land beherbergen diesen Vogel in Menge, weil die Blüthen der gedachten Bäume ihm eine überflüssige Nahrung bieten. Er ist aber auch so ausschließlich auf die Gummiwälder beschränkt, daß er in andern gar nicht gesehen wird. Diejenigen Bäume, welche erst kürzlich ihre Blüthen geöffnet haben, werden von den Näschern allen andern vorgezogen, weil sie an Honig und Blüthenstaub am reichsten sind. Der Anblick eines Waldes dieser blüthenbedeckten Gummibäume, auf denen sich außerdem noch mehrere Arten der gedachten Papageien und Honigvögel umhertreiben, ist nicht mit Worten zu be- schreiben. Oft sieht man drei bis vier Arten der Sippe auf ein und demselben Baume beschäftigt und manchmal gemeinschaftlich die Blüthen eines und desselben Zweiges beraubend. Noch weniger ist es möglich, die tausendstimmig lärmenden Töne und die Schreie mitten durch zu beschreiben, wenn etwa ein Flug sich mit einem Male von einem Baum erhebt, um in einen andern Theil des Waldes überzugehen. Solche Schwärme muß man selbst gesehen und gehört haben, wenn man sich eine klare Vorstellung machen will.
[Abbildung]
Der gescheckte Loriket (Psitteuteles versicolor).
Bei einem seiner Morgenspaziergänge in den Buschgängen am Hunter kam Gould an einen ungeheuern Gummibaum von ungefähr 200 Fuß Höhe, welcher gerade in vollster Blüthe stand. Hun- derte von Vögeln waren durch diese Blüthen angelockt worden, und die verschiedensten Arten der Papageien und Honigfresser nährten sich einträchtig von dem Nektar derselben. Gould erlegte von einem einzigen Zweige die vier Lorikets, welche die Gegend bewohnen.
Der Flug dieser Papageien ist kraftvoll, gewandt und pfeilschnell, namentlich bei dem Auf- fliegen ergeben sie sich mit reißender Geschwindigkeit unter lautem, gleichmäßigen Schreien hoch in die Höhe und stürmen dann durch die Luft dahin. Auf den Bäumen klettern sie mit ziemlicher Gewandt- heit in allen erdenklichen Stellungen umher, doch mehr meisen-, als papageienartig. Nach Sonnen- aufgang sind sie so eifrig mit der Aufsaugung des Honigs beschäftigt, daß sie von den Bäumen, auf denen sie sich niedergelassen haben, kaum verscheucht werden können. Der Schuß eines Gewehrs hat
Der geſcheckte Loriket.
land beherbergen dieſen Vogel in Menge, weil die Blüthen der gedachten Bäume ihm eine überflüſſige Nahrung bieten. Er iſt aber auch ſo ausſchließlich auf die Gummiwälder beſchränkt, daß er in andern gar nicht geſehen wird. Diejenigen Bäume, welche erſt kürzlich ihre Blüthen geöffnet haben, werden von den Näſchern allen andern vorgezogen, weil ſie an Honig und Blüthenſtaub am reichſten ſind. Der Anblick eines Waldes dieſer blüthenbedeckten Gummibäume, auf denen ſich außerdem noch mehrere Arten der gedachten Papageien und Honigvögel umhertreiben, iſt nicht mit Worten zu be- ſchreiben. Oft ſieht man drei bis vier Arten der Sippe auf ein und demſelben Baume beſchäftigt und manchmal gemeinſchaftlich die Blüthen eines und deſſelben Zweiges beraubend. Noch weniger iſt es möglich, die tauſendſtimmig lärmenden Töne und die Schreie mitten durch zu beſchreiben, wenn etwa ein Flug ſich mit einem Male von einem Baum erhebt, um in einen andern Theil des Waldes überzugehen. Solche Schwärme muß man ſelbſt geſehen und gehört haben, wenn man ſich eine klare Vorſtellung machen will.
[Abbildung]
Der geſcheckte Loriket (Psitteuteles versicolor).
Bei einem ſeiner Morgenſpaziergänge in den Buſchgängen am Hunter kam Gould an einen ungeheuern Gummibaum von ungefähr 200 Fuß Höhe, welcher gerade in vollſter Blüthe ſtand. Hun- derte von Vögeln waren durch dieſe Blüthen angelockt worden, und die verſchiedenſten Arten der Papageien und Honigfreſſer nährten ſich einträchtig von dem Nektar derſelben. Gould erlegte von einem einzigen Zweige die vier Lorikets, welche die Gegend bewohnen.
Der Flug dieſer Papageien iſt kraftvoll, gewandt und pfeilſchnell, namentlich bei dem Auf- fliegen ergeben ſie ſich mit reißender Geſchwindigkeit unter lautem, gleichmäßigen Schreien hoch in die Höhe und ſtürmen dann durch die Luft dahin. Auf den Bäumen klettern ſie mit ziemlicher Gewandt- heit in allen erdenklichen Stellungen umher, doch mehr meiſen-, als papageienartig. Nach Sonnen- aufgang ſind ſie ſo eifrig mit der Aufſaugung des Honigs beſchäftigt, daß ſie von den Bäumen, auf denen ſie ſich niedergelaſſen haben, kaum verſcheucht werden können. Der Schuß eines Gewehrs hat
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Der geſcheckte Loriket.
land beherbergen dieſen Vogel in Menge, weil die Blüthen der gedachten Bäume ihm eine überflüſſige
Nahrung bieten. Er iſt aber auch ſo ausſchließlich auf die Gummiwälder beſchränkt, daß er in
andern gar nicht geſehen wird. Diejenigen Bäume, welche erſt kürzlich ihre Blüthen geöffnet haben,
werden von den Näſchern allen andern vorgezogen, weil ſie an Honig und Blüthenſtaub am reichſten
ſind. Der Anblick eines Waldes dieſer blüthenbedeckten Gummibäume, auf denen ſich außerdem noch
mehrere Arten der gedachten Papageien und Honigvögel umhertreiben, iſt nicht mit Worten zu be-
ſchreiben. Oft ſieht man drei bis vier Arten der Sippe auf ein und demſelben Baume beſchäftigt
und manchmal gemeinſchaftlich die Blüthen eines und deſſelben Zweiges beraubend. Noch weniger iſt
es möglich, die tauſendſtimmig lärmenden Töne und die Schreie mitten durch zu beſchreiben, wenn
etwa ein Flug ſich mit einem Male von einem Baum erhebt, um in einen andern Theil des Waldes
überzugehen. Solche Schwärme muß man ſelbſt geſehen und gehört haben, wenn man ſich eine klare
Vorſtellung machen will.
[Abbildung Der geſcheckte Loriket (Psitteuteles versicolor).]
Bei einem ſeiner Morgenſpaziergänge in den Buſchgängen am Hunter kam Gould an einen
ungeheuern Gummibaum von ungefähr 200 Fuß Höhe, welcher gerade in vollſter Blüthe ſtand. Hun-
derte von Vögeln waren durch dieſe Blüthen angelockt worden, und die verſchiedenſten Arten der
Papageien und Honigfreſſer nährten ſich einträchtig von dem Nektar derſelben. Gould erlegte von
einem einzigen Zweige die vier Lorikets, welche die Gegend bewohnen.
Der Flug dieſer Papageien iſt kraftvoll, gewandt und pfeilſchnell, namentlich bei dem Auf-
fliegen ergeben ſie ſich mit reißender Geſchwindigkeit unter lautem, gleichmäßigen Schreien hoch in die
Höhe und ſtürmen dann durch die Luft dahin. Auf den Bäumen klettern ſie mit ziemlicher Gewandt-
heit in allen erdenklichen Stellungen umher, doch mehr meiſen-, als papageienartig. Nach Sonnen-
aufgang ſind ſie ſo eifrig mit der Aufſaugung des Honigs beſchäftigt, daß ſie von den Bäumen, auf
denen ſie ſich niedergelaſſen haben, kaum verſcheucht werden können. Der Schuß eines Gewehrs hat
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/49>, abgerufen am 24.11.2024.
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