"Jch darf versichern, daß ich mir alle Mühe gegeben habe, diejenigen, welche lebend in meine Hände kamen, zu erhalten. Mit meinen eigenen Händen habe ich ihnen einen Käfig gebaut, in welchem sie sich frei bewegen konnten, und jede Art von Futter, welche ich ihnen verschaffen konnte, habe ich ihnen gegeben; die gewohnten Früchte aber, welche auf hohen Bäumen wuchsen, konnte ich nicht immer in genügender Güte verschaffen. Die Gefangenen fraßen zwar bald Reis und Heuschrecken mit großer Begierde, und ich war dann in guter Hoffnung; am zweiten oder dritten Tage aber bekamen sie Krämpfe, fielen von ihren Stangen und waren todt. Jch erhielt nach einander sieben oder acht Stück, anscheinend in bester Gesundheit; das Ergebniß war immer dasselbe. Junge Vögel, welche sich wahr- scheinlich leichter gewöhnt haben würden, konnte ich leider nicht erhalten."
Wenn ich nicht irre, ist Wallace später übrigens glücklicher gewesen; denn so viel mir bekannt ist, war er es, welcher zuerst zwei lebende Paradiesvögel nach Europa brachte. Auf Amboina, Mang- kassar, in Batavia, Singapore und Manila hat man den Tsiankar schon wiederholt in der Gefangen- schaft gehalten. Ein vor wenig Jahren nach Amboina gebrachter Paradiesvogel entfloh dort aus dem Käfig; was aus ihm geworden ist, weiß man aber nicht. Ein chinesischer Kaufmann in Amboina bot Lesson zwei Paradiesvögel an, welche bereits ein halbes Jahr im Käfig gelebt hatten und mit gekoch- tem Reis gefüttert wurden. Der gute Mann forderte aber 500 Franken für das Stück, und diese Summe konnte der Naturforscher damals nicht erschwingen. Nach Rosenberg's Angabe soll der Statthalter von niederländisch Jndien, Baron Sloot van der Beele, für zwei erwachsene Männchen die Summe von 150,000 (?) Gulden bezahlt haben. Rosenberg selbst brachte diese Vögel von Mang- kasser nach Java. Bennett beobachtete einen andern gefangenen Tsiankar in China, welcher neun Jahre im Käfig verlebt hatte. Die Möglichkeit, Paradiesvögel gefangen zu halten, ist also genügend erwiesen.
Ueber das Betragen der Gefangenen berichten Bennett und Wallace sehr ausführlich. Aus Bennett's Bericht erfahren wir im wesentlichen Folgendes: Der Paradiesvogel bewegt sich in einer leichten, spielenden und anmuthigen Weise. Er blickt schelmisch und herausfordernd um sich und bewegt sich tänzelnd, wenn ein Besucher sich seinem Käfig nähert; denn er ist entschieden gefallsüchtig und scheint bewundert werden zu wollen. Er badet sich täglich zweimal und erhebt dann oft seine Federn bis über den Kopf. Auf seinem Gefieder duldet er nicht den geringsten Schmuz, und oft breitet er Flügel und Schwanz aus, in der Absicht, das Prachtkleid zu überschauen. Es ist wahrscheinlich, daß er sich nur aus Eitelkeit, um sein Gefieder zu schonen, so selten auf den Boden herabläßt. Nament- lich am Morgen versucht er, seine volle Pracht zu entfalten; er ist dann beschäftigt, sein Gefieder in Ordnung zu bringen. Die schönen Seitenfedern werden ausgebreitet und sanft durch den Schnabel gezogen, die kurzen Flügel so weit als möglich entfaltet und zitternd bewegt. Dann erhebt er wohl auch die prächtigen langen Federn, die wie Flaum in der Luft zu schweben scheinen, über den Rücken, brei- tet sie aber ebenfalls dabei aus. Dieses Gebahren währt einige Zeit; dann bewegt er sich mit raschen Sprüngen und Wendungen auf und nieder. Eitelkeit und Entzücken über die eigene Schönheit drücken sich während dem in unverkennbarer Weise durch sein ganzes Benehmen aus. Er betrachtet sich abwechselnd von oben und unten und gibt seinen Gefühlen oft durch Töne Ausdruck, welche frei- lich nur krächzend sind. Nach jeder einzelnen Prachtentfaltung erscheint ihm eine Ordnung des Gefieders nothwendig. Er läßt sich diese Arbeit aber nicht verdrießen und spreizt sich immer und immer wieder von neuem, wie ein eitles Frauenzimmer. Erst die sich einstellende Freßlust läßt ihn seine Gefallsucht vergessen. Die Sonnenstrahlen scheinen ihm sehr unangenehm zu sein, und er sucht sich deshalb denselben zu entziehen, so viel er kann.
Ein Chinese malte Bennett's Gefangenen. Als diesem das Bild vorgehalten wurde, erkannte er es sofort. Er nahte sich rasch, begrüßte den vermeintlichen Gefährten mit krächzenden Tönen, betastete aber das Bild doch nur vorsichtig, sprang hierauf nach seiner Sitzstange zurück und klappte den Schnabel wiederholt rasch zusammen. Dies schien ein Zeichen der Begrüßung zu sein. Nach diesem Versuche hielt man ihm einen Spiegel vor. Sein Benehmen war fast dasselbe, wie früher. Er
Die Knacker. Rabenvögel. Paradiesvögel.
„Jch darf verſichern, daß ich mir alle Mühe gegeben habe, diejenigen, welche lebend in meine Hände kamen, zu erhalten. Mit meinen eigenen Händen habe ich ihnen einen Käfig gebaut, in welchem ſie ſich frei bewegen konnten, und jede Art von Futter, welche ich ihnen verſchaffen konnte, habe ich ihnen gegeben; die gewohnten Früchte aber, welche auf hohen Bäumen wuchſen, konnte ich nicht immer in genügender Güte verſchaffen. Die Gefangenen fraßen zwar bald Reis und Heuſchrecken mit großer Begierde, und ich war dann in guter Hoffnung; am zweiten oder dritten Tage aber bekamen ſie Krämpfe, fielen von ihren Stangen und waren todt. Jch erhielt nach einander ſieben oder acht Stück, anſcheinend in beſter Geſundheit; das Ergebniß war immer daſſelbe. Junge Vögel, welche ſich wahr- ſcheinlich leichter gewöhnt haben würden, konnte ich leider nicht erhalten.‟
Wenn ich nicht irre, iſt Wallace ſpäter übrigens glücklicher geweſen; denn ſo viel mir bekannt iſt, war er es, welcher zuerſt zwei lebende Paradiesvögel nach Europa brachte. Auf Amboina, Mang- kaſſar, in Batavia, Singapore und Manila hat man den Tſiankar ſchon wiederholt in der Gefangen- ſchaft gehalten. Ein vor wenig Jahren nach Amboina gebrachter Paradiesvogel entfloh dort aus dem Käfig; was aus ihm geworden iſt, weiß man aber nicht. Ein chineſiſcher Kaufmann in Amboina bot Leſſon zwei Paradiesvögel an, welche bereits ein halbes Jahr im Käfig gelebt hatten und mit gekoch- tem Reis gefüttert wurden. Der gute Mann forderte aber 500 Franken für das Stück, und dieſe Summe konnte der Naturforſcher damals nicht erſchwingen. Nach Roſenberg’s Angabe ſoll der Statthalter von niederländiſch Jndien, Baron Sloot van der Beele, für zwei erwachſene Männchen die Summe von 150,000 (?) Gulden bezahlt haben. Roſenberg ſelbſt brachte dieſe Vögel von Mang- kaſſer nach Java. Bennett beobachtete einen andern gefangenen Tſiankar in China, welcher neun Jahre im Käfig verlebt hatte. Die Möglichkeit, Paradiesvögel gefangen zu halten, iſt alſo genügend erwieſen.
Ueber das Betragen der Gefangenen berichten Bennett und Wallace ſehr ausführlich. Aus Bennett’s Bericht erfahren wir im weſentlichen Folgendes: Der Paradiesvogel bewegt ſich in einer leichten, ſpielenden und anmuthigen Weiſe. Er blickt ſchelmiſch und herausfordernd um ſich und bewegt ſich tänzelnd, wenn ein Beſucher ſich ſeinem Käfig nähert; denn er iſt entſchieden gefallſüchtig und ſcheint bewundert werden zu wollen. Er badet ſich täglich zweimal und erhebt dann oft ſeine Federn bis über den Kopf. Auf ſeinem Gefieder duldet er nicht den geringſten Schmuz, und oft breitet er Flügel und Schwanz aus, in der Abſicht, das Prachtkleid zu überſchauen. Es iſt wahrſcheinlich, daß er ſich nur aus Eitelkeit, um ſein Gefieder zu ſchonen, ſo ſelten auf den Boden herabläßt. Nament- lich am Morgen verſucht er, ſeine volle Pracht zu entfalten; er iſt dann beſchäftigt, ſein Gefieder in Ordnung zu bringen. Die ſchönen Seitenfedern werden ausgebreitet und ſanft durch den Schnabel gezogen, die kurzen Flügel ſo weit als möglich entfaltet und zitternd bewegt. Dann erhebt er wohl auch die prächtigen langen Federn, die wie Flaum in der Luft zu ſchweben ſcheinen, über den Rücken, brei- tet ſie aber ebenfalls dabei aus. Dieſes Gebahren währt einige Zeit; dann bewegt er ſich mit raſchen Sprüngen und Wendungen auf und nieder. Eitelkeit und Entzücken über die eigene Schönheit drücken ſich während dem in unverkennbarer Weiſe durch ſein ganzes Benehmen aus. Er betrachtet ſich abwechſelnd von oben und unten und gibt ſeinen Gefühlen oft durch Töne Ausdruck, welche frei- lich nur krächzend ſind. Nach jeder einzelnen Prachtentfaltung erſcheint ihm eine Ordnung des Gefieders nothwendig. Er läßt ſich dieſe Arbeit aber nicht verdrießen und ſpreizt ſich immer und immer wieder von neuem, wie ein eitles Frauenzimmer. Erſt die ſich einſtellende Freßluſt läßt ihn ſeine Gefallſucht vergeſſen. Die Sonnenſtrahlen ſcheinen ihm ſehr unangenehm zu ſein, und er ſucht ſich deshalb denſelben zu entziehen, ſo viel er kann.
Ein Chineſe malte Bennett’s Gefangenen. Als dieſem das Bild vorgehalten wurde, erkannte er es ſofort. Er nahte ſich raſch, begrüßte den vermeintlichen Gefährten mit krächzenden Tönen, betaſtete aber das Bild doch nur vorſichtig, ſprang hierauf nach ſeiner Sitzſtange zurück und klappte den Schnabel wiederholt raſch zuſammen. Dies ſchien ein Zeichen der Begrüßung zu ſein. Nach dieſem Verſuche hielt man ihm einen Spiegel vor. Sein Benehmen war faſt daſſelbe, wie früher. Er
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Die Knacker. Rabenvögel. Paradiesvögel.
„Jch darf verſichern, daß ich mir alle Mühe gegeben habe, diejenigen, welche lebend in meine
Hände kamen, zu erhalten. Mit meinen eigenen Händen habe ich ihnen einen Käfig gebaut, in welchem
ſie ſich frei bewegen konnten, und jede Art von Futter, welche ich ihnen verſchaffen konnte, habe ich ihnen
gegeben; die gewohnten Früchte aber, welche auf hohen Bäumen wuchſen, konnte ich nicht immer in
genügender Güte verſchaffen. Die Gefangenen fraßen zwar bald Reis und Heuſchrecken mit großer
Begierde, und ich war dann in guter Hoffnung; am zweiten oder dritten Tage aber bekamen ſie
Krämpfe, fielen von ihren Stangen und waren todt. Jch erhielt nach einander ſieben oder acht Stück,
anſcheinend in beſter Geſundheit; das Ergebniß war immer daſſelbe. Junge Vögel, welche ſich wahr-
ſcheinlich leichter gewöhnt haben würden, konnte ich leider nicht erhalten.‟
Wenn ich nicht irre, iſt Wallace ſpäter übrigens glücklicher geweſen; denn ſo viel mir bekannt
iſt, war er es, welcher zuerſt zwei lebende Paradiesvögel nach Europa brachte. Auf Amboina, Mang-
kaſſar, in Batavia, Singapore und Manila hat man den Tſiankar ſchon wiederholt in der Gefangen-
ſchaft gehalten. Ein vor wenig Jahren nach Amboina gebrachter Paradiesvogel entfloh dort aus dem
Käfig; was aus ihm geworden iſt, weiß man aber nicht. Ein chineſiſcher Kaufmann in Amboina bot
Leſſon zwei Paradiesvögel an, welche bereits ein halbes Jahr im Käfig gelebt hatten und mit gekoch-
tem Reis gefüttert wurden. Der gute Mann forderte aber 500 Franken für das Stück, und dieſe
Summe konnte der Naturforſcher damals nicht erſchwingen. Nach Roſenberg’s Angabe ſoll der
Statthalter von niederländiſch Jndien, Baron Sloot van der Beele, für zwei erwachſene Männchen die
Summe von 150,000 (?) Gulden bezahlt haben. Roſenberg ſelbſt brachte dieſe Vögel von Mang-
kaſſer nach Java. Bennett beobachtete einen andern gefangenen Tſiankar in China, welcher neun
Jahre im Käfig verlebt hatte. Die Möglichkeit, Paradiesvögel gefangen zu halten, iſt alſo genügend
erwieſen.
Ueber das Betragen der Gefangenen berichten Bennett und Wallace ſehr ausführlich. Aus
Bennett’s Bericht erfahren wir im weſentlichen Folgendes: Der Paradiesvogel bewegt ſich in einer
leichten, ſpielenden und anmuthigen Weiſe. Er blickt ſchelmiſch und herausfordernd um ſich und bewegt
ſich tänzelnd, wenn ein Beſucher ſich ſeinem Käfig nähert; denn er iſt entſchieden gefallſüchtig und
ſcheint bewundert werden zu wollen. Er badet ſich täglich zweimal und erhebt dann oft ſeine Federn
bis über den Kopf. Auf ſeinem Gefieder duldet er nicht den geringſten Schmuz, und oft breitet er
Flügel und Schwanz aus, in der Abſicht, das Prachtkleid zu überſchauen. Es iſt wahrſcheinlich, daß
er ſich nur aus Eitelkeit, um ſein Gefieder zu ſchonen, ſo ſelten auf den Boden herabläßt. Nament-
lich am Morgen verſucht er, ſeine volle Pracht zu entfalten; er iſt dann beſchäftigt, ſein Gefieder in
Ordnung zu bringen. Die ſchönen Seitenfedern werden ausgebreitet und ſanft durch den Schnabel
gezogen, die kurzen Flügel ſo weit als möglich entfaltet und zitternd bewegt. Dann erhebt er wohl auch
die prächtigen langen Federn, die wie Flaum in der Luft zu ſchweben ſcheinen, über den Rücken, brei-
tet ſie aber ebenfalls dabei aus. Dieſes Gebahren währt einige Zeit; dann bewegt er ſich mit raſchen
Sprüngen und Wendungen auf und nieder. Eitelkeit und Entzücken über die eigene Schönheit
drücken ſich während dem in unverkennbarer Weiſe durch ſein ganzes Benehmen aus. Er betrachtet
ſich abwechſelnd von oben und unten und gibt ſeinen Gefühlen oft durch Töne Ausdruck, welche frei-
lich nur krächzend ſind. Nach jeder einzelnen Prachtentfaltung erſcheint ihm eine Ordnung des
Gefieders nothwendig. Er läßt ſich dieſe Arbeit aber nicht verdrießen und ſpreizt ſich immer und
immer wieder von neuem, wie ein eitles Frauenzimmer. Erſt die ſich einſtellende Freßluſt läßt ihn
ſeine Gefallſucht vergeſſen. Die Sonnenſtrahlen ſcheinen ihm ſehr unangenehm zu ſein, und er ſucht
ſich deshalb denſelben zu entziehen, ſo viel er kann.
Ein Chineſe malte Bennett’s Gefangenen. Als dieſem das Bild vorgehalten wurde, erkannte
er es ſofort. Er nahte ſich raſch, begrüßte den vermeintlichen Gefährten mit krächzenden Tönen,
betaſtete aber das Bild doch nur vorſichtig, ſprang hierauf nach ſeiner Sitzſtange zurück und klappte
den Schnabel wiederholt raſch zuſammen. Dies ſchien ein Zeichen der Begrüßung zu ſein. Nach
dieſem Verſuche hielt man ihm einen Spiegel vor. Sein Benehmen war faſt daſſelbe, wie früher. Er
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/352>, abgerufen am 23.11.2024.
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