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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Gefangenleben. Verbreitung.
schaft zusammen, und Störungen dieses Verhältnisses kommen nicht vor. Die kleineren Arten haben
alle Bruträume in Beschlag genommen, einzelne sofort sich gepaart und mehrere Paare Eier gelegt.

Jn dieser Weise gedenke ich später die Papageien des hamburger Thiergartens zur Schau zu stel-
len. Bisher wurden sie auch in diesen Anstalten, welche für die Hebung der Thierpflege außer-
ordentlich genützt haben, arg vernachlässigt. Man setzte sie, wie in den Thierschaubuden, angekettet
auf Holzgestelle oder stellte sie reihenweise in Käfigen neben einander. Es war und ist noch für die
Besucher eines zahlreich bevölkerten Papageienhauses mit wirklicher Qual der Gehörwerkzeuge verbun-
den, in solchem Hause längere Zeit zu verweilen. Papageien, welche gewöhnt sind, ihres Gleichen
und andere Vögel in einer gewissen Ordnung zu sehen, erheben, sobald diese Ordnung gestört wird,
ein Zetergeschrei. Sie zeigen dem Wärter ganz unfehlbar jedes von dem alltäglich Gewohnten abwei-
chende Ereigniß durch furchtbares Schreien an, und unterstützen dieses noch besonders durch lebhafte
Geberden, durch Schlagen mit den Flügeln, schnelles, wiederholtes Verneigen des Kopfes und der-
gleichen Zeichen ihrer Erregtheit. Genau ebenso benehmen sie sich, wenn ein ihnen auffallender
Mensch in ihren Wohnraum tritt, und wenn ein Mal Einer zu schreien begann, stimmen die Andern
gewiß sofort mit ein. Dann ist es in ihrer Gesellschaft wirklich kaum zum Aushalten, und alle die
Einwendungen, welche gegen das Gefangenhalten von Papageien gäng und gäbe sind, werden laut.
So kommt es, daß die Papageienhäuser in den Thiergärten beinahe gemieden werden, während die
Vögel doch, wie wir sahen und noch sehen werden, insgesammt einer regen Theilnahme wohl
würdig sind.



Die Eintheilung der Sittiche hat ihre besonderen Schwierigkeiten ebensowohl wegen der großen
Anzahl der bekannten Arten, als auch wegen der überraschenden Uebereinstimmung aller wesentlichen
Merkmale sämmtlicher Mitglieder der Ordnung. Scharfe Grenzen zwischen den verschiedenen Familien
sind kaum zu ziehen, obwohl sich das bezeichnende Gepräge der einen anderen gegenüber nicht verkennen
läßt. Meiner Ansicht nach erleichtert es die Uebersicht, wenn man drei größere Gruppen oder Zünfte
annimmt: die Kurzschwänze oder Papageien im engeren Sinne, die Kakadus und die
Langschwänze oder eigentlichen Sittiche. Jede dieser Zünfte kann in engere Abtheilungen zerfällt
werden, welche man als Familien betrachten darf, weil jede einzelne derselben wieder mehrere Sippen
umfaßt. Eine derartige Eintheilung wird nachstehend befolgt werden.

Die kurzschwänzigen Papageien sind Vögel von sehr übereinstimmendem Gepräge, aber sehr ver-
schiedener Größe. Einzelne Arten kommen etwa einer Krähe, die meisten einer Taube, die
kleineren einem Finken an Größe gleich; das kleinste aller hierher zu zählenden Mitglieder, der
kleinste Papagei überhaupt, ist zeisig groß. Der Leib ist gedrungen und erscheint wegen des kurzen
Schwanzes plump; der Kopf ist groß, der Schnabel kräftig, jedoch nicht unförmlich, der Fuß stark,
mittelhoch und langzehig; die Flügel erreichen fast das Schwanzende; der Schwanz ist keineswegs
gleichartig gestaltet, jedoch immer kurz und nicht stufig; seine Federn sind bald breit und gerund[et]
bald schmäler und spitz. Ausnahmsweise verlängern sich die beiden mittleren Steuerfedern in unge-
wöhnlicher Weise. Mit der Breite der Schwanzfedern scheint das übrige Gefieder in gewissem Ein-
klange zu stehen: die einzelnen Federn sind kurz, breit, schuppenförmig; ihre Anzahl ist beträchtlicher,
als bei anderen Zünften. Eine Familie zeichnet sich übrigens durch lockeres Gefieder aus; die Federn
sind hier weitstrahlig, fast zerschlissen. Schopfartige Verlängerung einiger Hauptfedern gehört eben-
falls zu den Ausnahmen; in der Negel ist das ganze Federkleid sehr gleichmäßig entwickelt. Die grüne
Färbung tritt auch bei den kurzschwänzigen Papageien vorwaltend auf; doch kommt auch brennendes
Roth, Blau, Gelb oder Grau, Braun, Grauschwarz zur Geltung.

Die Zunft ist über alle warmen Erdtheile verbreitet und namentlich in Afrika und Jndien zahl-
reich vertreten. Letztgenanntem Lande und den benachbarten Jnseln des großen Weltmeeres gehört
die eine Familie ausschließlich an.

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Gefangenleben. Verbreitung.
ſchaft zuſammen, und Störungen dieſes Verhältniſſes kommen nicht vor. Die kleineren Arten haben
alle Bruträume in Beſchlag genommen, einzelne ſofort ſich gepaart und mehrere Paare Eier gelegt.

Jn dieſer Weiſe gedenke ich ſpäter die Papageien des hamburger Thiergartens zur Schau zu ſtel-
len. Bisher wurden ſie auch in dieſen Anſtalten, welche für die Hebung der Thierpflege außer-
ordentlich genützt haben, arg vernachläſſigt. Man ſetzte ſie, wie in den Thierſchaubuden, angekettet
auf Holzgeſtelle oder ſtellte ſie reihenweiſe in Käfigen neben einander. Es war und iſt noch für die
Beſucher eines zahlreich bevölkerten Papageienhauſes mit wirklicher Qual der Gehörwerkzeuge verbun-
den, in ſolchem Hauſe längere Zeit zu verweilen. Papageien, welche gewöhnt ſind, ihres Gleichen
und andere Vögel in einer gewiſſen Ordnung zu ſehen, erheben, ſobald dieſe Ordnung geſtört wird,
ein Zetergeſchrei. Sie zeigen dem Wärter ganz unfehlbar jedes von dem alltäglich Gewohnten abwei-
chende Ereigniß durch furchtbares Schreien an, und unterſtützen dieſes noch beſonders durch lebhafte
Geberden, durch Schlagen mit den Flügeln, ſchnelles, wiederholtes Verneigen des Kopfes und der-
gleichen Zeichen ihrer Erregtheit. Genau ebenſo benehmen ſie ſich, wenn ein ihnen auffallender
Menſch in ihren Wohnraum tritt, und wenn ein Mal Einer zu ſchreien begann, ſtimmen die Andern
gewiß ſofort mit ein. Dann iſt es in ihrer Geſellſchaft wirklich kaum zum Aushalten, und alle die
Einwendungen, welche gegen das Gefangenhalten von Papageien gäng und gäbe ſind, werden laut.
So kommt es, daß die Papageienhäuſer in den Thiergärten beinahe gemieden werden, während die
Vögel doch, wie wir ſahen und noch ſehen werden, insgeſammt einer regen Theilnahme wohl
würdig ſind.



Die Eintheilung der Sittiche hat ihre beſonderen Schwierigkeiten ebenſowohl wegen der großen
Anzahl der bekannten Arten, als auch wegen der überraſchenden Uebereinſtimmung aller weſentlichen
Merkmale ſämmtlicher Mitglieder der Ordnung. Scharfe Grenzen zwiſchen den verſchiedenen Familien
ſind kaum zu ziehen, obwohl ſich das bezeichnende Gepräge der einen anderen gegenüber nicht verkennen
läßt. Meiner Anſicht nach erleichtert es die Ueberſicht, wenn man drei größere Gruppen oder Zünfte
annimmt: die Kurzſchwänze oder Papageien im engeren Sinne, die Kakadus und die
Langſchwänze oder eigentlichen Sittiche. Jede dieſer Zünfte kann in engere Abtheilungen zerfällt
werden, welche man als Familien betrachten darf, weil jede einzelne derſelben wieder mehrere Sippen
umfaßt. Eine derartige Eintheilung wird nachſtehend befolgt werden.

Die kurzſchwänzigen Papageien ſind Vögel von ſehr übereinſtimmendem Gepräge, aber ſehr ver-
ſchiedener Größe. Einzelne Arten kommen etwa einer Krähe, die meiſten einer Taube, die
kleineren einem Finken an Größe gleich; das kleinſte aller hierher zu zählenden Mitglieder, der
kleinſte Papagei überhaupt, iſt zeiſig groß. Der Leib iſt gedrungen und erſcheint wegen des kurzen
Schwanzes plump; der Kopf iſt groß, der Schnabel kräftig, jedoch nicht unförmlich, der Fuß ſtark,
mittelhoch und langzehig; die Flügel erreichen faſt das Schwanzende; der Schwanz iſt keineswegs
gleichartig geſtaltet, jedoch immer kurz und nicht ſtufig; ſeine Federn ſind bald breit und gerund[et]
bald ſchmäler und ſpitz. Ausnahmsweiſe verlängern ſich die beiden mittleren Steuerfedern in unge-
wöhnlicher Weiſe. Mit der Breite der Schwanzfedern ſcheint das übrige Gefieder in gewiſſem Ein-
klange zu ſtehen: die einzelnen Federn ſind kurz, breit, ſchuppenförmig; ihre Anzahl iſt beträchtlicher,
als bei anderen Zünften. Eine Familie zeichnet ſich übrigens durch lockeres Gefieder aus; die Federn
ſind hier weitſtrahlig, faſt zerſchliſſen. Schopfartige Verlängerung einiger Hauptfedern gehört eben-
falls zu den Ausnahmen; in der Negel iſt das ganze Federkleid ſehr gleichmäßig entwickelt. Die grüne
Färbung tritt auch bei den kurzſchwänzigen Papageien vorwaltend auf; doch kommt auch brennendes
Roth, Blau, Gelb oder Grau, Braun, Grauſchwarz zur Geltung.

Die Zunft iſt über alle warmen Erdtheile verbreitet und namentlich in Afrika und Jndien zahl-
reich vertreten. Letztgenanntem Lande und den benachbarten Jnſeln des großen Weltmeeres gehört
die eine Familie ausſchließlich an.

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[19/0031] Gefangenleben. Verbreitung. ſchaft zuſammen, und Störungen dieſes Verhältniſſes kommen nicht vor. Die kleineren Arten haben alle Bruträume in Beſchlag genommen, einzelne ſofort ſich gepaart und mehrere Paare Eier gelegt. Jn dieſer Weiſe gedenke ich ſpäter die Papageien des hamburger Thiergartens zur Schau zu ſtel- len. Bisher wurden ſie auch in dieſen Anſtalten, welche für die Hebung der Thierpflege außer- ordentlich genützt haben, arg vernachläſſigt. Man ſetzte ſie, wie in den Thierſchaubuden, angekettet auf Holzgeſtelle oder ſtellte ſie reihenweiſe in Käfigen neben einander. Es war und iſt noch für die Beſucher eines zahlreich bevölkerten Papageienhauſes mit wirklicher Qual der Gehörwerkzeuge verbun- den, in ſolchem Hauſe längere Zeit zu verweilen. Papageien, welche gewöhnt ſind, ihres Gleichen und andere Vögel in einer gewiſſen Ordnung zu ſehen, erheben, ſobald dieſe Ordnung geſtört wird, ein Zetergeſchrei. Sie zeigen dem Wärter ganz unfehlbar jedes von dem alltäglich Gewohnten abwei- chende Ereigniß durch furchtbares Schreien an, und unterſtützen dieſes noch beſonders durch lebhafte Geberden, durch Schlagen mit den Flügeln, ſchnelles, wiederholtes Verneigen des Kopfes und der- gleichen Zeichen ihrer Erregtheit. Genau ebenſo benehmen ſie ſich, wenn ein ihnen auffallender Menſch in ihren Wohnraum tritt, und wenn ein Mal Einer zu ſchreien begann, ſtimmen die Andern gewiß ſofort mit ein. Dann iſt es in ihrer Geſellſchaft wirklich kaum zum Aushalten, und alle die Einwendungen, welche gegen das Gefangenhalten von Papageien gäng und gäbe ſind, werden laut. So kommt es, daß die Papageienhäuſer in den Thiergärten beinahe gemieden werden, während die Vögel doch, wie wir ſahen und noch ſehen werden, insgeſammt einer regen Theilnahme wohl würdig ſind. Die Eintheilung der Sittiche hat ihre beſonderen Schwierigkeiten ebenſowohl wegen der großen Anzahl der bekannten Arten, als auch wegen der überraſchenden Uebereinſtimmung aller weſentlichen Merkmale ſämmtlicher Mitglieder der Ordnung. Scharfe Grenzen zwiſchen den verſchiedenen Familien ſind kaum zu ziehen, obwohl ſich das bezeichnende Gepräge der einen anderen gegenüber nicht verkennen läßt. Meiner Anſicht nach erleichtert es die Ueberſicht, wenn man drei größere Gruppen oder Zünfte annimmt: die Kurzſchwänze oder Papageien im engeren Sinne, die Kakadus und die Langſchwänze oder eigentlichen Sittiche. Jede dieſer Zünfte kann in engere Abtheilungen zerfällt werden, welche man als Familien betrachten darf, weil jede einzelne derſelben wieder mehrere Sippen umfaßt. Eine derartige Eintheilung wird nachſtehend befolgt werden. Die kurzſchwänzigen Papageien ſind Vögel von ſehr übereinſtimmendem Gepräge, aber ſehr ver- ſchiedener Größe. Einzelne Arten kommen etwa einer Krähe, die meiſten einer Taube, die kleineren einem Finken an Größe gleich; das kleinſte aller hierher zu zählenden Mitglieder, der kleinſte Papagei überhaupt, iſt zeiſig groß. Der Leib iſt gedrungen und erſcheint wegen des kurzen Schwanzes plump; der Kopf iſt groß, der Schnabel kräftig, jedoch nicht unförmlich, der Fuß ſtark, mittelhoch und langzehig; die Flügel erreichen faſt das Schwanzende; der Schwanz iſt keineswegs gleichartig geſtaltet, jedoch immer kurz und nicht ſtufig; ſeine Federn ſind bald breit und gerundet bald ſchmäler und ſpitz. Ausnahmsweiſe verlängern ſich die beiden mittleren Steuerfedern in unge- wöhnlicher Weiſe. Mit der Breite der Schwanzfedern ſcheint das übrige Gefieder in gewiſſem Ein- klange zu ſtehen: die einzelnen Federn ſind kurz, breit, ſchuppenförmig; ihre Anzahl iſt beträchtlicher, als bei anderen Zünften. Eine Familie zeichnet ſich übrigens durch lockeres Gefieder aus; die Federn ſind hier weitſtrahlig, faſt zerſchliſſen. Schopfartige Verlängerung einiger Hauptfedern gehört eben- falls zu den Ausnahmen; in der Negel iſt das ganze Federkleid ſehr gleichmäßig entwickelt. Die grüne Färbung tritt auch bei den kurzſchwänzigen Papageien vorwaltend auf; doch kommt auch brennendes Roth, Blau, Gelb oder Grau, Braun, Grauſchwarz zur Geltung. Die Zunft iſt über alle warmen Erdtheile verbreitet und namentlich in Afrika und Jndien zahl- reich vertreten. Letztgenanntem Lande und den benachbarten Jnſeln des großen Weltmeeres gehört die eine Familie ausſchließlich an. 2 *

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/31>, abgerufen am 24.11.2024.