Salanganen (Collocalia) nennt man die seit mehreren Jahrhunderten bekannten und noch heutigen Tages wenig gekannten Schwalben, welche die berühmten eßbaren Nester bauen. Die Kenn- zeichen der Sippe sind: geringe Größe, ziemlich lange Flügel, in denen die zweite Schwinge die längste ist, ein mittellanger, gerade abgestutzter oder leicht ausgeschnittener Schwanz, ein sehr kleiner, stark- hakiger Schnabel und sehr schwache Füße, deren Hinterzehe sich nach hinten richtet. Das Gefieder ist ziemlich hart, aber einfach gefärbt. Unter den inneren Theilen verdient vor allem die sehr entwickelte Speicheldrüse Beachtung.
Die verbreitetste Art, welche wir insbesondere Salangane nennen wollen (Collocalia nidifica) erreicht eine Länge von 43/4 bis 5 Zoll bei einer Breite von ungefähr 12 Zoll; die Fittiglänge beträgt 41/2 bis 43/4 Zoll, der Schwanz mißt 21/4 Zoll. Die Mittelfedern desselben sind nur um 1/4 Zoll kürzer, als die äußeren. Das Gefieder ist im Allgemeinen graulich düsterbraun, an dem Untertheil heller, in Schmuziggraubraun übergehend; Schwingen und Schwanz sind schwärz- lich; vor den Augen steht ein weißer Flecken. Die alten Vögel unterscheiden sich durch einen schwachen graulichgrünen Metallglanz auf dem Mantel von den jüngeren.
Früher kannte man die Salangane nur als Bewohnerin der Sundainseln; in der Neuzeit hat man sie auch in den Gebirgen von Assam, in den Nilgerris, in Sikkim und auf Ceylon beobachtet. Sie ist die Art, über welche das Meiste berichtet und gefabelt worden ist. "An der Küste von China", sagt der alte Bontius, "kommen zur Brütezeit kleine Vögelchen vom Geschlecht der Schwalben aus dem Jnnern des Landes an die Klippen des Meeres und sammeln aus dem Meerschlamm am Grunde der Felsen einen zähen Stoff auf, möglicherweise Walrat oder Fischlaich, aus welchem sie ihre Nester bauen. Die Chinesen reißen diese Nester von den Klippen und bringen sie massenhaft nach Jndien, wo sie für theures Geld gekauft, in Hühner- und Hammelbrühe gekocht und von Schleckern allen übrigen Gaumenreizen vorgezogen werden." Bis in die neueste Zeit wird diese Meinung mehr oder weniger festgehalten. Fast sämmtliche Reisebeschreiber sind der Ansicht, daß der Stoff zu den eßbaren Nestern dem Meere und seinen Erzeugnissen entnommen werde. Kämpfer gibt an, daß chinesische Fischer ihn versichert hätten, die eßbaren Nester seien nichts Anderes, als das von den Schwalben irgendwie zubereitete Fleisch von einer großen Tintenschnecke. Rumph beschreibt ein kleines Pflänz- chen von weichlicher und knorplicher Beschaffenheit, halb durchsichtig, glatt und schlüpfrig, weiß und roth gefärbt, zähe wie Leim, welche sich am Strande des Meeres auf Felsengeröll und Muschelschalen findet und der eigentliche Baustoff der Schwalbennester sein soll, bezweifelt aber doch die Wahrheit der ihm gemachten Angabe und hält es für wahrscheinlich, daß die Salangane den Baustoff zu ihren Nestern aus ihrem Leibe von sich gäbe, während Poivre Büffon versichert, daß er das Meer zwi- schen Java und Cochinchina und zwischen Sumatra und Neuguinea mit einer Masse bedeckt gefunden habe, welche, auf dem Wasser schwimmend, wie halb aufgeweichter Leim aussehe und von den Schwal- ben aufgenommen werde. Erst Raffles kommt wieder auf Rumph's Ansicht zurück und hält den Baustoff für eine Absonderung der Schwalbe selbst, welche zuweilen mit solcher Anstrengung aus- gebrochen werde, daß sich Blut mit ihm vermische. Home untersucht darauf hin den Magen der Salangane und findet namentlich die Ausführungsgänge der Magendrüsen ganz eigenthümlich gestaltet, die Mündung derselben röhrenförmig und verlängert in mehrere Lappen, wie eine Blume zertheilt. Diese Lappen, meint Home, sollen den Schleim zu dem Neste absondern. Marsden untersucht den Stoff der Nester und findet, daß er ein Mittelding zwischen Gallert und Eiweiß ist. Er wider- steht geraume Zeit den Einwirkungen des heißen Wassers, quillt nach einigen Stunden auf und wird beim Trocknen wieder hart, aber spröde, weil etwas Gallerte im Wasser bleibt. Auf die übrigen Angaben brauchen wir hier nicht weiter einzugehen; sie sind sämmtlich mehr oder minder Muth- maßungen von geringem Werthe. Durch Bernstein's umfassende Beobachtungen wissen wir jetzt genau, aus welchem Stoff die eßbaren Schwalbennester bestehen.
Klecho. Salangane.
Salanganen (Collocalia) nennt man die ſeit mehreren Jahrhunderten bekannten und noch heutigen Tages wenig gekannten Schwalben, welche die berühmten eßbaren Neſter bauen. Die Kenn- zeichen der Sippe ſind: geringe Größe, ziemlich lange Flügel, in denen die zweite Schwinge die längſte iſt, ein mittellanger, gerade abgeſtutzter oder leicht ausgeſchnittener Schwanz, ein ſehr kleiner, ſtark- hakiger Schnabel und ſehr ſchwache Füße, deren Hinterzehe ſich nach hinten richtet. Das Gefieder iſt ziemlich hart, aber einfach gefärbt. Unter den inneren Theilen verdient vor allem die ſehr entwickelte Speicheldrüſe Beachtung.
Die verbreitetſte Art, welche wir insbeſondere Salangane nennen wollen (Collocalia nidifica) erreicht eine Länge von 4¾ bis 5 Zoll bei einer Breite von ungefähr 12 Zoll; die Fittiglänge beträgt 4½ bis 4¾ Zoll, der Schwanz mißt 2¼ Zoll. Die Mittelfedern deſſelben ſind nur um ¼ Zoll kürzer, als die äußeren. Das Gefieder iſt im Allgemeinen graulich düſterbraun, an dem Untertheil heller, in Schmuziggraubraun übergehend; Schwingen und Schwanz ſind ſchwärz- lich; vor den Augen ſteht ein weißer Flecken. Die alten Vögel unterſcheiden ſich durch einen ſchwachen graulichgrünen Metallglanz auf dem Mantel von den jüngeren.
Früher kannte man die Salangane nur als Bewohnerin der Sundainſeln; in der Neuzeit hat man ſie auch in den Gebirgen von Aſſam, in den Nilgerris, in Sikkim und auf Ceylon beobachtet. Sie iſt die Art, über welche das Meiſte berichtet und gefabelt worden iſt. „An der Küſte von China‟, ſagt der alte Bontius, „kommen zur Brütezeit kleine Vögelchen vom Geſchlecht der Schwalben aus dem Jnnern des Landes an die Klippen des Meeres und ſammeln aus dem Meerſchlamm am Grunde der Felſen einen zähen Stoff auf, möglicherweiſe Walrat oder Fiſchlaich, aus welchem ſie ihre Neſter bauen. Die Chineſen reißen dieſe Neſter von den Klippen und bringen ſie maſſenhaft nach Jndien, wo ſie für theures Geld gekauft, in Hühner- und Hammelbrühe gekocht und von Schleckern allen übrigen Gaumenreizen vorgezogen werden.‟ Bis in die neueſte Zeit wird dieſe Meinung mehr oder weniger feſtgehalten. Faſt ſämmtliche Reiſebeſchreiber ſind der Anſicht, daß der Stoff zu den eßbaren Neſtern dem Meere und ſeinen Erzeugniſſen entnommen werde. Kämpfer gibt an, daß chineſiſche Fiſcher ihn verſichert hätten, die eßbaren Neſter ſeien nichts Anderes, als das von den Schwalben irgendwie zubereitete Fleiſch von einer großen Tintenſchnecke. Rumph beſchreibt ein kleines Pflänz- chen von weichlicher und knorplicher Beſchaffenheit, halb durchſichtig, glatt und ſchlüpfrig, weiß und roth gefärbt, zähe wie Leim, welche ſich am Strande des Meeres auf Felſengeröll und Muſchelſchalen findet und der eigentliche Bauſtoff der Schwalbenneſter ſein ſoll, bezweifelt aber doch die Wahrheit der ihm gemachten Angabe und hält es für wahrſcheinlich, daß die Salangane den Bauſtoff zu ihren Neſtern aus ihrem Leibe von ſich gäbe, während Poivre Büffon verſichert, daß er das Meer zwi- ſchen Java und Cochinchina und zwiſchen Sumatra und Neuguinea mit einer Maſſe bedeckt gefunden habe, welche, auf dem Waſſer ſchwimmend, wie halb aufgeweichter Leim ausſehe und von den Schwal- ben aufgenommen werde. Erſt Raffles kommt wieder auf Rumph’s Anſicht zurück und hält den Bauſtoff für eine Abſonderung der Schwalbe ſelbſt, welche zuweilen mit ſolcher Anſtrengung aus- gebrochen werde, daß ſich Blut mit ihm vermiſche. Home unterſucht darauf hin den Magen der Salangane und findet namentlich die Ausführungsgänge der Magendrüſen ganz eigenthümlich geſtaltet, die Mündung derſelben röhrenförmig und verlängert in mehrere Lappen, wie eine Blume zertheilt. Dieſe Lappen, meint Home, ſollen den Schleim zu dem Neſte abſondern. Marsden unterſucht den Stoff der Neſter und findet, daß er ein Mittelding zwiſchen Gallert und Eiweiß iſt. Er wider- ſteht geraume Zeit den Einwirkungen des heißen Waſſers, quillt nach einigen Stunden auf und wird beim Trocknen wieder hart, aber ſpröde, weil etwas Gallerte im Waſſer bleibt. Auf die übrigen Angaben brauchen wir hier nicht weiter einzugehen; ſie ſind ſämmtlich mehr oder minder Muth- maßungen von geringem Werthe. Durch Bernſtein’s umfaſſende Beobachtungen wiſſen wir jetzt genau, aus welchem Stoff die eßbaren Schwalbenneſter beſtehen.
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Klecho. Salangane.
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heutigen Tages wenig gekannten Schwalben, welche die berühmten eßbaren Neſter bauen. Die Kenn-
zeichen der Sippe ſind: geringe Größe, ziemlich lange Flügel, in denen die zweite Schwinge die längſte
iſt, ein mittellanger, gerade abgeſtutzter oder leicht ausgeſchnittener Schwanz, ein ſehr kleiner, ſtark-
hakiger Schnabel und ſehr ſchwache Füße, deren Hinterzehe ſich nach hinten richtet. Das Gefieder iſt
ziemlich hart, aber einfach gefärbt. Unter den inneren Theilen verdient vor allem die ſehr entwickelte
Speicheldrüſe Beachtung.
Die verbreitetſte Art, welche wir insbeſondere Salangane nennen wollen (Collocalia
nidifica) erreicht eine Länge von 4¾ bis 5 Zoll bei einer Breite von ungefähr 12 Zoll; die
Fittiglänge beträgt 4½ bis 4¾ Zoll, der Schwanz mißt 2¼ Zoll. Die Mittelfedern deſſelben ſind
nur um ¼ Zoll kürzer, als die äußeren. Das Gefieder iſt im Allgemeinen graulich düſterbraun, an
dem Untertheil heller, in Schmuziggraubraun übergehend; Schwingen und Schwanz ſind ſchwärz-
lich; vor den Augen ſteht ein weißer Flecken. Die alten Vögel unterſcheiden ſich durch einen ſchwachen
graulichgrünen Metallglanz auf dem Mantel von den jüngeren.
Früher kannte man die Salangane nur als Bewohnerin der Sundainſeln; in der Neuzeit hat
man ſie auch in den Gebirgen von Aſſam, in den Nilgerris, in Sikkim und auf Ceylon beobachtet.
Sie iſt die Art, über welche das Meiſte berichtet und gefabelt worden iſt. „An der Küſte von China‟,
ſagt der alte Bontius, „kommen zur Brütezeit kleine Vögelchen vom Geſchlecht der Schwalben aus
dem Jnnern des Landes an die Klippen des Meeres und ſammeln aus dem Meerſchlamm am Grunde
der Felſen einen zähen Stoff auf, möglicherweiſe Walrat oder Fiſchlaich, aus welchem ſie ihre Neſter
bauen. Die Chineſen reißen dieſe Neſter von den Klippen und bringen ſie maſſenhaft nach Jndien, wo
ſie für theures Geld gekauft, in Hühner- und Hammelbrühe gekocht und von Schleckern allen übrigen
Gaumenreizen vorgezogen werden.‟ Bis in die neueſte Zeit wird dieſe Meinung mehr oder weniger
feſtgehalten. Faſt ſämmtliche Reiſebeſchreiber ſind der Anſicht, daß der Stoff zu den eßbaren
Neſtern dem Meere und ſeinen Erzeugniſſen entnommen werde. Kämpfer gibt an, daß chineſiſche
Fiſcher ihn verſichert hätten, die eßbaren Neſter ſeien nichts Anderes, als das von den Schwalben
irgendwie zubereitete Fleiſch von einer großen Tintenſchnecke. Rumph beſchreibt ein kleines Pflänz-
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roth gefärbt, zähe wie Leim, welche ſich am Strande des Meeres auf Felſengeröll und Muſchelſchalen
findet und der eigentliche Bauſtoff der Schwalbenneſter ſein ſoll, bezweifelt aber doch die Wahrheit der
ihm gemachten Angabe und hält es für wahrſcheinlich, daß die Salangane den Bauſtoff zu ihren
Neſtern aus ihrem Leibe von ſich gäbe, während Poivre Büffon verſichert, daß er das Meer zwi-
ſchen Java und Cochinchina und zwiſchen Sumatra und Neuguinea mit einer Maſſe bedeckt gefunden
habe, welche, auf dem Waſſer ſchwimmend, wie halb aufgeweichter Leim ausſehe und von den Schwal-
ben aufgenommen werde. Erſt Raffles kommt wieder auf Rumph’s Anſicht zurück und hält
den Bauſtoff für eine Abſonderung der Schwalbe ſelbſt, welche zuweilen mit ſolcher Anſtrengung aus-
gebrochen werde, daß ſich Blut mit ihm vermiſche. Home unterſucht darauf hin den Magen der
Salangane und findet namentlich die Ausführungsgänge der Magendrüſen ganz eigenthümlich geſtaltet,
die Mündung derſelben röhrenförmig und verlängert in mehrere Lappen, wie eine Blume zertheilt.
Dieſe Lappen, meint Home, ſollen den Schleim zu dem Neſte abſondern. Marsden unterſucht
den Stoff der Neſter und findet, daß er ein Mittelding zwiſchen Gallert und Eiweiß iſt. Er wider-
ſteht geraume Zeit den Einwirkungen des heißen Waſſers, quillt nach einigen Stunden auf und
wird beim Trocknen wieder hart, aber ſpröde, weil etwas Gallerte im Waſſer bleibt. Auf die übrigen
Angaben brauchen wir hier nicht weiter einzugehen; ſie ſind ſämmtlich mehr oder minder Muth-
maßungen von geringem Werthe. Durch Bernſtein’s umfaſſende Beobachtungen wiſſen wir jetzt
genau, aus welchem Stoff die eßbaren Schwalbenneſter beſtehen.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 649. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/685>, abgerufen am 22.11.2024.
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