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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Leben der Nachtschwalben.
Wie schon bemerkt, gehört die große Mehrzahl aller Nachtschwalben dem Walde an; jedoch würde man
irren, wenn man annehmen wollte, daß der dicht geschlossene oder düstere Urwald von ihnen bevorzugt
würde. Sie erwählen sich im Gegentheil solche Waldungen, wo große Blößen mit dichter bestandenen
Stellen abwechseln. Afrikas Steppenwaldungen, wo nur hier und da ein Baum oder ein Strauch
steht, der übrige Boden aber mit hohem Gras bewachsen ist, müssen den Nachtschwalben als Paradies
erscheinen; darauf hin deutet wenigstens das ungemein häufige Vorkommen der Vögel. Auch die
südeuropäischen Waldungen, welche sehr oft an jene Steppenwälder erinnern, sagen ihnen weit mehr
zu, als unsere geschlossenen Bestände. Meiden sie ja doch ängstlich fast unsere Laubwälder, obwohl
diese unzweifelhaft weit reicher sind an Kerbthieren, als die Nadelwaldungen, in denen sie ihr
Sommerleben verbringen. Sie erscheinen auf dem Zuge in Waldungen aller Art oder in Gärten,
[Abbildung] Afrikanische Nachtschwalbe [Vierflügel] (Cosmotornis vexillarius).
suchen aber im Norden zum Brüten nur Nadelwälder auf. Die südeuropäische Art, der roth-
halsige Ziegenmelker,
findet an den Gebirgswänden, wo Steinhalden mit spärlich bewachsenen
Stellen abwechseln, vortreffliche Aufenthaltsorte, siedelt sich aber eben so häufig in Baumpflanzungen
und vorzugsweise in Olivenwäldern an. Die sandfarbigen Arten Egyptens, namentlich der isabell-
farbige Nachtschatten
(Caprimulgus isabellinus) halten sich in dem Gestrüpp verborgen, welches
die Ufer des Nil bedeckt, da wo die Wüste bis zum Strom herantritt, oder suchen fich in den mit Ried-
gras bewachsenen Flächen passende Versteckplätze, hierdurch an den ausschließlich zwischen dem Hoch-
gras der Steppe lebenden Prachtziegenmelker erinnernd. Auch die amerikanischen Arten scheinen
ähnlichen Oertlichkeiten den Vorzug zu geben; doch erwähnen die Reisenden, daß einzelne Arten auch
in dem eigentlichen Urwald vorkommen, sich bei Tage in den dicht belaubten Kronen der Bäume ver-

Leben der Nachtſchwalben.
Wie ſchon bemerkt, gehört die große Mehrzahl aller Nachtſchwalben dem Walde an; jedoch würde man
irren, wenn man annehmen wollte, daß der dicht geſchloſſene oder düſtere Urwald von ihnen bevorzugt
würde. Sie erwählen ſich im Gegentheil ſolche Waldungen, wo große Blößen mit dichter beſtandenen
Stellen abwechſeln. Afrikas Steppenwaldungen, wo nur hier und da ein Baum oder ein Strauch
ſteht, der übrige Boden aber mit hohem Gras bewachſen iſt, müſſen den Nachtſchwalben als Paradies
erſcheinen; darauf hin deutet wenigſtens das ungemein häufige Vorkommen der Vögel. Auch die
ſüdeuropäiſchen Waldungen, welche ſehr oft an jene Steppenwälder erinnern, ſagen ihnen weit mehr
zu, als unſere geſchloſſenen Beſtände. Meiden ſie ja doch ängſtlich faſt unſere Laubwälder, obwohl
dieſe unzweifelhaft weit reicher ſind an Kerbthieren, als die Nadelwaldungen, in denen ſie ihr
Sommerleben verbringen. Sie erſcheinen auf dem Zuge in Waldungen aller Art oder in Gärten,
[Abbildung] Afrikaniſche Nachtſchwalbe [Vierflügel] (Cosmotornis vexillarius).
ſuchen aber im Norden zum Brüten nur Nadelwälder auf. Die ſüdeuropäiſche Art, der roth-
halſige Ziegenmelker,
findet an den Gebirgswänden, wo Steinhalden mit ſpärlich bewachſenen
Stellen abwechſeln, vortreffliche Aufenthaltsorte, ſiedelt ſich aber eben ſo häufig in Baumpflanzungen
und vorzugsweiſe in Olivenwäldern an. Die ſandfarbigen Arten Egyptens, namentlich der iſabell-
farbige Nachtſchatten
(Caprimulgus isabellinus) halten ſich in dem Geſtrüpp verborgen, welches
die Ufer des Nil bedeckt, da wo die Wüſte bis zum Strom herantritt, oder ſuchen fich in den mit Ried-
gras bewachſenen Flächen paſſende Verſteckplätze, hierdurch an den ausſchließlich zwiſchen dem Hoch-
gras der Steppe lebenden Prachtziegenmelker erinnernd. Auch die amerikaniſchen Arten ſcheinen
ähnlichen Oertlichkeiten den Vorzug zu geben; doch erwähnen die Reiſenden, daß einzelne Arten auch
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[669/0707] Leben der Nachtſchwalben. Wie ſchon bemerkt, gehört die große Mehrzahl aller Nachtſchwalben dem Walde an; jedoch würde man irren, wenn man annehmen wollte, daß der dicht geſchloſſene oder düſtere Urwald von ihnen bevorzugt würde. Sie erwählen ſich im Gegentheil ſolche Waldungen, wo große Blößen mit dichter beſtandenen Stellen abwechſeln. Afrikas Steppenwaldungen, wo nur hier und da ein Baum oder ein Strauch ſteht, der übrige Boden aber mit hohem Gras bewachſen iſt, müſſen den Nachtſchwalben als Paradies erſcheinen; darauf hin deutet wenigſtens das ungemein häufige Vorkommen der Vögel. Auch die ſüdeuropäiſchen Waldungen, welche ſehr oft an jene Steppenwälder erinnern, ſagen ihnen weit mehr zu, als unſere geſchloſſenen Beſtände. Meiden ſie ja doch ängſtlich faſt unſere Laubwälder, obwohl dieſe unzweifelhaft weit reicher ſind an Kerbthieren, als die Nadelwaldungen, in denen ſie ihr Sommerleben verbringen. Sie erſcheinen auf dem Zuge in Waldungen aller Art oder in Gärten, [Abbildung Afrikaniſche Nachtſchwalbe [Vierflügel] (Cosmotornis vexillarius).] ſuchen aber im Norden zum Brüten nur Nadelwälder auf. Die ſüdeuropäiſche Art, der roth- halſige Ziegenmelker, findet an den Gebirgswänden, wo Steinhalden mit ſpärlich bewachſenen Stellen abwechſeln, vortreffliche Aufenthaltsorte, ſiedelt ſich aber eben ſo häufig in Baumpflanzungen und vorzugsweiſe in Olivenwäldern an. Die ſandfarbigen Arten Egyptens, namentlich der iſabell- farbige Nachtſchatten (Caprimulgus isabellinus) halten ſich in dem Geſtrüpp verborgen, welches die Ufer des Nil bedeckt, da wo die Wüſte bis zum Strom herantritt, oder ſuchen fich in den mit Ried- gras bewachſenen Flächen paſſende Verſteckplätze, hierdurch an den ausſchließlich zwiſchen dem Hoch- gras der Steppe lebenden Prachtziegenmelker erinnernd. Auch die amerikaniſchen Arten ſcheinen ähnlichen Oertlichkeiten den Vorzug zu geben; doch erwähnen die Reiſenden, daß einzelne Arten auch in dem eigentlichen Urwald vorkommen, ſich bei Tage in den dicht belaubten Kronen der Bäume ver-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 669. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/707>, abgerufen am 23.11.2024.