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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Maid- und Papualori. Kakabus.

Neuholland scheint für die Vögel ein wahres Eden zu sein. Die dort lebenden Säugethiere sind
verkümmerte Gestalten, welche eben nur an die vollkommeneren anderer Erdtheile erinnern: -- die Vögel
hingegen, welche den gedachten Erdtheil ihre Heimat nennen, sind ebenso vollkommen gebildet, als irgend-
wo anders und prangen zum großen Theil in einer wunderbaren Farbenpracht. Wir werden viele
Familien kennen lernen, welche sich so recht als Kinder Neuhollands zeigen; keine einzige dieser Fa-
milien aber verleiht dem Erdtheil ein so bestimmtes Gepräge, wie die Papageien. Zwischen dem grünen
Laubwerk der Gummibäume schimmern, wunderbaren Blüthen vergleichbar, die blendenden Kakadus
hervor; von den gelb blühenden Akazien hernieder leuchten die scharlachrothen Rosenparakits, und
um die Blüthen der Bäume tummeln sich die uns bereits bekannten honigsaugenden Pinselzüngler in
ewig beweglichen Gruppen, während die kleinen Graspapageien die oft trostlosen Ebenen des Jnnern
freudig beleben. Wie bei uns die Schwalben durch die Straßen der Städte und Dörfer huschen,
schwirren in Australien Flüge von Papageien über dieselben Wege dahin, und wie unsere Sperlinge
auf den Landstraßen sich tummeln, sieht man dort sie gleichsam vertretende Papageivögel in buntem
Gewimmel den Boden bedecken. Wenn der einsam wohnende Landbauer seine Ernte eingeheimst,
erscheinen Flüge dieser Thiere, welche nach hunderten von Stücken zählen, vor den Thoren der
Scheuern, wie bei uns die Tauben, und suchen in dem ausgedroschenen Stroh nach den letzten Körnern
umher. Dichterisch fühlende Reisende sind begeistert von dem ewig wechselnden Schauspiel, welches
die Prachtvögel gewähren; der Ansiedler hingegen haßt sie, weil sie nur zu oft in sein Besitzthum ver-
wüstend einfallen, von Grund seines Herzens und schießt sie mit derselben Gleichgiltigkeit zusammen,
mit welcher bei uns ein Bauer unter die räuberischen Spatzen feuert.

Unter den mehr als sechszig bestimmten verschiedenen Papageiarten, welche Australien bevölkern,
nehmen die Kakadus einen hohen Rang ein. Jch habe sie in eine besondere Familie eingeordnet, weil
sie nach meiner Ansicht wenigstens zwei bestimmt verschiedene Horden bilden, Gruppen, welche reich
an absonderlichen Gestalten sind, aber doch aller Verschiedenheit ungeachtet ein gemeinsames Ge-
präge zeigen.

Die eigentlichen Kakadus (Plyctolophus) sind wohl den meisten meiner Leser vertraute Er-
scheinungen; denn eine oder die andere Art ist ihnen gewiß, und wäre es auch nur durch die wan-
dernden Thierkundigen, ich meine die Besitzer von Thierschaubuden, lebend vorgestellt worden.
Bezeichnend für die Mitglieder der Gruppe ist außer der gedrungenen Gestalt mit kurzem Schwanze
und mittellangen Flügeln der große, kurze, breite, auf den Schneiden gezahnte Schnabel, dessen Ober-
kiefer sich mit starken Haken überbiegt. Die Zunge pflegt dickfleischig und glatt zu sein, der Augen-
kreis ist gewöhnlich nackt, den Kopf schmückt meist eine aufrichtbare, durch lebhafte, jedoch regelmäßig
versteckte Farben ausgezeichnete Holle. Ueber die Farbe des Gefieders kann im allgemeinen nur
bemerkt werden, daß sie regelmäßig eine im hohen Grade ausprechende ist, sei es wegen des reinen
Weißes oder wegen des überaus zarten Rosenroths oder sei es endlich wegen des für Papageien ganz
ungewöhnlichen Dunkels, welches bei einzelnen Arten vorherrschend ist.

Australien im weiteren Sinne, also nicht ausschließlich Reuholland, sondern auch Neuguinea
und selbst die Molukken und Philippinen sind die Wohngebiete der Kakadus. Hier leben die meisten
Arten in großen, oft in ungeheuren Scharen, welche sich in den Wäldern ansäßig machen, von hier
über die Fluren und Felder dahin streichen und den Beschauern unter allen Umständen ein zauberhaft
erhabenes Schauspiel gewähren. Selbst der Forscher stimmt gern in die dichterischen Worte der
Reisebeschreiber ein, welche dieses Schauspiel gar nicht hoch genug rühmen können. "Mitten in dem
mafsigen Schatten des dunkelsten Laubwerks treiben weiße Kakadus ihr Spiel gleich Geistern des
Lichts", so sagt Mitchell von einer Art dieser Vögel und "ihr hochrother Fittig und ihre glühenden
Hauben wandeln die Höhen, in denen sie leben, zu Gefilden von üppigster Wonne", von einer zweiten
Art. Man muß selbst umstrickt worden sein von all dem Zauber, welchen die Pflanzenwelt unter
den Wendekreisen auf den Nordländer übt, und man muß erfahren haben, daß alle Pracht der
Pflanzen doch erst durch die belebten Wesen, welche wir zu unsern Lieblingen erkoren haben, befähigt

Maid- und Papualori. Kakabus.

Neuholland ſcheint für die Vögel ein wahres Eden zu ſein. Die dort lebenden Säugethiere ſind
verkümmerte Geſtalten, welche eben nur an die vollkommeneren anderer Erdtheile erinnern: — die Vögel
hingegen, welche den gedachten Erdtheil ihre Heimat nennen, ſind ebenſo vollkommen gebildet, als irgend-
wo anders und prangen zum großen Theil in einer wunderbaren Farbenpracht. Wir werden viele
Familien kennen lernen, welche ſich ſo recht als Kinder Neuhollands zeigen; keine einzige dieſer Fa-
milien aber verleiht dem Erdtheil ein ſo beſtimmtes Gepräge, wie die Papageien. Zwiſchen dem grünen
Laubwerk der Gummibäume ſchimmern, wunderbaren Blüthen vergleichbar, die blendenden Kakadus
hervor; von den gelb blühenden Akazien hernieder leuchten die ſcharlachrothen Roſenparakits, und
um die Blüthen der Bäume tummeln ſich die uns bereits bekannten honigſaugenden Pinſelzüngler in
ewig beweglichen Gruppen, während die kleinen Graspapageien die oft troſtloſen Ebenen des Jnnern
freudig beleben. Wie bei uns die Schwalben durch die Straßen der Städte und Dörfer huſchen,
ſchwirren in Auſtralien Flüge von Papageien über dieſelben Wege dahin, und wie unſere Sperlinge
auf den Landſtraßen ſich tummeln, ſieht man dort ſie gleichſam vertretende Papageivögel in buntem
Gewimmel den Boden bedecken. Wenn der einſam wohnende Landbauer ſeine Ernte eingeheimſt,
erſcheinen Flüge dieſer Thiere, welche nach hunderten von Stücken zählen, vor den Thoren der
Scheuern, wie bei uns die Tauben, und ſuchen in dem ausgedroſchenen Stroh nach den letzten Körnern
umher. Dichteriſch fühlende Reiſende ſind begeiſtert von dem ewig wechſelnden Schauſpiel, welches
die Prachtvögel gewähren; der Anſiedler hingegen haßt ſie, weil ſie nur zu oft in ſein Beſitzthum ver-
wüſtend einfallen, von Grund ſeines Herzens und ſchießt ſie mit derſelben Gleichgiltigkeit zuſammen,
mit welcher bei uns ein Bauer unter die räuberiſchen Spatzen feuert.

Unter den mehr als ſechszig beſtimmten verſchiedenen Papageiarten, welche Auſtralien bevölkern,
nehmen die Kakadus einen hohen Rang ein. Jch habe ſie in eine beſondere Familie eingeordnet, weil
ſie nach meiner Anſicht wenigſtens zwei beſtimmt verſchiedene Horden bilden, Gruppen, welche reich
an abſonderlichen Geſtalten ſind, aber doch aller Verſchiedenheit ungeachtet ein gemeinſames Ge-
präge zeigen.

Die eigentlichen Kakadus (Plyctolophus) ſind wohl den meiſten meiner Leſer vertraute Er-
ſcheinungen; denn eine oder die andere Art iſt ihnen gewiß, und wäre es auch nur durch die wan-
dernden Thierkundigen, ich meine die Beſitzer von Thierſchaubuden, lebend vorgeſtellt worden.
Bezeichnend für die Mitglieder der Gruppe iſt außer der gedrungenen Geſtalt mit kurzem Schwanze
und mittellangen Flügeln der große, kurze, breite, auf den Schneiden gezahnte Schnabel, deſſen Ober-
kiefer ſich mit ſtarken Haken überbiegt. Die Zunge pflegt dickfleiſchig und glatt zu ſein, der Augen-
kreis iſt gewöhnlich nackt, den Kopf ſchmückt meiſt eine aufrichtbare, durch lebhafte, jedoch regelmäßig
verſteckte Farben ausgezeichnete Holle. Ueber die Farbe des Gefieders kann im allgemeinen nur
bemerkt werden, daß ſie regelmäßig eine im hohen Grade auſprechende iſt, ſei es wegen des reinen
Weißes oder wegen des überaus zarten Roſenroths oder ſei es endlich wegen des für Papageien ganz
ungewöhnlichen Dunkels, welches bei einzelnen Arten vorherrſchend iſt.

Auſtralien im weiteren Sinne, alſo nicht ausſchließlich Reuholland, ſondern auch Neuguinea
und ſelbſt die Molukken und Philippinen ſind die Wohngebiete der Kakadus. Hier leben die meiſten
Arten in großen, oft in ungeheuren Scharen, welche ſich in den Wäldern anſäßig machen, von hier
über die Fluren und Felder dahin ſtreichen und den Beſchauern unter allen Umſtänden ein zauberhaft
erhabenes Schauſpiel gewähren. Selbſt der Forſcher ſtimmt gern in die dichteriſchen Worte der
Reiſebeſchreiber ein, welche dieſes Schauſpiel gar nicht hoch genug rühmen können. „Mitten in dem
mafſigen Schatten des dunkelſten Laubwerks treiben weiße Kakadus ihr Spiel gleich Geiſtern des
Lichts‟, ſo ſagt Mitchell von einer Art dieſer Vögel und „ihr hochrother Fittig und ihre glühenden
Hauben wandeln die Höhen, in denen ſie leben, zu Gefilden von üppigſter Wonne‟, von einer zweiten
Art. Man muß ſelbſt umſtrickt worden ſein von all dem Zauber, welchen die Pflanzenwelt unter
den Wendekreiſen auf den Nordländer übt, und man muß erfahren haben, daß alle Pracht der
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[39/0051] Maid- und Papualori. Kakabus. Neuholland ſcheint für die Vögel ein wahres Eden zu ſein. Die dort lebenden Säugethiere ſind verkümmerte Geſtalten, welche eben nur an die vollkommeneren anderer Erdtheile erinnern: — die Vögel hingegen, welche den gedachten Erdtheil ihre Heimat nennen, ſind ebenſo vollkommen gebildet, als irgend- wo anders und prangen zum großen Theil in einer wunderbaren Farbenpracht. Wir werden viele Familien kennen lernen, welche ſich ſo recht als Kinder Neuhollands zeigen; keine einzige dieſer Fa- milien aber verleiht dem Erdtheil ein ſo beſtimmtes Gepräge, wie die Papageien. Zwiſchen dem grünen Laubwerk der Gummibäume ſchimmern, wunderbaren Blüthen vergleichbar, die blendenden Kakadus hervor; von den gelb blühenden Akazien hernieder leuchten die ſcharlachrothen Roſenparakits, und um die Blüthen der Bäume tummeln ſich die uns bereits bekannten honigſaugenden Pinſelzüngler in ewig beweglichen Gruppen, während die kleinen Graspapageien die oft troſtloſen Ebenen des Jnnern freudig beleben. Wie bei uns die Schwalben durch die Straßen der Städte und Dörfer huſchen, ſchwirren in Auſtralien Flüge von Papageien über dieſelben Wege dahin, und wie unſere Sperlinge auf den Landſtraßen ſich tummeln, ſieht man dort ſie gleichſam vertretende Papageivögel in buntem Gewimmel den Boden bedecken. Wenn der einſam wohnende Landbauer ſeine Ernte eingeheimſt, erſcheinen Flüge dieſer Thiere, welche nach hunderten von Stücken zählen, vor den Thoren der Scheuern, wie bei uns die Tauben, und ſuchen in dem ausgedroſchenen Stroh nach den letzten Körnern umher. Dichteriſch fühlende Reiſende ſind begeiſtert von dem ewig wechſelnden Schauſpiel, welches die Prachtvögel gewähren; der Anſiedler hingegen haßt ſie, weil ſie nur zu oft in ſein Beſitzthum ver- wüſtend einfallen, von Grund ſeines Herzens und ſchießt ſie mit derſelben Gleichgiltigkeit zuſammen, mit welcher bei uns ein Bauer unter die räuberiſchen Spatzen feuert. Unter den mehr als ſechszig beſtimmten verſchiedenen Papageiarten, welche Auſtralien bevölkern, nehmen die Kakadus einen hohen Rang ein. Jch habe ſie in eine beſondere Familie eingeordnet, weil ſie nach meiner Anſicht wenigſtens zwei beſtimmt verſchiedene Horden bilden, Gruppen, welche reich an abſonderlichen Geſtalten ſind, aber doch aller Verſchiedenheit ungeachtet ein gemeinſames Ge- präge zeigen. Die eigentlichen Kakadus (Plyctolophus) ſind wohl den meiſten meiner Leſer vertraute Er- ſcheinungen; denn eine oder die andere Art iſt ihnen gewiß, und wäre es auch nur durch die wan- dernden Thierkundigen, ich meine die Beſitzer von Thierſchaubuden, lebend vorgeſtellt worden. Bezeichnend für die Mitglieder der Gruppe iſt außer der gedrungenen Geſtalt mit kurzem Schwanze und mittellangen Flügeln der große, kurze, breite, auf den Schneiden gezahnte Schnabel, deſſen Ober- kiefer ſich mit ſtarken Haken überbiegt. Die Zunge pflegt dickfleiſchig und glatt zu ſein, der Augen- kreis iſt gewöhnlich nackt, den Kopf ſchmückt meiſt eine aufrichtbare, durch lebhafte, jedoch regelmäßig verſteckte Farben ausgezeichnete Holle. Ueber die Farbe des Gefieders kann im allgemeinen nur bemerkt werden, daß ſie regelmäßig eine im hohen Grade auſprechende iſt, ſei es wegen des reinen Weißes oder wegen des überaus zarten Roſenroths oder ſei es endlich wegen des für Papageien ganz ungewöhnlichen Dunkels, welches bei einzelnen Arten vorherrſchend iſt. Auſtralien im weiteren Sinne, alſo nicht ausſchließlich Reuholland, ſondern auch Neuguinea und ſelbſt die Molukken und Philippinen ſind die Wohngebiete der Kakadus. Hier leben die meiſten Arten in großen, oft in ungeheuren Scharen, welche ſich in den Wäldern anſäßig machen, von hier über die Fluren und Felder dahin ſtreichen und den Beſchauern unter allen Umſtänden ein zauberhaft erhabenes Schauſpiel gewähren. Selbſt der Forſcher ſtimmt gern in die dichteriſchen Worte der Reiſebeſchreiber ein, welche dieſes Schauſpiel gar nicht hoch genug rühmen können. „Mitten in dem mafſigen Schatten des dunkelſten Laubwerks treiben weiße Kakadus ihr Spiel gleich Geiſtern des Lichts‟, ſo ſagt Mitchell von einer Art dieſer Vögel und „ihr hochrother Fittig und ihre glühenden Hauben wandeln die Höhen, in denen ſie leben, zu Gefilden von üppigſter Wonne‟, von einer zweiten Art. Man muß ſelbſt umſtrickt worden ſein von all dem Zauber, welchen die Pflanzenwelt unter den Wendekreiſen auf den Nordländer übt, und man muß erfahren haben, daß alle Pracht der Pflanzen doch erſt durch die belebten Weſen, welche wir zu unſern Lieblingen erkoren haben, befähigt

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/51>, abgerufen am 02.05.2024.