Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

Bergfink.
Scharen theilen gemeinsam Freud und Leid, die einzelnen unter ihnen liegen sich ohne Unterlaß in den
Federn. Hinsichtlich seiner Bewegung ähnelt der Bergfink dem Edelfinken sehr; im Gefang steht er
tief unter ihm. Sein Lockton ist ein kurz ausgestoßenes "Jäckjäck" oder ein lang gezogenes "Quäk",
welchem zuweilen noch ein kreischendes "Schrüig" angehängt wird. Der Gesang ist ein erbärmliches
Gezirp ohne Wohlklang, Regel und Ordnung, eigentlich Nichts weiter, als eine willkürliche Zusam-
menfügung der verschiedenen Laute.

Man nennt den Bergfink gewöhnlich, jedoch mit Unrecht, einen dummen Vogel. Er zeigt sich,
wie alle nordländischen Wandervögel, anfangs vertrauensselig und dreist, wird aber doch durch Ver-
folgung bald gewitzigt und oft in hohem Grade scheu. Für die Gefangenschaft eignet er sich nicht, er-
freut höchstens durch die Schönheit des Gefieders; die Freude an ihm wird aber durch sein unange-
nehmes Gequäk und durch die unliebenswürdigen Eigenschaften seines Wesens sehr beeinträchtigt.

[Abbildung] Der Bergfink (Fringilla Montifringilla).

Oelhaltige Sämereien verschiedener Pflanzen, auch der Bäume und im Sommer Kerbthiere, na-
mentlich Mücken, bilden die Nahrung des Bergfinken. Jn der Gefangenschaft ernährt man ihn mit
dem einfachsten Futter, z. B. mit Sommerrübsen; dennoch erhält man ihn selten mehrere Jahre lang
am Leben.

Es wird behauptet, daß einzelne Bergfinken in Deutschland gebrütet hätten; doch fehlt für diese
Angabe die Bestätigung. Boje fand seine Brutplätze in norwegisch Finnmarken, 30 Meilen nördlich
von Drontheim; ich meinestheils traf den Vogel an den gedachten Orten nur höchst selten an. Nest
und Eier ähneln denen unseres Edelfinken aufs täuschendste.

Man jagt den Bergfink bei uns hauptsächlich seines wohlschmeckenden, wenn auch etwas bittern
Fleisches halber und fängt ihn namentlich auf den Finkenherden oft in großer Menge. Bei seiner
Unerfahrenheit werden ihm auch andere Fallen aller Art leicht verderblich.



Bergfink.
Scharen theilen gemeinſam Freud und Leid, die einzelnen unter ihnen liegen ſich ohne Unterlaß in den
Federn. Hinſichtlich ſeiner Bewegung ähnelt der Bergfink dem Edelfinken ſehr; im Gefang ſteht er
tief unter ihm. Sein Lockton iſt ein kurz ausgeſtoßenes „Jäckjäck‟ oder ein lang gezogenes „Quäk‟,
welchem zuweilen noch ein kreiſchendes „Schrüig‟ angehängt wird. Der Geſang iſt ein erbärmliches
Gezirp ohne Wohlklang, Regel und Ordnung, eigentlich Nichts weiter, als eine willkürliche Zuſam-
menfügung der verſchiedenen Laute.

Man nennt den Bergfink gewöhnlich, jedoch mit Unrecht, einen dummen Vogel. Er zeigt ſich,
wie alle nordländiſchen Wandervögel, anfangs vertrauensſelig und dreiſt, wird aber doch durch Ver-
folgung bald gewitzigt und oft in hohem Grade ſcheu. Für die Gefangenſchaft eignet er ſich nicht, er-
freut höchſtens durch die Schönheit des Gefieders; die Freude an ihm wird aber durch ſein unange-
nehmes Gequäk und durch die unliebenswürdigen Eigenſchaften ſeines Weſens ſehr beeinträchtigt.

[Abbildung] Der Bergfink (Fringilla Montifringilla).

Oelhaltige Sämereien verſchiedener Pflanzen, auch der Bäume und im Sommer Kerbthiere, na-
mentlich Mücken, bilden die Nahrung des Bergfinken. Jn der Gefangenſchaft ernährt man ihn mit
dem einfachſten Futter, z. B. mit Sommerrübſen; dennoch erhält man ihn ſelten mehrere Jahre lang
am Leben.

Es wird behauptet, daß einzelne Bergfinken in Deutſchland gebrütet hätten; doch fehlt für dieſe
Angabe die Beſtätigung. Boje fand ſeine Brutplätze in norwegiſch Finnmarken, 30 Meilen nördlich
von Drontheim; ich meinestheils traf den Vogel an den gedachten Orten nur höchſt ſelten an. Neſt
und Eier ähneln denen unſeres Edelfinken aufs täuſchendſte.

Man jagt den Bergfink bei uns hauptſächlich ſeines wohlſchmeckenden, wenn auch etwas bittern
Fleiſches halber und fängt ihn namentlich auf den Finkenherden oft in großer Menge. Bei ſeiner
Unerfahrenheit werden ihm auch andere Fallen aller Art leicht verderblich.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0155" n="137"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Bergfink.</hi></fw><lb/>
Scharen theilen gemein&#x017F;am Freud und Leid, die einzelnen unter ihnen liegen &#x017F;ich ohne Unterlaß in den<lb/>
Federn. Hin&#x017F;ichtlich &#x017F;einer Bewegung ähnelt der Bergfink dem Edelfinken &#x017F;ehr; im Gefang &#x017F;teht er<lb/>
tief unter ihm. Sein Lockton i&#x017F;t ein kurz ausge&#x017F;toßenes &#x201E;Jäckjäck&#x201F; oder ein lang gezogenes &#x201E;Quäk&#x201F;,<lb/>
welchem zuweilen noch ein krei&#x017F;chendes &#x201E;Schrüig&#x201F; angehängt wird. Der Ge&#x017F;ang i&#x017F;t ein erbärmliches<lb/>
Gezirp ohne Wohlklang, Regel und Ordnung, eigentlich Nichts weiter, als eine willkürliche Zu&#x017F;am-<lb/>
menfügung der ver&#x017F;chiedenen Laute.</p><lb/>
          <p>Man nennt den Bergfink gewöhnlich, jedoch mit Unrecht, einen dummen Vogel. Er zeigt &#x017F;ich,<lb/>
wie alle nordländi&#x017F;chen Wandervögel, anfangs vertrauens&#x017F;elig und drei&#x017F;t, wird aber doch durch Ver-<lb/>
folgung bald gewitzigt und oft in hohem Grade &#x017F;cheu. Für die Gefangen&#x017F;chaft eignet er &#x017F;ich nicht, er-<lb/>
freut höch&#x017F;tens durch die Schönheit des Gefieders; die Freude an ihm wird aber durch &#x017F;ein unange-<lb/>
nehmes Gequäk und durch die unliebenswürdigen Eigen&#x017F;chaften &#x017F;eines We&#x017F;ens &#x017F;ehr beeinträchtigt.</p><lb/>
          <figure>
            <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Bergfink</hi> (<hi rendition="#aq">Fringilla Montifringilla</hi>).</hi> </head>
          </figure><lb/>
          <p>Oelhaltige Sämereien ver&#x017F;chiedener Pflanzen, auch der Bäume und im Sommer Kerbthiere, na-<lb/>
mentlich Mücken, bilden die Nahrung des Bergfinken. Jn der Gefangen&#x017F;chaft ernährt man ihn mit<lb/>
dem einfach&#x017F;ten Futter, z. B. mit Sommerrüb&#x017F;en; dennoch erhält man ihn &#x017F;elten mehrere Jahre lang<lb/>
am Leben.</p><lb/>
          <p>Es wird behauptet, daß einzelne Bergfinken in Deut&#x017F;chland gebrütet hätten; doch fehlt für die&#x017F;e<lb/>
Angabe die Be&#x017F;tätigung. <hi rendition="#g">Boje</hi> fand &#x017F;eine Brutplätze in norwegi&#x017F;ch Finnmarken, 30 Meilen nördlich<lb/>
von Drontheim; ich meinestheils traf den Vogel an den gedachten Orten nur höch&#x017F;t &#x017F;elten an. Ne&#x017F;t<lb/>
und Eier ähneln denen un&#x017F;eres Edelfinken aufs täu&#x017F;chend&#x017F;te.</p><lb/>
          <p>Man jagt den Bergfink bei uns haupt&#x017F;ächlich &#x017F;eines wohl&#x017F;chmeckenden, wenn auch etwas bittern<lb/>
Flei&#x017F;ches halber und fängt ihn namentlich auf den Finkenherden oft in großer Menge. Bei &#x017F;einer<lb/>
Unerfahrenheit werden ihm auch andere Fallen aller Art leicht verderblich.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0155] Bergfink. Scharen theilen gemeinſam Freud und Leid, die einzelnen unter ihnen liegen ſich ohne Unterlaß in den Federn. Hinſichtlich ſeiner Bewegung ähnelt der Bergfink dem Edelfinken ſehr; im Gefang ſteht er tief unter ihm. Sein Lockton iſt ein kurz ausgeſtoßenes „Jäckjäck‟ oder ein lang gezogenes „Quäk‟, welchem zuweilen noch ein kreiſchendes „Schrüig‟ angehängt wird. Der Geſang iſt ein erbärmliches Gezirp ohne Wohlklang, Regel und Ordnung, eigentlich Nichts weiter, als eine willkürliche Zuſam- menfügung der verſchiedenen Laute. Man nennt den Bergfink gewöhnlich, jedoch mit Unrecht, einen dummen Vogel. Er zeigt ſich, wie alle nordländiſchen Wandervögel, anfangs vertrauensſelig und dreiſt, wird aber doch durch Ver- folgung bald gewitzigt und oft in hohem Grade ſcheu. Für die Gefangenſchaft eignet er ſich nicht, er- freut höchſtens durch die Schönheit des Gefieders; die Freude an ihm wird aber durch ſein unange- nehmes Gequäk und durch die unliebenswürdigen Eigenſchaften ſeines Weſens ſehr beeinträchtigt. [Abbildung Der Bergfink (Fringilla Montifringilla).] Oelhaltige Sämereien verſchiedener Pflanzen, auch der Bäume und im Sommer Kerbthiere, na- mentlich Mücken, bilden die Nahrung des Bergfinken. Jn der Gefangenſchaft ernährt man ihn mit dem einfachſten Futter, z. B. mit Sommerrübſen; dennoch erhält man ihn ſelten mehrere Jahre lang am Leben. Es wird behauptet, daß einzelne Bergfinken in Deutſchland gebrütet hätten; doch fehlt für dieſe Angabe die Beſtätigung. Boje fand ſeine Brutplätze in norwegiſch Finnmarken, 30 Meilen nördlich von Drontheim; ich meinestheils traf den Vogel an den gedachten Orten nur höchſt ſelten an. Neſt und Eier ähneln denen unſeres Edelfinken aufs täuſchendſte. Man jagt den Bergfink bei uns hauptſächlich ſeines wohlſchmeckenden, wenn auch etwas bittern Fleiſches halber und fängt ihn namentlich auf den Finkenherden oft in großer Menge. Bei ſeiner Unerfahrenheit werden ihm auch andere Fallen aller Art leicht verderblich.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/155
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/155>, abgerufen am 27.04.2024.