Alten und Jungen, die im rechtmäßigen Besitz ihres Eigenthums sich tapfer vertheidigen, immer hinausgebissen und hinabgeworfen werden."
Baumfalk und Merlin sind die schlimmsten Feinde der Mehlschwalbe. Die Nester werden von der Schleiereule und dem Schleierkauz, zuweilen auch wohl von Wieseln, Ratten und Mäusen geplündert. Mancherlei Schmarotzer plagen Alte und Junge; vor andern Gegnern schützt sie ihre Gewandtheit. Nur mit einem Vogel noch haben sie hartnäckige Kämpfe zu bestehen: mit dem Sperling nämlich, und diese Kämpfe arten oft in Mord und Todtschlag aus. "Gewöhnlich", sagt Naumann, "nimmt das Sperlingsmännchen, sobald die Schwalben das Nest fertig haben, Besitz davon, indem es ohne Umstände hineinkriecht und keck zum Eingangsloche herausguckt, während die Schwalben weiter Nichts gegen diesen Gewaltstreich thun können, als, im Berein mit mehreren ihrer Nachbarn, unter ängstlichem Geschrei um dasselbe umherzuflattern und nach dem Eindringling zu schnappen, jedoch ohne es zu wagen, ihn jemals wirklich zu packen. Unter solchen Umständen währt es doch öfters einige Tage, ehe sie es ganz aufgeben und den Sperling im ruhigen Besitze lassen, welcher es denn nun bald nach seiner Weise einrichtet, nämlich mit vielen weichen Stoffen warm aus- füttert, so daß alle Mal lange Fäden und Halme aus dem Eingangsloche hervor- hängen und den vollständig vollzogenen Wechsel der Besitzer kund thun. Weil nun die Sperlinge so sehr gern in solchen Nestern wohnen, so hindert die Wegnahme derselben die Schwalben ungemein oft in ihren Brut- geschäften, und das Pärchen, welches das Unglück gar zwei Mal in einem Sommer trifft, wird dann ganz vom Brüten abge- halten. ..... Jch habe sogar einmal gesehen, wie sich ein altes Sperlings- männchen in ein Nest drängte, worin schon junge Schwalben saßen, über diese herfiel, einer nach der andern den Kopf einbiß, sie zum Neste hinauswarf und nun Besitz von diesem nahm, wobei sich denn der Uebelthäter recht aufblähete und wie
[Abbildung]
Die Mehlschwalbe (Chelidon urbica).
hiernach gewöhnlich sich bestrebte, seine That durch ein lang anhaltendes lautes Schilken kund zu thun. -- Auch Feldsperlinge nisten sich, wenn sie es haben können, gern in Schwalbennester ein. .... Ein einfältiges Märchen ist es übrigens, daß die Schwalben den Sperling aus Rache einmanern sollen. Er möchte Dies wohl nicht abwarten. Jhr einziges Schutzmittel ist, den Eingang so enge zu machen, daß sie nur so eben sich noch durchpressen können, während Dies für den dickeren Sperling unmöglich ist und ihn in der That von solchen Nestern abhält, an welchen dieser Kunstgriff ange- wendet wurde."
Bei uns zu Lande ist auch die Mehlschwalbe geheiligt, obgleich sie weniger Nutzen schafft, als ihre Verwandten. Jn der Umgegend von Wien und Halle wird sie ebensowenig geschont, als andere ihrer Art, und in Jtalien und Spanien machen sich die Knaben ein Vergnügen daraus, Mehl- schwalben an einer feinen Angel zu fangen, welche sie mit einer Feder geködert haben. Die Schwalbe sucht diese Federn für ihr Nest aufzunehmen, bleibt an der Angel hängen und wird dann von den schändlichen Buben in der abscheulichsten Weise gequält.
Mehlſchwalbe.
Alten und Jungen, die im rechtmäßigen Beſitz ihres Eigenthums ſich tapfer vertheidigen, immer hinausgebiſſen und hinabgeworfen werden.‟
Baumfalk und Merlin ſind die ſchlimmſten Feinde der Mehlſchwalbe. Die Neſter werden von der Schleiereule und dem Schleierkauz, zuweilen auch wohl von Wieſeln, Ratten und Mäuſen geplündert. Mancherlei Schmarotzer plagen Alte und Junge; vor andern Gegnern ſchützt ſie ihre Gewandtheit. Nur mit einem Vogel noch haben ſie hartnäckige Kämpfe zu beſtehen: mit dem Sperling nämlich, und dieſe Kämpfe arten oft in Mord und Todtſchlag aus. „Gewöhnlich‟, ſagt Naumann, „nimmt das Sperlingsmännchen, ſobald die Schwalben das Neſt fertig haben, Beſitz davon, indem es ohne Umſtände hineinkriecht und keck zum Eingangsloche herausguckt, während die Schwalben weiter Nichts gegen dieſen Gewaltſtreich thun können, als, im Berein mit mehreren ihrer Nachbarn, unter ängſtlichem Geſchrei um daſſelbe umherzuflattern und nach dem Eindringling zu ſchnappen, jedoch ohne es zu wagen, ihn jemals wirklich zu packen. Unter ſolchen Umſtänden währt es doch öfters einige Tage, ehe ſie es ganz aufgeben und den Sperling im ruhigen Beſitze laſſen, welcher es denn nun bald nach ſeiner Weiſe einrichtet, nämlich mit vielen weichen Stoffen warm aus- füttert, ſo daß alle Mal lange Fäden und Halme aus dem Eingangsloche hervor- hängen und den vollſtändig vollzogenen Wechſel der Beſitzer kund thun. Weil nun die Sperlinge ſo ſehr gern in ſolchen Neſtern wohnen, ſo hindert die Wegnahme derſelben die Schwalben ungemein oft in ihren Brut- geſchäften, und das Pärchen, welches das Unglück gar zwei Mal in einem Sommer trifft, wird dann ganz vom Brüten abge- halten. ..... Jch habe ſogar einmal geſehen, wie ſich ein altes Sperlings- männchen in ein Neſt drängte, worin ſchon junge Schwalben ſaßen, über dieſe herfiel, einer nach der andern den Kopf einbiß, ſie zum Neſte hinauswarf und nun Beſitz von dieſem nahm, wobei ſich denn der Uebelthäter recht aufblähete und wie
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Die Mehlſchwalbe (Chelidon urbica).
hiernach gewöhnlich ſich beſtrebte, ſeine That durch ein lang anhaltendes lautes Schilken kund zu thun. — Auch Feldſperlinge niſten ſich, wenn ſie es haben können, gern in Schwalbenneſter ein. .... Ein einfältiges Märchen iſt es übrigens, daß die Schwalben den Sperling aus Rache einmanern ſollen. Er möchte Dies wohl nicht abwarten. Jhr einziges Schutzmittel iſt, den Eingang ſo enge zu machen, daß ſie nur ſo eben ſich noch durchpreſſen können, während Dies für den dickeren Sperling unmöglich iſt und ihn in der That von ſolchen Neſtern abhält, an welchen dieſer Kunſtgriff ange- wendet wurde.‟
Bei uns zu Lande iſt auch die Mehlſchwalbe geheiligt, obgleich ſie weniger Nutzen ſchafft, als ihre Verwandten. Jn der Umgegend von Wien und Halle wird ſie ebenſowenig geſchont, als andere ihrer Art, und in Jtalien und Spanien machen ſich die Knaben ein Vergnügen daraus, Mehl- ſchwalben an einer feinen Angel zu fangen, welche ſie mit einer Feder geködert haben. Die Schwalbe ſucht dieſe Federn für ihr Neſt aufzunehmen, bleibt an der Angel hängen und wird dann von den ſchändlichen Buben in der abſcheulichſten Weiſe gequält.
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Mehlſchwalbe.
Alten und Jungen, die im rechtmäßigen Beſitz ihres Eigenthums ſich tapfer vertheidigen, immer
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Baumfalk und Merlin ſind die ſchlimmſten Feinde der Mehlſchwalbe. Die Neſter werden von
der Schleiereule und dem Schleierkauz, zuweilen auch wohl von Wieſeln, Ratten und Mäuſen
geplündert. Mancherlei Schmarotzer plagen Alte und Junge; vor andern Gegnern ſchützt ſie
ihre Gewandtheit. Nur mit einem Vogel noch haben ſie hartnäckige Kämpfe zu beſtehen: mit
dem Sperling nämlich, und dieſe Kämpfe arten oft in Mord und Todtſchlag aus. „Gewöhnlich‟,
ſagt Naumann, „nimmt das Sperlingsmännchen, ſobald die Schwalben das Neſt fertig haben, Beſitz
davon, indem es ohne Umſtände hineinkriecht und keck zum Eingangsloche herausguckt, während die
Schwalben weiter Nichts gegen dieſen Gewaltſtreich thun können, als, im Berein mit mehreren ihrer
Nachbarn, unter ängſtlichem Geſchrei um daſſelbe umherzuflattern und nach dem Eindringling zu
ſchnappen, jedoch ohne es zu wagen, ihn jemals wirklich zu packen. Unter ſolchen Umſtänden währt
es doch öfters einige Tage, ehe ſie es ganz aufgeben und den Sperling im ruhigen Beſitze laſſen,
welcher es denn nun bald nach ſeiner Weiſe einrichtet, nämlich mit vielen weichen Stoffen warm aus-
füttert, ſo daß alle Mal lange Fäden und
Halme aus dem Eingangsloche hervor-
hängen und den vollſtändig vollzogenen
Wechſel der Beſitzer kund thun. Weil nun
die Sperlinge ſo ſehr gern in ſolchen Neſtern
wohnen, ſo hindert die Wegnahme derſelben
die Schwalben ungemein oft in ihren Brut-
geſchäften, und das Pärchen, welches das
Unglück gar zwei Mal in einem Sommer
trifft, wird dann ganz vom Brüten abge-
halten. ..... Jch habe ſogar einmal
geſehen, wie ſich ein altes Sperlings-
männchen in ein Neſt drängte, worin
ſchon junge Schwalben ſaßen, über dieſe
herfiel, einer nach der andern den Kopf
einbiß, ſie zum Neſte hinauswarf und nun
Beſitz von dieſem nahm, wobei ſich denn
der Uebelthäter recht aufblähete und wie
[Abbildung Die Mehlſchwalbe (Chelidon urbica).]
hiernach gewöhnlich ſich beſtrebte, ſeine That durch ein lang anhaltendes lautes Schilken kund zu
thun. — Auch Feldſperlinge niſten ſich, wenn ſie es haben können, gern in Schwalbenneſter ein. ....
Ein einfältiges Märchen iſt es übrigens, daß die Schwalben den Sperling aus Rache einmanern
ſollen. Er möchte Dies wohl nicht abwarten. Jhr einziges Schutzmittel iſt, den Eingang ſo enge zu
machen, daß ſie nur ſo eben ſich noch durchpreſſen können, während Dies für den dickeren Sperling
unmöglich iſt und ihn in der That von ſolchen Neſtern abhält, an welchen dieſer Kunſtgriff ange-
wendet wurde.‟
Bei uns zu Lande iſt auch die Mehlſchwalbe geheiligt, obgleich ſie weniger Nutzen ſchafft, als
ihre Verwandten. Jn der Umgegend von Wien und Halle wird ſie ebenſowenig geſchont, als
andere ihrer Art, und in Jtalien und Spanien machen ſich die Knaben ein Vergnügen daraus, Mehl-
ſchwalben an einer feinen Angel zu fangen, welche ſie mit einer Feder geködert haben. Die Schwalbe
ſucht dieſe Federn für ihr Neſt aufzunehmen, bleibt an der Angel hängen und wird dann von den
ſchändlichen Buben in der abſcheulichſten Weiſe gequält.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 637. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/673>, abgerufen am 22.11.2024.
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