bindet dem gefangenen Finken eine Leimruthe auf die Flügel und läßt ihn unter dem Baume, auf welchem der freilebende schlägt, umherlaufen, bis dieser ihn erspäht. Er stürzt sich dann mit Wuth von oben herab und bleibt natürlich an der Leimruthe kleben. Man wendet die Locke an u. s. w. Viel ergiebiger ist der Fang im Herbst auf Vogelherden. Sie müssen mit Geschick angelegt werden, liefern dann aber einen sehr großen Ertrag. Zu Lockvögeln gebraucht man Finken, welche während des Frühlings und Sommers eingedämpft, d. h. in dunkeln Kammern oder Schränken beherbergt wurden, und eifrig zu schlagen beginnen, wenn man sie wieder ins Freie bringt. Die auf den Her- den gefangenen Finken sind für die Küche bestimmt, nicht für das Gebauer, und gerade deshalb müssen diese Fanganstalten als höchst verwerflich bezeichnet werden.
Der Edelfink schafft nur Nutzen, bringt keinen Schaden. Er verzehrt im Freileben Sämereien verschiedener Pflanzen, hauptsächlich aber die des Unkrauts; in der Gefangenschaft erhält man ihn Jahre lang mit Sommerrübsen. Während der Nistzeit ernährt er sich und seine Jungen ausschließlich von Kerbthieren und wird dadurch zu einem wahren Wohlthäter der Wälder und Gärten. Man sollte ihn deshalb allerorten hegen und pflegen, nicht aber so schonungslos verfolgen, wie es leider noch in gar vielen Gegenden geschieht. Die Liebhaber, welche sich Finken für ihr Gebauer fangen, sind es nicht, welche die Anzahl der Vögel vermindern; die Herdsteller aber, welche Tausende mit einem Male vernichten, thun der Vermehrung dieser anmuthigen und nützlichen Thiere den größten Abbruch. Deshalb sollte jeder Vernünftige ihrem Treiben nach Kräften zu steuern suchen.
Der nächste Verwandte unseres Finken ist der Bergfink (Fringilla Montifringilla), hier oder da wohl auch Wald-, Baum-, Laub-, Buch-, Tanneu-, Mist-, Koth-, Winter-, Roth-, Gold-, Quätsch- fink, Quäker, Wäckert, Kegler, Zetscher, Zerling und Böhmer genannt, ein Vogel, welcher unsern Edelfinken im hohen Norden zu vertreten scheint, fast in jedem Winter aber, in schneereichen ge- wiß, unser Vaterland besucht. Seine Länge beträgt 61/2 bis 7 Zoll, seine Breite 101/2 bis 11 Zoll. Jm Hochzeitskleide ist das Männchen auf der Oberseite glänzend tiefschwarz, am Vorderhals und den Schultern orangerostfarben, auf dem Unterrücken, der Brust und dem Bauche weiß, an den Seiten schwarz, in den Weichen mit länglich mattschwarzen Tüpfeln gefleckt; über die Flügel verlaufen zwei weiße Binden; die untern Flügeldeckfedern sind schwefelgelb. Das Weibchen ist auf Kopf, Nacken und Rücken mehr braunschwarz, auf der Unterseite trüber und schmuziger gefärbt; nach der Mauser werden die schönen, lebhaften Farben durch hellgelbbraune Federränder verdeckt.
Als Heimat des Bergfinken sind die Länder des Nordens vom 65. Grad der Breite an zu be- trachten. Jn Lappland ist er nicht selten, in Finnland recht häufig; wie weit er nach Osten hin vor- kommt, weiß man zur Zeit mit Sicherheit noch nicht anzugeben. Vonhieraus durchstreift und durchzieht er im Winter ganz Europa bis Spanien und Griechenland oder Asien bis zum Himalaya und kommt auf diesem Zuge sehr häufig zu uns. Er rottet sich bereits im August in Scharen zusam- men, treibt sich in den nächsten Monaten in den südlichen Gegenden seiner Heimatsländer umher und wandert nun allgemach weiter und weiter nach dem Süden hinab. Bei uns erscheint er Ende Sep- tembers, in Spanien trifft er wenige Tage später ein, jedoch nicht in derselben Häufigkeit und Regel- mäßigkeit, als bei uns. Gebirge und große, zusammenhängende Waldungen bestimmen die Richtung seiner Reise, falls solche nicht durch Scharen anderer Finken, mit denen er sich gern vermischt, einiger- maßen abgeändert wird. Jn Deutschland trifft man die Bergfinken regelmäßig mit Edelfinken, Hänflingen, Ammern, Feldsperlingen und Grünlingen vereinigt in Wäldern und auf Feldern an. Eine Baumgruppe oder ein einzelner hoher Baum im Felde wird zum Sammelplatz der Scharen, der nächstgelegene Wald zur Nachtherberge. Vonhieraus durchstreifen sie, Nahrung suchend, die Felder. Hoher Schneefall, welcher ihnen ihre Futterplätze verdeckt, vertreibt sie aus einer Gegend in die andere. Jhr Zug ist kein streng regelmäßiger, sondern mehr von Zufälligkeit bedingter.
Der Bergfink hat mit seinem edeln Verwandten viele Aehnlichkeit. Auch er ist als einzelner Vogel zänkisch, jähzornig, bissig und futterneidisch, so gesellig er im übrigen zu sein scheint. Die
Die Knacker. Sperlingsvögel. Edelfinken.
bindet dem gefangenen Finken eine Leimruthe auf die Flügel und läßt ihn unter dem Baume, auf welchem der freilebende ſchlägt, umherlaufen, bis dieſer ihn erſpäht. Er ſtürzt ſich dann mit Wuth von oben herab und bleibt natürlich an der Leimruthe kleben. Man wendet die Locke an u. ſ. w. Viel ergiebiger iſt der Fang im Herbſt auf Vogelherden. Sie müſſen mit Geſchick angelegt werden, liefern dann aber einen ſehr großen Ertrag. Zu Lockvögeln gebraucht man Finken, welche während des Frühlings und Sommers eingedämpft, d. h. in dunkeln Kammern oder Schränken beherbergt wurden, und eifrig zu ſchlagen beginnen, wenn man ſie wieder ins Freie bringt. Die auf den Her- den gefangenen Finken ſind für die Küche beſtimmt, nicht für das Gebauer, und gerade deshalb müſſen dieſe Fanganſtalten als höchſt verwerflich bezeichnet werden.
Der Edelfink ſchafft nur Nutzen, bringt keinen Schaden. Er verzehrt im Freileben Sämereien verſchiedener Pflanzen, hauptſächlich aber die des Unkrauts; in der Gefangenſchaft erhält man ihn Jahre lang mit Sommerrübſen. Während der Niſtzeit ernährt er ſich und ſeine Jungen ausſchließlich von Kerbthieren und wird dadurch zu einem wahren Wohlthäter der Wälder und Gärten. Man ſollte ihn deshalb allerorten hegen und pflegen, nicht aber ſo ſchonungslos verfolgen, wie es leider noch in gar vielen Gegenden geſchieht. Die Liebhaber, welche ſich Finken für ihr Gebauer fangen, ſind es nicht, welche die Anzahl der Vögel vermindern; die Herdſteller aber, welche Tauſende mit einem Male vernichten, thun der Vermehrung dieſer anmuthigen und nützlichen Thiere den größten Abbruch. Deshalb ſollte jeder Vernünftige ihrem Treiben nach Kräften zu ſteuern ſuchen.
Der nächſte Verwandte unſeres Finken iſt der Bergfink (Fringilla Montifringilla), hier oder da wohl auch Wald-, Baum-, Laub-, Buch-, Tanneu-, Miſt-, Koth-, Winter-, Roth-, Gold-, Quätſch- fink, Quäker, Wäckert, Kegler, Zetſcher, Zerling und Böhmer genannt, ein Vogel, welcher unſern Edelfinken im hohen Norden zu vertreten ſcheint, faſt in jedem Winter aber, in ſchneereichen ge- wiß, unſer Vaterland beſucht. Seine Länge beträgt 6½ bis 7 Zoll, ſeine Breite 10½ bis 11 Zoll. Jm Hochzeitskleide iſt das Männchen auf der Oberſeite glänzend tiefſchwarz, am Vorderhals und den Schultern orangeroſtfarben, auf dem Unterrücken, der Bruſt und dem Bauche weiß, an den Seiten ſchwarz, in den Weichen mit länglich mattſchwarzen Tüpfeln gefleckt; über die Flügel verlaufen zwei weiße Binden; die untern Flügeldeckfedern ſind ſchwefelgelb. Das Weibchen iſt auf Kopf, Nacken und Rücken mehr braunſchwarz, auf der Unterſeite trüber und ſchmuziger gefärbt; nach der Mauſer werden die ſchönen, lebhaften Farben durch hellgelbbraune Federränder verdeckt.
Als Heimat des Bergfinken ſind die Länder des Nordens vom 65. Grad der Breite an zu be- trachten. Jn Lappland iſt er nicht ſelten, in Finnland recht häufig; wie weit er nach Oſten hin vor- kommt, weiß man zur Zeit mit Sicherheit noch nicht anzugeben. Vonhieraus durchſtreift und durchzieht er im Winter ganz Europa bis Spanien und Griechenland oder Aſien bis zum Himalaya und kommt auf dieſem Zuge ſehr häufig zu uns. Er rottet ſich bereits im Auguſt in Scharen zuſam- men, treibt ſich in den nächſten Monaten in den ſüdlichen Gegenden ſeiner Heimatsländer umher und wandert nun allgemach weiter und weiter nach dem Süden hinab. Bei uns erſcheint er Ende Sep- tembers, in Spanien trifft er wenige Tage ſpäter ein, jedoch nicht in derſelben Häufigkeit und Regel- mäßigkeit, als bei uns. Gebirge und große, zuſammenhängende Waldungen beſtimmen die Richtung ſeiner Reiſe, falls ſolche nicht durch Scharen anderer Finken, mit denen er ſich gern vermiſcht, einiger- maßen abgeändert wird. Jn Deutſchland trifft man die Bergfinken regelmäßig mit Edelfinken, Hänflingen, Ammern, Feldſperlingen und Grünlingen vereinigt in Wäldern und auf Feldern an. Eine Baumgruppe oder ein einzelner hoher Baum im Felde wird zum Sammelplatz der Scharen, der nächſtgelegene Wald zur Nachtherberge. Vonhieraus durchſtreifen ſie, Nahrung ſuchend, die Felder. Hoher Schneefall, welcher ihnen ihre Futterplätze verdeckt, vertreibt ſie aus einer Gegend in die andere. Jhr Zug iſt kein ſtreng regelmäßiger, ſondern mehr von Zufälligkeit bedingter.
Der Bergfink hat mit ſeinem edeln Verwandten viele Aehnlichkeit. Auch er iſt als einzelner Vogel zänkiſch, jähzornig, biſſig und futterneidiſch, ſo geſellig er im übrigen zu ſein ſcheint. Die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0154"n="136"/><fwplace="top"type="header">Die Knacker. Sperlingsvögel. Edelfinken.</fw><lb/>
bindet dem gefangenen Finken eine Leimruthe auf die Flügel und läßt ihn unter dem Baume, auf<lb/>
welchem der freilebende ſchlägt, umherlaufen, bis dieſer ihn erſpäht. Er ſtürzt ſich dann mit Wuth<lb/>
von oben herab und bleibt natürlich an der Leimruthe kleben. Man wendet die Locke an u. ſ. w.<lb/>
Viel ergiebiger iſt der Fang im Herbſt auf Vogelherden. Sie müſſen mit Geſchick angelegt werden,<lb/>
liefern dann aber einen ſehr großen Ertrag. Zu Lockvögeln gebraucht man Finken, welche während<lb/>
des Frühlings und Sommers <hirendition="#g">eingedämpft,</hi> d. h. in dunkeln Kammern oder Schränken beherbergt<lb/>
wurden, und eifrig zu ſchlagen beginnen, wenn man ſie wieder ins Freie bringt. Die auf den Her-<lb/>
den gefangenen Finken ſind für die Küche beſtimmt, nicht für das Gebauer, und gerade deshalb<lb/>
müſſen dieſe Fanganſtalten als höchſt verwerflich bezeichnet werden.</p><lb/><p>Der Edelfink ſchafft nur Nutzen, bringt keinen Schaden. Er verzehrt im Freileben Sämereien<lb/>
verſchiedener Pflanzen, hauptſächlich aber die des Unkrauts; in der Gefangenſchaft erhält man ihn<lb/>
Jahre lang mit Sommerrübſen. Während der Niſtzeit ernährt er ſich und ſeine Jungen ausſchließlich<lb/>
von Kerbthieren und wird dadurch zu einem wahren Wohlthäter der Wälder und Gärten. Man ſollte<lb/>
ihn deshalb allerorten hegen und pflegen, nicht aber ſo ſchonungslos verfolgen, wie es leider noch in<lb/>
gar vielen Gegenden geſchieht. Die Liebhaber, welche ſich Finken für ihr Gebauer fangen, ſind es<lb/>
nicht, welche die Anzahl der Vögel vermindern; die Herdſteller aber, welche Tauſende mit einem<lb/>
Male vernichten, thun der Vermehrung dieſer anmuthigen und nützlichen Thiere den größten Abbruch.<lb/>
Deshalb ſollte jeder Vernünftige ihrem Treiben nach Kräften zu ſteuern ſuchen.</p><lb/><p>Der nächſte Verwandte unſeres Finken iſt der <hirendition="#g">Bergfink</hi> (<hirendition="#aq">Fringilla Montifringilla</hi>), hier oder<lb/>
da wohl auch Wald-, Baum-, Laub-, Buch-, Tanneu-, Miſt-, Koth-, Winter-, Roth-, Gold-, Quätſch-<lb/>
fink, Quäker, Wäckert, Kegler, Zetſcher, Zerling und Böhmer genannt, ein Vogel, welcher unſern<lb/>
Edelfinken im hohen Norden zu vertreten ſcheint, faſt in jedem Winter aber, in ſchneereichen ge-<lb/>
wiß, unſer Vaterland beſucht. Seine Länge beträgt 6½ bis 7 Zoll, ſeine Breite 10½ bis 11 Zoll.<lb/>
Jm Hochzeitskleide iſt das Männchen auf der Oberſeite glänzend tiefſchwarz, am Vorderhals und den<lb/>
Schultern orangeroſtfarben, auf dem Unterrücken, der Bruſt und dem Bauche weiß, an den Seiten<lb/>ſchwarz, in den Weichen mit länglich mattſchwarzen Tüpfeln gefleckt; über die Flügel verlaufen zwei<lb/>
weiße Binden; die untern Flügeldeckfedern ſind ſchwefelgelb. Das Weibchen iſt auf Kopf, Nacken<lb/>
und Rücken mehr braunſchwarz, auf der Unterſeite trüber und ſchmuziger gefärbt; nach der Mauſer<lb/>
werden die ſchönen, lebhaften Farben durch hellgelbbraune Federränder verdeckt.</p><lb/><p>Als Heimat des Bergfinken ſind die Länder des Nordens vom 65. Grad der Breite an zu be-<lb/>
trachten. Jn Lappland iſt er nicht ſelten, in Finnland recht häufig; wie weit er nach Oſten hin vor-<lb/>
kommt, weiß man zur Zeit mit Sicherheit noch nicht anzugeben. Vonhieraus durchſtreift und<lb/>
durchzieht er im Winter ganz Europa bis Spanien und Griechenland oder Aſien bis zum Himalaya<lb/>
und kommt auf dieſem Zuge ſehr häufig zu uns. Er rottet ſich bereits im Auguſt in Scharen zuſam-<lb/>
men, treibt ſich in den nächſten Monaten in den ſüdlichen Gegenden ſeiner Heimatsländer umher und<lb/>
wandert nun allgemach weiter und weiter nach dem Süden hinab. Bei uns erſcheint er Ende Sep-<lb/>
tembers, in Spanien trifft er wenige Tage ſpäter ein, jedoch nicht in derſelben Häufigkeit und Regel-<lb/>
mäßigkeit, als bei uns. Gebirge und große, zuſammenhängende Waldungen beſtimmen die Richtung<lb/>ſeiner Reiſe, falls ſolche nicht durch Scharen anderer Finken, mit denen er ſich gern vermiſcht, einiger-<lb/>
maßen abgeändert wird. Jn Deutſchland trifft man die Bergfinken regelmäßig mit <hirendition="#g">Edelfinken,<lb/>
Hänflingen, Ammern, Feldſperlingen</hi> und <hirendition="#g">Grünlingen</hi> vereinigt in Wäldern und auf<lb/>
Feldern an. Eine Baumgruppe oder ein einzelner hoher Baum im Felde wird zum Sammelplatz der<lb/>
Scharen, der nächſtgelegene Wald zur Nachtherberge. Vonhieraus durchſtreifen ſie, Nahrung ſuchend,<lb/>
die Felder. Hoher Schneefall, welcher ihnen ihre Futterplätze verdeckt, vertreibt ſie aus einer Gegend<lb/>
in die andere. Jhr Zug iſt kein ſtreng regelmäßiger, ſondern mehr von Zufälligkeit bedingter.</p><lb/><p>Der Bergfink hat mit ſeinem edeln Verwandten viele Aehnlichkeit. Auch er iſt als einzelner<lb/>
Vogel zänkiſch, jähzornig, biſſig und futterneidiſch, ſo geſellig er im übrigen zu ſein ſcheint. Die<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[136/0154]
Die Knacker. Sperlingsvögel. Edelfinken.
bindet dem gefangenen Finken eine Leimruthe auf die Flügel und läßt ihn unter dem Baume, auf
welchem der freilebende ſchlägt, umherlaufen, bis dieſer ihn erſpäht. Er ſtürzt ſich dann mit Wuth
von oben herab und bleibt natürlich an der Leimruthe kleben. Man wendet die Locke an u. ſ. w.
Viel ergiebiger iſt der Fang im Herbſt auf Vogelherden. Sie müſſen mit Geſchick angelegt werden,
liefern dann aber einen ſehr großen Ertrag. Zu Lockvögeln gebraucht man Finken, welche während
des Frühlings und Sommers eingedämpft, d. h. in dunkeln Kammern oder Schränken beherbergt
wurden, und eifrig zu ſchlagen beginnen, wenn man ſie wieder ins Freie bringt. Die auf den Her-
den gefangenen Finken ſind für die Küche beſtimmt, nicht für das Gebauer, und gerade deshalb
müſſen dieſe Fanganſtalten als höchſt verwerflich bezeichnet werden.
Der Edelfink ſchafft nur Nutzen, bringt keinen Schaden. Er verzehrt im Freileben Sämereien
verſchiedener Pflanzen, hauptſächlich aber die des Unkrauts; in der Gefangenſchaft erhält man ihn
Jahre lang mit Sommerrübſen. Während der Niſtzeit ernährt er ſich und ſeine Jungen ausſchließlich
von Kerbthieren und wird dadurch zu einem wahren Wohlthäter der Wälder und Gärten. Man ſollte
ihn deshalb allerorten hegen und pflegen, nicht aber ſo ſchonungslos verfolgen, wie es leider noch in
gar vielen Gegenden geſchieht. Die Liebhaber, welche ſich Finken für ihr Gebauer fangen, ſind es
nicht, welche die Anzahl der Vögel vermindern; die Herdſteller aber, welche Tauſende mit einem
Male vernichten, thun der Vermehrung dieſer anmuthigen und nützlichen Thiere den größten Abbruch.
Deshalb ſollte jeder Vernünftige ihrem Treiben nach Kräften zu ſteuern ſuchen.
Der nächſte Verwandte unſeres Finken iſt der Bergfink (Fringilla Montifringilla), hier oder
da wohl auch Wald-, Baum-, Laub-, Buch-, Tanneu-, Miſt-, Koth-, Winter-, Roth-, Gold-, Quätſch-
fink, Quäker, Wäckert, Kegler, Zetſcher, Zerling und Böhmer genannt, ein Vogel, welcher unſern
Edelfinken im hohen Norden zu vertreten ſcheint, faſt in jedem Winter aber, in ſchneereichen ge-
wiß, unſer Vaterland beſucht. Seine Länge beträgt 6½ bis 7 Zoll, ſeine Breite 10½ bis 11 Zoll.
Jm Hochzeitskleide iſt das Männchen auf der Oberſeite glänzend tiefſchwarz, am Vorderhals und den
Schultern orangeroſtfarben, auf dem Unterrücken, der Bruſt und dem Bauche weiß, an den Seiten
ſchwarz, in den Weichen mit länglich mattſchwarzen Tüpfeln gefleckt; über die Flügel verlaufen zwei
weiße Binden; die untern Flügeldeckfedern ſind ſchwefelgelb. Das Weibchen iſt auf Kopf, Nacken
und Rücken mehr braunſchwarz, auf der Unterſeite trüber und ſchmuziger gefärbt; nach der Mauſer
werden die ſchönen, lebhaften Farben durch hellgelbbraune Federränder verdeckt.
Als Heimat des Bergfinken ſind die Länder des Nordens vom 65. Grad der Breite an zu be-
trachten. Jn Lappland iſt er nicht ſelten, in Finnland recht häufig; wie weit er nach Oſten hin vor-
kommt, weiß man zur Zeit mit Sicherheit noch nicht anzugeben. Vonhieraus durchſtreift und
durchzieht er im Winter ganz Europa bis Spanien und Griechenland oder Aſien bis zum Himalaya
und kommt auf dieſem Zuge ſehr häufig zu uns. Er rottet ſich bereits im Auguſt in Scharen zuſam-
men, treibt ſich in den nächſten Monaten in den ſüdlichen Gegenden ſeiner Heimatsländer umher und
wandert nun allgemach weiter und weiter nach dem Süden hinab. Bei uns erſcheint er Ende Sep-
tembers, in Spanien trifft er wenige Tage ſpäter ein, jedoch nicht in derſelben Häufigkeit und Regel-
mäßigkeit, als bei uns. Gebirge und große, zuſammenhängende Waldungen beſtimmen die Richtung
ſeiner Reiſe, falls ſolche nicht durch Scharen anderer Finken, mit denen er ſich gern vermiſcht, einiger-
maßen abgeändert wird. Jn Deutſchland trifft man die Bergfinken regelmäßig mit Edelfinken,
Hänflingen, Ammern, Feldſperlingen und Grünlingen vereinigt in Wäldern und auf
Feldern an. Eine Baumgruppe oder ein einzelner hoher Baum im Felde wird zum Sammelplatz der
Scharen, der nächſtgelegene Wald zur Nachtherberge. Vonhieraus durchſtreifen ſie, Nahrung ſuchend,
die Felder. Hoher Schneefall, welcher ihnen ihre Futterplätze verdeckt, vertreibt ſie aus einer Gegend
in die andere. Jhr Zug iſt kein ſtreng regelmäßiger, ſondern mehr von Zufälligkeit bedingter.
Der Bergfink hat mit ſeinem edeln Verwandten viele Aehnlichkeit. Auch er iſt als einzelner
Vogel zänkiſch, jähzornig, biſſig und futterneidiſch, ſo geſellig er im übrigen zu ſein ſcheint. Die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/154>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.