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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Fänger. Raubvögel. Habichte.
roth, die Wachshaut grüngelb, der Schnabel schwarzgrau, der Fuß schön rothgelb gefärbt. Junge
Vögel sind auf der Oberseite braun, auf der Unterseite weiß, zartbraun oder rothbraun gewellt.

Jn allen Waldungen des größten Theiles von Südamerika ist dieser Habicht ziemlich häufig.
Er sitzt hier nach Art seiner Verwandten einsam im Schatten einer dichten Laubkrone und
lauert auf Beute, vorzugsweise auf Vögel, welchen er eifrig nachjagt. Er ist, nach Tschudi,
kühn und tapfer und wagt sich sogar an Thiere, welche größer sind als er selbst; deshalb
wird er von den Jndianern am meisten gefürchtet. Die Hartnäckigkeit, mit welcher er ihrem Feder-
vieh nachstellt, ist so groß, daß er die Umgegend einer Niederlassung nicht eher verläßt, als bis das
letzte Huhn seine Beute geworden ist. Dabei ist er, wie unser Habicht, so listig und klug, daß er
nur selten erlegt wird. Jm Nothfall begnügt er sich übrigens auch mit Kerbthieren; nach
Burmeister's Ansicht scheinen diese namentlich die Nahrung der jüngeren, im Vogelfang noch nicht
besonders geschickten Räuber zu bilden. Den Horst findet man auf hohen Bäumen. Das Gelege
besteht aus drei bis vier dicht rothbraun getüpfelten Eiern, welche denen unserer Baumfalken sehr
ähnlich sind.



Auf diese Ausländer mag unser Sperber folgen. Er ist das in Europa nur allzuhäufige
Mitglied einer Sippe, welche über die ganze Erde verbreitet ist. Ein gestreckter Leib mit kleinem
Kopf und zierlichem, sehr scharshakigen Schnabel, kurzen Flügeln, langem, gerade abgeschnittenen
Schwanz und sehr hohen schwachen Läufen mit dünnen, langen, äußerst scharf bekrallten Zehen sind
die hauptsächlichsten Merkmale der Sperber. Das Gefieder ist bei den Alten und Jungen sehr
übereinstimmend gefärbt und gezeichnet.

Der Sperber oder Finkenhabicht, der Schwalben-, Sperlings-, Vogel-, Berg-,
Stockstößer, Sprinz, Schmirn
und wie er sonst noch heißt (Nisus communis) ist 1 Fuß lang
und 2 Fuß breit; der Fittig mißt 7 2/3 , der Schwanz fast 6 Zoll. Das bedeutend größere Weibchen
ist um reichlich 3 Zoll länger und um 5 Zoll breiter. Bei den alten Vögeln ist die ganze Oberseite
schwärzlichaschgrau, die Unterseite weiß mit rostrothen Wellenlinien und Schaftstrichen von rost-
rother Farbe, welche beim Männchen gewöhnlich lebhafter ist, als beim Weibchen. Der Schwanz ist
fünf- bis sechsmal schwarz gebändert und an der Spitze weiß gesäumt. Die jungen Vögel sind oben
graubraun, unten weiß, an Kehle und Vorderhals braun in der Länge gestreift, an Bauch und den
Schenkeln quer gefleckt. Der Schnabel ist blau, die Wachshaut gelb, die Jris lebhaft oder goldgelb,
der Fuß blaßgelb.

Jn Europa scheint der Sperber nirgends zu fehlen, und auch im größten Theile Mittelasiens dürfte
er Standvogel sein. Jm Winter streicht er im Lande umher, wandert auch wohl gelegentlich über
das mittelländische Meer hinweg und zeigt sich dann in Nordafrika. Das Gleiche gilt für Jndien;
hier ist er nach Jerdon ein regelmäßiger Wintergast, welcher Anfangs Oktober erscheint und Ende
Februars oder Anfangs März wieder weggeht. Jn Europa ist er nirgends selten; doch glaube ich
gefunden zu haben, daß er in Deutschland häufiger vorkommt, als im Süden, in Spanien z. B. Er
bewohnt Waldungen aller Art, namentlich Feldgehölze, am liebsten solche in bergigen Gegenden.

Unter den verwandten Raubvögeln sind der Sperber und seine Sippschaftsgenossen die
gewandtesten und vielleicht die muthigsten. Jm übrigen besitzen sie alle Eigenschaften, welche die
bevorzugten Mitglieder der Familie zeigen. "Der Sperber hält sich", sagt mein Vater, welcher ihn
sehr ausführlich und genau beschrieben hat, "den größten Theil des Tages verborgen und kommt nur
zum Vorschein, wenn er rauben will. Ungeachtet seiner kurzen Schwingen fliegt er leicht, schnell und
sehr gewandt; sein Gang dagegen ist hüpfend und ungeschickt."

"Er ist ebenso scheu wie dreist und ohne Furcht vor größeren Vögeln. Bechstein schreibt dem
Männchen und Naumann dem Weibchen eine größere Beherztheit zu; aber Beide irren: eins ist so

Die Fänger. Raubvögel. Habichte.
roth, die Wachshaut grüngelb, der Schnabel ſchwarzgrau, der Fuß ſchön rothgelb gefärbt. Junge
Vögel ſind auf der Oberſeite braun, auf der Unterſeite weiß, zartbraun oder rothbraun gewellt.

Jn allen Waldungen des größten Theiles von Südamerika iſt dieſer Habicht ziemlich häufig.
Er ſitzt hier nach Art ſeiner Verwandten einſam im Schatten einer dichten Laubkrone und
lauert auf Beute, vorzugsweiſe auf Vögel, welchen er eifrig nachjagt. Er iſt, nach Tſchudi,
kühn und tapfer und wagt ſich ſogar an Thiere, welche größer ſind als er ſelbſt; deshalb
wird er von den Jndianern am meiſten gefürchtet. Die Hartnäckigkeit, mit welcher er ihrem Feder-
vieh nachſtellt, iſt ſo groß, daß er die Umgegend einer Niederlaſſung nicht eher verläßt, als bis das
letzte Huhn ſeine Beute geworden iſt. Dabei iſt er, wie unſer Habicht, ſo liſtig und klug, daß er
nur ſelten erlegt wird. Jm Nothfall begnügt er ſich übrigens auch mit Kerbthieren; nach
Burmeiſter’s Anſicht ſcheinen dieſe namentlich die Nahrung der jüngeren, im Vogelfang noch nicht
beſonders geſchickten Räuber zu bilden. Den Horſt findet man auf hohen Bäumen. Das Gelege
beſteht aus drei bis vier dicht rothbraun getüpfelten Eiern, welche denen unſerer Baumfalken ſehr
ähnlich ſind.



Auf dieſe Ausländer mag unſer Sperber folgen. Er iſt das in Europa nur allzuhäufige
Mitglied einer Sippe, welche über die ganze Erde verbreitet iſt. Ein geſtreckter Leib mit kleinem
Kopf und zierlichem, ſehr ſcharſhakigen Schnabel, kurzen Flügeln, langem, gerade abgeſchnittenen
Schwanz und ſehr hohen ſchwachen Läufen mit dünnen, langen, äußerſt ſcharf bekrallten Zehen ſind
die hauptſächlichſten Merkmale der Sperber. Das Gefieder iſt bei den Alten und Jungen ſehr
übereinſtimmend gefärbt und gezeichnet.

Der Sperber oder Finkenhabicht, der Schwalben-, Sperlings-, Vogel-, Berg-,
Stockſtößer, Sprinz, Schmirn
und wie er ſonſt noch heißt (Nisus communis) iſt 1 Fuß lang
und 2 Fuß breit; der Fittig mißt 7⅔, der Schwanz faſt 6 Zoll. Das bedeutend größere Weibchen
iſt um reichlich 3 Zoll länger und um 5 Zoll breiter. Bei den alten Vögeln iſt die ganze Oberſeite
ſchwärzlichaſchgrau, die Unterſeite weiß mit roſtrothen Wellenlinien und Schaftſtrichen von roſt-
rother Farbe, welche beim Männchen gewöhnlich lebhafter iſt, als beim Weibchen. Der Schwanz iſt
fünf- bis ſechsmal ſchwarz gebändert und an der Spitze weiß geſäumt. Die jungen Vögel ſind oben
graubraun, unten weiß, an Kehle und Vorderhals braun in der Länge geſtreift, an Bauch und den
Schenkeln quer gefleckt. Der Schnabel iſt blau, die Wachshaut gelb, die Jris lebhaft oder goldgelb,
der Fuß blaßgelb.

Jn Europa ſcheint der Sperber nirgends zu fehlen, und auch im größten Theile Mittelaſiens dürfte
er Standvogel ſein. Jm Winter ſtreicht er im Lande umher, wandert auch wohl gelegentlich über
das mittelländiſche Meer hinweg und zeigt ſich dann in Nordafrika. Das Gleiche gilt für Jndien;
hier iſt er nach Jerdon ein regelmäßiger Wintergaſt, welcher Anfangs Oktober erſcheint und Ende
Februars oder Anfangs März wieder weggeht. Jn Europa iſt er nirgends ſelten; doch glaube ich
gefunden zu haben, daß er in Deutſchland häufiger vorkommt, als im Süden, in Spanien z. B. Er
bewohnt Waldungen aller Art, namentlich Feldgehölze, am liebſten ſolche in bergigen Gegenden.

Unter den verwandten Raubvögeln ſind der Sperber und ſeine Sippſchaftsgenoſſen die
gewandteſten und vielleicht die muthigſten. Jm übrigen beſitzen ſie alle Eigenſchaften, welche die
bevorzugten Mitglieder der Familie zeigen. „Der Sperber hält ſich‟, ſagt mein Vater, welcher ihn
ſehr ausführlich und genau beſchrieben hat, „den größten Theil des Tages verborgen und kommt nur
zum Vorſchein, wenn er rauben will. Ungeachtet ſeiner kurzen Schwingen fliegt er leicht, ſchnell und
ſehr gewandt; ſein Gang dagegen iſt hüpfend und ungeſchickt.‟

„Er iſt ebenſo ſcheu wie dreiſt und ohne Furcht vor größeren Vögeln. Bechſtein ſchreibt dem
Männchen und Naumann dem Weibchen eine größere Beherztheit zu; aber Beide irren: eins iſt ſo

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[434/0464] Die Fänger. Raubvögel. Habichte. roth, die Wachshaut grüngelb, der Schnabel ſchwarzgrau, der Fuß ſchön rothgelb gefärbt. Junge Vögel ſind auf der Oberſeite braun, auf der Unterſeite weiß, zartbraun oder rothbraun gewellt. Jn allen Waldungen des größten Theiles von Südamerika iſt dieſer Habicht ziemlich häufig. Er ſitzt hier nach Art ſeiner Verwandten einſam im Schatten einer dichten Laubkrone und lauert auf Beute, vorzugsweiſe auf Vögel, welchen er eifrig nachjagt. Er iſt, nach Tſchudi, kühn und tapfer und wagt ſich ſogar an Thiere, welche größer ſind als er ſelbſt; deshalb wird er von den Jndianern am meiſten gefürchtet. Die Hartnäckigkeit, mit welcher er ihrem Feder- vieh nachſtellt, iſt ſo groß, daß er die Umgegend einer Niederlaſſung nicht eher verläßt, als bis das letzte Huhn ſeine Beute geworden iſt. Dabei iſt er, wie unſer Habicht, ſo liſtig und klug, daß er nur ſelten erlegt wird. Jm Nothfall begnügt er ſich übrigens auch mit Kerbthieren; nach Burmeiſter’s Anſicht ſcheinen dieſe namentlich die Nahrung der jüngeren, im Vogelfang noch nicht beſonders geſchickten Räuber zu bilden. Den Horſt findet man auf hohen Bäumen. Das Gelege beſteht aus drei bis vier dicht rothbraun getüpfelten Eiern, welche denen unſerer Baumfalken ſehr ähnlich ſind. Auf dieſe Ausländer mag unſer Sperber folgen. Er iſt das in Europa nur allzuhäufige Mitglied einer Sippe, welche über die ganze Erde verbreitet iſt. Ein geſtreckter Leib mit kleinem Kopf und zierlichem, ſehr ſcharſhakigen Schnabel, kurzen Flügeln, langem, gerade abgeſchnittenen Schwanz und ſehr hohen ſchwachen Läufen mit dünnen, langen, äußerſt ſcharf bekrallten Zehen ſind die hauptſächlichſten Merkmale der Sperber. Das Gefieder iſt bei den Alten und Jungen ſehr übereinſtimmend gefärbt und gezeichnet. Der Sperber oder Finkenhabicht, der Schwalben-, Sperlings-, Vogel-, Berg-, Stockſtößer, Sprinz, Schmirn und wie er ſonſt noch heißt (Nisus communis) iſt 1 Fuß lang und 2 Fuß breit; der Fittig mißt 7⅔, der Schwanz faſt 6 Zoll. Das bedeutend größere Weibchen iſt um reichlich 3 Zoll länger und um 5 Zoll breiter. Bei den alten Vögeln iſt die ganze Oberſeite ſchwärzlichaſchgrau, die Unterſeite weiß mit roſtrothen Wellenlinien und Schaftſtrichen von roſt- rother Farbe, welche beim Männchen gewöhnlich lebhafter iſt, als beim Weibchen. Der Schwanz iſt fünf- bis ſechsmal ſchwarz gebändert und an der Spitze weiß geſäumt. Die jungen Vögel ſind oben graubraun, unten weiß, an Kehle und Vorderhals braun in der Länge geſtreift, an Bauch und den Schenkeln quer gefleckt. Der Schnabel iſt blau, die Wachshaut gelb, die Jris lebhaft oder goldgelb, der Fuß blaßgelb. Jn Europa ſcheint der Sperber nirgends zu fehlen, und auch im größten Theile Mittelaſiens dürfte er Standvogel ſein. Jm Winter ſtreicht er im Lande umher, wandert auch wohl gelegentlich über das mittelländiſche Meer hinweg und zeigt ſich dann in Nordafrika. Das Gleiche gilt für Jndien; hier iſt er nach Jerdon ein regelmäßiger Wintergaſt, welcher Anfangs Oktober erſcheint und Ende Februars oder Anfangs März wieder weggeht. Jn Europa iſt er nirgends ſelten; doch glaube ich gefunden zu haben, daß er in Deutſchland häufiger vorkommt, als im Süden, in Spanien z. B. Er bewohnt Waldungen aller Art, namentlich Feldgehölze, am liebſten ſolche in bergigen Gegenden. Unter den verwandten Raubvögeln ſind der Sperber und ſeine Sippſchaftsgenoſſen die gewandteſten und vielleicht die muthigſten. Jm übrigen beſitzen ſie alle Eigenſchaften, welche die bevorzugten Mitglieder der Familie zeigen. „Der Sperber hält ſich‟, ſagt mein Vater, welcher ihn ſehr ausführlich und genau beſchrieben hat, „den größten Theil des Tages verborgen und kommt nur zum Vorſchein, wenn er rauben will. Ungeachtet ſeiner kurzen Schwingen fliegt er leicht, ſchnell und ſehr gewandt; ſein Gang dagegen iſt hüpfend und ungeſchickt.‟ „Er iſt ebenſo ſcheu wie dreiſt und ohne Furcht vor größeren Vögeln. Bechſtein ſchreibt dem Männchen und Naumann dem Weibchen eine größere Beherztheit zu; aber Beide irren: eins iſt ſo

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/464>, abgerufen am 22.11.2024.