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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Zwergschwalbenweih.
und wo er ihn erblickt, fällt er ihn an, vielleicht weil er weiß, daß jener ihm die besten Käfer, welche
jener im Fluge von den Zweigen abliest, vor dem Schnabel wegnimmt, während er seine Beute nur
im Fluge packt und die sitzenden Kerfe unbehelligt läßt."

"Bei ruhigem und warmen Wetter", fährt Audubon fort, "segelt der Schwalbenweih in uner-
meßlicher Höhe dahin, ein großes Kerbthier, Musquitofalk genannt, verfolgend, und gibt dabei alle
Flugkünste zum Besten. Sein hauptsächlichstes Futter aber bilden große Heuschrecken, Raupen, kleine
Schlangen, Eidechsen und Frösche. Er streicht hart über dem Felde dahin, hält zuweilen einen
Augenblick an, schwebt hernieder, packt eine Schlange am Halse, erhebt sie und zerreißt sie in
der Luft."

"Wenn die Raubvögel in dieser Weise jagen, ist es nicht schwierig, sich ihnen zu nähern, während
sie sonst sehr scheu sind. Hat man einmal einen von ihnen erlegt, dann erscheinen alle anderen über
dem Todten, als hätten sie die Absicht, ihn wegzunehmen. Jch habe bei solchen Gelegenheiten
verschiedene von ihnen geschossen und so schnell gefeuert, als ich mein Gewehr laden konnte. Sonst
hält es schwer, sie zu erbeuten, weil sie bei Tage in hoher Luft dahinfliegen oder zur Nachtruhe die
höchsten Fichten und Cypressen erwählen, welche die Flüsse und Seen umsäumen." -- Azara bemerkt,
daß einer seiner Freunde, um die ihm sonst unerreichbaren Raubvögel zu erlegen, einen ihnen ähnlich
gestalteten und bemalten Drachen steigen ließ, welcher sie herbeizog und in Schußnähe brachte.

"Der Schwalbenweih paart sich sofort nach seiner Ankunft in den südlichen Staaten. Seine
Brautwerbung geschieht im Fluge, und seine Bewegungen sind dann schöner als je. Der Horst wird
regelmäßig in den Wipfeläften der höchsten Eichen oder Fichten erbaut, am liebsten an dem Ufer eines
Stromes oder Teiches. Er ähnelt dem der gewöhnlichen Krähe, besteht äußerlich aus trockenem
Reisig, vermischt mit "spanischem" Mos, und ist innerlich mit weichem Gras und einigen Federn aus-
gefüllt. Die vier bis sechs Eier des Geleges sind auf grünlichweißem Grunde gegen das stärkere
Ende hin mit wenigen unregelmäßigen Flecken von dunkelbrauner Farbe gezeichnet. Männchen und
Weibchen brüten abwechselnd, und einer der Gatten füttert dabei den andern. Die Jungen
entschlüpfen dem Ei in einem Dunenkleide von gelblicher Farbe, erhalten dann ihr Jugendkleid und
ähneln bereits im Herbst fast vollständig den Alten, deren Kleid sie im nächsten Frühlinge tragen."

Bis jetzt ist es unmöglich gewesen, den prachtvollen Falken längere Zeit in der Gefangenschaft
zu erhalten. Audubon berichtet von einem, welchen er mehrere Tage im Käfig hielt. Er ver-
weigerte jegliche Nahrung, brach sogar den Jnhalt seines Magens aus und ließ sich auch nicht stopfen.
Mit gesträubtem Gesieder saß er da, mißgelaunt auf einer Stelle. Nur wenn man ihn an seinen
Flügeln packte, versuchte er seine Klauen zu gebrauchen. Er starb an Entkräftung. Jung aus dem
Neste genommene Vögel dieser Art würden wohl an passendes Ersatzfutter gewöhnt werden können;
doch scheint Dies kein einziger der amerikanischen Forscher versucht zu haben.

Jn Afrika findet sich ein ähnlich gestalteter Weih, welcher neuerdings auch zum Vertreter einer
eigenen Sippe Chelidopterix erhoben worden ist, weil sich der Flügel und Fußbau beider Vögel unter-
scheidet. Der Zwergschwalbenweih, wie wir ihn nennen wollen (Chelidopterix Riocouri), ist
auf der Oberseite graublau, auf Rücken und Schultern etwas dunkler, als auf dem Flügel und dem
Schwanze. Die Spitzen aller Schwungfedern der zweiten Ordnung sind weiß, die Stirn, der Zügel,
die Wangen und die Unterseite reinweiß, die unteren Flügeldeckfedern schwarz; der Schnabel ist
schwarz, der Fuß gelb. Die Länge beträgt 13 bis 14 Zoll, wovon auf den Schwanz 7 Zoll kommen;
der Fittig mißt 8 2/3 Zoll.

Ueber das Leben des Zwergschwalbenweihs ist soviel wie Nichts bekannt. Er bewohnt Mittel-
afrika, namentlich die westlichen Steppenländer desselben, kommt aber auch regelmäßig in Kordofahn
vor; ich wenigstens habe ihn dort oft beobachtet. Aber ich habe ihn niemals anders gesehen, als in
hoher Luft und immer nur auf kurze Zeit. Ein einzelner Vogel streicht in bedeutender Höhe seines
Wegs dahin, kommt höchstens so tief herab, daß man ihn eben erkennen kann, zieht ein paar Kreise

Brehm, Thierleben. III. 32

Zwergſchwalbenweih.
und wo er ihn erblickt, fällt er ihn an, vielleicht weil er weiß, daß jener ihm die beſten Käfer, welche
jener im Fluge von den Zweigen ablieſt, vor dem Schnabel wegnimmt, während er ſeine Beute nur
im Fluge packt und die ſitzenden Kerfe unbehelligt läßt.‟

„Bei ruhigem und warmen Wetter‟, fährt Audubon fort, „ſegelt der Schwalbenweih in uner-
meßlicher Höhe dahin, ein großes Kerbthier, Musquitofalk genannt, verfolgend, und gibt dabei alle
Flugkünſte zum Beſten. Sein hauptſächlichſtes Futter aber bilden große Heuſchrecken, Raupen, kleine
Schlangen, Eidechſen und Fröſche. Er ſtreicht hart über dem Felde dahin, hält zuweilen einen
Augenblick an, ſchwebt hernieder, packt eine Schlange am Halſe, erhebt ſie und zerreißt ſie in
der Luft.‟

„Wenn die Raubvögel in dieſer Weiſe jagen, iſt es nicht ſchwierig, ſich ihnen zu nähern, während
ſie ſonſt ſehr ſcheu ſind. Hat man einmal einen von ihnen erlegt, dann erſcheinen alle anderen über
dem Todten, als hätten ſie die Abſicht, ihn wegzunehmen. Jch habe bei ſolchen Gelegenheiten
verſchiedene von ihnen geſchoſſen und ſo ſchnell gefeuert, als ich mein Gewehr laden konnte. Sonſt
hält es ſchwer, ſie zu erbeuten, weil ſie bei Tage in hoher Luft dahinfliegen oder zur Nachtruhe die
höchſten Fichten und Cypreſſen erwählen, welche die Flüſſe und Seen umſäumen.‟ — Azara bemerkt,
daß einer ſeiner Freunde, um die ihm ſonſt unerreichbaren Raubvögel zu erlegen, einen ihnen ähnlich
geſtalteten und bemalten Drachen ſteigen ließ, welcher ſie herbeizog und in Schußnähe brachte.

„Der Schwalbenweih paart ſich ſofort nach ſeiner Ankunft in den ſüdlichen Staaten. Seine
Brautwerbung geſchieht im Fluge, und ſeine Bewegungen ſind dann ſchöner als je. Der Horſt wird
regelmäßig in den Wipfeläften der höchſten Eichen oder Fichten erbaut, am liebſten an dem Ufer eines
Stromes oder Teiches. Er ähnelt dem der gewöhnlichen Krähe, beſteht äußerlich aus trockenem
Reiſig, vermiſcht mit „ſpaniſchem‟ Mos, und iſt innerlich mit weichem Gras und einigen Federn aus-
gefüllt. Die vier bis ſechs Eier des Geleges ſind auf grünlichweißem Grunde gegen das ſtärkere
Ende hin mit wenigen unregelmäßigen Flecken von dunkelbrauner Farbe gezeichnet. Männchen und
Weibchen brüten abwechſelnd, und einer der Gatten füttert dabei den andern. Die Jungen
entſchlüpfen dem Ei in einem Dunenkleide von gelblicher Farbe, erhalten dann ihr Jugendkleid und
ähneln bereits im Herbſt faſt vollſtändig den Alten, deren Kleid ſie im nächſten Frühlinge tragen.‟

Bis jetzt iſt es unmöglich geweſen, den prachtvollen Falken längere Zeit in der Gefangenſchaft
zu erhalten. Audubon berichtet von einem, welchen er mehrere Tage im Käfig hielt. Er ver-
weigerte jegliche Nahrung, brach ſogar den Jnhalt ſeines Magens aus und ließ ſich auch nicht ſtopfen.
Mit geſträubtem Geſieder ſaß er da, mißgelaunt auf einer Stelle. Nur wenn man ihn an ſeinen
Flügeln packte, verſuchte er ſeine Klauen zu gebrauchen. Er ſtarb an Entkräftung. Jung aus dem
Neſte genommene Vögel dieſer Art würden wohl an paſſendes Erſatzfutter gewöhnt werden können;
doch ſcheint Dies kein einziger der amerikaniſchen Forſcher verſucht zu haben.

Jn Afrika findet ſich ein ähnlich geſtalteter Weih, welcher neuerdings auch zum Vertreter einer
eigenen Sippe Chelidopterix erhoben worden iſt, weil ſich der Flügel und Fußbau beider Vögel unter-
ſcheidet. Der Zwergſchwalbenweih, wie wir ihn nennen wollen (Chelidopterix Riocouri), iſt
auf der Oberſeite graublau, auf Rücken und Schultern etwas dunkler, als auf dem Flügel und dem
Schwanze. Die Spitzen aller Schwungfedern der zweiten Ordnung ſind weiß, die Stirn, der Zügel,
die Wangen und die Unterſeite reinweiß, die unteren Flügeldeckfedern ſchwarz; der Schnabel iſt
ſchwarz, der Fuß gelb. Die Länge beträgt 13 bis 14 Zoll, wovon auf den Schwanz 7 Zoll kommen;
der Fittig mißt 8⅔ Zoll.

Ueber das Leben des Zwergſchwalbenweihs iſt ſoviel wie Nichts bekannt. Er bewohnt Mittel-
afrika, namentlich die weſtlichen Steppenländer deſſelben, kommt aber auch regelmäßig in Kordofahn
vor; ich wenigſtens habe ihn dort oft beobachtet. Aber ich habe ihn niemals anders geſehen, als in
hoher Luft und immer nur auf kurze Zeit. Ein einzelner Vogel ſtreicht in bedeutender Höhe ſeines
Wegs dahin, kommt höchſtens ſo tief herab, daß man ihn eben erkennen kann, zieht ein paar Kreiſe

Brehm, Thierleben. III. 32
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[497/0529] Zwergſchwalbenweih. und wo er ihn erblickt, fällt er ihn an, vielleicht weil er weiß, daß jener ihm die beſten Käfer, welche jener im Fluge von den Zweigen ablieſt, vor dem Schnabel wegnimmt, während er ſeine Beute nur im Fluge packt und die ſitzenden Kerfe unbehelligt läßt.‟ „Bei ruhigem und warmen Wetter‟, fährt Audubon fort, „ſegelt der Schwalbenweih in uner- meßlicher Höhe dahin, ein großes Kerbthier, Musquitofalk genannt, verfolgend, und gibt dabei alle Flugkünſte zum Beſten. Sein hauptſächlichſtes Futter aber bilden große Heuſchrecken, Raupen, kleine Schlangen, Eidechſen und Fröſche. Er ſtreicht hart über dem Felde dahin, hält zuweilen einen Augenblick an, ſchwebt hernieder, packt eine Schlange am Halſe, erhebt ſie und zerreißt ſie in der Luft.‟ „Wenn die Raubvögel in dieſer Weiſe jagen, iſt es nicht ſchwierig, ſich ihnen zu nähern, während ſie ſonſt ſehr ſcheu ſind. Hat man einmal einen von ihnen erlegt, dann erſcheinen alle anderen über dem Todten, als hätten ſie die Abſicht, ihn wegzunehmen. Jch habe bei ſolchen Gelegenheiten verſchiedene von ihnen geſchoſſen und ſo ſchnell gefeuert, als ich mein Gewehr laden konnte. Sonſt hält es ſchwer, ſie zu erbeuten, weil ſie bei Tage in hoher Luft dahinfliegen oder zur Nachtruhe die höchſten Fichten und Cypreſſen erwählen, welche die Flüſſe und Seen umſäumen.‟ — Azara bemerkt, daß einer ſeiner Freunde, um die ihm ſonſt unerreichbaren Raubvögel zu erlegen, einen ihnen ähnlich geſtalteten und bemalten Drachen ſteigen ließ, welcher ſie herbeizog und in Schußnähe brachte. „Der Schwalbenweih paart ſich ſofort nach ſeiner Ankunft in den ſüdlichen Staaten. Seine Brautwerbung geſchieht im Fluge, und ſeine Bewegungen ſind dann ſchöner als je. Der Horſt wird regelmäßig in den Wipfeläften der höchſten Eichen oder Fichten erbaut, am liebſten an dem Ufer eines Stromes oder Teiches. Er ähnelt dem der gewöhnlichen Krähe, beſteht äußerlich aus trockenem Reiſig, vermiſcht mit „ſpaniſchem‟ Mos, und iſt innerlich mit weichem Gras und einigen Federn aus- gefüllt. Die vier bis ſechs Eier des Geleges ſind auf grünlichweißem Grunde gegen das ſtärkere Ende hin mit wenigen unregelmäßigen Flecken von dunkelbrauner Farbe gezeichnet. Männchen und Weibchen brüten abwechſelnd, und einer der Gatten füttert dabei den andern. Die Jungen entſchlüpfen dem Ei in einem Dunenkleide von gelblicher Farbe, erhalten dann ihr Jugendkleid und ähneln bereits im Herbſt faſt vollſtändig den Alten, deren Kleid ſie im nächſten Frühlinge tragen.‟ Bis jetzt iſt es unmöglich geweſen, den prachtvollen Falken längere Zeit in der Gefangenſchaft zu erhalten. Audubon berichtet von einem, welchen er mehrere Tage im Käfig hielt. Er ver- weigerte jegliche Nahrung, brach ſogar den Jnhalt ſeines Magens aus und ließ ſich auch nicht ſtopfen. Mit geſträubtem Geſieder ſaß er da, mißgelaunt auf einer Stelle. Nur wenn man ihn an ſeinen Flügeln packte, verſuchte er ſeine Klauen zu gebrauchen. Er ſtarb an Entkräftung. Jung aus dem Neſte genommene Vögel dieſer Art würden wohl an paſſendes Erſatzfutter gewöhnt werden können; doch ſcheint Dies kein einziger der amerikaniſchen Forſcher verſucht zu haben. Jn Afrika findet ſich ein ähnlich geſtalteter Weih, welcher neuerdings auch zum Vertreter einer eigenen Sippe Chelidopterix erhoben worden iſt, weil ſich der Flügel und Fußbau beider Vögel unter- ſcheidet. Der Zwergſchwalbenweih, wie wir ihn nennen wollen (Chelidopterix Riocouri), iſt auf der Oberſeite graublau, auf Rücken und Schultern etwas dunkler, als auf dem Flügel und dem Schwanze. Die Spitzen aller Schwungfedern der zweiten Ordnung ſind weiß, die Stirn, der Zügel, die Wangen und die Unterſeite reinweiß, die unteren Flügeldeckfedern ſchwarz; der Schnabel iſt ſchwarz, der Fuß gelb. Die Länge beträgt 13 bis 14 Zoll, wovon auf den Schwanz 7 Zoll kommen; der Fittig mißt 8⅔ Zoll. Ueber das Leben des Zwergſchwalbenweihs iſt ſoviel wie Nichts bekannt. Er bewohnt Mittel- afrika, namentlich die weſtlichen Steppenländer deſſelben, kommt aber auch regelmäßig in Kordofahn vor; ich wenigſtens habe ihn dort oft beobachtet. Aber ich habe ihn niemals anders geſehen, als in hoher Luft und immer nur auf kurze Zeit. Ein einzelner Vogel ſtreicht in bedeutender Höhe ſeines Wegs dahin, kommt höchſtens ſo tief herab, daß man ihn eben erkennen kann, zieht ein paar Kreiſe Brehm, Thierleben. III. 32

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/529>, abgerufen am 20.05.2024.