annehmen darf, von denen wenigstens zwei sich durch die Färbung auffallend genug unterscheiden, während die anderen beiden unter sich hierin sehr übereinstimmen. Diese drei Arten sind der Jagd-, der Polar- und der Gierfalk.
Jm ausgefärbten Kleid können nur die beiden erstgenannten verwechselt werden; im Jugendkleide ähneln sich alle drei in so hohem Grade, daß kaum ein Naturforscher im Stande sein dürfte, sie mit Sicherheit zu bestimmen. Es muß deshalb für uns genügen, wenn ich sage, daß das Gefieder des alten Jagdfalken (Hierofalco candicans) auf reinweißem Grunde überall mit dunklen Längsflecken gezeichnet ist, während bei dem Polarfalken (Hierofalco arcticus) die dunkle Zeichnung durch Querflecke bewirkt wird. So unterscheidet die gedachten Vögel Blasius, und ich glaube, daß diese Unterscheidung als die richtige betrachtet werden kann. Dagegen dürfte es fraglich sein, ob die ver- schiedene Stellung und Gestaltung der Flecken wirklich, wie Blasius behauptet, allen Alterskleidern zugesprochen werden kann. Jm hohen Alter werden, wie es scheint, beide Falken auf der Unterseite reinweiß, und auch die dunkeln Flecken auf dem Rücken schmelzen auf sehr geringe Größe zusammen. Beide Falken sind im Alter herrliche Geschöpfe, selbstverständlich umsomehr, je weißer sie sind. Bei jungen Vögeln ist die Grundfarbe der Rückseite graubraun oder dunkelgrau, mit deutlicher hervor- tretender Längs- oder Querzeichnung; der Scheitel ist lichter oder dunkler, die Federn sind hier schwarz geschäftet; Flügel und Schwanz sind stark gebändert, und die ganze Unterseite ist auf lichtfahlem Grunde bräunlich gefleckt. Das von einem nackten grünlichgelben Ringe umgebene Auge ist braun. Der Schnabel ist bei alten Vögeln gilblichblau, dunkler an der Spitze, gelb auf der Wachshaut, der Fuß im Alter strohgelb, in der Jugend blau.
Der Gierfalk (Hierotalco Gyrfalco) hingegen ist in allen Kleidern auf seiner Oberseite dunkel gefärbt. Er ist, um es mit zwei Worten auszudrücken, ein Wanderfalk im Großen. Seine Ober- seite ist dunkelgraublau, auf dem Rücken und Mantel schwarz gebändert, auf dem Schwanze licht- graublau, dunkler gebändert, auf den Schwingen braunschwarz. Die grauliche oder gilblichweiße Unterseite ist mit dunklen Längsflecken gezeichnet, welche auf den Seiten und auf den Hosen sich in Querflecken verwandeln.
Beim jungen Vogel ist Dunkelbraun auf der Oberseite die herrschende Färbung; die Unterseite ist auf lichtem, graugilblichen Grunde mit dunklen Längsflecken gezeichnet. Nestvögel des Gierfalken sind von gleichalten Wanderfalken kaum zu unterscheiden.
Die Größenverhältnisse aller drei Jagdfalken sind fast genau dieselben; der Gierfalk scheint der kleinste zu sein. Nach meinen eigenen Messungen beträgt bei ihm die Länge des Weibchens 1 Fuß 11 Zoll, die Breite 4 Fuß, die Länge des Schwanzes 9 Zoll 3 Linien und die Länge des Fittigs 15 Zoll 6 Linien.
Man nimmt an, daß der Jagdfalk hauptsächlich auf Jsland, der Polarfalk vorzugsweise auf Grönland lebt, hat aber bereits erfahren, daß beide Arten hier wie da als Brutvögel vorkommen. Der Gierfalk hingegen lebt im Norden Skandinaviens, im nördlichen Rußland und nach Midden- dorf's Beobachtung in Sibirien. Nach meinen Erfahrungen ist er der einzige Jagdfalk, welcher in Lappland brütet. Nur ihn habe ich in Skandinavien gesehen, im Freien ebensowohl, wie in den Museen.
Noch heutigen Tages sind wir über das Freileben der Jagdfalken nicht genügend unterrichtet und deshalb nicht im Stande zu sagen, inwiefern sich die verschiedenen Arten von einander unterscheiden. Es wird deshalb nothwendig sein, das über alle Bekannte in gedrängter Kürze zusammenzustellen, um ein Bild ihres Lebens zu gewinnen.
Die Jagdfalken bewohnen in den nördlichen Ländern vorzugsweise steile Seeküsten, auf deren Felswänden sie sich ansiedeln, ohne jedoch den Wald gänzlich zu meiden. Doch kann man sie nicht in dem Grade wie andere Falken als Waldvögel bezeichnen. Am liebsten siedeln sie sich in der Nähe der Vogelberge an, da, wo während des Sommers Hunderttausende und Millionen von Seevögeln sich vereinigen, um zu brüten. Hier habe ich den Gierfalken niemals vermißt. Die jungen Vögel, d. h.
Die Fänger. Raubvögel. Falken.
annehmen darf, von denen wenigſtens zwei ſich durch die Färbung auffallend genug unterſcheiden, während die anderen beiden unter ſich hierin ſehr übereinſtimmen. Dieſe drei Arten ſind der Jagd-, der Polar- und der Gierfalk.
Jm ausgefärbten Kleid können nur die beiden erſtgenannten verwechſelt werden; im Jugendkleide ähneln ſich alle drei in ſo hohem Grade, daß kaum ein Naturforſcher im Stande ſein dürfte, ſie mit Sicherheit zu beſtimmen. Es muß deshalb für uns genügen, wenn ich ſage, daß das Gefieder des alten Jagdfalken (Hierofalco candicans) auf reinweißem Grunde überall mit dunklen Längsflecken gezeichnet iſt, während bei dem Polarfalken (Hierofalco arcticus) die dunkle Zeichnung durch Querflecke bewirkt wird. So unterſcheidet die gedachten Vögel Blaſius, und ich glaube, daß dieſe Unterſcheidung als die richtige betrachtet werden kann. Dagegen dürfte es fraglich ſein, ob die ver- ſchiedene Stellung und Geſtaltung der Flecken wirklich, wie Blaſius behauptet, allen Alterskleidern zugeſprochen werden kann. Jm hohen Alter werden, wie es ſcheint, beide Falken auf der Unterſeite reinweiß, und auch die dunkeln Flecken auf dem Rücken ſchmelzen auf ſehr geringe Größe zuſammen. Beide Falken ſind im Alter herrliche Geſchöpfe, ſelbſtverſtändlich umſomehr, je weißer ſie ſind. Bei jungen Vögeln iſt die Grundfarbe der Rückſeite graubraun oder dunkelgrau, mit deutlicher hervor- tretender Längs- oder Querzeichnung; der Scheitel iſt lichter oder dunkler, die Federn ſind hier ſchwarz geſchäftet; Flügel und Schwanz ſind ſtark gebändert, und die ganze Unterſeite iſt auf lichtfahlem Grunde bräunlich gefleckt. Das von einem nackten grünlichgelben Ringe umgebene Auge iſt braun. Der Schnabel iſt bei alten Vögeln gilblichblau, dunkler an der Spitze, gelb auf der Wachshaut, der Fuß im Alter ſtrohgelb, in der Jugend blau.
Der Gierfalk (Hierotalco Gyrfalco) hingegen iſt in allen Kleidern auf ſeiner Oberſeite dunkel gefärbt. Er iſt, um es mit zwei Worten auszudrücken, ein Wanderfalk im Großen. Seine Ober- ſeite iſt dunkelgraublau, auf dem Rücken und Mantel ſchwarz gebändert, auf dem Schwanze licht- graublau, dunkler gebändert, auf den Schwingen braunſchwarz. Die grauliche oder gilblichweiße Unterſeite iſt mit dunklen Längsflecken gezeichnet, welche auf den Seiten und auf den Hoſen ſich in Querflecken verwandeln.
Beim jungen Vogel iſt Dunkelbraun auf der Oberſeite die herrſchende Färbung; die Unterſeite iſt auf lichtem, graugilblichen Grunde mit dunklen Längsflecken gezeichnet. Neſtvögel des Gierfalken ſind von gleichalten Wanderfalken kaum zu unterſcheiden.
Die Größenverhältniſſe aller drei Jagdfalken ſind faſt genau dieſelben; der Gierfalk ſcheint der kleinſte zu ſein. Nach meinen eigenen Meſſungen beträgt bei ihm die Länge des Weibchens 1 Fuß 11 Zoll, die Breite 4 Fuß, die Länge des Schwanzes 9 Zoll 3 Linien und die Länge des Fittigs 15 Zoll 6 Linien.
Man nimmt an, daß der Jagdfalk hauptſächlich auf Jsland, der Polarfalk vorzugsweiſe auf Grönland lebt, hat aber bereits erfahren, daß beide Arten hier wie da als Brutvögel vorkommen. Der Gierfalk hingegen lebt im Norden Skandinaviens, im nördlichen Rußland und nach Midden- dorf’s Beobachtung in Sibirien. Nach meinen Erfahrungen iſt er der einzige Jagdfalk, welcher in Lappland brütet. Nur ihn habe ich in Skandinavien geſehen, im Freien ebenſowohl, wie in den Muſeen.
Noch heutigen Tages ſind wir über das Freileben der Jagdfalken nicht genügend unterrichtet und deshalb nicht im Stande zu ſagen, inwiefern ſich die verſchiedenen Arten von einander unterſcheiden. Es wird deshalb nothwendig ſein, das über alle Bekannte in gedrängter Kürze zuſammenzuſtellen, um ein Bild ihres Lebens zu gewinnen.
Die Jagdfalken bewohnen in den nördlichen Ländern vorzugsweiſe ſteile Seeküſten, auf deren Felswänden ſie ſich anſiedeln, ohne jedoch den Wald gänzlich zu meiden. Doch kann man ſie nicht in dem Grade wie andere Falken als Waldvögel bezeichnen. Am liebſten ſiedeln ſie ſich in der Nähe der Vogelberge an, da, wo während des Sommers Hunderttauſende und Millionen von Seevögeln ſich vereinigen, um zu brüten. Hier habe ich den Gierfalken niemals vermißt. Die jungen Vögel, d. h.
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[414/0442]
Die Fänger. Raubvögel. Falken.
annehmen darf, von denen wenigſtens zwei ſich durch die Färbung auffallend genug unterſcheiden,
während die anderen beiden unter ſich hierin ſehr übereinſtimmen. Dieſe drei Arten ſind der Jagd-,
der Polar- und der Gierfalk.
Jm ausgefärbten Kleid können nur die beiden erſtgenannten verwechſelt werden; im Jugendkleide
ähneln ſich alle drei in ſo hohem Grade, daß kaum ein Naturforſcher im Stande ſein dürfte, ſie mit
Sicherheit zu beſtimmen. Es muß deshalb für uns genügen, wenn ich ſage, daß das Gefieder des
alten Jagdfalken (Hierofalco candicans) auf reinweißem Grunde überall mit dunklen Längsflecken
gezeichnet iſt, während bei dem Polarfalken (Hierofalco arcticus) die dunkle Zeichnung durch
Querflecke bewirkt wird. So unterſcheidet die gedachten Vögel Blaſius, und ich glaube, daß dieſe
Unterſcheidung als die richtige betrachtet werden kann. Dagegen dürfte es fraglich ſein, ob die ver-
ſchiedene Stellung und Geſtaltung der Flecken wirklich, wie Blaſius behauptet, allen Alterskleidern
zugeſprochen werden kann. Jm hohen Alter werden, wie es ſcheint, beide Falken auf der Unterſeite
reinweiß, und auch die dunkeln Flecken auf dem Rücken ſchmelzen auf ſehr geringe Größe zuſammen.
Beide Falken ſind im Alter herrliche Geſchöpfe, ſelbſtverſtändlich umſomehr, je weißer ſie ſind. Bei
jungen Vögeln iſt die Grundfarbe der Rückſeite graubraun oder dunkelgrau, mit deutlicher hervor-
tretender Längs- oder Querzeichnung; der Scheitel iſt lichter oder dunkler, die Federn ſind hier ſchwarz
geſchäftet; Flügel und Schwanz ſind ſtark gebändert, und die ganze Unterſeite iſt auf lichtfahlem
Grunde bräunlich gefleckt. Das von einem nackten grünlichgelben Ringe umgebene Auge iſt braun.
Der Schnabel iſt bei alten Vögeln gilblichblau, dunkler an der Spitze, gelb auf der Wachshaut, der
Fuß im Alter ſtrohgelb, in der Jugend blau.
Der Gierfalk (Hierotalco Gyrfalco) hingegen iſt in allen Kleidern auf ſeiner Oberſeite dunkel
gefärbt. Er iſt, um es mit zwei Worten auszudrücken, ein Wanderfalk im Großen. Seine Ober-
ſeite iſt dunkelgraublau, auf dem Rücken und Mantel ſchwarz gebändert, auf dem Schwanze licht-
graublau, dunkler gebändert, auf den Schwingen braunſchwarz. Die grauliche oder gilblichweiße
Unterſeite iſt mit dunklen Längsflecken gezeichnet, welche auf den Seiten und auf den Hoſen ſich in
Querflecken verwandeln.
Beim jungen Vogel iſt Dunkelbraun auf der Oberſeite die herrſchende Färbung; die Unterſeite
iſt auf lichtem, graugilblichen Grunde mit dunklen Längsflecken gezeichnet. Neſtvögel des Gierfalken
ſind von gleichalten Wanderfalken kaum zu unterſcheiden.
Die Größenverhältniſſe aller drei Jagdfalken ſind faſt genau dieſelben; der Gierfalk ſcheint der
kleinſte zu ſein. Nach meinen eigenen Meſſungen beträgt bei ihm die Länge des Weibchens 1 Fuß
11 Zoll, die Breite 4 Fuß, die Länge des Schwanzes 9 Zoll 3 Linien und die Länge des Fittigs 15
Zoll 6 Linien.
Man nimmt an, daß der Jagdfalk hauptſächlich auf Jsland, der Polarfalk vorzugsweiſe auf
Grönland lebt, hat aber bereits erfahren, daß beide Arten hier wie da als Brutvögel vorkommen.
Der Gierfalk hingegen lebt im Norden Skandinaviens, im nördlichen Rußland und nach Midden-
dorf’s Beobachtung in Sibirien. Nach meinen Erfahrungen iſt er der einzige Jagdfalk, welcher in
Lappland brütet. Nur ihn habe ich in Skandinavien geſehen, im Freien ebenſowohl, wie in
den Muſeen.
Noch heutigen Tages ſind wir über das Freileben der Jagdfalken nicht genügend unterrichtet und
deshalb nicht im Stande zu ſagen, inwiefern ſich die verſchiedenen Arten von einander unterſcheiden.
Es wird deshalb nothwendig ſein, das über alle Bekannte in gedrängter Kürze zuſammenzuſtellen,
um ein Bild ihres Lebens zu gewinnen.
Die Jagdfalken bewohnen in den nördlichen Ländern vorzugsweiſe ſteile Seeküſten, auf deren
Felswänden ſie ſich anſiedeln, ohne jedoch den Wald gänzlich zu meiden. Doch kann man ſie nicht in
dem Grade wie andere Falken als Waldvögel bezeichnen. Am liebſten ſiedeln ſie ſich in der Nähe der
Vogelberge an, da, wo während des Sommers Hunderttauſende und Millionen von Seevögeln ſich
vereinigen, um zu brüten. Hier habe ich den Gierfalken niemals vermißt. Die jungen Vögel, d. h.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/442>, abgerufen am 22.11.2024.
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