schnell die Falken los, reichen ihnen zur Belohnung einen guten Fraß, und berauben den Reiher seiner schönsten Federn. Es wird ihm dann ein metallener Ring um den Fuß gelegt, auf welchem die Jahreszahl und der Ort des Fanges eingegraben ist, und darauf die Freiheit geschenkt. Manche Reiher sind öfters, oft nach langen Jahren wieder, gebaizt und so mit mehreren Ringen geziert worden. -- Soll ein Falk gut auf Hasen stoßen, wozu man sich hauptsächlich des Habichts bedient, so stopft man einen Hasenbalg gut aus, läßt den Falken mehrmals darauf seine Mahlzeit verzehren, bindet dann Fleisch daran und läßt den ausgestopften, auf Rädern stehenden Hasen von einem Manne erst langsam, dann schnell auf einem Boden hinziehen, spannt auch endlich gar ein flinkes Pferd davor, jagt mit dem Hasen fort und läßt den Falken hinterdrein. -- Zur Falkenjagd gehört eine ebne, waldlose Gegend."
"Am großartigsten ist von jeher die Falkenjagd in Mittelasien getrieben worden: "Jm März", sagt Marco Polo ums Jahr 1290, "pflegt Kublai Khan Kambalu zu verlassen; er nimmt dann eine Zahl von etwa 10,000 Falkonieren und Vogelstellern mit sich. Diese werden in Abtheilungen von 2- bis 300 Mann im Lande vertheilt, und was von ihnen erlegt wird, muß dem Khan abgeliefert werden. Für seine Person hat der Khan noch besonders 10,000 Mann, deren jeder eine Pfeife trägt. Sie bilden, wenn er jagt, einen weiten Kreis um ihn her, indem sie entfernt von einander aufgestellt sind; sie achten auf die Falken, welche der Khan fliegen läßt, fangen dieselben wieder ein und bringen sie zurück. Jeder Falk, der dem Khan oder einem Großen des Reichs gehört, hat an seinem Beine ein silbernes Täfelchen, auf welchem der Name des Eigenthümers und des Falkoniers eingegraben ist. Es ist auch ein eigner Beamter da, bei welchem diejenigen Vögel abgeliefert werden, deren Eigenthümer nicht sogleich ermittelt werden kann. Der Khan reitet während der Jagd auf einem Elephanten und hat immer zwölf der besten Falken bei sich. Zu seiner Seite reiten eine Menge Leute, welche sich immer nach Vögeln umsehn und dem Khan gleich Anzeige machen, wenn sich ein jagdbarer zeigt. Jm ganzen Umfange des Reichs wird das Haar- und Federwild Jahr aus Jahr ein sorgfältig gehegt, damit immer Ueberfluß für die Jagden des Khans vorhanden ist." Ritter Tavernier, welcher sich viele Jahre in Persien aufgehalten, erzählt (im Jahr 1681) wie folgt: "Der König von Persien hält sich über 800 Falken, wovon die einen auf wilde Schweine, wilde Esel, Antilopen, Füchse, die andren auf Kraniche, Reiher, Gänse, Feldhühner dressirt sind. Bei der Dressur auf vierfüßige Thiere nimmt man ein ausgestopftes, legt Fleisch in die Augenhöhlen und läßt den Vogel auf seinem Kopfe fressen. Jst er Dies gewohnt, so setzt man das auf vier Rädern stehende Thier in Bewegung und läßt dabei den Vogel auf dem Kopfe fressen. Endlich spannt man ein Pferd vor und jagt, so schnell man kann, während der Vogel frißt. Auf ähnliche Weise richten sie sogar Kolkraben ab." Ritter Chardin, welcher einige Zeit nach Tavernier sich ebenfalls lange in Persien aufgehalten, fügt hinzu, "daß man dem Falken, wenn er starke vierfüßige Thiere angreift und sich auf ihren Kopf setzt, mit Hunden zu Hilfe eilt, und daß man sogar im Anfang des siebenten Jahrhunderts häufig Falken dressirt hat, Menschen anzufallen und ihnen die Augen auszuhacken". Daß man auch in neuer Zeit die Falkenjagd in Persien noch nicht aufgegeben hat, erfährt man aus John Malkolm's 1827 erschienenen Skizzen von Persien. "Man jagt", so erzählt er, "zu Pferd, mit Falken und Wind- hunden. Jst eine Antilope aufgetrieben, so flieht sie mit der Schnelle des Windes. Man läßt Hunde und Falken los. Die letzteren fliegen nahe am Boden hin, erreichen das Wild bald, stoßen gegen dessen Kopf, halten es auf, die Hunde kommen indessen herbei und packen es. Auf alte männliche Antilopen läßt man die Falken nicht los, weil sich die schönen Vögel leicht an den Hörnern derselben spießen." Malkolm wohnte auch der Jagd auf den Hubaratrappen bei und erzählt, daß sich dieser Vogel zuweilen so kräftig mit Schnabel und Flügeln zur Wehr setzt, daß er die Falken in die Flucht schlägt. Jn neuester Zeit hat in Asien C. v. Hügel zwischen Lahore und Kaschmir den Raja von Bajauri mit Falken Rebhühner jagen sehn. Murawiew fand im Jahr 1820 in Chiwa überall abgerichtete Falken; sie wurden auch auf wilde Ziegen losgelassen. Erman fand 1828 bei den Baschkiren und Kirgisen zur Hafenjagd abgerichtete Falken und auf Füchse und Wölfe abgerichtete
Die Fänger. Raubvögel. Falken.
ſchnell die Falken los, reichen ihnen zur Belohnung einen guten Fraß, und berauben den Reiher ſeiner ſchönſten Federn. Es wird ihm dann ein metallener Ring um den Fuß gelegt, auf welchem die Jahreszahl und der Ort des Fanges eingegraben iſt, und darauf die Freiheit geſchenkt. Manche Reiher ſind öfters, oft nach langen Jahren wieder, gebaizt und ſo mit mehreren Ringen geziert worden. — Soll ein Falk gut auf Haſen ſtoßen, wozu man ſich hauptſächlich des Habichts bedient, ſo ſtopft man einen Haſenbalg gut aus, läßt den Falken mehrmals darauf ſeine Mahlzeit verzehren, bindet dann Fleiſch daran und läßt den ausgeſtopften, auf Rädern ſtehenden Haſen von einem Manne erſt langſam, dann ſchnell auf einem Boden hinziehen, ſpannt auch endlich gar ein flinkes Pferd davor, jagt mit dem Haſen fort und läßt den Falken hinterdrein. — Zur Falkenjagd gehört eine ebne, waldloſe Gegend.‟
„Am großartigſten iſt von jeher die Falkenjagd in Mittelaſien getrieben worden: „Jm März‟, ſagt Marco Polo ums Jahr 1290, „pflegt Kublaï Khan Kambalu zu verlaſſen; er nimmt dann eine Zahl von etwa 10,000 Falkonieren und Vogelſtellern mit ſich. Dieſe werden in Abtheilungen von 2- bis 300 Mann im Lande vertheilt, und was von ihnen erlegt wird, muß dem Khan abgeliefert werden. Für ſeine Perſon hat der Khan noch beſonders 10,000 Mann, deren jeder eine Pfeife trägt. Sie bilden, wenn er jagt, einen weiten Kreis um ihn her, indem ſie entfernt von einander aufgeſtellt ſind; ſie achten auf die Falken, welche der Khan fliegen läßt, fangen dieſelben wieder ein und bringen ſie zurück. Jeder Falk, der dem Khan oder einem Großen des Reichs gehört, hat an ſeinem Beine ein ſilbernes Täfelchen, auf welchem der Name des Eigenthümers und des Falkoniers eingegraben iſt. Es iſt auch ein eigner Beamter da, bei welchem diejenigen Vögel abgeliefert werden, deren Eigenthümer nicht ſogleich ermittelt werden kann. Der Khan reitet während der Jagd auf einem Elephanten und hat immer zwölf der beſten Falken bei ſich. Zu ſeiner Seite reiten eine Menge Leute, welche ſich immer nach Vögeln umſehn und dem Khan gleich Anzeige machen, wenn ſich ein jagdbarer zeigt. Jm ganzen Umfange des Reichs wird das Haar- und Federwild Jahr aus Jahr ein ſorgfältig gehegt, damit immer Ueberfluß für die Jagden des Khans vorhanden iſt.‟ Ritter Tavernier, welcher ſich viele Jahre in Perſien aufgehalten, erzählt (im Jahr 1681) wie folgt: „Der König von Perſien hält ſich über 800 Falken, wovon die einen auf wilde Schweine, wilde Eſel, Antilopen, Füchſe, die andren auf Kraniche, Reiher, Gänſe, Feldhühner dreſſirt ſind. Bei der Dreſſur auf vierfüßige Thiere nimmt man ein ausgeſtopftes, legt Fleiſch in die Augenhöhlen und läßt den Vogel auf ſeinem Kopfe freſſen. Jſt er Dies gewohnt, ſo ſetzt man das auf vier Rädern ſtehende Thier in Bewegung und läßt dabei den Vogel auf dem Kopfe freſſen. Endlich ſpannt man ein Pferd vor und jagt, ſo ſchnell man kann, während der Vogel frißt. Auf ähnliche Weiſe richten ſie ſogar Kolkraben ab.‟ Ritter Chardin, welcher einige Zeit nach Tavernier ſich ebenfalls lange in Perſien aufgehalten, fügt hinzu, „daß man dem Falken, wenn er ſtarke vierfüßige Thiere angreift und ſich auf ihren Kopf ſetzt, mit Hunden zu Hilfe eilt, und daß man ſogar im Anfang des ſiebenten Jahrhunderts häufig Falken dreſſirt hat, Menſchen anzufallen und ihnen die Augen auszuhacken‟. Daß man auch in neuer Zeit die Falkenjagd in Perſien noch nicht aufgegeben hat, erfährt man aus John Malkolm’s 1827 erſchienenen Skizzen von Perſien. „Man jagt‟, ſo erzählt er, „zu Pferd, mit Falken und Wind- hunden. Jſt eine Antilope aufgetrieben, ſo flieht ſie mit der Schnelle des Windes. Man läßt Hunde und Falken los. Die letzteren fliegen nahe am Boden hin, erreichen das Wild bald, ſtoßen gegen deſſen Kopf, halten es auf, die Hunde kommen indeſſen herbei und packen es. Auf alte männliche Antilopen läßt man die Falken nicht los, weil ſich die ſchönen Vögel leicht an den Hörnern derſelben ſpießen.‟ Malkolm wohnte auch der Jagd auf den Hubaratrappen bei und erzählt, daß ſich dieſer Vogel zuweilen ſo kräftig mit Schnabel und Flügeln zur Wehr ſetzt, daß er die Falken in die Flucht ſchlägt. Jn neueſter Zeit hat in Aſien C. v. Hügel zwiſchen Lahore und Kaſchmir den Raja von Bajauri mit Falken Rebhühner jagen ſehn. Murawiew fand im Jahr 1820 in Chiwa überall abgerichtete Falken; ſie wurden auch auf wilde Ziegen losgelaſſen. Erman fand 1828 bei den Baſchkiren und Kirgiſen zur Hafenjagd abgerichtete Falken und auf Füchſe und Wölfe abgerichtete
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Die Fänger. Raubvögel. Falken.
ſchnell die Falken los, reichen ihnen zur Belohnung einen guten Fraß, und berauben den Reiher ſeiner
ſchönſten Federn. Es wird ihm dann ein metallener Ring um den Fuß gelegt, auf welchem die
Jahreszahl und der Ort des Fanges eingegraben iſt, und darauf die Freiheit geſchenkt. Manche
Reiher ſind öfters, oft nach langen Jahren wieder, gebaizt und ſo mit mehreren Ringen geziert
worden. — Soll ein Falk gut auf Haſen ſtoßen, wozu man ſich hauptſächlich des Habichts bedient, ſo
ſtopft man einen Haſenbalg gut aus, läßt den Falken mehrmals darauf ſeine Mahlzeit verzehren,
bindet dann Fleiſch daran und läßt den ausgeſtopften, auf Rädern ſtehenden Haſen von einem Manne
erſt langſam, dann ſchnell auf einem Boden hinziehen, ſpannt auch endlich gar ein flinkes Pferd davor,
jagt mit dem Haſen fort und läßt den Falken hinterdrein. — Zur Falkenjagd gehört eine ebne,
waldloſe Gegend.‟
„Am großartigſten iſt von jeher die Falkenjagd in Mittelaſien getrieben worden: „Jm März‟,
ſagt Marco Polo ums Jahr 1290, „pflegt Kublaï Khan Kambalu zu verlaſſen; er nimmt dann eine
Zahl von etwa 10,000 Falkonieren und Vogelſtellern mit ſich. Dieſe werden in Abtheilungen von
2- bis 300 Mann im Lande vertheilt, und was von ihnen erlegt wird, muß dem Khan abgeliefert
werden. Für ſeine Perſon hat der Khan noch beſonders 10,000 Mann, deren jeder eine Pfeife trägt.
Sie bilden, wenn er jagt, einen weiten Kreis um ihn her, indem ſie entfernt von einander aufgeſtellt
ſind; ſie achten auf die Falken, welche der Khan fliegen läßt, fangen dieſelben wieder ein und bringen
ſie zurück. Jeder Falk, der dem Khan oder einem Großen des Reichs gehört, hat an ſeinem Beine
ein ſilbernes Täfelchen, auf welchem der Name des Eigenthümers und des Falkoniers eingegraben iſt.
Es iſt auch ein eigner Beamter da, bei welchem diejenigen Vögel abgeliefert werden, deren Eigenthümer
nicht ſogleich ermittelt werden kann. Der Khan reitet während der Jagd auf einem Elephanten und
hat immer zwölf der beſten Falken bei ſich. Zu ſeiner Seite reiten eine Menge Leute, welche ſich
immer nach Vögeln umſehn und dem Khan gleich Anzeige machen, wenn ſich ein jagdbarer zeigt. Jm
ganzen Umfange des Reichs wird das Haar- und Federwild Jahr aus Jahr ein ſorgfältig gehegt,
damit immer Ueberfluß für die Jagden des Khans vorhanden iſt.‟ Ritter Tavernier, welcher
ſich viele Jahre in Perſien aufgehalten, erzählt (im Jahr 1681) wie folgt: „Der König von
Perſien hält ſich über 800 Falken, wovon die einen auf wilde Schweine, wilde Eſel, Antilopen, Füchſe,
die andren auf Kraniche, Reiher, Gänſe, Feldhühner dreſſirt ſind. Bei der Dreſſur auf vierfüßige
Thiere nimmt man ein ausgeſtopftes, legt Fleiſch in die Augenhöhlen und läßt den Vogel auf ſeinem
Kopfe freſſen. Jſt er Dies gewohnt, ſo ſetzt man das auf vier Rädern ſtehende Thier in Bewegung
und läßt dabei den Vogel auf dem Kopfe freſſen. Endlich ſpannt man ein Pferd vor und jagt, ſo
ſchnell man kann, während der Vogel frißt. Auf ähnliche Weiſe richten ſie ſogar Kolkraben ab.‟
Ritter Chardin, welcher einige Zeit nach Tavernier ſich ebenfalls lange in Perſien aufgehalten, fügt
hinzu, „daß man dem Falken, wenn er ſtarke vierfüßige Thiere angreift und ſich auf ihren Kopf ſetzt,
mit Hunden zu Hilfe eilt, und daß man ſogar im Anfang des ſiebenten Jahrhunderts häufig Falken
dreſſirt hat, Menſchen anzufallen und ihnen die Augen auszuhacken‟. Daß man auch in neuer
Zeit die Falkenjagd in Perſien noch nicht aufgegeben hat, erfährt man aus John Malkolm’s 1827
erſchienenen Skizzen von Perſien. „Man jagt‟, ſo erzählt er, „zu Pferd, mit Falken und Wind-
hunden. Jſt eine Antilope aufgetrieben, ſo flieht ſie mit der Schnelle des Windes. Man läßt Hunde
und Falken los. Die letzteren fliegen nahe am Boden hin, erreichen das Wild bald, ſtoßen gegen
deſſen Kopf, halten es auf, die Hunde kommen indeſſen herbei und packen es. Auf alte männliche
Antilopen läßt man die Falken nicht los, weil ſich die ſchönen Vögel leicht an den Hörnern derſelben
ſpießen.‟ Malkolm wohnte auch der Jagd auf den Hubaratrappen bei und erzählt, daß ſich dieſer
Vogel zuweilen ſo kräftig mit Schnabel und Flügeln zur Wehr ſetzt, daß er die Falken in die Flucht
ſchlägt. Jn neueſter Zeit hat in Aſien C. v. Hügel zwiſchen Lahore und Kaſchmir den Raja von
Bajauri mit Falken Rebhühner jagen ſehn. Murawiew fand im Jahr 1820 in Chiwa überall
abgerichtete Falken; ſie wurden auch auf wilde Ziegen losgelaſſen. Erman fand 1828 bei den
Baſchkiren und Kirgiſen zur Hafenjagd abgerichtete Falken und auf Füchſe und Wölfe abgerichtete
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/440>, abgerufen am 22.11.2024.
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