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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Fänger. Raubvögel. Falken.
gewöhnlich eines Rabennestes, welches er vorfindet oder aus dem er den rechtmäßigen Jnhaber mit
Gewalt vertreibt. Holboell gibt an, daß der Polarfalk in Grönland im Juni seine Eier legt, und
Faber fand auf Jsland erwachsene Junge Anfangs Juli; Nordvi aber sagte mir, daß der Gierfalk
bereits im April mit seinem Brutgeschäft beginne und schenkte mir die Bälge von vier Jungen, welche
er im Juni ausgenommen hatte. Jch fand Anfangs Juli ein Paar Gierfalken noch am Horste,
konnte aber freilich nicht ergründen, ob in demselben Junge waren oder nicht. Die Eier der drei
Jagdfalken unterscheiden sich nach Baldamus nur durch die verschiedene Größe und das etwas
größere oder feinere Korn. Der Polarfalk legt die größten und grobkörnigsten, der Gierfalk die
kleinsten und feinkörnigsten. Die Färbung ist bei allen verschieden; auch die Gestalt ändert nicht
unwesentlich ab. Ein Ei, welches ich von Nordvi empfing, ist auf gilblichweißem Grunde röthelroth
marmorirt, gefleckt und gepunktet.

Jn früheren Jahren sandte die dänische Regierung alljährlich ein besonderes Schiff, welches das
Falkenschiff genannt wurde, nach Jsland, um von dort Edelfalken zu holen. Gegenwärtig kommen
lebende noch alljährlich nach Kopenhagen. Wir haben von dort her bereits drei Stück für unsern
Thiergarten erhalten, aber auch alle drei trotz der sorgfältigsten Pflege wieder verloren, wahrscheinlich,
weil sie auf der Seereise schlecht gefüttert worden waren und schon halbkrank ankamen. Jn Lappland
oder in Skandinavien überhaupt scheint Niemand sich auf den Falkenfang zu legen, wie denn über-
haupt der Gierfalk dort nur von dem Naturforscher verfolgt wird, ungeachtet des Schadens, welchen
er anstiftet. Freilich sind die Vogelberge während des Sommers so massenhaft belebt und die Gebirge
so stark mit Schneehühnern bevölkert, daß der Schaden nicht sehr bemerklich wird, und zudem versichern
die Norweger, daß die jagenden Engländer, welche aus reiner Mordsucht alljährlich Tausende von
Schneehühnern erlegen, viel ärger unter diesen aufräumen, als die Gierfalken. Jn Jsland und
Grönland hingegen, wo die Jagdfalken häufiger sind und im Winter regelmäßig den Wohnungen sich
nähern, stellt man ihnen ziemlich rücksichtslos nach, und in ganz Nordasien werden sie noch heutigen
Tages für die Baize gefangen.

Außer dem Menschen hat der Jagdfalk nur im Kolkraben einen Gegner, welcher ihm wenigstens
zu schaffen macht. Faber und Holboell erwähnen übereinstimmend, daß man beide Vögel sehr oft
sich balgen sieht.

Nach meinem Dafürhalten betragen sich die Jagdfalken im Gebauer ganz wie gefangene
Wanderfalken.



Die Wanderfalken (Falco) stehen den Edelfalken am nächsten. Sie unterscheiden sich von
ihnen durch geringere Größe, verhältnißmäßig kleineren und stärker gebogenen Schnabel, die minder
weit befiederten Fußwurzeln und einen im Verhältniß zu den Flügeln kürzeren Schwanz.

Unser Wanderfalk (Falco peregrinus), sonst auch wohl Berg-, Wald-, Stein-, Baiz-,
Kohl-, Blau-, Tannenfalk, Schwarzbacken, Taubenstoßer
u. s. w. genannt, das
bekannteste Mitglied dieser Sippe, ist als alter Vogel auf dem ganzen Oberkörper hellschiefergrau, mit
dunkelschieferfarbigen, dreieckigen Flecken, welche eine bandartige Zeichnung hervorbringen. Die
Stirn ist grau, der Schwanz hellaschgrau gebändert und an der Spitze der Steuerfedern gelblich
gesäumt; die Schwingen sind schieferschwarz, auf der innern Fahne mit rostgelben, bänderartigen
Flecken besetzt. Die Kehle, welche durch schwarze Backenstriche eingefaßt wird, ist wie die Oberbrust
weißgelb. Die Unterbrust und der Bauch sind lehmröthlichgelb; erstere ist braungelb gestrichelt und
durch rundlich-herzförmige Flecken gezeichnet, der Bauch durch dunklere Querflecken, welche namentlich
am After und auf den Hosen hervortreten, gebändert. Jm Leben liegt ein graulicher Duft auf dem
Gefieder. Das Weibchen zeigt gewöhnlich frischere Farben als das Männchen. Bei den Jungen ist

Die Fänger. Raubvögel. Falken.
gewöhnlich eines Rabenneſtes, welches er vorfindet oder aus dem er den rechtmäßigen Jnhaber mit
Gewalt vertreibt. Holboell gibt an, daß der Polarfalk in Grönland im Juni ſeine Eier legt, und
Faber fand auf Jsland erwachſene Junge Anfangs Juli; Nordvi aber ſagte mir, daß der Gierfalk
bereits im April mit ſeinem Brutgeſchäft beginne und ſchenkte mir die Bälge von vier Jungen, welche
er im Juni ausgenommen hatte. Jch fand Anfangs Juli ein Paar Gierfalken noch am Horſte,
konnte aber freilich nicht ergründen, ob in demſelben Junge waren oder nicht. Die Eier der drei
Jagdfalken unterſcheiden ſich nach Baldamus nur durch die verſchiedene Größe und das etwas
größere oder feinere Korn. Der Polarfalk legt die größten und grobkörnigſten, der Gierfalk die
kleinſten und feinkörnigſten. Die Färbung iſt bei allen verſchieden; auch die Geſtalt ändert nicht
unweſentlich ab. Ein Ei, welches ich von Nordvi empfing, iſt auf gilblichweißem Grunde röthelroth
marmorirt, gefleckt und gepunktet.

Jn früheren Jahren ſandte die däniſche Regierung alljährlich ein beſonderes Schiff, welches das
Falkenſchiff genannt wurde, nach Jsland, um von dort Edelfalken zu holen. Gegenwärtig kommen
lebende noch alljährlich nach Kopenhagen. Wir haben von dort her bereits drei Stück für unſern
Thiergarten erhalten, aber auch alle drei trotz der ſorgfältigſten Pflege wieder verloren, wahrſcheinlich,
weil ſie auf der Seereiſe ſchlecht gefüttert worden waren und ſchon halbkrank ankamen. Jn Lappland
oder in Skandinavien überhaupt ſcheint Niemand ſich auf den Falkenfang zu legen, wie denn über-
haupt der Gierfalk dort nur von dem Naturforſcher verfolgt wird, ungeachtet des Schadens, welchen
er anſtiftet. Freilich ſind die Vogelberge während des Sommers ſo maſſenhaft belebt und die Gebirge
ſo ſtark mit Schneehühnern bevölkert, daß der Schaden nicht ſehr bemerklich wird, und zudem verſichern
die Norweger, daß die jagenden Engländer, welche aus reiner Mordſucht alljährlich Tauſende von
Schneehühnern erlegen, viel ärger unter dieſen aufräumen, als die Gierfalken. Jn Jsland und
Grönland hingegen, wo die Jagdfalken häufiger ſind und im Winter regelmäßig den Wohnungen ſich
nähern, ſtellt man ihnen ziemlich rückſichtslos nach, und in ganz Nordaſien werden ſie noch heutigen
Tages für die Baize gefangen.

Außer dem Menſchen hat der Jagdfalk nur im Kolkraben einen Gegner, welcher ihm wenigſtens
zu ſchaffen macht. Faber und Holboell erwähnen übereinſtimmend, daß man beide Vögel ſehr oft
ſich balgen ſieht.

Nach meinem Dafürhalten betragen ſich die Jagdfalken im Gebauer ganz wie gefangene
Wanderfalken.



Die Wanderfalken (Falco) ſtehen den Edelfalken am nächſten. Sie unterſcheiden ſich von
ihnen durch geringere Größe, verhältnißmäßig kleineren und ſtärker gebogenen Schnabel, die minder
weit befiederten Fußwurzeln und einen im Verhältniß zu den Flügeln kürzeren Schwanz.

Unſer Wanderfalk (Falco peregrinus), ſonſt auch wohl Berg-, Wald-, Stein-, Baiz-,
Kohl-, Blau-, Tannenfalk, Schwarzbacken, Taubenſtoßer
u. ſ. w. genannt, das
bekannteſte Mitglied dieſer Sippe, iſt als alter Vogel auf dem ganzen Oberkörper hellſchiefergrau, mit
dunkelſchieferfarbigen, dreieckigen Flecken, welche eine bandartige Zeichnung hervorbringen. Die
Stirn iſt grau, der Schwanz hellaſchgrau gebändert und an der Spitze der Steuerfedern gelblich
geſäumt; die Schwingen ſind ſchieferſchwarz, auf der innern Fahne mit roſtgelben, bänderartigen
Flecken beſetzt. Die Kehle, welche durch ſchwarze Backenſtriche eingefaßt wird, iſt wie die Oberbruſt
weißgelb. Die Unterbruſt und der Bauch ſind lehmröthlichgelb; erſtere iſt braungelb geſtrichelt und
durch rundlich-herzförmige Flecken gezeichnet, der Bauch durch dunklere Querflecken, welche namentlich
am After und auf den Hoſen hervortreten, gebändert. Jm Leben liegt ein graulicher Duft auf dem
Gefieder. Das Weibchen zeigt gewöhnlich friſchere Farben als das Männchen. Bei den Jungen iſt

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[416/0446] Die Fänger. Raubvögel. Falken. gewöhnlich eines Rabenneſtes, welches er vorfindet oder aus dem er den rechtmäßigen Jnhaber mit Gewalt vertreibt. Holboell gibt an, daß der Polarfalk in Grönland im Juni ſeine Eier legt, und Faber fand auf Jsland erwachſene Junge Anfangs Juli; Nordvi aber ſagte mir, daß der Gierfalk bereits im April mit ſeinem Brutgeſchäft beginne und ſchenkte mir die Bälge von vier Jungen, welche er im Juni ausgenommen hatte. Jch fand Anfangs Juli ein Paar Gierfalken noch am Horſte, konnte aber freilich nicht ergründen, ob in demſelben Junge waren oder nicht. Die Eier der drei Jagdfalken unterſcheiden ſich nach Baldamus nur durch die verſchiedene Größe und das etwas größere oder feinere Korn. Der Polarfalk legt die größten und grobkörnigſten, der Gierfalk die kleinſten und feinkörnigſten. Die Färbung iſt bei allen verſchieden; auch die Geſtalt ändert nicht unweſentlich ab. Ein Ei, welches ich von Nordvi empfing, iſt auf gilblichweißem Grunde röthelroth marmorirt, gefleckt und gepunktet. Jn früheren Jahren ſandte die däniſche Regierung alljährlich ein beſonderes Schiff, welches das Falkenſchiff genannt wurde, nach Jsland, um von dort Edelfalken zu holen. Gegenwärtig kommen lebende noch alljährlich nach Kopenhagen. Wir haben von dort her bereits drei Stück für unſern Thiergarten erhalten, aber auch alle drei trotz der ſorgfältigſten Pflege wieder verloren, wahrſcheinlich, weil ſie auf der Seereiſe ſchlecht gefüttert worden waren und ſchon halbkrank ankamen. Jn Lappland oder in Skandinavien überhaupt ſcheint Niemand ſich auf den Falkenfang zu legen, wie denn über- haupt der Gierfalk dort nur von dem Naturforſcher verfolgt wird, ungeachtet des Schadens, welchen er anſtiftet. Freilich ſind die Vogelberge während des Sommers ſo maſſenhaft belebt und die Gebirge ſo ſtark mit Schneehühnern bevölkert, daß der Schaden nicht ſehr bemerklich wird, und zudem verſichern die Norweger, daß die jagenden Engländer, welche aus reiner Mordſucht alljährlich Tauſende von Schneehühnern erlegen, viel ärger unter dieſen aufräumen, als die Gierfalken. Jn Jsland und Grönland hingegen, wo die Jagdfalken häufiger ſind und im Winter regelmäßig den Wohnungen ſich nähern, ſtellt man ihnen ziemlich rückſichtslos nach, und in ganz Nordaſien werden ſie noch heutigen Tages für die Baize gefangen. Außer dem Menſchen hat der Jagdfalk nur im Kolkraben einen Gegner, welcher ihm wenigſtens zu ſchaffen macht. Faber und Holboell erwähnen übereinſtimmend, daß man beide Vögel ſehr oft ſich balgen ſieht. Nach meinem Dafürhalten betragen ſich die Jagdfalken im Gebauer ganz wie gefangene Wanderfalken. Die Wanderfalken (Falco) ſtehen den Edelfalken am nächſten. Sie unterſcheiden ſich von ihnen durch geringere Größe, verhältnißmäßig kleineren und ſtärker gebogenen Schnabel, die minder weit befiederten Fußwurzeln und einen im Verhältniß zu den Flügeln kürzeren Schwanz. Unſer Wanderfalk (Falco peregrinus), ſonſt auch wohl Berg-, Wald-, Stein-, Baiz-, Kohl-, Blau-, Tannenfalk, Schwarzbacken, Taubenſtoßer u. ſ. w. genannt, das bekannteſte Mitglied dieſer Sippe, iſt als alter Vogel auf dem ganzen Oberkörper hellſchiefergrau, mit dunkelſchieferfarbigen, dreieckigen Flecken, welche eine bandartige Zeichnung hervorbringen. Die Stirn iſt grau, der Schwanz hellaſchgrau gebändert und an der Spitze der Steuerfedern gelblich geſäumt; die Schwingen ſind ſchieferſchwarz, auf der innern Fahne mit roſtgelben, bänderartigen Flecken beſetzt. Die Kehle, welche durch ſchwarze Backenſtriche eingefaßt wird, iſt wie die Oberbruſt weißgelb. Die Unterbruſt und der Bauch ſind lehmröthlichgelb; erſtere iſt braungelb geſtrichelt und durch rundlich-herzförmige Flecken gezeichnet, der Bauch durch dunklere Querflecken, welche namentlich am After und auf den Hoſen hervortreten, gebändert. Jm Leben liegt ein graulicher Duft auf dem Gefieder. Das Weibchen zeigt gewöhnlich friſchere Farben als das Männchen. Bei den Jungen iſt

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/446>, abgerufen am 20.05.2024.