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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Elstervögelchen. Rußknackerfink. Schilffink.

Unter der großen Anzahl ähnlicher Finken, welche außer den beiden genannten in Westafrika vor-
kommen, verdient einer besonders noch Erwähnung und zwar seines ungeheuern Schnabels wegen,
welcher unter den Verwandten seines Gleichen nicht hat. Dies ist der Nußknackerfink, wie
Reichenbach ihn im Deutschen genannt hat (Pyrenestes ostrinus). Er ist einer der größten seiner
Familie; denn die Länge beträgt 53/4 Zoll, die Schwingenlänge 2 Zoll, die Schwanzlänge 21/2 Zoll,
zeichnet sich aber weniger durch die Größe, als vielmehr durch seinen ungeheuren Schnabel aus. Letz-
terer ist fast so groß, als der Kopf, stark, kegelförmig, mit der breit gewölbten Firste des Oberschnabels
stumpfwinklig in die Stirn tretend und mit hohem, dickem Unterschnabel. Jm Flügel ist die fünfte
Schwinge die längste, die erste aber verkümmert. Der Schwanz ist abgerundet, etwas gesteigert. Das
Kleid ist auf Kopf, Hals, Brust, Bürzel und den Oberschwanzdeckfedern glänzend blutroth, auf dem
Leib, den Flügeln und dem Schwanze dunkelbraun. Der Schnabel ist bläulichschwarz, der Fuß braun.

Weder über das Frei-, noch das Gefangenleben dieses prachtvollen Vogels ist Etwas bekannt.
Die wenigen Bälge, welche erhalten wurden, stammen aus der Sierra Leona und Ashantee. Du
Chailli
beobachtete den Vogel am Flusse Moonda.



Auch die Finken Neuhollands bekunden, wie die meisten Erzeugnisse dieses Erdtheils, ihr selb-
ständiges Gepräge. Noch kennen wir nur zum geringsten Theil die dort vorkommenden Arten, wohl
aber bereits ihrer genug, um Dies behaupten zu dürfen.

Die australischen Finken zeichnen sich vor den uns bisher bekannt gewordenen nicht blos durch
auffallende Gestaltung, sondern auch durch eigenthümliche Farbenvertheilung aus. Einzelne Arten
wetteifern an Pracht mit den Tangaras Amerikas; alle aber sind viel mehr echte Finken, als diese.
Es ist mir leider nicht vergönnt, ausführlicher auf die Gruppe im allgemeinen einzugehen; ich glaube
aber, daß die Wahrheit des von mir Gesagten aus dem Nachfolgenden hervorgehen wird. Jch habe
mir zwei Arten zur kurzen Besprechung ausgewählt, die eine, weil ich sie lebend besitze; die andere ihrer
Farbenpracht halber.

Erstere gehört der Sippe der Schilffinken (Donacola) an. Diese Sippe kennzeichnet sich
durch kurzen, dicken Schnabel, welcher am Grunde höckerig und auf der Firste erhaben ist, verhältniß-
mäßig lange Flügel, deren erste drei Schwingen die längsten sind, einen kurzen Schwanz mit abgerunde-
ten, aber bis auf die beiden äußern gleich langen Schwanzfedern, starke Fußwurzeln und ein Kleid,
welches auf der Oberseite dunkel, untenseits heller gegürtelt und seitlich gebändert ist.

Zwei verwandte Arten, der kastanienbrüstige und der doppelbindige Schilffink
(Donacola castaneathorax und Donacola bivittata) sind in der Neuzeit wiederholt lebend nach Eu-
ropa gekommen und dadurch wenigstens in der Gefangenschaft bekannt geworden. Beide ähneln sich
im hohen Grade. Jhre Länge beträgt gegen 4 Zoll. Der Kopf und der Oberhals sind aschgrau, die
Federmitten aber braun, Wange, Gurgelgegend und Ohrdecken schwärzlichbraun; die Oberseite ist
röthlichbraun, auf den Oberschwanzdeckfedern orange oder fahl. Der Schwanz ist fahl, blaßbraun
gesäumt. Ueber die Brust verläuft ein breiter, lichtkastanienbrauner Gürtel, welcher unten schwarz
eingefaßt ist. Brust und Bauch nebst den Unterschwanzdeckfedern sind weiß oder grauweiß, seitlich
schwarz gebändert. Beim doppelbindigen Schilffinken reicht das Schwarz der Wangen tiefer zur Brust
herab; der Brustgürtel ist breiter und wird auf der Mittelbrust durch eine breite schwarze Binde von
dem lichteren Unterleib getrennt. Beide Geschlechter gleichen sich fast vollständig.

Zur Zeit sind wir weder über die Heimatsgegend, noch über das Betragen der beiden gedachten
Arten im Vaterlande genau unterrichtet. Gould fand die ersten Schilffinken als Bälge im Museum
zu Sidney, welchem sie aus Moritonbay zugesandt worden waren, und erfuhr, daß die niedlichen
Vögel an den Fluß- und Landseeufern wohnen und in ihren Sitten der Bartmeise (Calaomophilus

Elſtervögelchen. Rußknackerfink. Schilffink.

Unter der großen Anzahl ähnlicher Finken, welche außer den beiden genannten in Weſtafrika vor-
kommen, verdient einer beſonders noch Erwähnung und zwar ſeines ungeheuern Schnabels wegen,
welcher unter den Verwandten ſeines Gleichen nicht hat. Dies iſt der Nußknackerfink, wie
Reichenbach ihn im Deutſchen genannt hat (Pyrenestes ostrinus). Er iſt einer der größten ſeiner
Familie; denn die Länge beträgt 5¾ Zoll, die Schwingenlänge 2 Zoll, die Schwanzlänge 2½ Zoll,
zeichnet ſich aber weniger durch die Größe, als vielmehr durch ſeinen ungeheuren Schnabel aus. Letz-
terer iſt faſt ſo groß, als der Kopf, ſtark, kegelförmig, mit der breit gewölbten Firſte des Oberſchnabels
ſtumpfwinklig in die Stirn tretend und mit hohem, dickem Unterſchnabel. Jm Flügel iſt die fünfte
Schwinge die längſte, die erſte aber verkümmert. Der Schwanz iſt abgerundet, etwas geſteigert. Das
Kleid iſt auf Kopf, Hals, Bruſt, Bürzel und den Oberſchwanzdeckfedern glänzend blutroth, auf dem
Leib, den Flügeln und dem Schwanze dunkelbraun. Der Schnabel iſt bläulichſchwarz, der Fuß braun.

Weder über das Frei-, noch das Gefangenleben dieſes prachtvollen Vogels iſt Etwas bekannt.
Die wenigen Bälge, welche erhalten wurden, ſtammen aus der Sierra Leona und Aſhantee. Du
Chailli
beobachtete den Vogel am Fluſſe Moonda.



Auch die Finken Neuhollands bekunden, wie die meiſten Erzeugniſſe dieſes Erdtheils, ihr ſelb-
ſtändiges Gepräge. Noch kennen wir nur zum geringſten Theil die dort vorkommenden Arten, wohl
aber bereits ihrer genug, um Dies behaupten zu dürfen.

Die auſtraliſchen Finken zeichnen ſich vor den uns bisher bekannt gewordenen nicht blos durch
auffallende Geſtaltung, ſondern auch durch eigenthümliche Farbenvertheilung aus. Einzelne Arten
wetteifern an Pracht mit den Tangaras Amerikas; alle aber ſind viel mehr echte Finken, als dieſe.
Es iſt mir leider nicht vergönnt, ausführlicher auf die Gruppe im allgemeinen einzugehen; ich glaube
aber, daß die Wahrheit des von mir Geſagten aus dem Nachfolgenden hervorgehen wird. Jch habe
mir zwei Arten zur kurzen Beſprechung ausgewählt, die eine, weil ich ſie lebend beſitze; die andere ihrer
Farbenpracht halber.

Erſtere gehört der Sippe der Schilffinken (Donacola) an. Dieſe Sippe kennzeichnet ſich
durch kurzen, dicken Schnabel, welcher am Grunde höckerig und auf der Firſte erhaben iſt, verhältniß-
mäßig lange Flügel, deren erſte drei Schwingen die längſten ſind, einen kurzen Schwanz mit abgerunde-
ten, aber bis auf die beiden äußern gleich langen Schwanzfedern, ſtarke Fußwurzeln und ein Kleid,
welches auf der Oberſeite dunkel, untenſeits heller gegürtelt und ſeitlich gebändert iſt.

Zwei verwandte Arten, der kaſtanienbrüſtige und der doppelbindige Schilffink
(Donacola castaneathorax und Donacola bivittata) ſind in der Neuzeit wiederholt lebend nach Eu-
ropa gekommen und dadurch wenigſtens in der Gefangenſchaft bekannt geworden. Beide ähneln ſich
im hohen Grade. Jhre Länge beträgt gegen 4 Zoll. Der Kopf und der Oberhals ſind aſchgrau, die
Federmitten aber braun, Wange, Gurgelgegend und Ohrdecken ſchwärzlichbraun; die Oberſeite iſt
röthlichbraun, auf den Oberſchwanzdeckfedern orange oder fahl. Der Schwanz iſt fahl, blaßbraun
geſäumt. Ueber die Bruſt verläuft ein breiter, lichtkaſtanienbrauner Gürtel, welcher unten ſchwarz
eingefaßt iſt. Bruſt und Bauch nebſt den Unterſchwanzdeckfedern ſind weiß oder grauweiß, ſeitlich
ſchwarz gebändert. Beim doppelbindigen Schilffinken reicht das Schwarz der Wangen tiefer zur Bruſt
herab; der Bruſtgürtel iſt breiter und wird auf der Mittelbruſt durch eine breite ſchwarze Binde von
dem lichteren Unterleib getrennt. Beide Geſchlechter gleichen ſich faſt vollſtändig.

Zur Zeit ſind wir weder über die Heimatsgegend, noch über das Betragen der beiden gedachten
Arten im Vaterlande genau unterrichtet. Gould fand die erſten Schilffinken als Bälge im Muſeum
zu Sidney, welchem ſie aus Moritonbay zugeſandt worden waren, und erfuhr, daß die niedlichen
Vögel an den Fluß- und Landſeeufern wohnen und in ihren Sitten der Bartmeiſe (Calaomophilus

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[207/0227] Elſtervögelchen. Rußknackerfink. Schilffink. Unter der großen Anzahl ähnlicher Finken, welche außer den beiden genannten in Weſtafrika vor- kommen, verdient einer beſonders noch Erwähnung und zwar ſeines ungeheuern Schnabels wegen, welcher unter den Verwandten ſeines Gleichen nicht hat. Dies iſt der Nußknackerfink, wie Reichenbach ihn im Deutſchen genannt hat (Pyrenestes ostrinus). Er iſt einer der größten ſeiner Familie; denn die Länge beträgt 5¾ Zoll, die Schwingenlänge 2[FORMEL] Zoll, die Schwanzlänge 2½ Zoll, zeichnet ſich aber weniger durch die Größe, als vielmehr durch ſeinen ungeheuren Schnabel aus. Letz- terer iſt faſt ſo groß, als der Kopf, ſtark, kegelförmig, mit der breit gewölbten Firſte des Oberſchnabels ſtumpfwinklig in die Stirn tretend und mit hohem, dickem Unterſchnabel. Jm Flügel iſt die fünfte Schwinge die längſte, die erſte aber verkümmert. Der Schwanz iſt abgerundet, etwas geſteigert. Das Kleid iſt auf Kopf, Hals, Bruſt, Bürzel und den Oberſchwanzdeckfedern glänzend blutroth, auf dem Leib, den Flügeln und dem Schwanze dunkelbraun. Der Schnabel iſt bläulichſchwarz, der Fuß braun. Weder über das Frei-, noch das Gefangenleben dieſes prachtvollen Vogels iſt Etwas bekannt. Die wenigen Bälge, welche erhalten wurden, ſtammen aus der Sierra Leona und Aſhantee. Du Chailli beobachtete den Vogel am Fluſſe Moonda. Auch die Finken Neuhollands bekunden, wie die meiſten Erzeugniſſe dieſes Erdtheils, ihr ſelb- ſtändiges Gepräge. Noch kennen wir nur zum geringſten Theil die dort vorkommenden Arten, wohl aber bereits ihrer genug, um Dies behaupten zu dürfen. Die auſtraliſchen Finken zeichnen ſich vor den uns bisher bekannt gewordenen nicht blos durch auffallende Geſtaltung, ſondern auch durch eigenthümliche Farbenvertheilung aus. Einzelne Arten wetteifern an Pracht mit den Tangaras Amerikas; alle aber ſind viel mehr echte Finken, als dieſe. Es iſt mir leider nicht vergönnt, ausführlicher auf die Gruppe im allgemeinen einzugehen; ich glaube aber, daß die Wahrheit des von mir Geſagten aus dem Nachfolgenden hervorgehen wird. Jch habe mir zwei Arten zur kurzen Beſprechung ausgewählt, die eine, weil ich ſie lebend beſitze; die andere ihrer Farbenpracht halber. Erſtere gehört der Sippe der Schilffinken (Donacola) an. Dieſe Sippe kennzeichnet ſich durch kurzen, dicken Schnabel, welcher am Grunde höckerig und auf der Firſte erhaben iſt, verhältniß- mäßig lange Flügel, deren erſte drei Schwingen die längſten ſind, einen kurzen Schwanz mit abgerunde- ten, aber bis auf die beiden äußern gleich langen Schwanzfedern, ſtarke Fußwurzeln und ein Kleid, welches auf der Oberſeite dunkel, untenſeits heller gegürtelt und ſeitlich gebändert iſt. Zwei verwandte Arten, der kaſtanienbrüſtige und der doppelbindige Schilffink (Donacola castaneathorax und Donacola bivittata) ſind in der Neuzeit wiederholt lebend nach Eu- ropa gekommen und dadurch wenigſtens in der Gefangenſchaft bekannt geworden. Beide ähneln ſich im hohen Grade. Jhre Länge beträgt gegen 4 Zoll. Der Kopf und der Oberhals ſind aſchgrau, die Federmitten aber braun, Wange, Gurgelgegend und Ohrdecken ſchwärzlichbraun; die Oberſeite iſt röthlichbraun, auf den Oberſchwanzdeckfedern orange oder fahl. Der Schwanz iſt fahl, blaßbraun geſäumt. Ueber die Bruſt verläuft ein breiter, lichtkaſtanienbrauner Gürtel, welcher unten ſchwarz eingefaßt iſt. Bruſt und Bauch nebſt den Unterſchwanzdeckfedern ſind weiß oder grauweiß, ſeitlich ſchwarz gebändert. Beim doppelbindigen Schilffinken reicht das Schwarz der Wangen tiefer zur Bruſt herab; der Bruſtgürtel iſt breiter und wird auf der Mittelbruſt durch eine breite ſchwarze Binde von dem lichteren Unterleib getrennt. Beide Geſchlechter gleichen ſich faſt vollſtändig. Zur Zeit ſind wir weder über die Heimatsgegend, noch über das Betragen der beiden gedachten Arten im Vaterlande genau unterrichtet. Gould fand die erſten Schilffinken als Bälge im Muſeum zu Sidney, welchem ſie aus Moritonbay zugeſandt worden waren, und erfuhr, daß die niedlichen Vögel an den Fluß- und Landſeeufern wohnen und in ihren Sitten der Bartmeiſe (Calaomophilus

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/227>, abgerufen am 24.11.2024.