Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

Haussperling.
betreffenden Vögel lebend zu beobachten, machte jene Ansicht zu der seinigen, und Gloger, einer der
letzten Naturphilosophen, suchte sich die Sache so einfach als möglich zu erklären.

"Das männliche Geschlecht", sagt er, "erleidet durch einen außerordentlich starken Einfluß des
Klimas und durch das Alter, oft durch Wirkung beider zugleich, mehrfache und große Farbenverände-
rungen. Dieselben entstehen, indem sich das an den Seiten des Kopfes befindliche Rothbraun
weiter nach der Mitte zu ausbreitet, das hübsche Rothbraun des Rückens hingegen verbleicht, indem
dann ferner das beigemischte oder tiefer am Federgrund sitzende Schwarz sich höher hebt oder sich wei-
ter ausdehnt, unterhalb sowohl wie oberhalb, und indem auch das an den weißen Kopf- und Halsseiten
oben aufsitzende Trübe sich verliert."

"So erscheinen in südlichen Erdstrichen von der Provence und vorzüglich von Oberitalien an die
nicht mehr jungen männlichen Sperlinge zwar auf dem Rücken den unserigen noch ziemlich gleich, auf
dem Kopfe aber meist ganz rothbraun ohne grau, und nur noch kurz nach der Mauser mit hellbräun-
lichen Spitzen. Auch hat die schwarze Kehlfarbe gewöhnlich einen größeren Umfang und ist dabei
nicht selten noch stark braunroth übertüncht. Jm wärmeren Sibirien, in Buchara, in Sirien, auf
Java, in Egypten und Nubien u. s. w., sehr häufig auch schon auf den Mittelmeerinseln, namentlich
auf Sardinien, weniger oft dagegen in Spanien wird bei recht alten Männchen der Rücken schwarz
mit rostweißlichen, gegen die Mauser fast verschwindenden Kanten. Von den Untertheilen erscheinen
dann nicht blos die Kehle, sondern selbst die Brustseiten tiefschwarz, die letzteren mit weißlichen, nicht
verschwimmenden Rändern. Die Bauchseiten sehen weißlich aus mit äußerst breiten, sehr sichtbaren
schwarzen Flecken. Der sonst sehr feine weiße Streif über dem Auge und den Zügeln tritt dabei
gewöhnlich etwas deutlicher hervor."

"Die größtentheils ganz anders, als die Männchen, gefärbten Weibchen scheinen fast allen Ein-
wirkungen dieser Art enthoben, nur daß der stärkere Sonnenschein südlicher Landstriche ihre Farben
mehr auszieht."

"Es steht hierbei als unumstößliche Gewißheit fest, daß nicht allein bei uns manche recht alte
Männchen den in Jtalien vorkommenden Sperlingen vollkommen gleich werden, sondern daß auch
gerade umgekehrt wieder in Jtalien selbst, ja sogar in Egypten, Nubien und Beugalen noch eine
Menge dieser Sperlinge ganz so wie unsere gewöhnlichen aussehen und letzteren durchgängig völlig
gleichen; daß also alle nur denkbaren Uebergänge und Kreuzungen vorhanden sind, beweist, wie häufig
auch bei diesen Vogelarten neben dem Einfluß des Alters noch ein individuelles Hinneigen stattfinden
mag, welches den klimatischen Einfluß bald schwächt oder seine Wirksamkeit verzögert, bald sie be-
günstigt und fördert."

"Noch hat kein einziger gründlicher Beobachter auch nur die geringste wahre, gänzliche Ab-
weichung in Lebensweife, Stimme u. s. w. angeben können, und da, wo es beide Abänderungen gibt,
den sogenannten italienischen und den gewöhnlichen, da leben und streichen beide unter einander, locken
einander und zeigen sich mit einem Worte in Allem deutlich als gleichartig."

"Uebrigens sind natürlich den geschichtlichen Angaben über die Verbreitung des Haussperlings
gemäß die bei uns lebenden eigentlich als die nördliche Abänderung zu betrachten, die südlichen da-
gegen als der Urstamm."

Die Zeiten, in welchen die Naturgeschichte des Thierreichs in der angegebenen Weise behandelt
wurde, sind vorüber. Wir begnügen uns gegenwärtig, wirkliche Thatsachen zu geben und hüten uns
vor allen und jeden Behauptungen, deren Wahrheit wir nicht beweisen können. Jch habe mit aller
Absicht Gloger's Auslassung hier angeführt, weil noch heutigen Tags viele Naturforscher in Thieren,
welche irgend einem andern ähnlich sehen, nur klimatische Abänderungen des letzteren erkennen wollen.
Hinsichtlich der Haussperlinge ist nur das Eine gewiß, daß in allen südlichen Ländern sehr nahe ver-
wandte Arten vorkommen, welche in der Lebensweise keine oder wenigstens unmerkliche Unterschiede
zeigen, gleichwohl aber durch irgend welche Merkmale von den unserigen ständig abweichen.

Brehm, Thierleben. III. 11

Hausſperling.
betreffenden Vögel lebend zu beobachten, machte jene Anſicht zu der ſeinigen, und Gloger, einer der
letzten Naturphiloſophen, ſuchte ſich die Sache ſo einfach als möglich zu erklären.

„Das männliche Geſchlecht‟, ſagt er, „erleidet durch einen außerordentlich ſtarken Einfluß des
Klimas und durch das Alter, oft durch Wirkung beider zugleich, mehrfache und große Farbenverände-
rungen. Dieſelben entſtehen, indem ſich das an den Seiten des Kopfes befindliche Rothbraun
weiter nach der Mitte zu ausbreitet, das hübſche Rothbraun des Rückens hingegen verbleicht, indem
dann ferner das beigemiſchte oder tiefer am Federgrund ſitzende Schwarz ſich höher hebt oder ſich wei-
ter ausdehnt, unterhalb ſowohl wie oberhalb, und indem auch das an den weißen Kopf- und Halsſeiten
oben aufſitzende Trübe ſich verliert.‟

„So erſcheinen in ſüdlichen Erdſtrichen von der Provence und vorzüglich von Oberitalien an die
nicht mehr jungen männlichen Sperlinge zwar auf dem Rücken den unſerigen noch ziemlich gleich, auf
dem Kopfe aber meiſt ganz rothbraun ohne grau, und nur noch kurz nach der Mauſer mit hellbräun-
lichen Spitzen. Auch hat die ſchwarze Kehlfarbe gewöhnlich einen größeren Umfang und iſt dabei
nicht ſelten noch ſtark braunroth übertüncht. Jm wärmeren Sibirien, in Buchara, in Sirien, auf
Java, in Egypten und Nubien u. ſ. w., ſehr häufig auch ſchon auf den Mittelmeerinſeln, namentlich
auf Sardinien, weniger oft dagegen in Spanien wird bei recht alten Männchen der Rücken ſchwarz
mit roſtweißlichen, gegen die Mauſer faſt verſchwindenden Kanten. Von den Untertheilen erſcheinen
dann nicht blos die Kehle, ſondern ſelbſt die Bruſtſeiten tiefſchwarz, die letzteren mit weißlichen, nicht
verſchwimmenden Rändern. Die Bauchſeiten ſehen weißlich aus mit äußerſt breiten, ſehr ſichtbaren
ſchwarzen Flecken. Der ſonſt ſehr feine weiße Streif über dem Auge und den Zügeln tritt dabei
gewöhnlich etwas deutlicher hervor.‟

„Die größtentheils ganz anders, als die Männchen, gefärbten Weibchen ſcheinen faſt allen Ein-
wirkungen dieſer Art enthoben, nur daß der ſtärkere Sonnenſchein ſüdlicher Landſtriche ihre Farben
mehr auszieht.‟

„Es ſteht hierbei als unumſtößliche Gewißheit feſt, daß nicht allein bei uns manche recht alte
Männchen den in Jtalien vorkommenden Sperlingen vollkommen gleich werden, ſondern daß auch
gerade umgekehrt wieder in Jtalien ſelbſt, ja ſogar in Egypten, Nubien und Beugalen noch eine
Menge dieſer Sperlinge ganz ſo wie unſere gewöhnlichen ausſehen und letzteren durchgängig völlig
gleichen; daß alſo alle nur denkbaren Uebergänge und Kreuzungen vorhanden ſind, beweiſt, wie häufig
auch bei dieſen Vogelarten neben dem Einfluß des Alters noch ein individuelles Hinneigen ſtattfinden
mag, welches den klimatiſchen Einfluß bald ſchwächt oder ſeine Wirkſamkeit verzögert, bald ſie be-
günſtigt und fördert.‟

„Noch hat kein einziger gründlicher Beobachter auch nur die geringſte wahre, gänzliche Ab-
weichung in Lebensweife, Stimme u. ſ. w. angeben können, und da, wo es beide Abänderungen gibt,
den ſogenannten italieniſchen und den gewöhnlichen, da leben und ſtreichen beide unter einander, locken
einander und zeigen ſich mit einem Worte in Allem deutlich als gleichartig.‟

„Uebrigens ſind natürlich den geſchichtlichen Angaben über die Verbreitung des Hausſperlings
gemäß die bei uns lebenden eigentlich als die nördliche Abänderung zu betrachten, die ſüdlichen da-
gegen als der Urſtamm.‟

Die Zeiten, in welchen die Naturgeſchichte des Thierreichs in der angegebenen Weiſe behandelt
wurde, ſind vorüber. Wir begnügen uns gegenwärtig, wirkliche Thatſachen zu geben und hüten uns
vor allen und jeden Behauptungen, deren Wahrheit wir nicht beweiſen können. Jch habe mit aller
Abſicht Gloger’s Auslaſſung hier angeführt, weil noch heutigen Tags viele Naturforſcher in Thieren,
welche irgend einem andern ähnlich ſehen, nur klimatiſche Abänderungen des letzteren erkennen wollen.
Hinſichtlich der Hausſperlinge iſt nur das Eine gewiß, daß in allen ſüdlichen Ländern ſehr nahe ver-
wandte Arten vorkommen, welche in der Lebensweiſe keine oder wenigſtens unmerkliche Unterſchiede
zeigen, gleichwohl aber durch irgend welche Merkmale von den unſerigen ſtändig abweichen.

Brehm, Thierleben. III. 11
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0181" n="161"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Haus&#x017F;perling.</hi></fw><lb/>
betreffenden Vögel lebend zu beobachten, machte jene An&#x017F;icht zu der &#x017F;einigen, und <hi rendition="#g">Gloger,</hi> einer der<lb/>
letzten Naturphilo&#x017F;ophen, &#x017F;uchte &#x017F;ich die Sache &#x017F;o einfach als möglich zu erklären.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Das männliche Ge&#x017F;chlecht&#x201F;, &#x017F;agt er, &#x201E;erleidet durch einen außerordentlich &#x017F;tarken Einfluß des<lb/>
Klimas und durch das Alter, oft durch Wirkung beider zugleich, mehrfache und große Farbenverände-<lb/>
rungen. Die&#x017F;elben ent&#x017F;tehen, indem &#x017F;ich das an den Seiten des Kopfes befindliche Rothbraun<lb/>
weiter nach der Mitte zu ausbreitet, das hüb&#x017F;che Rothbraun des Rückens hingegen verbleicht, indem<lb/>
dann ferner das beigemi&#x017F;chte oder tiefer am Federgrund &#x017F;itzende Schwarz &#x017F;ich höher hebt oder &#x017F;ich wei-<lb/>
ter ausdehnt, unterhalb &#x017F;owohl wie oberhalb, und indem auch das an den weißen Kopf- und Hals&#x017F;eiten<lb/>
oben auf&#x017F;itzende Trübe &#x017F;ich verliert.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;So er&#x017F;cheinen in &#x017F;üdlichen Erd&#x017F;trichen von der Provence und vorzüglich von Oberitalien an die<lb/>
nicht mehr jungen männlichen Sperlinge zwar auf dem Rücken den un&#x017F;erigen noch ziemlich gleich, auf<lb/>
dem Kopfe aber mei&#x017F;t ganz rothbraun ohne grau, und nur noch kurz nach der Mau&#x017F;er mit hellbräun-<lb/>
lichen Spitzen. Auch hat die &#x017F;chwarze Kehlfarbe gewöhnlich einen größeren Umfang und i&#x017F;t dabei<lb/>
nicht &#x017F;elten noch &#x017F;tark braunroth übertüncht. Jm wärmeren Sibirien, in Buchara, in Sirien, auf<lb/>
Java, in Egypten und Nubien u. &#x017F;. w., &#x017F;ehr häufig auch &#x017F;chon auf den Mittelmeerin&#x017F;eln, namentlich<lb/>
auf Sardinien, weniger oft dagegen in Spanien wird bei recht alten Männchen der Rücken &#x017F;chwarz<lb/>
mit ro&#x017F;tweißlichen, gegen die Mau&#x017F;er fa&#x017F;t ver&#x017F;chwindenden Kanten. Von den Untertheilen er&#x017F;cheinen<lb/>
dann nicht blos die Kehle, &#x017F;ondern &#x017F;elb&#x017F;t die Bru&#x017F;t&#x017F;eiten tief&#x017F;chwarz, die letzteren mit weißlichen, nicht<lb/>
ver&#x017F;chwimmenden Rändern. Die Bauch&#x017F;eiten &#x017F;ehen weißlich aus mit äußer&#x017F;t breiten, &#x017F;ehr &#x017F;ichtbaren<lb/>
&#x017F;chwarzen Flecken. Der &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;ehr feine weiße Streif über dem Auge und den Zügeln tritt dabei<lb/>
gewöhnlich etwas deutlicher hervor.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Die größtentheils ganz anders, als die Männchen, gefärbten Weibchen &#x017F;cheinen fa&#x017F;t allen Ein-<lb/>
wirkungen die&#x017F;er Art enthoben, nur daß der &#x017F;tärkere Sonnen&#x017F;chein &#x017F;üdlicher Land&#x017F;triche ihre Farben<lb/>
mehr auszieht.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Es &#x017F;teht hierbei als unum&#x017F;tößliche Gewißheit fe&#x017F;t, daß nicht allein bei uns manche recht alte<lb/>
Männchen den in Jtalien vorkommenden Sperlingen vollkommen gleich werden, &#x017F;ondern daß auch<lb/>
gerade umgekehrt wieder in Jtalien &#x017F;elb&#x017F;t, ja &#x017F;ogar in Egypten, Nubien und Beugalen noch eine<lb/>
Menge die&#x017F;er Sperlinge ganz &#x017F;o wie un&#x017F;ere gewöhnlichen aus&#x017F;ehen und letzteren durchgängig völlig<lb/>
gleichen; daß al&#x017F;o alle nur denkbaren Uebergänge und Kreuzungen vorhanden &#x017F;ind, bewei&#x017F;t, wie häufig<lb/>
auch bei die&#x017F;en Vogelarten neben dem Einfluß des Alters noch ein individuelles Hinneigen &#x017F;tattfinden<lb/>
mag, welches den klimati&#x017F;chen Einfluß bald &#x017F;chwächt oder &#x017F;eine Wirk&#x017F;amkeit verzögert, bald &#x017F;ie be-<lb/>
gün&#x017F;tigt und fördert.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Noch hat kein einziger gründlicher Beobachter auch nur die gering&#x017F;te wahre, gänzliche Ab-<lb/>
weichung in Lebensweife, Stimme u. &#x017F;. w. angeben können, und da, wo es beide Abänderungen gibt,<lb/>
den &#x017F;ogenannten italieni&#x017F;chen und den gewöhnlichen, da leben und &#x017F;treichen beide unter einander, locken<lb/>
einander und zeigen &#x017F;ich mit einem Worte in Allem deutlich als gleichartig.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Uebrigens &#x017F;ind natürlich den ge&#x017F;chichtlichen Angaben über die Verbreitung des Haus&#x017F;perlings<lb/>
gemäß die bei uns lebenden eigentlich als die nördliche Abänderung zu betrachten, die &#x017F;üdlichen da-<lb/>
gegen als der Ur&#x017F;tamm.&#x201F;</p><lb/>
          <p>Die Zeiten, in welchen die Naturge&#x017F;chichte des Thierreichs in der angegebenen Wei&#x017F;e behandelt<lb/>
wurde, &#x017F;ind vorüber. Wir begnügen uns gegenwärtig, wirkliche That&#x017F;achen zu geben und hüten uns<lb/>
vor allen und jeden Behauptungen, deren Wahrheit wir nicht bewei&#x017F;en können. Jch habe mit aller<lb/>
Ab&#x017F;icht <hi rendition="#g">Gloger&#x2019;s</hi> Ausla&#x017F;&#x017F;ung hier angeführt, weil noch heutigen Tags viele Naturfor&#x017F;cher in Thieren,<lb/>
welche irgend einem andern ähnlich &#x017F;ehen, nur klimati&#x017F;che Abänderungen des letzteren erkennen wollen.<lb/>
Hin&#x017F;ichtlich der Haus&#x017F;perlinge i&#x017F;t nur das Eine gewiß, daß in allen &#x017F;üdlichen Ländern &#x017F;ehr nahe ver-<lb/>
wandte Arten vorkommen, welche in der Lebenswei&#x017F;e keine oder wenig&#x017F;tens unmerkliche Unter&#x017F;chiede<lb/>
zeigen, gleichwohl aber durch irgend welche Merkmale von den un&#x017F;erigen &#x017F;tändig abweichen.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Brehm,</hi> Thierleben. <hi rendition="#aq">III.</hi> 11</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0181] Hausſperling. betreffenden Vögel lebend zu beobachten, machte jene Anſicht zu der ſeinigen, und Gloger, einer der letzten Naturphiloſophen, ſuchte ſich die Sache ſo einfach als möglich zu erklären. „Das männliche Geſchlecht‟, ſagt er, „erleidet durch einen außerordentlich ſtarken Einfluß des Klimas und durch das Alter, oft durch Wirkung beider zugleich, mehrfache und große Farbenverände- rungen. Dieſelben entſtehen, indem ſich das an den Seiten des Kopfes befindliche Rothbraun weiter nach der Mitte zu ausbreitet, das hübſche Rothbraun des Rückens hingegen verbleicht, indem dann ferner das beigemiſchte oder tiefer am Federgrund ſitzende Schwarz ſich höher hebt oder ſich wei- ter ausdehnt, unterhalb ſowohl wie oberhalb, und indem auch das an den weißen Kopf- und Halsſeiten oben aufſitzende Trübe ſich verliert.‟ „So erſcheinen in ſüdlichen Erdſtrichen von der Provence und vorzüglich von Oberitalien an die nicht mehr jungen männlichen Sperlinge zwar auf dem Rücken den unſerigen noch ziemlich gleich, auf dem Kopfe aber meiſt ganz rothbraun ohne grau, und nur noch kurz nach der Mauſer mit hellbräun- lichen Spitzen. Auch hat die ſchwarze Kehlfarbe gewöhnlich einen größeren Umfang und iſt dabei nicht ſelten noch ſtark braunroth übertüncht. Jm wärmeren Sibirien, in Buchara, in Sirien, auf Java, in Egypten und Nubien u. ſ. w., ſehr häufig auch ſchon auf den Mittelmeerinſeln, namentlich auf Sardinien, weniger oft dagegen in Spanien wird bei recht alten Männchen der Rücken ſchwarz mit roſtweißlichen, gegen die Mauſer faſt verſchwindenden Kanten. Von den Untertheilen erſcheinen dann nicht blos die Kehle, ſondern ſelbſt die Bruſtſeiten tiefſchwarz, die letzteren mit weißlichen, nicht verſchwimmenden Rändern. Die Bauchſeiten ſehen weißlich aus mit äußerſt breiten, ſehr ſichtbaren ſchwarzen Flecken. Der ſonſt ſehr feine weiße Streif über dem Auge und den Zügeln tritt dabei gewöhnlich etwas deutlicher hervor.‟ „Die größtentheils ganz anders, als die Männchen, gefärbten Weibchen ſcheinen faſt allen Ein- wirkungen dieſer Art enthoben, nur daß der ſtärkere Sonnenſchein ſüdlicher Landſtriche ihre Farben mehr auszieht.‟ „Es ſteht hierbei als unumſtößliche Gewißheit feſt, daß nicht allein bei uns manche recht alte Männchen den in Jtalien vorkommenden Sperlingen vollkommen gleich werden, ſondern daß auch gerade umgekehrt wieder in Jtalien ſelbſt, ja ſogar in Egypten, Nubien und Beugalen noch eine Menge dieſer Sperlinge ganz ſo wie unſere gewöhnlichen ausſehen und letzteren durchgängig völlig gleichen; daß alſo alle nur denkbaren Uebergänge und Kreuzungen vorhanden ſind, beweiſt, wie häufig auch bei dieſen Vogelarten neben dem Einfluß des Alters noch ein individuelles Hinneigen ſtattfinden mag, welches den klimatiſchen Einfluß bald ſchwächt oder ſeine Wirkſamkeit verzögert, bald ſie be- günſtigt und fördert.‟ „Noch hat kein einziger gründlicher Beobachter auch nur die geringſte wahre, gänzliche Ab- weichung in Lebensweife, Stimme u. ſ. w. angeben können, und da, wo es beide Abänderungen gibt, den ſogenannten italieniſchen und den gewöhnlichen, da leben und ſtreichen beide unter einander, locken einander und zeigen ſich mit einem Worte in Allem deutlich als gleichartig.‟ „Uebrigens ſind natürlich den geſchichtlichen Angaben über die Verbreitung des Hausſperlings gemäß die bei uns lebenden eigentlich als die nördliche Abänderung zu betrachten, die ſüdlichen da- gegen als der Urſtamm.‟ Die Zeiten, in welchen die Naturgeſchichte des Thierreichs in der angegebenen Weiſe behandelt wurde, ſind vorüber. Wir begnügen uns gegenwärtig, wirkliche Thatſachen zu geben und hüten uns vor allen und jeden Behauptungen, deren Wahrheit wir nicht beweiſen können. Jch habe mit aller Abſicht Gloger’s Auslaſſung hier angeführt, weil noch heutigen Tags viele Naturforſcher in Thieren, welche irgend einem andern ähnlich ſehen, nur klimatiſche Abänderungen des letzteren erkennen wollen. Hinſichtlich der Hausſperlinge iſt nur das Eine gewiß, daß in allen ſüdlichen Ländern ſehr nahe ver- wandte Arten vorkommen, welche in der Lebensweiſe keine oder wenigſtens unmerkliche Unterſchiede zeigen, gleichwohl aber durch irgend welche Merkmale von den unſerigen ſtändig abweichen. Brehm, Thierleben. III. 11

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/181
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/181>, abgerufen am 25.11.2024.