mit einer Schwiele bedeckt, vorn gewöhnlich mit kurzen Schildern bekleidet, oben oft befiedert und zuweilen auch ganz nackt. Die Zehen sind, mit Ausnahme der sehr entwickelten Mittelzehe, kurz und schwach; Jnnenzehe und Mittelzehe sind gewöhnlich am Grunde durch eine Spannhaut verbunden; die Hinterzehe richtet sich nach der innern Seite, kann aber auch nach vorwärts gekehrt werden. Bei sehr vielen Arten trägt die lange Mittelzehe auch einen langen, auf der innern Seite aufgeworfenen und gezähnelten Nagel. Die Schwingen sind lang, schmal und spitzig, jedoch nicht in demselben Grade, wie bei den Schwalben, da nirgends die erste, sondern gewöhnlich die zweite und oft erst die dritte oder vierte Schwungfeder die längste von allen ist. Der Schwanz besteht aus zehn Federn, welche sehr verschieden gestaltet sein können. Das Gefieder ist eulenartig, großfedrig und weich, seine Zeich- nung regelmäßig eine außerordentlich feine und zierliche, die Färbung jedoch eine düstere und wenig auffallende. Am kürzesten wird man beide bezeichnen können, wenn man sie baumrindenartig nennt. Beachtenswerth sind diejenigen Gebilde, welche den Rachen umgeben, weil sie in steife Borsten umge- wandelt sind; ebenso merkwürdig sind die kurzen, feinen und dichten Wimpern, welche das Auge umstehen. Bei einigen Arten haben die Männchen besondere Schmuckzeichen: verlängerte und meist auch sehr eigenthümlich gestaltete Federn, welche nicht blos in der Schwanzgegend entspringen, wie sonst die Regel, sondern auch dem Flügelgefieder entsprossen oder selbst als umgebildete Schwingen anzusehen sind.
Ueber den inneren Bau des Leibes hat Nitzsch Untersuchungen angestellt, aus denen hervorgeht, daß im Geripp namentlich Schädel und Füße auffallen. Die Seitentheile des Oberkiefers sind platt, breit und wie die ganze Hirnschale luftführend. Das Thränenbein verbindet sich mit den seit- lichen Theilen des Oberkiefers; die Gaumenbeine sind flach und hinterwärts seitlich verbreitet; die Flügelbeine treten mit einer dritten Gelenkflechte an das Keilbein heran; dem Quadratknochen fehlt der freie Fortsatz gänzlich. Beispiellos ist die Gelenkung, welche in der Mitte der Aeste des Unter- kiefers angelegt ist; denn der Unterkiefer der Nachtschwalben besteht aus drei, stets unverwachsenen Stücken. Das vordere und gepaarte Stück bildet den kleinen Unterschnabel und die vordere Strecke der Kinnladenleiste; die beiden andern paarigen Stücke setzen die Kinnladenäste nach hinten fort und gelenken mit dem Quadratknochen nach vorn, aber in schiefer Linie mit dem Vorderstück. Dieses nimmt keine Luft auf, während die hintern Stücke Luftzellen zeigen. Das Brustbein biegt sich in seinem Hintertheile abwärts, wodurch der Magen Raum zur Ausdehnung gewinnt, wie bei dem Kukuk. Die Vorderglieder sind hinsichtlich ihrer Verhältnisse zu einander nicht so auffällig, wie die Armgliederknochen der Segler. Der luftführende Oberarmknochen ist länger als das Schulterblatt, der Borderarm zwar etwas länger als der Oberarm, aber nicht kürzer als der Handtheil. Die schmale, längliche Zunge zeichnet sich durch ihre geringe Größe und noch mehr durch viele auf ihrer Oberfläche wie am Seitenrande stehende Zähne aus. Der Zungenkern ist knorpelig, der untere Kehl- kopf hat nur ein einziges Muskelpaar. Der Schlund ist bei den altweltlichen Arten ohne Kropf oder Erweiterung, bei einigen amerikanischen hingegen sackartig ausgebuchtet. Der Vormagen ist klein, dickwandig, der Magen häutig und schlaffwandig, sehr ausdehnbar. Die Milz ist ungewöhnlich klein und länglichrund; die Nieren sind gestaltet wie bei den Singvögeln, die Leber wie bei den Kukuken.
Alle Gegenden und Länder der Erde mit Ausnahme derer, welche wirklich innerhalb des kalten Gürtels liegen, beherbergen Rachtschwalben. Jn unserm Europa kommen zwei Arten vor, im Norden Amerikas mehr als doppelt so viele; schon in Nordafrika und bezüglich in Mittelamerika aber nimmt die Artenzahl beträchtlich zu, und das Gleiche gilt für die entsprechend gelegenen Länder Asiens; auch Neuholland ist nicht arm an ihnen. Der Verbreitungskreis der einzelnen Arten ist ziemlich ausge- dehnt; der Aufenthalt aber beschränkt sich auf besonders günstige Oertlichkeiten. Die große Mehrzahl aller Nachtschwalben lebt im Walde oder sucht diesen wenigstens auf, um auszuruhen, einige Arten aber bevorzugen ganz entschieden die Steppe, und andere wieder sogar die Wüste oder wüstenähnliche Steinhalden und dergleichen Plätze. Wie hoch die Nachtschwalben im Gebirge emporsteigen, vermag ich nicht zu sagen, ich glaube jedoch annehmen zu dürfen, daß sie durchschnittlich die Höhe meiden.
Die Fänger. Sperrvögel. Nachtſchwalben.
mit einer Schwiele bedeckt, vorn gewöhnlich mit kurzen Schildern bekleidet, oben oft befiedert und zuweilen auch ganz nackt. Die Zehen ſind, mit Ausnahme der ſehr entwickelten Mittelzehe, kurz und ſchwach; Jnnenzehe und Mittelzehe ſind gewöhnlich am Grunde durch eine Spannhaut verbunden; die Hinterzehe richtet ſich nach der innern Seite, kann aber auch nach vorwärts gekehrt werden. Bei ſehr vielen Arten trägt die lange Mittelzehe auch einen langen, auf der innern Seite aufgeworfenen und gezähnelten Nagel. Die Schwingen ſind lang, ſchmal und ſpitzig, jedoch nicht in demſelben Grade, wie bei den Schwalben, da nirgends die erſte, ſondern gewöhnlich die zweite und oft erſt die dritte oder vierte Schwungfeder die längſte von allen iſt. Der Schwanz beſteht aus zehn Federn, welche ſehr verſchieden geſtaltet ſein können. Das Gefieder iſt eulenartig, großfedrig und weich, ſeine Zeich- nung regelmäßig eine außerordentlich feine und zierliche, die Färbung jedoch eine düſtere und wenig auffallende. Am kürzeſten wird man beide bezeichnen können, wenn man ſie baumrindenartig nennt. Beachtenswerth ſind diejenigen Gebilde, welche den Rachen umgeben, weil ſie in ſteife Borſten umge- wandelt ſind; ebenſo merkwürdig ſind die kurzen, feinen und dichten Wimpern, welche das Auge umſtehen. Bei einigen Arten haben die Männchen beſondere Schmuckzeichen: verlängerte und meiſt auch ſehr eigenthümlich geſtaltete Federn, welche nicht blos in der Schwanzgegend entſpringen, wie ſonſt die Regel, ſondern auch dem Flügelgefieder entſproſſen oder ſelbſt als umgebildete Schwingen anzuſehen ſind.
Ueber den inneren Bau des Leibes hat Nitzſch Unterſuchungen angeſtellt, aus denen hervorgeht, daß im Geripp namentlich Schädel und Füße auffallen. Die Seitentheile des Oberkiefers ſind platt, breit und wie die ganze Hirnſchale luftführend. Das Thränenbein verbindet ſich mit den ſeit- lichen Theilen des Oberkiefers; die Gaumenbeine ſind flach und hinterwärts ſeitlich verbreitet; die Flügelbeine treten mit einer dritten Gelenkflechte an das Keilbein heran; dem Quadratknochen fehlt der freie Fortſatz gänzlich. Beiſpiellos iſt die Gelenkung, welche in der Mitte der Aeſte des Unter- kiefers angelegt iſt; denn der Unterkiefer der Nachtſchwalben beſteht aus drei, ſtets unverwachſenen Stücken. Das vordere und gepaarte Stück bildet den kleinen Unterſchnabel und die vordere Strecke der Kinnladenleiſte; die beiden andern paarigen Stücke ſetzen die Kinnladenäſte nach hinten fort und gelenken mit dem Quadratknochen nach vorn, aber in ſchiefer Linie mit dem Vorderſtück. Dieſes nimmt keine Luft auf, während die hintern Stücke Luftzellen zeigen. Das Bruſtbein biegt ſich in ſeinem Hintertheile abwärts, wodurch der Magen Raum zur Ausdehnung gewinnt, wie bei dem Kukuk. Die Vorderglieder ſind hinſichtlich ihrer Verhältniſſe zu einander nicht ſo auffällig, wie die Armgliederknochen der Segler. Der luftführende Oberarmknochen iſt länger als das Schulterblatt, der Borderarm zwar etwas länger als der Oberarm, aber nicht kürzer als der Handtheil. Die ſchmale, längliche Zunge zeichnet ſich durch ihre geringe Größe und noch mehr durch viele auf ihrer Oberfläche wie am Seitenrande ſtehende Zähne aus. Der Zungenkern iſt knorpelig, der untere Kehl- kopf hat nur ein einziges Muskelpaar. Der Schlund iſt bei den altweltlichen Arten ohne Kropf oder Erweiterung, bei einigen amerikaniſchen hingegen ſackartig ausgebuchtet. Der Vormagen iſt klein, dickwandig, der Magen häutig und ſchlaffwandig, ſehr ausdehnbar. Die Milz iſt ungewöhnlich klein und länglichrund; die Nieren ſind geſtaltet wie bei den Singvögeln, die Leber wie bei den Kukuken.
Alle Gegenden und Länder der Erde mit Ausnahme derer, welche wirklich innerhalb des kalten Gürtels liegen, beherbergen Rachtſchwalben. Jn unſerm Europa kommen zwei Arten vor, im Norden Amerikas mehr als doppelt ſo viele; ſchon in Nordafrika und bezüglich in Mittelamerika aber nimmt die Artenzahl beträchtlich zu, und das Gleiche gilt für die entſprechend gelegenen Länder Aſiens; auch Neuholland iſt nicht arm an ihnen. Der Verbreitungskreis der einzelnen Arten iſt ziemlich ausge- dehnt; der Aufenthalt aber beſchränkt ſich auf beſonders günſtige Oertlichkeiten. Die große Mehrzahl aller Nachtſchwalben lebt im Walde oder ſucht dieſen wenigſtens auf, um auszuruhen, einige Arten aber bevorzugen ganz entſchieden die Steppe, und andere wieder ſogar die Wüſte oder wüſtenähnliche Steinhalden und dergleichen Plätze. Wie hoch die Nachtſchwalben im Gebirge emporſteigen, vermag ich nicht zu ſagen, ich glaube jedoch annehmen zu dürfen, daß ſie durchſchnittlich die Höhe meiden.
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[660/0698]
Die Fänger. Sperrvögel. Nachtſchwalben.
mit einer Schwiele bedeckt, vorn gewöhnlich mit kurzen Schildern bekleidet, oben oft befiedert und
zuweilen auch ganz nackt. Die Zehen ſind, mit Ausnahme der ſehr entwickelten Mittelzehe, kurz und
ſchwach; Jnnenzehe und Mittelzehe ſind gewöhnlich am Grunde durch eine Spannhaut verbunden; die
Hinterzehe richtet ſich nach der innern Seite, kann aber auch nach vorwärts gekehrt werden. Bei ſehr
vielen Arten trägt die lange Mittelzehe auch einen langen, auf der innern Seite aufgeworfenen und
gezähnelten Nagel. Die Schwingen ſind lang, ſchmal und ſpitzig, jedoch nicht in demſelben Grade,
wie bei den Schwalben, da nirgends die erſte, ſondern gewöhnlich die zweite und oft erſt die dritte oder
vierte Schwungfeder die längſte von allen iſt. Der Schwanz beſteht aus zehn Federn, welche ſehr
verſchieden geſtaltet ſein können. Das Gefieder iſt eulenartig, großfedrig und weich, ſeine Zeich-
nung regelmäßig eine außerordentlich feine und zierliche, die Färbung jedoch eine düſtere und wenig
auffallende. Am kürzeſten wird man beide bezeichnen können, wenn man ſie baumrindenartig nennt.
Beachtenswerth ſind diejenigen Gebilde, welche den Rachen umgeben, weil ſie in ſteife Borſten umge-
wandelt ſind; ebenſo merkwürdig ſind die kurzen, feinen und dichten Wimpern, welche das Auge
umſtehen. Bei einigen Arten haben die Männchen beſondere Schmuckzeichen: verlängerte und meiſt
auch ſehr eigenthümlich geſtaltete Federn, welche nicht blos in der Schwanzgegend entſpringen, wie
ſonſt die Regel, ſondern auch dem Flügelgefieder entſproſſen oder ſelbſt als umgebildete Schwingen
anzuſehen ſind.
Ueber den inneren Bau des Leibes hat Nitzſch Unterſuchungen angeſtellt, aus denen hervorgeht,
daß im Geripp namentlich Schädel und Füße auffallen. Die Seitentheile des Oberkiefers ſind platt,
breit und wie die ganze Hirnſchale luftführend. Das Thränenbein verbindet ſich mit den ſeit-
lichen Theilen des Oberkiefers; die Gaumenbeine ſind flach und hinterwärts ſeitlich verbreitet; die
Flügelbeine treten mit einer dritten Gelenkflechte an das Keilbein heran; dem Quadratknochen fehlt
der freie Fortſatz gänzlich. Beiſpiellos iſt die Gelenkung, welche in der Mitte der Aeſte des Unter-
kiefers angelegt iſt; denn der Unterkiefer der Nachtſchwalben beſteht aus drei, ſtets unverwachſenen
Stücken. Das vordere und gepaarte Stück bildet den kleinen Unterſchnabel und die vordere Strecke
der Kinnladenleiſte; die beiden andern paarigen Stücke ſetzen die Kinnladenäſte nach hinten fort und
gelenken mit dem Quadratknochen nach vorn, aber in ſchiefer Linie mit dem Vorderſtück. Dieſes
nimmt keine Luft auf, während die hintern Stücke Luftzellen zeigen. Das Bruſtbein biegt ſich in
ſeinem Hintertheile abwärts, wodurch der Magen Raum zur Ausdehnung gewinnt, wie bei dem
Kukuk. Die Vorderglieder ſind hinſichtlich ihrer Verhältniſſe zu einander nicht ſo auffällig, wie die
Armgliederknochen der Segler. Der luftführende Oberarmknochen iſt länger als das Schulterblatt,
der Borderarm zwar etwas länger als der Oberarm, aber nicht kürzer als der Handtheil. Die
ſchmale, längliche Zunge zeichnet ſich durch ihre geringe Größe und noch mehr durch viele auf ihrer
Oberfläche wie am Seitenrande ſtehende Zähne aus. Der Zungenkern iſt knorpelig, der untere Kehl-
kopf hat nur ein einziges Muskelpaar. Der Schlund iſt bei den altweltlichen Arten ohne Kropf oder
Erweiterung, bei einigen amerikaniſchen hingegen ſackartig ausgebuchtet. Der Vormagen iſt klein,
dickwandig, der Magen häutig und ſchlaffwandig, ſehr ausdehnbar. Die Milz iſt ungewöhnlich klein
und länglichrund; die Nieren ſind geſtaltet wie bei den Singvögeln, die Leber wie bei den Kukuken.
Alle Gegenden und Länder der Erde mit Ausnahme derer, welche wirklich innerhalb des kalten
Gürtels liegen, beherbergen Rachtſchwalben. Jn unſerm Europa kommen zwei Arten vor, im Norden
Amerikas mehr als doppelt ſo viele; ſchon in Nordafrika und bezüglich in Mittelamerika aber nimmt
die Artenzahl beträchtlich zu, und das Gleiche gilt für die entſprechend gelegenen Länder Aſiens; auch
Neuholland iſt nicht arm an ihnen. Der Verbreitungskreis der einzelnen Arten iſt ziemlich ausge-
dehnt; der Aufenthalt aber beſchränkt ſich auf beſonders günſtige Oertlichkeiten. Die große Mehrzahl
aller Nachtſchwalben lebt im Walde oder ſucht dieſen wenigſtens auf, um auszuruhen, einige Arten
aber bevorzugen ganz entſchieden die Steppe, und andere wieder ſogar die Wüſte oder wüſtenähnliche
Steinhalden und dergleichen Plätze. Wie hoch die Nachtſchwalben im Gebirge emporſteigen, vermag
ich nicht zu ſagen, ich glaube jedoch annehmen zu dürfen, daß ſie durchſchnittlich die Höhe meiden.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 660. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/698>, abgerufen am 22.11.2024.
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