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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Haussperling.
Fersen sind dabei eng gebogen und der Bauch gesenkt. -- Sein Hang zur Geselligkeit macht ihn nicht
von aller Zanksucht frei; sie bricht oft zwischen den Männchen um den Besitz der Weibchen aus und
wird meistens zur lärmenden Balgerei, indem gleich mehrere Männchen, auch einzelne Weibchen, sich
darein mischen, wo dann alle unter dem heftigsten Schimpfen auf einander loszausen, auch wohl in
der Wuth des Streits, in einen Klumpen verbissen, vom Dache oder Baume herabpurzeln und sich
dabei manchmal so vergessen, daß sie selbst ihre Sicherheit unbesonnen aufs Spiel setzen. Sie tragen
sich dabei ganz besonders, Kopf und Hals erhaben, den Schwanz hoch und die Flügel tief herabhängend."

"Der Haussperling fliegt mit vieler Anstrengung, aber noch schnell genug, schwenkt sich aber
ungeschickt. Der Flug ist schnurrend, auf weite Strecken in flachen Wogenlinien, sonst gerade, beim
Niederlassen etwas schwebend. Starker Wind macht ihm viel zu schaffen und wirft ihn oft aus seiner

[Abbildung] Der Feldsperling (Passer montanus) und der Haussperling (Passer domesticus).
Richtung. Er fliegt auch selten sehr hoch und ungern sehr weit. Die, welche auf Thürmen wohnen,
stürzen sich gewöhnlich erst in eine niedere Luftschicht herab, bevor sie weiter fliegen, und bei der An-
kunft steigen sie dann, ebenfalls fliegend, lieber schief aufwärts zu ihrem Wohnsitz in die Höhe. Dies
scheint ihnen viel Anstrengung zu kosten; aber sie wohnen dessenungeachtet doch sehr gern hoch. --
Gegen die gewöhnliche Kälte unserer Winter sind diese harten Vögel ziemlich gleichgiltig, und wenn
nicht mit sehr heftiger Kälte und vielem Schnee gewöhnlich auch Futtermangel einträte, so würden
ihnen jene nicht schaden und keinen tödten, was in lange anhaltenden harten Wintern doch einzeln
der Fall ist."

"Die allbekannte unangenehme Stimme unseres verrufenen Sperlings zu beschreiben, würde
fast überflüssig sein, wenn eine kurze Beschreibung davon nicht oft zum Vergleich mit der anderer

Hausſperling.
Ferſen ſind dabei eng gebogen und der Bauch geſenkt. — Sein Hang zur Geſelligkeit macht ihn nicht
von aller Zankſucht frei; ſie bricht oft zwiſchen den Männchen um den Beſitz der Weibchen aus und
wird meiſtens zur lärmenden Balgerei, indem gleich mehrere Männchen, auch einzelne Weibchen, ſich
darein miſchen, wo dann alle unter dem heftigſten Schimpfen auf einander loszauſen, auch wohl in
der Wuth des Streits, in einen Klumpen verbiſſen, vom Dache oder Baume herabpurzeln und ſich
dabei manchmal ſo vergeſſen, daß ſie ſelbſt ihre Sicherheit unbeſonnen aufs Spiel ſetzen. Sie tragen
ſich dabei ganz beſonders, Kopf und Hals erhaben, den Schwanz hoch und die Flügel tief herabhängend.‟

„Der Hausſperling fliegt mit vieler Anſtrengung, aber noch ſchnell genug, ſchwenkt ſich aber
ungeſchickt. Der Flug iſt ſchnurrend, auf weite Strecken in flachen Wogenlinien, ſonſt gerade, beim
Niederlaſſen etwas ſchwebend. Starker Wind macht ihm viel zu ſchaffen und wirft ihn oft aus ſeiner

[Abbildung] Der Feldſperling (Passer montanus) und der Hausſperling (Passer domesticus).
Richtung. Er fliegt auch ſelten ſehr hoch und ungern ſehr weit. Die, welche auf Thürmen wohnen,
ſtürzen ſich gewöhnlich erſt in eine niedere Luftſchicht herab, bevor ſie weiter fliegen, und bei der An-
kunft ſteigen ſie dann, ebenfalls fliegend, lieber ſchief aufwärts zu ihrem Wohnſitz in die Höhe. Dies
ſcheint ihnen viel Anſtrengung zu koſten; aber ſie wohnen deſſenungeachtet doch ſehr gern hoch. —
Gegen die gewöhnliche Kälte unſerer Winter ſind dieſe harten Vögel ziemlich gleichgiltig, und wenn
nicht mit ſehr heftiger Kälte und vielem Schnee gewöhnlich auch Futtermangel einträte, ſo würden
ihnen jene nicht ſchaden und keinen tödten, was in lange anhaltenden harten Wintern doch einzeln
der Fall iſt.‟

„Die allbekannte unangenehme Stimme unſeres verrufenen Sperlings zu beſchreiben, würde
faſt überflüſſig ſein, wenn eine kurze Beſchreibung davon nicht oft zum Vergleich mit der anderer

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[157/0177] Hausſperling. Ferſen ſind dabei eng gebogen und der Bauch geſenkt. — Sein Hang zur Geſelligkeit macht ihn nicht von aller Zankſucht frei; ſie bricht oft zwiſchen den Männchen um den Beſitz der Weibchen aus und wird meiſtens zur lärmenden Balgerei, indem gleich mehrere Männchen, auch einzelne Weibchen, ſich darein miſchen, wo dann alle unter dem heftigſten Schimpfen auf einander loszauſen, auch wohl in der Wuth des Streits, in einen Klumpen verbiſſen, vom Dache oder Baume herabpurzeln und ſich dabei manchmal ſo vergeſſen, daß ſie ſelbſt ihre Sicherheit unbeſonnen aufs Spiel ſetzen. Sie tragen ſich dabei ganz beſonders, Kopf und Hals erhaben, den Schwanz hoch und die Flügel tief herabhängend.‟ „Der Hausſperling fliegt mit vieler Anſtrengung, aber noch ſchnell genug, ſchwenkt ſich aber ungeſchickt. Der Flug iſt ſchnurrend, auf weite Strecken in flachen Wogenlinien, ſonſt gerade, beim Niederlaſſen etwas ſchwebend. Starker Wind macht ihm viel zu ſchaffen und wirft ihn oft aus ſeiner [Abbildung Der Feldſperling (Passer montanus) und der Hausſperling (Passer domesticus).] Richtung. Er fliegt auch ſelten ſehr hoch und ungern ſehr weit. Die, welche auf Thürmen wohnen, ſtürzen ſich gewöhnlich erſt in eine niedere Luftſchicht herab, bevor ſie weiter fliegen, und bei der An- kunft ſteigen ſie dann, ebenfalls fliegend, lieber ſchief aufwärts zu ihrem Wohnſitz in die Höhe. Dies ſcheint ihnen viel Anſtrengung zu koſten; aber ſie wohnen deſſenungeachtet doch ſehr gern hoch. — Gegen die gewöhnliche Kälte unſerer Winter ſind dieſe harten Vögel ziemlich gleichgiltig, und wenn nicht mit ſehr heftiger Kälte und vielem Schnee gewöhnlich auch Futtermangel einträte, ſo würden ihnen jene nicht ſchaden und keinen tödten, was in lange anhaltenden harten Wintern doch einzeln der Fall iſt.‟ „Die allbekannte unangenehme Stimme unſeres verrufenen Sperlings zu beſchreiben, würde faſt überflüſſig ſein, wenn eine kurze Beſchreibung davon nicht oft zum Vergleich mit der anderer

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/177>, abgerufen am 27.04.2024.