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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Fänger. Sperrvögel. Segler.
Thiere veranlassen, sich der Absonderung derselben durch Drücken und Reiben zu entledigen. Hierbei
kann es denn bisweilen geschehen, daß diese Theile wund gerieben werden und somit Veranlassung
gegeben wird zum Austritt einiger Blutstropfen: diesem Umstande dürften wohl die kleinen Blut-
spuren, die man bisweilen an den Nestern wahrnimmt, ihre Entstehung verdanken. Uebrigens muß
ich noch erwähnen, daß die Absonderung des Speichels, sowie vieler Drüsen in geradem Verhältniß
zur Menge der aufgenommenen Nahrung steht. Wenn ich meine, einige Tage lebend unterhaltenen
Vögel gut gefüttert hatte, trat alsbald eine reichliche Speichelabscheidung ein, die hingegen sehr gering
war, wenn die Thiere einige Stunden gehungert hatten. Und hiermit stimmen andere Beobachtungen
überein, zumal der Umstand, daß zu manchen Zeiten die Vögel ihre Nester schneller bauen und diese
größer und schöner sind, als zu andern. Jm ersteren Falle hatten die Thiere höchst wahrscheinlich
Ueberfluß an Nahrung, im letzteren Mangel."

Solchen Beobachtungen gegenüber bedarf es einer weiteren Auslassung nicht. Wir wissen jetzt
ganz genau, welchen Stoff die Gutschmecker verzehren, wenn sie die berühmten indischen Vogelnester
zu sich nehmen.

Nicht so ausführlich sind wir über das Leben der Schwalbe selbst unterrichtet. Die Salangane,
erzählt Junghuhn, fliegt an den Küsten Javas in dem spritzenden Schaum der Brandung hin und
her und sucht dort ihre Nahrung. Jn ihrem Magen findet man kleine Kerbthiere und Würmchen.
Die Vögel fliegen mit der Schnelligkeit eines Pfeiles und selbst bei vollster Dunkelheit durch die
engsten Ritzen. Jhre Nester werden regelmäßig in Felsenhöhlen angelegt, welche am Ufer stehen.
Der Boden derselben ist gewöhnlich mit Meereswasser bedeckt, der Eingang eng, zur Ebbezeit ossen,
zur Flutzeit durch jede herbeirollende Woge gänzlich geschlossen. Dann fliegt die Schwalbe in dem
Augenblick aus und ein, wo die Woge herannaht oder zurücktritt. Auch fern vom Meere gibt es ein-
zelne Felshöhlen, welche von den Schwalben bewohnt sind. Es scheint, daß die Salangane auch außer
der Brutzeit in ihrer Nisthöhle übernachtet: "Jm Jahr 1846 Ende Dezembers", erzählt Jerdon,
"besuchte ich eine der Höhlen am Ende der Taubeninsel bei Honore und erfuhr durch einen Eingebo-
renen, welcher uns zu der Höhle geführt hatte, daß die jetzt nicht brütenden Vögel abends zwischen
acht und neun Uhr ankommen würden. Wir beauftragten ihn, diese Zeit abzuwarten und einige von
den Thieren für uns zu fangen. Er kehrte am folgenden Tage zu uns zurück und brachte uns mehrere
lebende Salaganen, welche er in einem Nest gefangen hatte, wie er sagte, erst um neun Uhr abends.
Die Vögel mußten also aus großer Ferne herbeigekommen sein, da sie drei volle Stunden nach Sonnen-
untergang unterwegs gewesen waren. -- Jn einer andern Höhle, welche ich später, im März, besuchte,
sand ich ungefähr funfzig bis hundert Nester und in einigen von ihnen Eier. Wenige dieser Nester
waren alt, die meisten frisch gebaut. Etwa zwanzig Paare der Vögel mochten vorhanden sein. ...
Bei Darjiling erscheint die Salangane zuweilen in großen Massen, nach Tickel's Angabe im August
als Zugvogel, welcher in südwestlicher Richtung dahinstreicht. Jch habe sie aber auch noch im Oktober
und ebenso zu anderen Zeiten gesehen, immer in zahlreichen Schwärmen, welche sich über einen
beträchtlichen Theil des Bodens vertheilten und hier mit großer Schnelligkeit hin und herflogen."

Die ergiebigsten Bruthöhlen befinden sich an der Südküste Javas. Einige von ihnen, welche in
dem ungeheuern Kalkfelsen Karang-Kallong liegen und durch die holländische Regierung ausgebeutet
werden, hat Epp besucht. Die betreffende Felswand fällt senkrecht in das Meer ab und wird fast
immer von einer wüthenden Brandung umtobt. Auf der Höhe steht eine kleine Schanze mit fünf und
zwanzig Mann Besatzung zum Schutze des Nestspeichers. Am Rande der Wand erhebt sich ein starker
Baum und streckt seine Aeste über den senkrechten Abgrund. Hält man sich an diese und beugt sich so,
daß man hinab sehen kann, so erscheinen die in der Tiefe hin und her schwirrenden Salanganen nicht
größer als Bienen, und ihre Masse gleicht Bienenschwärmen. Die kühnen Nestsucher lassen sich an
einem neunzig Faden langen Rotangseile Einer nach dem Andern in die schauervolle Tiefe hinab.
Wer stürzt, ist rettungslos verloren. Auch in den Höhlen selbst wird ihnen die donnernde Brandung
noch gefährlich. Der Höhlen sind neun. Jede hat ihren Namen, und jede ist nur von dem Seile

Die Fänger. Sperrvögel. Segler.
Thiere veranlaſſen, ſich der Abſonderung derſelben durch Drücken und Reiben zu entledigen. Hierbei
kann es denn bisweilen geſchehen, daß dieſe Theile wund gerieben werden und ſomit Veranlaſſung
gegeben wird zum Austritt einiger Blutstropfen: dieſem Umſtande dürften wohl die kleinen Blut-
ſpuren, die man bisweilen an den Neſtern wahrnimmt, ihre Entſtehung verdanken. Uebrigens muß
ich noch erwähnen, daß die Abſonderung des Speichels, ſowie vieler Drüſen in geradem Verhältniß
zur Menge der aufgenommenen Nahrung ſteht. Wenn ich meine, einige Tage lebend unterhaltenen
Vögel gut gefüttert hatte, trat alsbald eine reichliche Speichelabſcheidung ein, die hingegen ſehr gering
war, wenn die Thiere einige Stunden gehungert hatten. Und hiermit ſtimmen andere Beobachtungen
überein, zumal der Umſtand, daß zu manchen Zeiten die Vögel ihre Neſter ſchneller bauen und dieſe
größer und ſchöner ſind, als zu andern. Jm erſteren Falle hatten die Thiere höchſt wahrſcheinlich
Ueberfluß an Nahrung, im letzteren Mangel.‟

Solchen Beobachtungen gegenüber bedarf es einer weiteren Auslaſſung nicht. Wir wiſſen jetzt
ganz genau, welchen Stoff die Gutſchmecker verzehren, wenn ſie die berühmten indiſchen Vogelneſter
zu ſich nehmen.

Nicht ſo ausführlich ſind wir über das Leben der Schwalbe ſelbſt unterrichtet. Die Salangane,
erzählt Junghuhn, fliegt an den Küſten Javas in dem ſpritzenden Schaum der Brandung hin und
her und ſucht dort ihre Nahrung. Jn ihrem Magen findet man kleine Kerbthiere und Würmchen.
Die Vögel fliegen mit der Schnelligkeit eines Pfeiles und ſelbſt bei vollſter Dunkelheit durch die
engſten Ritzen. Jhre Neſter werden regelmäßig in Felſenhöhlen angelegt, welche am Ufer ſtehen.
Der Boden derſelben iſt gewöhnlich mit Meereswaſſer bedeckt, der Eingang eng, zur Ebbezeit oſſen,
zur Flutzeit durch jede herbeirollende Woge gänzlich geſchloſſen. Dann fliegt die Schwalbe in dem
Augenblick aus und ein, wo die Woge herannaht oder zurücktritt. Auch fern vom Meere gibt es ein-
zelne Felshöhlen, welche von den Schwalben bewohnt ſind. Es ſcheint, daß die Salangane auch außer
der Brutzeit in ihrer Niſthöhle übernachtet: „Jm Jahr 1846 Ende Dezembers‟, erzählt Jerdon,
„beſuchte ich eine der Höhlen am Ende der Taubeninſel bei Honore und erfuhr durch einen Eingebo-
renen, welcher uns zu der Höhle geführt hatte, daß die jetzt nicht brütenden Vögel abends zwiſchen
acht und neun Uhr ankommen würden. Wir beauftragten ihn, dieſe Zeit abzuwarten und einige von
den Thieren für uns zu fangen. Er kehrte am folgenden Tage zu uns zurück und brachte uns mehrere
lebende Salaganen, welche er in einem Neſt gefangen hatte, wie er ſagte, erſt um neun Uhr abends.
Die Vögel mußten alſo aus großer Ferne herbeigekommen ſein, da ſie drei volle Stunden nach Sonnen-
untergang unterwegs geweſen waren. — Jn einer andern Höhle, welche ich ſpäter, im März, beſuchte,
ſand ich ungefähr funfzig bis hundert Neſter und in einigen von ihnen Eier. Wenige dieſer Neſter
waren alt, die meiſten friſch gebaut. Etwa zwanzig Paare der Vögel mochten vorhanden ſein. …
Bei Darjiling erſcheint die Salangane zuweilen in großen Maſſen, nach Tickel’s Angabe im Auguſt
als Zugvogel, welcher in ſüdweſtlicher Richtung dahinſtreicht. Jch habe ſie aber auch noch im Oktober
und ebenſo zu anderen Zeiten geſehen, immer in zahlreichen Schwärmen, welche ſich über einen
beträchtlichen Theil des Bodens vertheilten und hier mit großer Schnelligkeit hin und herflogen.‟

Die ergiebigſten Bruthöhlen befinden ſich an der Südküſte Javas. Einige von ihnen, welche in
dem ungeheuern Kalkfelſen Karang-Kallong liegen und durch die holländiſche Regierung ausgebeutet
werden, hat Epp beſucht. Die betreffende Felswand fällt ſenkrecht in das Meer ab und wird faſt
immer von einer wüthenden Brandung umtobt. Auf der Höhe ſteht eine kleine Schanze mit fünf und
zwanzig Mann Beſatzung zum Schutze des Neſtſpeichers. Am Rande der Wand erhebt ſich ein ſtarker
Baum und ſtreckt ſeine Aeſte über den ſenkrechten Abgrund. Hält man ſich an dieſe und beugt ſich ſo,
daß man hinab ſehen kann, ſo erſcheinen die in der Tiefe hin und her ſchwirrenden Salanganen nicht
größer als Bienen, und ihre Maſſe gleicht Bienenſchwärmen. Die kühnen Neſtſucher laſſen ſich an
einem neunzig Faden langen Rotangſeile Einer nach dem Andern in die ſchauervolle Tiefe hinab.
Wer ſtürzt, iſt rettungslos verloren. Auch in den Höhlen ſelbſt wird ihnen die donnernde Brandung
noch gefährlich. Der Höhlen ſind neun. Jede hat ihren Namen, und jede iſt nur von dem Seile

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[652/0690] Die Fänger. Sperrvögel. Segler. Thiere veranlaſſen, ſich der Abſonderung derſelben durch Drücken und Reiben zu entledigen. Hierbei kann es denn bisweilen geſchehen, daß dieſe Theile wund gerieben werden und ſomit Veranlaſſung gegeben wird zum Austritt einiger Blutstropfen: dieſem Umſtande dürften wohl die kleinen Blut- ſpuren, die man bisweilen an den Neſtern wahrnimmt, ihre Entſtehung verdanken. Uebrigens muß ich noch erwähnen, daß die Abſonderung des Speichels, ſowie vieler Drüſen in geradem Verhältniß zur Menge der aufgenommenen Nahrung ſteht. Wenn ich meine, einige Tage lebend unterhaltenen Vögel gut gefüttert hatte, trat alsbald eine reichliche Speichelabſcheidung ein, die hingegen ſehr gering war, wenn die Thiere einige Stunden gehungert hatten. Und hiermit ſtimmen andere Beobachtungen überein, zumal der Umſtand, daß zu manchen Zeiten die Vögel ihre Neſter ſchneller bauen und dieſe größer und ſchöner ſind, als zu andern. Jm erſteren Falle hatten die Thiere höchſt wahrſcheinlich Ueberfluß an Nahrung, im letzteren Mangel.‟ Solchen Beobachtungen gegenüber bedarf es einer weiteren Auslaſſung nicht. Wir wiſſen jetzt ganz genau, welchen Stoff die Gutſchmecker verzehren, wenn ſie die berühmten indiſchen Vogelneſter zu ſich nehmen. Nicht ſo ausführlich ſind wir über das Leben der Schwalbe ſelbſt unterrichtet. Die Salangane, erzählt Junghuhn, fliegt an den Küſten Javas in dem ſpritzenden Schaum der Brandung hin und her und ſucht dort ihre Nahrung. Jn ihrem Magen findet man kleine Kerbthiere und Würmchen. Die Vögel fliegen mit der Schnelligkeit eines Pfeiles und ſelbſt bei vollſter Dunkelheit durch die engſten Ritzen. Jhre Neſter werden regelmäßig in Felſenhöhlen angelegt, welche am Ufer ſtehen. Der Boden derſelben iſt gewöhnlich mit Meereswaſſer bedeckt, der Eingang eng, zur Ebbezeit oſſen, zur Flutzeit durch jede herbeirollende Woge gänzlich geſchloſſen. Dann fliegt die Schwalbe in dem Augenblick aus und ein, wo die Woge herannaht oder zurücktritt. Auch fern vom Meere gibt es ein- zelne Felshöhlen, welche von den Schwalben bewohnt ſind. Es ſcheint, daß die Salangane auch außer der Brutzeit in ihrer Niſthöhle übernachtet: „Jm Jahr 1846 Ende Dezembers‟, erzählt Jerdon, „beſuchte ich eine der Höhlen am Ende der Taubeninſel bei Honore und erfuhr durch einen Eingebo- renen, welcher uns zu der Höhle geführt hatte, daß die jetzt nicht brütenden Vögel abends zwiſchen acht und neun Uhr ankommen würden. Wir beauftragten ihn, dieſe Zeit abzuwarten und einige von den Thieren für uns zu fangen. Er kehrte am folgenden Tage zu uns zurück und brachte uns mehrere lebende Salaganen, welche er in einem Neſt gefangen hatte, wie er ſagte, erſt um neun Uhr abends. Die Vögel mußten alſo aus großer Ferne herbeigekommen ſein, da ſie drei volle Stunden nach Sonnen- untergang unterwegs geweſen waren. — Jn einer andern Höhle, welche ich ſpäter, im März, beſuchte, ſand ich ungefähr funfzig bis hundert Neſter und in einigen von ihnen Eier. Wenige dieſer Neſter waren alt, die meiſten friſch gebaut. Etwa zwanzig Paare der Vögel mochten vorhanden ſein. … Bei Darjiling erſcheint die Salangane zuweilen in großen Maſſen, nach Tickel’s Angabe im Auguſt als Zugvogel, welcher in ſüdweſtlicher Richtung dahinſtreicht. Jch habe ſie aber auch noch im Oktober und ebenſo zu anderen Zeiten geſehen, immer in zahlreichen Schwärmen, welche ſich über einen beträchtlichen Theil des Bodens vertheilten und hier mit großer Schnelligkeit hin und herflogen.‟ Die ergiebigſten Bruthöhlen befinden ſich an der Südküſte Javas. Einige von ihnen, welche in dem ungeheuern Kalkfelſen Karang-Kallong liegen und durch die holländiſche Regierung ausgebeutet werden, hat Epp beſucht. Die betreffende Felswand fällt ſenkrecht in das Meer ab und wird faſt immer von einer wüthenden Brandung umtobt. Auf der Höhe ſteht eine kleine Schanze mit fünf und zwanzig Mann Beſatzung zum Schutze des Neſtſpeichers. Am Rande der Wand erhebt ſich ein ſtarker Baum und ſtreckt ſeine Aeſte über den ſenkrechten Abgrund. Hält man ſich an dieſe und beugt ſich ſo, daß man hinab ſehen kann, ſo erſcheinen die in der Tiefe hin und her ſchwirrenden Salanganen nicht größer als Bienen, und ihre Maſſe gleicht Bienenſchwärmen. Die kühnen Neſtſucher laſſen ſich an einem neunzig Faden langen Rotangſeile Einer nach dem Andern in die ſchauervolle Tiefe hinab. Wer ſtürzt, iſt rettungslos verloren. Auch in den Höhlen ſelbſt wird ihnen die donnernde Brandung noch gefährlich. Der Höhlen ſind neun. Jede hat ihren Namen, und jede iſt nur von dem Seile

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 652. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/690>, abgerufen am 22.11.2024.