten Unterhaltung; es ſchien, als ob ſie das ungewohnte Licht beſonders aufrege und ſie dieſem Gefühle durch wunderſame Bewegungen Ausdruck geben müſſe. Den Vierflügel habe ich zu meinem Bedauern niemals ſelbſt geſehen, wohl aber aus dem Munde aller Araber, welche ihn kannten, dieſelben Ausdrücke der Verwunderung vernommen, welche ich aus allen Erzählungen meiner eingeborenen Jäger ſchon früher herausgehört hatte. Wie auffallend die Erſcheinung des fliegenden Vierflügels iſt, mag aus nachfolgenden Worten Ruſſegger’s hervorgehen. „Hätte ich eine Haremserziehung genoſſen, in dieſem Augenblick hätte ich an Teufelsſpuk und Hexen- thum geglaubt; denn was wir in der Luft ſahen, war wunderbar. Es war ein Vogel, der ſich jedoch mehr durch die Luft zu wälzen, als zu fliegen ſchien, bald ſah ich wieder vier Vögel, bald drei, bald zwei, bald ſah ich wieder einen Vogel, der aber wirklich ausſah, als hätte er vier Flügel, bald drehte ſich das Gaukelſpiel wie ein Haſpel um ſeine Axe, und es verwirrte ſich das ganze Bild ..... Die beiden, langen Federn, wegen der Zartheit ihrer Schäfte das Spiel eines jeden Windzuges, erſchweren einerſeits den Flug dieſes Vogels ſehr, und bewirken andererſeits durch ihr Flattern und Herumtreiben in der Luft während des Fluges umſomehr alle die eben erwähnten Täuſchungen, als der Vierflügel nach Art ſeiner Familie, nur im trügeriſchen Lichte der Dämmerung fliegt und an und für ſich einen ſehr ungeregelten, unſichern Flug beſitzt.‟ Die Stimme der Nachtſchatten iſt ſehr verſchieden. Einige Arten laſſen hauptſächlich ein Schnurren vernehmen, andere geben mehr oder weniger wohllautende Töne zum Beſten. Wenn unſer Ziegenmelker am Tage plötzlich aufgeſcheucht wird, hört man von ihm ein ſchwaches, heiſeres „Dack- dack‟; bei Gefahr faucht er leiſe und ſchwach, nach Art der Eulen. Während der Paarungszeit ver- nimmt man einen eigenthümlichen Liebesgeſang. Derſelbe beſteht nur aus zwei Lauten, welche man viel- leicht richtiger Geräuſch nennen dürfte, werden aber mit einer bewunderungswürdigen Ausdauer vor- getragen. Man kann nur annehmen, daß der Ziegenmelker ihn in derſelben Weiſe hervorbringt, wie unſere Hauskatze das bekannte Schnurren. Auf dem Wipfel oder auf einem paſſenden Aſte eines Baumes ſitzend, beginnt der Vogel mit einem weit hörbaren „Errrrrr‟, auf welches ein etwas tieferes „Oerrrrrrr‟ erfolgt. Letzteres wird wahrſcheinlich beim Einziehen, erſteres beim Ausſtoßen des Athems hervorgebracht. Das Weibchen ſchnurrt ebenfalls, jedoch nur äußerſt ſelten und ſtets ſehr leiſe; denn das Spinnen iſt ein Ausdruck der Zärtlichkeit. Fliegend vernimmt man von beiden Geſchlechtern einen Lockton, welcher wie „häit häit‟ klingt. Alle afrikaniſchen Nachtſchwalben, welche ich hörte, ſpinnen genau in derſelben Weiſe wie die unſrige; ſchon die ſüdeuropäiſche Art aber wirbt in wohlklingenderer, wenn auch nicht gemüthlicherer Weiſe um das Herz ſeiner Geliebten. Sie wechſelt mit zwei ähnlichen Lauten ab, welche wir nur durch die Silben „Kluckkluckkluck‟ wiedergeben können. Die eine derſelben pflegt tiefer zu ſein, als die andere; das Wieviel aber läßt ſich mit Buchſtaben nicht ausdrücken. Die Jotaka, welche Radde im Burejagebirge antraf, beſitzt nach ſeiner Beſchreibung eine gluckende Lockſtimme, welche ſich etwa durch die beiden Silben „Dſchog dſchog‟ wiedergeben läßt, wes- halb die Jotaka von den Birar-Tunguſen „Dſchogdſchoggün‟ genannt wird. Ein indiſcher Ziegen- melker, welcher wiederholt mit dem unſrigen verwechſelt worden iſt (Caprimulgus indieus), ſchreit nach Jerdon „Tuyo‟. Dieſe Angaben, welche die gänzliche Verſchiedenheit der Stimmen ſo nahe verwandter Vögel beweiſen, genügen vollſtändig, um feſtzuſtellen, daß die genaunten nicht Spielarten ein und derſelben Form, ſondern durchaus ſelbſtändige Arten ſind. Beſonders auffallend muß der Ruf vieler amerikaniſchen Nachtſchwalben ſein, weil er nicht blos den ungebildeten, ſondern auch den gebildeten Bewohnern dieſes Erdtheils Veranlaſſung gegeben hat, die Vögel entweder zu ſcheuen, oder mit den auffallendſten Namen zu belegen. Schomburgk ſchildert maleriſch die Stimmen des Urwal- des, welche laut werden, wenn der helle Geſang, das ausgelaſſene Gelächter der farbigen Begleiter des Reiſenden verſtummt iſt. „Auf den heiteren Jubel folgt die tiefe Klage des Schmerzes der verſchiedenen Arten der Ziegenmelker, die auf den dürren, über die Waſſerfläche emporragenden Zweigen der in den Fluß geſunkenen Bäume ſaßen und ihre ſtöhnenden Klagetöne durch die mondhelle Nacht ertönen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/710
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 672. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/710>, abgerufen am 23.11.2024.